Zentralbl Chir 2005; 130(3): 218-222
DOI: 10.1055/s-2005-836555
Originalarbeiten und Übersichten

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Einfluss der kardialen Zirkulation und einer herzwirksamen Medikation auf die Durchblutung der Bauchorgane

Influence of Cardiac Circulation and Medication on the Perfusion of the IntestinumB. Schwartzkopff1 , M. Hennersdorf1
  • 1Abteilung für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Heinrich Heine Universität, Düsseldorf
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Publication Date:
20 June 2005 (online)

Zusammenfassung

Eine Darmischämie ist in der chirurgischen und internistischen Intensivmedizin ein wichtiges, häufig unerkanntes Krankheitsbild. Eine Erhöhung des Laktatwertes, verminderte Darmgeräusche, geblähtes Abdomen, fehlender oder blutiger Stuhlgang, sowie eine ansteigende Entzündungskonstellation deuten auf eine Darmischämie. Eine nicht-okklusive Darmischämie (NOD) ist dabei die häufigste Ursache und kann neben dem akut lebensbedrohlichen abdominellen Prozess auch Ursache für ein „SIRS” (systemic inflammatory response syndrome) sein. Die wesentlichen Ursachen für eine NOD sind a) ein vermindertes Herzzeitvolumen, b) eine vorbestehende kardiale und/oder peripher vaskuläre (PAVK) Krankheit und/oder c) der internistisch-intensivmedizinische und/oder intra/post-operative Einsatz von Katecholaminen. Kardial wirksame Medikamente können die Durchblutung des Splanchnikusgebietes beeinflussen, insbesondere sind vorbestehende kardiale Medikationen zu klären: 1) Digitalis führt zu einem erhöhtem Muskeltonus der Widerstandsgefäße und limitiert damit die Regulationsbreite der Darmdurchblutung; 2) verstärkt eingesetzte Diuretika können zur intravasalen Hypovolämie, Hypotonie und damit zur Malperfusion beitragen; 3) präoperativ eingesetzte Antihypertonika (Nitrate, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer etc.) können über eine verstärkte Hypotonie zu einem erhöhten intraoperativen Katecholaminbedarf führen; 4) Katecholamine können zu einer Konstriktion der nutritiven Gefäße im Splanchnikusgebiet führen. Die präoperative Vorbereitung des Patienten sollte in Hinblick auf das Auftreten einer Darmischämie berücksichtigen: 1) ACE-Hemmer sollten unmittelbar postoperativ weitergegeben werden, da den ACE-Hemmern eine protektive Bedeutung für die Mikrozirkulation des Darmes zukommt. 2) Präoperativ eingesetzte Betablocker stabilisieren den myogenen Tonus der Splanchnikusgefäße, vermindern eine überschießende Wirkung des Parasympathikus und können damit das Auftreten eines abdominellen neurogenen Schocks verhindern. 3) Eine erforderliche vasokonstriktive Therapie mit Katecholaminen ist sowohl bei internistischen Krankheitsbildern (Sepsis, selten bei kardiogenem Schock) und im intra- und postoperativem Verlauf mit Vorsicht in Hinblick auf eine NOD durchzuführen. Die Therapie der Darmischämie ist primär auf die vaskulären und hämodynamischen Ursachen zu richten, sekundär ist eine Behandlung der lokalen und der systemischen Folgen (Darmfunktion, bakterielle Translokation) zu planen.

Abstract

Perfusion of the abdomen is determined by cardiac function and circulation. Intestinal ischemia can be caused by Non occlusive bowel ischemia (NOD) that is important in internal as well as surgical intensive care medicine. Cardiac medication can influence perfusion of the bowel: 1) digitalis increases muscular tonus and decreases perfusion regulation b) diuretics lead to hypovolemia, hypotonia and malperfuison, c) antihypertensive medication can cause intraoperative hypotension that demands catecholamines, d) catecholamines can reduce perfusion by pathologic vasoconstuction in the splanchnicus area. Preoperative medication should respect 1) preoperatively taken ACE-inhibitors should be given postoperatively, as they have protective influence on the microcirculation of the bowel, 2) beta-blockers stabilize the myogenic tonus of the abdominal vessels, reduce an overshot of the parasympathicus and diminish the risk of neurogenic abdominal shock, 3) catecholamines should be used with respect to ischemia of the bowel. Therapy of NOD should be focused on the primary vascular and hemodynamic causes and also take care for bacterial translocation and consecutive sepsis.

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Dr. med. Klaus Schwartzkopff

Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie der Universitätsklinik Düsseldorf

Moorenstraße 5

40225 Düsseldorf

Email: schwartzkopff@med.uni-duesseldorf.de

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