Allgemeine Homöopathische Zeitung 1982; 227(2): 45-58
DOI: 10.1055/s-2006-935957
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co KG, Stuttgart

Daseinsanalytische Medizin

G. Condrau
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Publication Date:
10 April 2007 (online)

Zusammenfassung

Es erscheint nötig, daß die Medizin ihre Grundlagen neu überdenkt. Die seit Descartes maßgebende Aufteilung der Wirklichkeit in Subjekte und Objekte wurde fragwürdig. Die Kritik ist bemüht, die menschliche Existenz nicht mehr ausschließlich durch meßbare Zusammenhänge zu erklären, sondern den echten Bedeutungsgehalt des Menschenwesens zu verstehen. Die daseinsanalytische Medizin begreift auch die Krankheit als eine besondere Art und Weise der konkreten und einmaligen Persönlichkeit, "da zu sein". An die Stelle des Dualismus von abstrakter Psyche und gegenständlicher Pathologie tritt der Mensch in und mit seiner Welt. Im Anschluß an die Phänomenologie Heideggers wird der "Leib" nicht nur als belebter Körper verstanden, sondern der Weltbezug des Menschen in diesen Begriff einbezogen. Krankheit bedeutet dann nicht mehr bloß einen Defekt des Körpers im Sinne der Naturwissenschaft, sondern stellt ein Privationsphänomen dar, nämlich den Verlust der individuellen Freiheit in den persönlichen Weltbezügen. Damit tritt aber neben der Frage nach Krankheitsursache auch die Frage nach Krankheitsmotivationen ins Blickfeld. Diese erweiterte Krankheitsauffassung kann zur Lösung therapeutischer und präventivmedizinischer Probleme beitragen.

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