Aktuelle Neurologie 1999; 26(2): 68-71
DOI: 10.1055/s-2007-1017611
Übersicht

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akute disseminierte demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM)

Acute Disseminated Encephalomyelitis (ADEM)C. G. Haase, P. M. Faustmann, H.-C. Diener
  • Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universität Essen (Direktor: Prof. Dr. H.-C. Diener)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. Januar 2008 (online)

Zusammenfassung

Die akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) ist eine seltene Form aus der Gruppe der erworbenen demyelinisierenden Erkrankungen des Zentralnervensystems. Hierunter fallen die postinfektiöse und Post-Vakzinierungsenzephalomyelitis. Trotz der Vielzahl von Einzelfallberichten gibt es nur wenige Studien, die vor allem in der Initialphase Sicherheit bezüglich Diagnose und Prognose geben. Diese Übersicht faßt die zur Zeit vorliegenden Erkenntnisse zur Symptomatik, Pathogenese, Diagnostik und Therapie der ADEM und ihre Abgrenzung zur häufigeren multiple Sklerose (MS), bzw. ihrer Varianten zusammen.

Der akuten Symptomatik geht in der Regel ein unspezifischer Infekt bzw. Kontakt mit infektiösem Material oder Fremdeiweißen voraus. Zu diesem Zeitpunkt finden sich neben ausgeprägten klinischen Zeichen, disseminierte, hyperintense und kontrastaufnehmende Signale in der Kernspintomographie (MRT). Eine Therapie mit hochdosiertem Methylprednisolon, alternativ Cyclophosphamid, Plasmapherese oder Immunglobulinen ist in den meisten Fällen erfolgreich. Kinder und Jugendliche sind bei ähnlicher Geschlechtsverteilung häufiger betroffen. Spezifische T-Zell-Antworten gegen z.T. unreife Myelinbestandteile sprechen für eine infektiöse Induktion einer Autoimmunantwort auf der Basis genetischer Prädisposition. Zusammen mit anderen angeborenen oder erworbenen Krankheiten der weißen Substanz bilden bei Erwachsenen die malignen MS-Formen, bei Kindern die viralen Enzephalitiden die wesentlichen Differentialdiagnosen. In Anbetracht prophylaktischer Behandlungserfolge der schubförmigen MS mit Betainterferonen und anderen immunmodulatorischen Substanzen gewinnt eine frühe differentialdiagnostische Abgrenzung der zumeist monophasisch verlaufenden ADEM zur MS eine neue Bedeutung.

Summary

Acute disseminated encephalomyelitis (ADEM) is a rare form of acquired demyelinating disorders of the central nervous system. Subforms are post-infectious and post-vaccinal encephalomyelitis. Despite the amount of case reports only few address diagnosis and prognosis. This review summarizes current knowledge on symptoms, signs, pathogenesis, diagnosis and therapy of ADEM and its distinguishing characteristics differentiating it from the more common multiple sclerosis (MS) including variants.

In ADEM an unspecific infection or contact to allogenic protein weeks prior to the acute symptoms is followed by disseminated hyperintense and contrast-enhanced lesions on MRI. Therapy with high-dose methylprednisolon, cyclophosphamide, plasmaphereses or immunoglobulins, alternatively, are mostly successful. Young adults and children of both genders are more often affected than adults. Specific T-cell responses to immature myelin proteins support an infectious induction of ADEM based on genetic predisposition. Differential diagnosis includes inborn and acquired leukodystrophias in adults and viral encephalitis in children. Recent advances in prophylactic therapy of relapsing MS with beta-interferons amplifies the importance of accurate differentiation between ADEM and MS.

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