PPH 2007; 13(1): 1
DOI: 10.1055/s-2007-962877
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

S. Schoppmann1
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Publication Date:
07 March 2008 (online)

Wann immer man dieser Tage eine Zeitung aufschlägt (egal ob Fachzeitschrift, Tages- oder Wochenzeitung), eine Nachrichtensendung sieht oder das Radio einschaltet, man kann sicher sein, dass auch die Gesundheitsreform auf die eine oder andere Weise thematisiert wird.

Das Wort ‚thematisiert’ ist hier mit Bedacht gewählt, denn von verständlicher Information kann angesichts der Vielzahl an Statements, Begriffen, Zahlen, Gutachten und Gegengutachten kaum noch die Rede sein. Was bleibt ist der Eindruck, dass es, wie schon seit Langem, auch weiterhin ausschließlich um zu wenig Geld und darum, wie es verteilt werden soll, geht.

Da ist es dann besonders erwähnenswert, wenn in einer Veröffentlichung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Gesundheitspolitik „die gesundheitspolitische Problemlage und die sozialepidemiologischen Herausforderungen als Ausgangspunkt nehmen (muss). Bezahlbarkeit ist eine Nebenbedingung jeder Reform, aber nicht ihr Ziel.” [1]

Das Wort Reform bedeutet ja eigentlich Verbesserung des Bestehenden [2] und nicht automatisch Kürzung von Leistungen.

In der Psychiatrie haben wir echte Reformen im Sinne einer Verbesserung des Bestehenden als Folge der Psychiatrie-Enquete erlebt. Und auch die Psychiatrie-Personalverordnung hat zu einer Verbesserung des Bestehenden beigetragen. Allerdings war die letztgenannte Verbesserung nicht von langer Dauer, und viele Kolleginnen und Kollegen reagieren mit einem müden Lächeln auf die Frage, ob die Personalverordnung in ihren Einrichtungen noch umgesetzt wird.

Dieses müde Lächeln ist verständlich, bedeutet aber auch, dass wir diese Bedingungen eher resignierend zur Kenntnis nehmen, uns mit ihnen arrangieren und an sie gewöhnen, was seinen Ausdruck auch im Gebrauch der ‚new economic speech’, den Hilde Schädle-Deininger im Editorial von Heft 4/06 eindrücklich beschreibt, findet.

Ein gutes Beispiel, wie man Bestehendes hinterfragen und verbessern kann, gibt uns der Schutzheilige der Krankenpflege Johann von Gott [3]. Nach einem aufregenden Leben mit unterschiedlichsten Berufen rüttelte ihn eine Predigt von Johannes von Avilaso derartig auf, dass er seinen gesamten Besitz verschenkte und tobsüchtig in der Irrenabteilung eines Hospitals in Granada eingesperrt wurde, wo er die qualvolle Behandlung von Geisteskranken selbst erlebte. Nach seiner Entlassung widmete er sein Leben der Krankenpflege und begann in einem angemieteten Haus in Granada seine Vorstellungen von Pflege umzusetzen, jedem Kranken ein eigenes Bett zu geben, für angemessene hygienische Bedingungen zu sorgen und vor allem mit Geisteskranken freundlich und sanft umzugehen. Die finanziellen Mittel zur Umsetzung seiner Vorstellungen erbettelte er in der Stadt, indem er die Bürger aufforderte, Gutes zu tun. Anfänglich wurde er verlacht, fand aber dann doch Unterstützung und wurde zum Ordensgründer der Barmherzigen Brüder [4].

Mir imponiert der Mann: Er hat sich für eine Idee, die zur damaligen Zeit (er lebte von 1495 - 1550 [3]) einer Don Quichoterie ziemlich nahe gekommen sein muss, eingesetzt, begründete sein Tun auf Erfahrung (Empirie) und war ein echter Reformer.

Ein wenig dieses reformatorischen und auch revolutionären Denkens und die Energie, dies auch immer wieder argumentativ zu fordern und zu verteidigen, wünsche ich Ihnen und mir für das Jahr 2007!

Literatur

  • 1 Rosenbrock R. Worauf wir nicht verzichten sollten. Gesundheitssystem und Solidarität.  Dr med Mabuse. 2007;  165 29-32
  • 2 Duden. Das Fremdwörterbuch. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich; Dudenverlag 1997 6. Aufl
  • 3 Gott von J. Ökumenisches Heiligenlexikon. 2006 http://www.ökumenisches Heiligenlexikon.de (Zugriff am 16.12.2006)
  • 4 Regal W, Nanut M. Jedem Kranken sein eigenes Bett (Altes Medizinisches Wien 20).  Aerztewoche Nr. 4. 2003;  , http://www. aerztewoche.at (Zugriff am 10.1.2007)
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