Klin Monbl Augenheilkd 1986; 188(5): 474
DOI: 10.1055/s-2008-1050687
© 1986 F. Enke Verlag Stuttgart

Anwendung von Botulinustoxin A in der Ophthalmologie

Application of Botulin Toxin A in OphthalmologyA. Huber, M. Meyer
  • Zürich
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Publication Date:
11 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Die therapeutische Anwendung von Botulinustoxin A stellt beim essentiellen Blepharospasmus eine echte Alternative zur operativen Therapie dar, wenn auch die Erfolge nicht in allen Fällen überzeugend sind und sich oft erst nach mehreren Injektionen einstellen. Der Effekt der Injektionen dauert einige Wochen bis mehrere Monate. Die nach gewisser Zeit besonders bei wiederholten Injektionen entstehende Denervationsatrophie des Orbicularis ist erwünscht und kann sich therapeutisch günstig auswirken. Immer noch bleibt eine gewisse Anzahl von schweren Fällen, wo man ohne chirurgische Intervention (Orbikularisexstirpation, selektive Neurektomie des N. facialis) nicht auskommen kann. Beim Strabismus paralyticus ist das Botulinustoxin A vor allem geeignet, der Kontraktur des homolateralen Antagonisten vorzubeugen und entweder eine Spontanheilung und Wiederherstellung der Parallelität der Augachsen zu erleichtern oder bei Nichtheilung zum mindesten die operative Korrektur zu erleichtern, indem eventuell die Abschwächung des homolateralen Antagonisten weggelassen werden kann. In Fällen leichterer Paresen, die im Laufe von Wochen oder Monaten vollkommen ausheilen, erleichtert die vorübergehende muskelabschwächende Wirkung des Toxins auf den Antagonisten die Wiederherstellung des binokularen Einfachsehens. Bei Myopathien (endokrine Ophthalmopathie etc.) mit bindegewebiger Muskelkontraktur ist der Effekt des Toxins weniger günstig oder überhaupt nicht zu beobachten. Beim Strabismus concomitans kann die Methode der Muskelabschwächung mit Botulinustoxin A vor allem bei primär kleinem Schielwinkel oder in Fällen eines Restwinkels nach einer Operation erfolgreiche Anwendung finden, wobei vor allem Erwachsene in Frage kommen. Es scheint, dass die günstigsten Resultate durch die Anwendung von mehrmals wiederholten kleinen Dosen erreicht werden. Im Durchschnitt kann eine 70%ige Reduktion des horizontalen Schielwinkels nach 2 Injektionen pro Fall konstatiert werden. Weitere Anwendungsmöglichkeiten des Botulinustoxins sind die Abschwächung des Levator palpebrae bei Retraktion des Oberlides (Exophthalmus, endokrine Ophthalmopathie etc.) oder Lagophthalmus bei Facialisparese zur Vermeidung einer Keratitis e Lagophthalmo. Über die Therapie des Nystagmus kongenitaler oder erworbener Natur haben wir noch keine eigenen Erfahrungen. Symptome einer allgemeinen systemischen Wirkung des Toxins wurden bis heute nicht beobachtet, ebenso auch keine schädigenden Einwirkungen auf Pupille, Akkommodation, Sehschärfe und Funktion des N. opticus.

Summary

Botulin toxin A was introduced as a treatment in ophthalmology by Dr. Scott of San Francisco. One important application is in cases of blepharospasm, where the toxin is injected into the lateral parts of the lower and upper lid and, if necessary, over the eyebrows in a single dose of 1-2 nanograms, preferably using a needle under electromyographic control. The effect on the blepharospasm is visible after a few days and lasts for several months. The procedure can be repeated several times. The second application is in cases of strabismus. In paralytic strabismus, contracture of the antagonist of the paralyzed muscle can be weakened by local injection of botulin toxin with a coaxial electrode under electromyographic control. Good results were observed in cases of eye muscle disorders in endocrine ophthalmopathy. In concomitant strabismus (exotropia or esotropia) administration of botulin toxin is also possible although a certain paresis of the injected muscle has to be taken into account. The doses for strabismus vary between 1/2 and 2 nanograms of the toxin. The administration of botulin toxin either in blepharospasm or strabismus has no systemic side effects and is a safe procedure if performed under careful electromyographic control. First personal experiences in the treatment both of blepharospasmus as well paralytic strabismus and concomitant strabismus are reported.

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