Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34(2): 65
DOI: 10.1055/s-2008-1064955
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Allergien und Umwelt

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Publication Date:
10 March 2008 (online)

Allergien erweisen sich in zahlreichen Ländern dieser Welt als bedeutsame Herausforderung für das Gesundheitssystem: die Inzidenz für Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis – allergische Rhinokonjunktivitis („Heuschnupfen“), Asthma bronchiale, atopisches Ekzem („Neurodermitis“, „atopische Dermatitis“) – ist steigend. Erklärungsmodelle für die ansteigenden Zahlen beinhalten einerseits den Verlust schützender Faktoren (z. B. frühe Immunstimulierung durch Infektionserkrankungen) sowie andererseits Allergie verstärkende Faktoren wie Innenraumbelastung durch Zigarettenrauch oder Abgase durch Verkehrsmittel. In den letzten Jahrzehnten gab es zumindest drei Hauptveränderungen im Hinblick auf die Pollenexposition:

Zunahme der Pollenzahl über einen längeren Zeitraum Neue Pollen, z. B. Ambrosia artemisiifolia (short ragweed) Veränderte Pollen: Umwelteinflüsse können eine Veränderung der Oberflächenstruktur der Pollen bewirken, was deren Allergenpotenz modifizieren kann.

In seinem Artikel „Vom Asthma-Gen zum chronischen Asthma bronchiale“ geht Dr. Hans-Joachim Mansfeld auf Asthmaprävention durch Frühdiagnostik und Therapie des atopischen Kindes ein. Denn vor allem bei Kindern und Jugendlichen haben allergische Erkrankungen der Atemwege und Haut wie allergisches Asthma, allergische Rhinokonjunktivitis sowie atopisches Ekzem in vielen industrialisierten Ländern dramatisch zugenommen (Prävalenz von 10–15 % für Asthma bronchiale sowie bis zu 20 % bei allergischer Rhinokonjunktivitis und atopischem Ekzem). Neben der wichtigen Rolle der genetischen Veranlagung scheinen Umweltfaktoren, vor allem in frühkindlichen Lebensphasen eines atopischen Kindes, eine entscheidende Bedeutung zu spielen. Danach führt im Sinne einer Interaktion erst das Zusammenwirken von Umweltfaktoren mit erblichen Veranlagungen zur Krankheit. Mansfeld diskutiert die Möglichkeiten einer primären Prävention, Präventionskonzepte sowie Möglichkeiten der sekundären und der tertiären Allergieprävention. Auch auf Differenzialdiagnosen der rezidivierenden obstruktiven Bronchitis und des frühkindlichen Asthmas geht er detailliert ein.

In dem Artikel „Allergische Erkrankungen – aktuelles zu Diagnostik und Therapie“ beschreibt Dr. Gundi Willer neben der Epidemiologie auch neue Allergieauslöser. Die Therapie allergischer Erkrankungen umfasst Allergenkarenz, eine medikamentöse Therapie und die spezifische Immuntherapie (SIT).

Dr. Peter Schupp bespricht die Pseudoallergie und Histaminintoleranz. Durchfall, Flush, Rhinitis und Tachykardien sind die typischen Symptome einer Anaphylaxie. Die geschätzte absolute Häufigkeit pseudoallergischer Reaktionen in der Allgemeinbevölkerung beträgt zirka 1–2 %.

Jeden Winter, mit Beginn der Inversionswetterlage, wird Feinstaub in der Luft wieder zum Thema. Dabei erfolgt die Diskussion in den Medien oft kontrovers. Zur Versachlichung der Diskussion legt Dr. Thomas Rothe in dem Artikel „Feinstaub: Nicht nur ein Problem für die Atemwege“ die aktuelle Datenlage aus Sicht des Internisten und Pneumologen dar. Heute liegt ausreichend Evidenz für die Aussage vor, dass hohe Feinstaubkonzentrationen in der Luft der Gesundheit abträglich sind. Die gesetzlichen Regelungen bezüglich Grenzwerte sind klar und tragen dem Gefahrenpotenzial Rechnung – wobei der Gesetzgeber nicht dafür sorgt, dass seine eigenen Gesetze eingehalten werden. Politische Schritte sind notwendig. Diesel-Neufahrzeuge, auch Lastkraftwagen und Baumaschinen, sollten mit wirksamen Filtern ausgerüstet werden. Soweit möglich, wäre eine Nachrüstung bereits zugelassener Dieselfahrzeuge wünschenswert. Zusätzlich zu den Maßnahmen bei Dieselfahrzeugen drängen sich ein Verbot von Zweitaktmotoren und eine Katalysatorpflicht für alle Motorräder auf. Der vermehrte Einsatz alternativer Energiequellen wie Solar- und Windkraft und die Wärmepumpentechnologie sollte forciert werden. Mit einer effektiven Strategie gegen erhöhte Feinstaubbelastungen und Passivrauchen werden Asthmatiker und Menschen mit COPD bereits kurzfristig hinsichtlich ihrer Lebensqualität profitieren.

PD Dr. med. Günter Menz

Hochgebirgsklinik Davos

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