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DOI: 10.1055/a-0600-2512
Ambulant praktizierende Ärzte in Deutschland unzureichend auf Ebolafieber vorbereitet
Insufficient Preparation of Ambulatory Physicians for Ebola Virus Disease in GermanyPublication History
Publication Date:
22 May 2018 (online)
Zusammenfassung
Hintergrund Globalisierung, zunehmende Mobilität und Klimawandel erhöhen die Gefahr des globalen Auftretens von Erkrankungen durch hochpathogene Erreger. Ziel der Arbeit: Anhand der Ebolafieber-Epidemie in Westafrika wurde untersucht, ob ambulant praktizierende Mediziner als Primärversorger vorbereitet sind, den Ernstfall zu erkennen, richtig zu bewerten und fachgerecht zu handeln.
Methodik In 2 anonym durchgeführten Befragungen von ambulant praktizierenden Medizinern (n=166 bzw. 129) wurden u. a. der objektive Wissensstand, die subjektive Einschätzung zum eigenen Wissen und die praktische Umsetzung in den Alltag erhoben und mit dem von 14 STAKOB-Experten (Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger) als erforderlich definierten Mindeststandard verglichen.
Ergebnisse Der Wissensstand der Teilnehmer blieb signifikant hinter dem in Experteninterviews definierten Standard zurück. Von 8 gestellten Wissensfragen wurden im Durchschnitt nur 5 korrekt beantwortet. Auch die subjektive Wissenseinschätzung stellte sich als weniger gut dar. Obwohl 56% der Teilnehmer Handlungsanweisungen erhalten hatten, setzten 64% diese nicht in ihrer Praxis um. Ebolafieber-spezifische Fortbildungen waren von etwa 22% der Befragten in Anspruch genommen worden, wobei die Teilnahme zu einer signifikant besseren subjektiven Wissenseinschätzung führte.
Schlussfolgerung Entgegen der landesweit offiziell kommunizierten fachlichen Einschätzung, dass Deutschland gut auf das Auftreten von Erkrankungen durch hochpathogene Erreger vorbereitet sei, legen die Ergebnisse der vorliegenden Studie diesbezüglich existierende Defizite nahe. Trotz eines umfangreich zur Verfügung stehenden Informationsangebots war das relevante Detailwissen nicht immer im erforderlichen Umfang bei der Zielgruppe abrufbar. Und das obwohl knapp die Hälfte das Risiko einer Einschleppung als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich angab. Welche Konsequenzen daraus für die Informationsvermittlung und weitere Forschungsansätze gezogen werden könnten, zeigt die Studie auf.
Abstract
Background Globalization and climate change increase the likelihood of a global spread of high consequence infectious diseases.
Objectives We analyzed how outpatient physicians in Germany were prepared to recognize and handle potential Ebola virus-infected patients during the recent Ebola outbreak in West Africa.
Materials and methods Outpatient physicians participated in 2 anonymous surveys (n=166 and 129, respectively) and were asked, among others, about their knowledge of Ebola virus disease, their subjective perception of their own knowledge and the practical implementation in their daily routine. This was compared to a minimum standard defined by 14 members of the German “Permanent Working Group of Competence and Treatment Centres for high consequence infectious diseases” (STAKOB).
Results The Ebola virus-specific knowledge of participants was significantly inferior compared to the defined minimum standard. Of 8 factual questions, an average of merely 5 was answered correctly. The physicians’ subjective perception of knowledge presented as ‘little’. Although 56% of participants indicated that they had received standard operation procedures, 64% had not implemented them into their daily routine. Merely 22% of surveyed medical doctors participated in Ebola virus-specific education programs. Yet participation led to a significantly better subjective knowledge perception.
Conclusions Contrary to the official assessment that Germany is well prepared for high consequence infectious diseases, this study suggests that there are deficits in this area. Despite the abundance of information about Ebola virus disease, preparation of outpatient physicians in Germany was inadequate. Yet nearly half of the participants indicated the potential risk of occurrence as ‘likely’ or ‘very likely’. The presented data show the different consequences to be drawn regarding potential future crises and further research.
Schlüsselwörter
Ebolafieber-Epidemie - Vorbereitung - ambulant praktizierende Mediziner - Informationsfluss - hochpathogene ErregerKey words
Ebola virus disease - preparedness - outpatient physicians - information flow - high consequence infectious diseasesErgänzendes Material
- Ergänzendes Material (Fragebogen 1 und Fragebogen 2) finden Sie online unter https://10.1055/a-0600-2512
- Ergänzendes Material
-
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