Phlebologie 2021; 50(01): 51-58
DOI: 10.1055/a-1304-0117
Schwerpunktthema

Vena giacomini – so klein und unscheinbar?

Article in several languages: deutsch | English
Eva Maria Valesky
1   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland
,
Erika Mendoza
2   Venenpraxis Wunstorf, Deutschland
,
Erich Brenner
3   Institut für Klinisch-Funktionelle Anatomie, Department für Anatomie, Histologie und Embryologie, Medizinische Universität Innsbruck, Österreich
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Zusammenfassung

In Giacominis Erstbeschreibung (1873) wurde über eine Vene berichtet, die über die Fossa poplitea zum dorsalen Oberschenkel (ohne in die V. poplitea einzumünden) weiter nach medial zieht, um in die V. saphena magna zu münden. Seither wurden zahlreiche weitere Mündungstypen (auch mit Einmündung in die V. poplitea) publiziert. Im klinischen Alltag erfährt diese Vene hingegen nur wenig Beachtung. Die Wahrscheinlichkeit, eine Insuffizienz der V. giacomini nachzuweisen, ist v. a. bei simultanem Vorliegen einer insuffizienten V. saphena parva um das knapp 12-Fache erhöht. Man unterscheidet 2 Refluxtypen der V. giacomini. Beim retrograden Reflux gelangt venöses Blut über die V. saphena magna, die Beckenvenen oder die Perforansvenen des Oberschenkels in die V. saphena parva. Beim wesentlich selteneren anterograden Reflux kommt es zu einem paradoxen (aufsteigenden) Reflux in der V. giacomini während der muskulären Diastole. Eine ausschließlich V.-saphena-fokussierte chirurgische Therapie ohne Berücksichtigung der Refluxtypen kann möglicherweise in einer Überbehandlung des Patienten enden und sollte im Zeitalter der therapeutischen Vielfalt und eines möglichst venenerhaltenden Vorgehens vermieden werden.

Aufgrund der anatomischen Enge der Fossa poplitea und der in der Vergangenheit zunehmend an Beliebtheit gewonnenen endoluminal-thermischen Verfahren ist die Kenntnis der topografischen Anatomie insbesondere zur Vermeidung von neurologischen Komplikationen von essenzieller Bedeutung.



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Article published online:
18 January 2021

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