Frauenheilkunde up2date 2024; 18(03): 221-240
DOI: 10.1055/a-1980-7001
Diagnostik

Rekonstruktion von Klitoris und Vulva nach Female Genital Mutilation (FGM)

Maryam En-Nosse
,
Isabel Runge
,
Charlotte von Saldern
,
Dan mon O´Dey

In Deutschland leben aktuell schätzungsweise mehr als 104000 Frauen und Mädchen mit Female Genital Mutilation (FGM). FGM kann zahlreiche Beschwerden nach sich ziehen, die das Leben langfristig beeinträchtigen. Mithilfe von rekonstruktiven Operationstechniken kann eine Normalität von Form und Funktion der Vulva weitestgehend wiederhergestellt werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über verschiedene rekonstruktive Verfahren und ihre Indikationen.

Kernaussagen
  • Female Genital Mutilation (FGM) ist ein relevantes Thema in Deutschland mit steigenden Zahlen und steigendem Bedarf an rekonstruktiver Versorgung.

  • Jeder FGM-Typ rechtfertigt bei entsprechender Symptomatik und Wunsch der Patientin eine Rekonstruktion.

  • Zu den OP-Indikationen für eine Rekonstruktion der Vulva und Klitoris gehören chronische Schmerzen, Narbenbildung, Dyspareunie, fehlende sexuelle Stimulierbarkeit, Zystenbildung und die psychische Belastung.

  • Detaillierte Kenntnisse der Anatomie und plastisch-rekonstruktiver Techniken sind Voraussetzungen für die erfolgreiche Rekonstruktion.

  • Die mikrochirurgische anatomische Rekonstruktion der Vulva und Klitoris verbessert nachweislich die klitorale Empfindung und reduziert Schmerzen.

  • Die vorgestellten Operationstechniken zur speziellen Vulvarekonstruktion namens aOAP-Lappenplastik (anterior Obturator Artery Perforator Flap), OD-Lappenplastik (Omega-Domed Flap), LTRA-Procedure (Local Tissue Release and Alignment)und NMCS-Prozedur (Neurotizing and Molding of the Clitoral Stump) leisten über die Normalisierung von Form und Funktion einen effektiven Beitrag zur individuellen Überwindung der Folgen von FGM.

  • Für die OP-Vorbereitung sollte genügend Zeit für eine detaillierte Untersuchung, die Aufklärung sowie Bedenkzeit für die Betroffene eingeplant werden.

  • Die Nachbetreuung beinhaltet nicht nur Maßnahmen zur optimalen Wundheilung, sondern auch die Erfassung der postoperativen funktionellen Ergebnisse.

  • Für die Abrechnung einer rekonstruktiven Operation, aber auch zum Vermeiden einer Unterdokumentation ist die Kodierung nach ICD-10 unabdingbar.

  • Kenntnisse über rekonstruktive Möglichkeiten nach FGM sollten unbedingt in der Aus- und Weiterbildung von Ärzt*innen, insbesondere Gynäkolog*innen vermittelt werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
12. Juni 2024

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