Rehabilitation (Stuttg) 2001; 40(5): 261-266
DOI: 10.1055/s-2001-17414
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Geschlechtsspezifische Aspekte
der Rehabilitation chronischer Rückenschmerzen

Gender-specific Aspects in Chronic Low Back Pain RehabilitationB.  Schmidt1 , P.  Kolip2 , B.  Greitemann3
  • 1Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
  • 2Fachbereich 11, Human- und Gesundheitswissenschaften, Universität Bremen
  • 3LVA-Klinik Münsterland, Klinik für orthopädisch-rheumatologische Erkrankungen, Bad Rothenfelde
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Publication Date:
26 September 2001 (online)

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Zusammenfassung

Studien zu geschlechtsspezifischen Aspekten der Inanspruchnahme und Bewertung medizinischer Rehabilitationsleistungen bei chronischen Rückenschmerzen liegen bislang kaum vor. Gleiches gilt für Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Effekten orthopädischer Rehabilitation. Ziel des Beitrags ist die geschlechtersensible Betrachtung und Analyse der bestehenden rehabilitationswissenschaftlichen Literatur zu muskuloskelettalen Erkrankungen. Rückenschmerz ist in der westlichen Welt eine der häufigsten Ursachen für die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, und im Hinblick auf die Prävalenzen kann von einer annähernden Gleichverteilung zwischen den Geschlechtern ausgegangen werden. Allerdings werden Männer häufiger krankgeschrieben und frühberentet, außerdem nehmen mehr Männer stationäre Rehabilitationsleistungen aufgrund von Krankheiten des Skeletts, der Muskeln und des Bindegewebes in Anspruch. Epidemiologische Studien belegen, dass nur bestimmte Frauen(gruppen) überhaupt stationäre orthopädische Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen. Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass sowohl die eher somatisch-bewegungsorientierten als auch die psycho- und soziotherapeutisch ausgerichteten Methoden, die inzwischen zum Standardprogramm orthopädischer Rehabilitationsmaßnahmen gehören, differenzielle Bedeutung für Frauen und Männer haben. Kontroverse Studienergebnisse liegen darüber vor, ob die Ausgestaltung orthopädischer Rehabilitationsmaßnahmen stärker an männlichen Populationen orientiert ist und solche Maßnahmen entsprechend wirksamer für Männer sind. Nicht zuletzt ist die nachstationäre Zeit unter geschlechtsspezifischem Blickwinkel von Relevanz, denn in Abhängigkeit insbesondere von den familiären Bezügen haben Frauen und Männer sehr ungleiche Möglichkeiten, im Anschluss an eine stationäre Rehabilitation die gebotenen Verhaltens- und Verhältnismodifikationen zu etablieren und zu stabilisieren. Zukünftige Forschung im Bereich der Rehabilitationswissenschaft sollte auf der gesamten Bandbreite des Rehabilitationsprozesses - beginnend mit der Inanspruchnahme von Rehabilitation über die Leistungsgestaltung bis hin zur Nachsorge - geschlechtersensibel angelegt sein.

Gender-specific Aspects in Chronic Low Back Pain Rehabilitation

Little is known about gender differences in utilisation, outcomes and evaluation of orthopaedic rehabilitation for chronic low back pain. The purpose of this article is to review and analyse the literature on rehabilitation and recovery of men and women with chronic back pain. In Western societies, chronic back pain is one of the most common causes for utilising medical rehabilitation services. In general no significant gender differences in the prevalences of back pain are found, but men are more sick-listed and early retired due to musculosceletal diseases. Also, more men than women participate in medical rehabilitation programmes. National and international studies pinpoint the fact that differences exist between women and men with regard to participating in an orthopaedic rehabilitation programme. Additionally there is some evidence that different physical and psychological therapy services have different effects on health status of women and men. Mixed results are available regarding gender differences concerning the outcomes of rehabilitation programmes. Rehabilitation activities after discharge from in-patient programmes and these being performed within the home setting are primary indicators of recovery. Gender differences have been identified regarding various types of activities, apparently because especially family roles interfere with activity. Further research must be conducted so as to increase the understanding of women's and men's experiences relative to orthopaedic diseases and orthopaedic rehabilitation services.