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DOI: 10.1055/a-0600-5097
We Have Come a Long Way
Publication History
Publication Date:
12 June 2018 (online)
In meiner Rolle als „alteingesessene“ Herausgeberin von physioscience konnte ich in den letzten 13 Jahren viele positive Veränderungen im Berufsfeld der Physiotherapie im deutschsprachigen Raum beobachten. Die Akademisierung schreitet voran mit der Anzahl von Hochschulen (mittlerweile mehr als 40 alleine in Deutschland) und Universitäten, die Bachelor- und Master-Studiengänge anbieten. In der Schweiz und Österreich erfolgt die Phyiotherapieausbildung nur noch an Hochschulen. Mittlerweile können Physiotherapeuten in Deutschland auch ein PhD im Physiotherapiebereich absolvieren. Und es gibt Anzeichen, dass ein akademischer Abschluss zum beruflichen Aufstieg beitragen kann [1], der Arbeitsaufwand lohnte sich für viele Absolventen.
Die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen steigt, die Qualität der eingereichten Manuskripte bei physioscience verbessert sich zunehmend. Physioscience wurde 2016 von Thomson Reuters in den Emerging Sources Citation Index (ESCI) aufgenommen, ist somit Teil des Web of Science und leichter zugänglich. Die Gründung der Stiftung Physiotherapie Wissenschaften in der Schweiz 2002 (PTW) sowie der Deutschen Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaft (DGPTW) 2016 sind weitere Meilensteine für die wissenschaftliche Entwicklung unserer Profession.
Regelmäßig finden physiotherapeutische Kongresse oder Forschungssymposien in allen deutschsprachigen Ländern statt, auf denen wir unsere Forschungsprojekte präsentieren können, Up-to-date-Ergebnisse aus der Forschung erhalten und – ganz wichtig – den Austausch mit Kollegen pflegen können (siehe Veranstaltungskalender S. 100).
Ein weiteres Zeichen der Anerkennung unseres wissenschaftlichen Tuns: Physiotherapeuten werden für ihre Arbeiten mit Wissenschaftspreisen ausgezeichnet:
Auf all dies können wir doch stolz sein! Und dennoch kommt bei vielen Neid auf, wenn die deutschsprachige Physiotherapiewelt mit der in anderen Ländern verglichen wird.
Als Beispiel: Die australische Physiotherapie dient oft als Aushängeschild und Vorbild bezüglich Ausbildungsinhalte und -möglichkeiten, Status der Physiotherapeuten als „First Contact Practitioner“ oder auch „Advanced Scope Physiotherapist“ sowie Aufstiegschancen und Forschungsmöglichkeiten in der Physiotherapie. Aber ist wirklich alles so rosig, wie es scheint? Im November 2017 durfte ich auf dem Forschungssymposium einen Vortrag über den Stand von Forschung und Forschungsförderung in Australien halten, der mir Anlass für einige Reflexionen gab.
Was denken Sie, wenn Sie erfahren, dass pro Jahr ca. 190 Physiotherapie-Studenten an der Curtin University in Perth/Westaustralien für den Bachelor aufgenommen werden, während in Deutschland die meisten Unterrichtsgruppen wesentlich kleiner sind? Die Studiengebühr an der Curtin University beträgt 14 100 AU$ pro Semester – vergleichen Sie dies mit deutschsprachigen Hochschulen. Jobs sind Mangelware, viele frisch graduierte Physiotherapeuten finden anfangs keine Vollzeitanstellung – und schon gar nicht in einem öffentlichen Krankenhaus!
Ich gebe zu, die Infrastruktur für Forschung in Australien ist wie auch in Belgien, England oder Irland beispielhaft. Der National Health Medical and Research Council (NHMRC) stellt den größten staatlichen Fördermittelgeber im australischen Gesundheitssektor dar. Die Fördersumme für Projekte, bei denen Physiotherapeuten als „Chief Investigator“ tätig waren, wuchs in den Jahren 2000 bis 2008 um 2700 % [2]. Im Jahre 2012 vergab der NHMRC über 16 Millionen $ (Australian Physiotherapy Association) an Projekte, die von Physiotherapeuten geleitet oder an denen sie mitbeteiligt waren. Das sind beeindruckende Zahlen. Die Qualität der Forschung ist hoch und genießt weltweit sehr hohes Ansehen.
Allerdings muss man auch überlegen, was hinter all dem steckt: Wie kann ich im Forschungsbereich erfolgreich sein? Was brauche ich dafür? Wie erhalte ich Fördergelder?
Bei einem Antrag auf Fördergelder – sei es für ein Stipendium für eine Einzelperson (z. B. Postgraduate Scholarship) oder einen Projektantrag werden folgende Punkte beurteilt:
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Scientific Merit (wissenschaftlicher Wert):
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Signifikanz der Studie: Wie ist die Relevanz/der Beitrag für die Gesundheitswissenschaften?
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Herangehensweise: Studiendesign, adäquate Studienziele, gut entwickelte Methoden, Analysen.
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Machbarkeit: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Antragsteller das vorgeschlagene Projekt vollenden können, in Anbetracht von Erfahrung, vorläufiger Daten, Ressourcen (die nötig sind oder gestellt werden), Unterstützung des Instituts?
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Track Record (Erfolgsgeschichte):
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Erfahrung: relevante Erfahrung und Training, Fähigkeit der Antragsteller, die Ziele des Projekts zu erreichen.
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Produktivität: Die Produktivität der Antragsteller und Faktoren, die diese steigern bzw. hemmen.
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Qualität der Publikationen: Die Qualität der Publikationen und der Standard der Zeitschriften, in denen die Antragsteller publizieren.
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Budget.
Forschung ist kein leicht verdientes Brot. Hinter einem erfolgreichen Antrag auf Forschungsgelder stehen viele Arbeitsstunden – oft außerhalb der normalen Arbeitszeit. Viele haben heutzutage keine „freie“ Zeit dafür oder sind (verständlicherweise) nicht bereit, ihre Freizeit dafür zu opfern.
Für meinen Vortrag auf dem Forschungssymposium stellte ich vier sehr erfolgreichen Kollegen (drei Australiern: Helen Slater, Andrew Briggs, Peter O’Sullivan [www.staff.curtin.edu.au] und einer Schweizerin: Annina Schmid [www.neuro-research.ch]) folgende Fragen (die Antworten direkt anschließend):
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What would you say to physios who want a career in research?
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Why do you want this? (Peter)
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Great: interested in why and what is their area of interest and vision? (Helen)
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What is important to get there?
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Determination, team work, open mind, fortitude. (Peter)
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Persistence, patience and good mentoring. (Helen)
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Persistence and a natural drive of curiosity. (Annina)
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To be able to deal with some frustration, rejection and negative feedback and still not loose passion for what you do. (Annina)
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Key to success in research is to work with supportive colleagues and engage partners. (Andrew)
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It is impossible to go at it alone. (Andrew)
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What advice would you give them?
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Get a great mentor, be fearless, don’t take your work personally – do things you are passionate in – always be comfortable to question yourself and be wrong – update knowledge all the time – admit mistakes – don’t take yourself seriously – always stay connected to the clinical interface – have fun. (Peter)
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Find a good PhD supervisor who matches well with your personality: go and speak with them and others from various labs and know what has worked/not worked, who and why; what papers are coming out of the labs? Who is presenting at conferences? (Helen)
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Talk about your questions/intentions/career goals openly with researchers and managers, but most of all, be persistent and pursue your goal even if there are some hindrances along the way. (Annina)
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Have a team of people (maybe 2 – 4) with whom you have a really good personal and work connection and share similar interests as you. (Andrew)
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You can’t be fixated only on one idea or project, but need to think broadly about a programme of work that enables the flexibility to respond to opportunities as they arise while also recognising that one needs to stay focused in an area to progress. (Andrew)
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Die kurze deutsche Zusammenfassung der Expertenratschläge: Suchen Sie sich den richtigen Mentor, mit dem Sie auf einer Wellenlänge sind. – Man braucht viel Geduld und Hartnäckigkeit/Durchhaltevermögen. – Man muss in der Lage sein, mit Frustration, Ablehnung und negativem Feedback umzugehen und trotzdem nicht die Begeisterung zu verlieren. – Verfolgen Sie Ihr Ziel, selbst wenn Hindernisse auf dem Weg liegen. – Alleine kommt man nicht weit, man braucht ein gutes Team und gute Zusammenarbeit.
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Literatur
- 1 Hegewald A, Huber O, Niedermann K. Was machen die ersten in der Schweiz wissenschaftlich ausgebildeten Physiotherapeuten heute?. physioscience 2017; 13: 155-161
- 2 Hodges PW. Growth of physiotherapy research funding in Australia. Austr J Physiother 2009; 55: 149-150