CC BY-NC-ND 4.0 · Rofo 2022; 194(05): 532-544
DOI: 10.1055/a-1710-3669
Abdomen

Stadienorientierte CT-Klassifikation und intermodales Evolutionsmodell bei hepatischer alveolärer Echinokokkose

Article in several languages: English | deutsch
Tilmann Graeter
1   Department of Diagnostic and Interventional Radiology, Universitätsklinikum Ulm, Germany
,
Julian Schmidberger
2   Department of Internal Medicine I, Universitätsklinikum Ulm, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Hintergrund

Die alveoläre Echinokokkose (AE) ist eine der gefährlichsten humanen Parasitosen. Hauptmanifestationsort der Erkrankung ist mit etwa 98 % die Leber. Die 2016 vorgestellte „Echinococcus Multilocularis Ulm Classification for Computed Tomography“ (EMUC-CT) war die erste Zusammenstellung CT-morphologischer Kriterien der hepatischen AE. Studien auf Basis der EMUC-CT ermöglichten es, über die rein diagnostische Typisierung hinaus Rückschlüsse auf die Entwicklung der Läsionen im Krankheitsverlauf zu ziehen. Zu den wichtigsten Erkenntnissen dieser Vorläuferstudien gehörte, dass sich Typ IV der EMUC-CT als Initialläsion präsentierte, während EMUC-CT Typ III-Läsionen meist mit einer fortgeschrittenen Krankheitskonstellation verbunden waren. Eine intermodale Betrachtung bildmorphologischer Kriterien gibt weitere Hinweise für eine Läsionsevolution.

Methode

Mit der „Alveolar Echinococcosis Ulm Classification“ (AEUC) erfolgte eine Revision der bisherigen EMUC-CT mit einer stadienorientierten Neuordnung der Primärmorphologien. Zudem konnte ein intermodales Klassifikationsschema zur Evolution hepatischer AE-Läsionen anhand der AEUC, der MRT Kodama-Klassifikation und Aspekten des Ultraschalls skizziert werden.

Ergebnisse

Die erste stadienorientierte CT-Klassifikation hepatischer AE „AEUC“ basiert in ihrer Läsionscharakterisierung auf der getrennten Betrachtung zweier Klassifikationssäulen, den 5 „Primärmorphologien“, AEUC I–V (AEUC II–IV mit Subkriterien), und den 5 „Kalzifikationsmustern“. Darüber hinaus präsentiert ein intermodales Klassifikationsschema 5 Stadien der Läsionsevolution: „Initialstadium“, „Progressionsstadium“, „fortgeschrittenes Stadium“, „Übergangsstadium“ und „Regressionsstadium“.

Schlussfolgerung

Die bildgebenden Modalitäten unterscheiden sich in der Darstellung von Läsionskriterien. Dies unterstreicht die Notwendigkeit unimodaler Klassifikationssysteme. Die Stadienzuordnung einer AE-Läsion kann unter Wertung verschiedener Modalitäten genauer erfolgen.

Kernaussagen:

  • Die AEUC bietet eine stadienorientierte CT-Klassifikation bei hepatischer AE.

  • Aspekte unterschiedlicher Modalitäten ermöglichen eine vielschichtigere Betrachtung der Läsionsevolution.

  • Eine genauere Stadienzuordnung kann durch die Kombination verschiedener Modalitäten erreicht werden.

Zitierweise

  • Graeter T, Schmidberger J. Stage-Oriented CT Classification and Intermodal Evolution Model in Hepatic Alveolar Echinococcosis. Fortschr Röntgenstr 2022; 194: 532 – 544


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Einleitung

Die alveoläre Echinokokkose (AE), verursacht durch Ingestion von Eiern des kleinen Fuchsbandwurms Echinococcus multilocularis, gilt unbehandelt als die gefährlichste Humanparasitose [1] [2]. Fälle von AE sind in der nördlichen Hemisphäre zu finden, mit den Hauptendemiegebieten in Mitteleuropa und Westchina. Innerhalb Deutschlands sind vor allem Baden-Württemberg und Bayern die Hauptendemiegebiete mit Ausbreitungstendenz in anderen Teilen des Bundesgebiets [3] [4] [5] [6] [7] [8]. Für den Zeitraum von 1992 bis 2016 ergab die Prävalenz der AE für gesamt Deutschland 0,64/100 000 Einwohner. Dabei lag die Prävalenz für Baden-Württemberg bei 2,18/100 000 und für Bayern bei 1,48/100 000 Einwohner [3] [4] [5] [6] [7] [8]. Die weltweit meisten Erkrankungsfälle werden aus China berichtet. Zu den Hauptrisikofaktoren zählen Hundehaltung, land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit sowie der Konsum von Nutzpflanzen aus dem ländlichen Hausgarten [9]. Im Entwicklungszyklus dieser Parasitose stellt der Mensch einen Fehlzwischenwirt dar. Die Leber ist Hauptmanifestationsort der Erkrankung, mit einer Beteiligung von etwa 98 %. Viel seltener als die Leber können alle anderen Organe betroffen sein [10] [11]. In Mitteleuropa ist in einem Drittel der Fälle noch eine kurative Operation anhand tumorchirurgischer Aspekte möglich, wobei die anzustrebenden Sicherheitsabstände der Resektionsränder in den letzten Jahren reevaluiert wurden [12]. In den anderen Fällen erfolgt eine meist lebenslange parasitostatische Benzimidazoltherapie bei guter Prognose und zumeist normaler Lebenserwartung. Hepatobiliäre Komplikationen, wie sie bei fortgeschrittenen Erkrankungen vorkommen können, lassen sich überwiegend interventionell und medikamentös beherrschen [13]. Die WHO-Falldefinition nach Brunetti et al. unterscheidet im Rahmen der Diagnosestellung anhand der Kriterien von Serologie, Bildgebung und Histologie die Kategorien „possible“, „probable“ und „confirmed“. Dabei definiert eine alleinige positive Serologie noch keine Erkrankung und die Kategorie „confirmed“ ist an die histologische Bestätigung gebunden. Die Bildgebung mit Ultraschall (US), Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT), häufig kombiniert mit Positronenemissionstomografie (PET), ist in diesem Kontext eine bedeutende diagnostische Säule der AE [14]. Dabei stellt die PET-CT initial und im Verlauf einen wichtigen Parameter in der Beurteilung der Erkrankung dar, wobei berücksichtigt werden muss, dass AE-Läsionen selbst nicht durchblutet sind und die PET-Aktivität im Randbereich lediglich Auskunft über die hervorgerufene umgebende Entzündungsaktivität gibt [15]. PET-negative Befunde sind somit nicht in jedem Fall gleichzusetzen mit avitalen Läsionen, z. B. bei immunsupprimierten Patienten. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Entzündungsaktivität zu Beginn einer medikamentösen Behandlung zunächst zunehmen kann [16].

Eine intermodale bildgebende Betrachtung der komplexen Läsionen ist sinnvoll, weil in der CT beispielsweise die Läsionsbegrenzungen (auch im Hinblick auf eine mögliche OP-Planung), sowie kleine Läsionen und Kalzifikationen, in der MRT dagegen die Alveolen besser zur Darstellung kommen. US, meist primäres Diagnostikum im Rahmen einer häufig zufälligen Befunddetektion, bietet wiederum die beste Auflösung der Binnenstrukturen kleiner Läsionen und hat kontrastverstärkt bei fehlender Läsionskontrastierung in der Differenzialdiagnostik Vorzüge.

Da AE-Läsionen radiologisch ein polymorphes Bild zeigen, das verschiedene benigne und maligne Leberraumforderungen imitieren kann, bleibt die Diagnose der seltenen Parasitose schwierig. Studien zur Bildgebung bei AE sind daher wichtig. Bislang existieren für die hepatische AE 3 bildmorphologische Klassifikationen für die unterschiedlichen Modalitäten. Die Kodama-Klassifikation von 2003 ordnet AE-Läsionen in der MRT nach 5 Typen, während mit der „Echinococcus Multilocularis Ulm Classification for Ultrasound“ (EMUC-US) seit 2015 ein deskriptives Diagnoseinstrument auch für den US zur Verfügung steht [17] [18]. Die EMUC-US unterscheidet „Sturm und Hagelmuster“, „pseudozystisches Muster“, „Verknöcherungsmuster“, „hämangiomartiges Muster“ und „metastasenartiges Muster“. Bei komplexen, schlecht abgrenzbaren AE-Läsionen und bei stärkerer Verkalkung ist die US-Diagnostik allerdings erschwert. Die T2w-basierte Kodama-Klassifikation der MRT, auf die in der abschließenden intermodalen Betrachtung vermehrt eingegangen wird, ist in [Abb. 1] dargestellt. Mit der 2016 vorgestellten „Echinococcus Multilocularis Ulm Classification for Computed Tomography“ (EMUC-CT) wurde schließlich eine strukturierte Zusammenstellung der wichtigsten CT-morphologischen Kriterien mit 5 primärmorphologischen Typen und typischen Verkalkungsmustern vorgelegt, um die Diagnostik der AE zu verbessern [19].

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Abb. 1 Schema der T2w-basierten Kodama-Klassifikation und MRT-Beispielbilder der unterschiedlichen Läsionstypen.

Für die zystische Echinokokkose (CE), nicht aber für die AE, existiert eine stadienadaptierte, intermodal übertragbare Klassifikation auf Basis der Bildmorphologie der Leberläsionen [14]. Für die AE ist eine solche Klassifizierung aufgrund der komplexeren Läsionen schwieriger. Zudem spielen intermodal unterschiedliche Bildinformationen bei AE eine größere Rolle als bei CE, weshalb die bestehenden, bislang nicht stadienadaptierten AE-Klassifikationen von MRT, US und CT nicht immer direkt vergleichbar sind [20]. Anders als die vorgestellten primärdiagnostischen Klassifikationen hepatischer AE der einzelnen Modalitäten, ermöglicht abschließend die 2006 vorgestellte PNM-Klassifikation eine intra-, und extrahepatische Ausbreitungsdiagnostik der AE [21].

Jüngste Studienergebnisse weisen über den bislang rein diagnostischen Wert der morphologischen Typisierung hepatischer AE hinaus und ermöglichen nun auch Rückschlüsse auf die Entwicklung der Läsionen im Verlauf.

So wurden anhand der EMUC-CT die Läsionstypen bezüglich ihres Verhaltens unter Benzimidazoltherapie, ihrer Prävalenz in verschiedenen Endemiegebieten mit unterschiedlichem Grad der Krankheitsprogression, ihrer Korrelation mit intrahepatischen Manifestationskriterien (Größe, vaskuläre/biliäre Infiltration) und gleichzeitiger extrahepatischer Beteiligung sowie den Dichtewerten ihrer zystoiden Anteile, ihrer PET-Aktivität und Serologie und schließlich hinsichtlich histopathologischer Kriterien untersucht [22] [23] [24] [25] [26] [27].

Wichtige Erkenntnisse dieser Studien waren, dass Typ IV der EMUC-CT eine Initialläsion darstellt, während EMUC-CT Typ III mit einer fortgeschrittenen Krankheitskonstellation verbunden ist [23] [24].

Das häufige Fehlen von PET-Aktivität bei kleinen EMUC-CT Typ-IV-Läsionen erklärt sich histologisch durch eine Zentralisierung der Alveole mit meist noch umgebender, isolierender solider Nekrose, während andere Läsionstypen größeren Ausmaßes verschiedene Stadien weiter fortgeschrittener AE-Läsionen darstellen, bei denen die Entzündungsaktivität im Rahmen der Exazerbation an den Rändern lokalisiert ist [26].

Passend dazu lieferte eine histopathologisch/CT-morphologische Vergleichsstudie anhand histologischer Kriterien weitere wichtige Hinweise auf den Entwicklungsstatus der AE-Läsionstypen im Krankheitsverlauf und legt somit eine Läsionsevolution nahe. Als Ergebnis dieser Studie wurde Typ IV nach EMUC-CT als „Initialstadium“, die Typen I und II als „Progressionsstadium“, Typ III als „fortgeschrittenes Stadium“ und Typ V als „Regressionsstadium“ definiert [27].

Die Vorläuferstudien deuten zusammenfassend auf eine stadienhafte Entwicklung hepatischer AE-Läsionen hin, wobei die Läsionsprogression der Primärmorphologie durch parasitostatische Therapie unter Zunahme der Kalzifizierung verhindert werden kann [22] [23] [24] [25] [26] [27].

Daher wurde eine Revision der EMUC-CT mit Neuordnung der primärmorphologischen Läsionstypen nach Aspekten der Läsionsevolution als sinnvoll erachtet, da die EMUC-CT unabhängig von möglichen Entwicklungsstadien die Nummerierung der Primärmorphologien nur anhand der Häufigkeit ihres Auftretens innerhalb des ursprünglichen deutschen Kollektivs beschrieben hatte [19]. Entsprechend wird nachfolgend mit der „Alveolar Echinococcosis Ulm Classification“ (AEUC) eine neue, stadienorientierte CT-Klassifikation hepatischer AE vorgestellt.

Schließlich kann anhand der Ergebnisse der jüngsten AE-Studien zudem ein intermodales Klassifikationsmodell zur Evolution hepatischer AE-Läsionen skizziert werden, welches anhand von 5 Stadien die AEUC der CT, die MRT Kodama-Klassifikation und Aspekte des US berücksichtigt.


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Haupttext

Grundlage der Revision der CT-Klassifikation

Transformation der EMUC-CT zur stadienorientierten AEUC

Die Umbenennung der Klassifikation von EMUC-CT in AEUC war sinnvoll, um Verwechslungen mit der bisherigen Typisierung zu vermeiden, aber auch um mögliche Parallelschlüsse zur fortbestehenden EMUC-US zu umgehen, da die Läsionstypen in CT und US aus methodischen Gründen und wegen möglicher Verkalkungen nicht immer einfach übertragbar sind [18] [19] [20]. Ein weiterer Grund für die Umbenennung der CT-Klassifikation war, dass es sich bei der klassifizierten Erkrankung um die alveoläre Echinokokkose handelt und es logischer erscheint, die Bezeichnung der Erkrankung und nicht die des auslösenden Parasiten, Echinococcus multilocularis, in die Nomenklatur zu integrieren.

Wie die bisherige EMUC-CT sieht auch die AEUC eine bewährte Trennung der Charakterisierung von AE-Läsionen durch 2 sich unabhängig voneinander ergänzende Säulen vor, der Primärmorphologie und des Kalzifikationsmusters ([Abb. 2]) [19] [22] [26].

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Abb. 2 Überblick über die neue CT-Klassifikation AEUC. Links: „Primärmorphologie“ AEUC I–V und ihre Subkriterien – anzuwenden für AEUC II, III und IV (+/–). Rechts: „Kalzifikationsmuster“ innerhalb einer Läsion; AEUC = Alveolar Echinococcosis Ulm Classification. Die beiden Säulen der Klassifikation werden primär getrennt betrachtet und können dann prinzipiell frei kombiniert werden. Es existieren 2 Ausnahmen: Das Kalzifikationsmuster „mit zentraler Kalzifikation*“ kann nur mit der Primärmorphologie AEUC I* auftreten, und die Primärmorphologie AEUC V wird nicht weiter durch ein Kalzifikationsmuster charakterisiert.

Um Verwechslungen der AEUC-Typologie mit der Typologie der früheren EMUC-CT zu vermeiden, wurden die neuen Primärmorphologien als „AEUC I–V“ und nicht mehr als „Typ I–V“ definiert [19]. Die bereits in der EMUC-CT vorgestellten zusätzlichen beschreibenden Namen der Primärmorphologien wurden, wie im Folgenden angegeben, entsprechend der geänderten Reihenfolge in der neuen Klassifikation beibehalten.

Im Gegensatz zur EMUC-CT wurde in der AEUC eine stadienorientierte Anordnung der Primärmorphologien vorgenommen. Entsprechend wurde der kleine ehemalige EMUC-CT Typ IV als initiale Läsion an den Anfang des neuen Klassifikationsschemas als AEUC I „Kleinzystoid/metastasenartig“ gestellt. Darauf aufbauend konnten die anderen Primärmorphologien, welche progressive und fortgeschrittene Läsionen darstellen, in aufsteigender Reihenfolge angeordnet werden, sodass EMUC-CT Typ I zu AEUC II „Diffus infiltrierend“, EMUC-CT Typ II zu AEUC III „Primär umschrieben tumorartig“ und EMUC-CT Typ III zu AEUC IV „Primär zystoid“ wurde. Der bisherige EMUC-CT Typ V konnte als ein mögliches geschrumpftes Endstadium in der neuen Klassifikation als AEUC V „Überwiegend verkalkt“ beibehalten werden [27]. Im Gegensatz zur EMUC-CT wurde in der AEUC die Primärmorphologie „Primär zystoid“ nicht mehr in die ehemals größenabhängigen Untergruppen a/b unterteilt, da sich eine solche Differenzierung in den Vorgängerstudien als nicht weiterführend erwiesen hatte [26] [27]. Wie in der EMUC-CT eingeführt, wurden die zu wählenden Subkriterien für die Primärmorphologien „Diffus infiltrierend“, „Primär umschrieben tumorartig“ und „Primär zystoid“ in der AEUC beibehalten, um die Läsionsmorphologie genauer zu beschreiben [19].

Die möglichen Kalzifikationsmuster wurden von 6 bei EMUC-CT auf 5 in der AEUC reduziert, da das relativ unspezifische und rein räumlich definierte Muster „mit primär randlichen Kalzifikationen“ aufgegeben wurde. Dagegen blieb das spezielle Muster „mit zentraler Kalzifikation*“ erhalten. Ein Auftreten dieses Verkalkungsmusters mit typischer zentraler punktförmiger Ausprägung als möglichem pathognomonischem Indikator ist nach wie vor ausschließlich bei der Primärmorphologie „Kleinzystoid/metastasenartig*“ möglich und wird daher, wie diese Primärmorphologie, mit einem Sternchen gekennzeichnet [19] [23] [24] [26]. Neben der Besonderheit der zentralen Kalzifikation ist erwähnenswert, dass es im Verlauf oder unter Therapie zu einer Zunahme der Kalzifikationen kommen kann. Insbesondere zarte Kalzifikationen sind dagegen mit der höchsten Entzündungsaktivität vitaler Läsionen assoziiert [22] [26] [28]. Die weiteren Kalzifikationsmuster wurden daher in die AEUC übernommen.

Die verbleibenden 5 Kalzifikationsmuster der AEUC sind demnach: „ohne Kalzifikationen“, „mit zarten Kalzifikationen“, „mit fokalen Kalzifikationen“, „mit diffusen Kalzifikationen“ und „mit zentraler Kalzifikation*“.


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Darstellung und Anwendung der AEUC

Primärmorphologien und Kalzifikationsmuster

Die Kriterien für die Primärmorphologien AEUC I–V und für die AEUC Kalzifikationsmuster sind in [Tab. 1] aufgeführt. Zu den Primärmorphologien siehe auch [Abb. 2], linke Seite (schematisch) und [Abb. 3] (CT-Bilder). Die Kalzifikationsmuster sind in [Abb. 2], rechte Seite schematisch aufgeführt.

Tab. 1

Kriterien für die Primärmorphologien AEUC I–V inklusive der Subkriterien für AEUC II–IV (linke Spalte), sowie für die AEUC-Kalzifikationsmuster (rechte Spalte) – vergleiche [Abb. 2], [3].

Primärmorphologie – Subkriterien

Kalzifikationsmuster

AEUC I, „Kleinzystoid/metastasenartig*“

(keine Definition zusätzlicher Subkriterien)

  • kleine hypodense runde oder ovale Läsionen

  • Erscheinungsbild resultiert aus einzelner Mikrozyste oder zentraler Mikrozyste/wenigen Mikrozysten mit umgebendem Rand aus solider Nekrose ([Abb. 3a–d])

  • eine zentrale Kalzifikation*, kann nur bei AEUC I* auftreten ([Abb. 3c, d])

  • fehlt eine zentrale Kalzifikation ([Abb. 3a, b]), Ähnlichkeit mit kleiner, normaler Zyste, proteinreicher Zyste oder hypodenser Metastase

„ohne Kalzifikationen“

keine Verkalkung in einer Läsion

AEUC II, „Diffus infiltrierend“

(zusätzliche Subkriterien müssen definiert werden – s. unten)

  • oft kein definierter zentraler Wachstumsfokus ([Abb. 3e–h])

  • diffus, manchmal fächerförmig, langgestreckte Ausläufer

  • oft unscharfe Begrenzung ([Abb. 3e, g])

  • falls besser definierter Rand, keine konvexe Ausrichtung (wie AEUC III), sondern mit invasiv longitudinaler oder konkaver Begrenzung ([Abb. 3f] – das Beispiel zeigt auch einen gestauten Gallengang)

Subkriterien mit/ohne zystoidem Anteil:

Größere zystoide Bereiche (liquide Nekrosen) innerhalb der Läsion, entweder zentral oder dezentral ([Abb. 3e, f])

„mit zarten Kalzifikationen“

zarte, milchglasartige oder spinngewebsartige Kalzifikationen unterschiedlich starker Ausprägung

AEUC III, „Primär umschrieben tumorartig“

(zusätzliche Subkriterien müssen definiert werden – s. unten)

  • umschrieben mit definiertem Läsionszentrum ([Abb. 3i–l])

  • konvexe Berandung

  • keine oder lediglich kleine Ausläufer

Subkriterien mit/ohne zystoidem Anteil:

AEUC-III-Läsionen können (wie AEUC II) ebenfalls zystoide Areale enthalten (liquide Nekrosen), die zentralisiert ([Abb. 3i]) oder (anders als bei AEUC IV) dezentral auftreten können ([Abb. 3j]).

„mit fokalen Kalzifkationen“

verteilte, punkt- oder kommaartige Kalzifikationen

AEUC IV „Primär zystoid“

(zusätzliche Subkriterien müssen definiert werden – s. unten)

  • rund oder oval bei mittlerer ([Abb. 3 m, o]) oder ausgedehnter Größe ([Abb. 3n, p])

  • recht klare, mitunter irreguläre Berandung

  • dominierend zystoider Anteil (liquide Nekrose) ([Abb. 3m–p])

Subkriterien mit/ohne randlich solideren Anteilen:

AEUC IV kann sich als rein zystoide Form oder mit einem mehr oder weniger breiten solideren Randbereich zeigen, während die zystoide Grundstruktur relativ zentral verbleibt ([Abb. 3 m, n]).

„mit diffusen Kalzifikationen“

konfluierende Kalzifikationen verschiedener morphologischer Charakteristika

AEUC V, „Überwiegend verkalkt“

(keine Definition zusätzlicher Subkriterien)

  • überwiegend verkalkte Komponente ([Abb. 3q–t])

  • mitunter noch sehr geringe Anteile solider Nekrosen

  • eher kleine oder mittlere Läsionsgröße

  • einzige Primärmorphologie ohne weitere, separate Definition eines Kalzifikationsmusters in der Gesamt-Läsionsbeschreibung

„mit zentraler Kalzifikation*“

zentrale punkt-, komma-, oder ringförmige Kalzifikation; kann nur mit der Primärmorphologie AEUC I* auftreten

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Abb. 3 CT-Bildbeispiele der unterschiedlichen Primärmorphologien AEUC I–V (ohne Fokus auf Kalzifikationsmuster). AEUC I ad, AEUC II eh, AEUC III il, AEUC IV mp, AEUC V qt. Die Subkriterien für AEUC II–IV sind in je 2 Bildbeispielen links und rechtsseitig repräsentiert.

Wie bereits in der EMUC-CT müssen auch in der AEUC beide Säulen des Schemas für eine umfassende Läsionsbeschreibung kombiniert werden in der Reihenfolge der Primärmorphologie, mit entsprechendem für AEUC II–IV zu wählendem Subkriterium, gefolgt vom Kalzifikationsmuster. Auch innerhalb der AEUC wird nur die Primärmorphologie „Überwiegend verkalkt“ (AEUC V), im Gegensatz zu den anderen Primärmorphologien, aufgrund ihrer bereits dominanten Verkalkung nicht weiter durch ein ergänzendes Kalzifikationsmuster definiert [19] ([Abb. 2]).


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Befunderfassung hepatischer AE in der CT

Für eine detaillierte Beurteilung der hepatischen AE in der CT wurde ein strukturierter Erfassungsbogen auf Basis der AEUC entwickelt ([Abb. 4]). Neben der Klassifizierung nach AEUC erlaubt der Bogen auch die Dokumentation weiterer Kriterien der hepatischen AE-Manifestation, die im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung zu Beginn und im Verlauf der Erkrankung als wichtig identifiziert wurden [19] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28].

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Abb. 4 Strukturierter Erfassungsbogen auf Basis der AEUC. Der dick eingerahmte Bereich des Erfassungsbogens markiert die eigentliche AEUC. Neben der Klassifizierung nach AEUC erlaubt der Erfassungsbogen auch die Dokumentation weiterer wichtiger Kriterien der hepatischen AE-Manifestation im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung zu Beginn und im Verlauf. Zudem können im Falle des Vorliegens mehrerer Leberläsionen die Gesamtzahl und mögliche weitere Primärmorphologien kleinerer Läsionen mit ihrer jeweiligen Anzahl festgehalten werden.

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Erste Anwendung der AEUC an einem Patientenkollektiv der nationalen AE-Datenbank

An einem Kollektiv von n = 140 AE-Patienten des Universitätsklinikums Ulm wurde die AEUC empirisch angewendet. Die Auswertung erfolgte unabhängig durch einen Facharzt für Radiologie mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der AE sowie durch eine Ärztin im vierten Weiterbildungsjahr Radiologie mit guten Kenntnissen in der CT-Diagnostik. Dabei zeigte sich eine Interrater-Reliabilität (Cohens-Kappa) bezogen auf die Primärmorphologien von 0.8268 (95 % KI: 0.7453–0.9084) mit p <.0001. Die Auswertung des bisher unveröffentlichten Kollektivs findet sich in [Tab. 2].

Tab. 2

Basisdaten des Studienkollektivs und Auswertung der jeweils größten hepatischen AE-Läsion nach AEUC (n = 140).

N = 140

N (%)

Mittelwert ± SD (Median)

(min–max)

Alter (Jahre)

60,44 ± 15,90 (63,00)

21,00–88,00

Geschlecht

männlich

59 (42,14 %)

weiblich

81 (57,86 %)

Primärmorphologie

AEUC I

34 (24,29 %)

AEUC II

50 (35,71 %)

mit zystoidem Anteil

15 (30,00 %)

ohne zystoiden Anteil

35 (70,00 %)

AEUC III

36 (25,71 %)

mit zystoidem Anteil

 8 (22,22 %)

ohne zystoiden Anteil

28 (77,78 %)

AEUC IV

16 (11,43 %)

mit randlich solideren Anteilen

 9 (56,25 %)

ohne randlich solidere Anteile

 7 (43,75 %)

AEUC V

 4 (2,86 %)

Kalzifikationsmuster

ohne Kalzifikationen

44 (31,43 %)

mit zarten Kalzifikationen

17 (12,14 %)

mit fokalen Kalzifikationen

21 (15,00 %)

mit diffusen Kalzifikationen

46 (32,86 %)

mit zentraler Kalzifikation

 8 (5,71 %)

kein Kalzifikationsmuster für AEUC V

 4 (2,86 %)

Mittlere Läsionsgröße (mm)

62,43 ± 41,07 (52,00)

8,00–195,00

AEUC Läsionsgröße (mm)

AEUC I

20,50 ± 8,84 (20,00)

8,00–41,00

AEUC II

77,88 ± 35,77 (76,00)

30,00–183,00

AEUC III

62,22 ± 26,06 (56,00)

29,00–129,00

AEUC IV

111,13 ± 45,97 (105,50)

47,00–195,00

AEUC V

32,75 ± 13,15 (31,50)

18,00–50,00


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Intermodales Klassifikationsmodell der Läsionsevolution bei hepatischer AE

Als Ausblick kann im Folgenden anhand jüngster Studienergebnisse ein intermodales Klassifikationsmodell hepatischer AE-Läsionen skizziert werden, welches die Primärmorphologien der AEUC für die CT, die MRT Kodama-Klassifikation und Aspekte des US berücksichtigt. Die Entwicklung der Läsionsmorphologien wird unter Würdigung der wichtigsten intermodalen Aspekte dargestellt ([Abb. 5a]) [17] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [29] [30] [31]:

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Abb. 5a Klassifikationsschema der Evolution hepatischer AE-Läsionen im intermodalen Ansatz. 5 Stadien werden differenziert: „Initialstadium“, „Progressionsstadium“, „fortgeschrittenes Stadium“, „Übergangsstadium“, „Regressionsstadium“. Weitere Parameter, die für die Beurteilung von AE-Läsionen einen Stellenwert haben, werden im Haupttext angeführt. Insbesondere die CT-grafisch gut beurteilbaren Kalzifikationen (AEUC-Kalzifikationsmuster und Grad der Kalzifikation) tragen ergänzend zur Gesamtbewertung bei, mit potenzieller Zunahme derselben im Verlauf und unter Therapie, sowie unter Kenntnis der „zarten Kalzifikationen“ als Zeichen höchster entzündlicher Aktivität. b Zuordnung der schematisch dargestellten Läsionen des intermodalen Klassifikationsschemas zu den AEUC-Primärmorphologien der CT (einschließlich Subkriterien für AEUC II–IV). c Zuordnung der schematisch dargestellten Läsionen des intermodalen Klassifikationsschemas zu den Kodama-Typen der MRT (inklusive des jüngsten Vorschlags mit Unterscheidung in Kodama 3a und 3b).

Gemäß der eingangs erwähnten histopathologisch/CT-morphologischen Vergleichsstudie anhand der EMUC-CT, kann zunächst die reorganisierte AEUC durch die dort erfassten Stadien der Läsionsentwicklung unterlegt werden: AEUC I „Kleinzystoid/metastasenartig“ entsprechend dem „Initialstadium“, AEUC II „Diffus infiltrierend“ und AEUC III „Primär umschrieben tumorartig“ entsprechend dem „Progressionsstadium“, AEUC IV „Primär zystoid“ entsprechend dem „fortgeschrittenen Stadium“ und AEUC V „Überwiegend verkalkt“ entsprechend Läsionen im „Regressionsstadium“ [27].

Initiale „Kleinzystoid/metastasenartige“ Läsionen, welche von einer frühen einzelnen Alveole ausgehen, können durch Ausbildung mehrerer Alveolen entweder fortschreiten oder absterben – am ehesten durch progrediente zentrifugale Verkalkung oder aber durch eine zunehmende solide Nekrose, welche die zentrale Alveole aufbraucht [26]. Auch kann es temporär zu einer Hibernation solcher Läsionen kommen mit dem Potenzial zur Reaktivierung. Dies legt der histologische Läsionsaufbau nahe bei typischer Zentralisierung der aktiven Alveole und des Lamellarkörpers, umgeben von einer isolierenden soliden Nekrose, die folglich eine entzündliche Umgebungsreaktion in der PET verhindert [25] [26]. Solche Läsionen müssen daher zur korrekten histologischen Diagnose bei der Punktion zentral getroffen werden, um den Lamellarkörper zu erfassen [27].

Ein Fallbeispiel, bei dem ursprünglich die MRT aus einem anderen klinischen Grund als zur Diagnostik einer AE eingesetzt wurde, zeigt zufällig eine direkt nachvollziehbare initiale AE-Läsionsentwicklung ([Abb. 6]). Entsprechend können sich solche kleinen Initialläsionen auch innerhalb relativ kurzer Zeit zu ausgedehnteren, progredienten Läsionen entwickeln, wahrscheinlich wenn es dem Körper nicht gelingt, die isolierende Nekrose um die vitale Alveole aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Im vorliegenden Fall wurde die Krankheitsprogression zunächst durch Nachfolge-MRTs dokumentiert und innerhalb von 2 Jahren führte der Befund zu zwei FDG-PET-positiven AEUC-III-Läsionen in der CT. Eine kleine initiale alveoläre Läsion, die im Gegensatz zu einer normalen kleinen Leberzyste aber ein umgebendes Ödem in der diffusionsgewichteten (DWI) MRT und in T2w aufweist, kündigt sich hier sogar bereits vor der Ausbildung der Alveole durch ein lokales Ödem an. Das Ödem stellt offenbar die erste bildmorphologische Erscheinung bei einer frischen hepatischen AE-Infektion dar ([Abb. 5a], [6]).

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Abb. 6 Direkt nachvollziehbare initiale AE-Läsionsentwicklung in MRT und PET-CT über zwei Jahre. In der initialen MRT ist in der T2w eine winzige Zyste (Alveole) in Lebersegment 5 hyperintens abgrenzbar a, d. Es ist keine umgebende Kontrastmittelanreicherung in diesem Areal zu erkennen c und das Vorhandensein eines lokalen Ödems ist noch nicht eindeutig d, e. Im Bereich einer späteren Läsion im Segment 8 ist noch keine Veränderung zu erkennen b. In der MRT nach einem Jahr ist die noch winzige Zyste (Alveole) im Lebersegment 5 etwas gewachsen, wie in T2w zu sehen f, i, und grenzt sich sogar stärker in T1w als hypointens ab, bei nun diskreter umgebender Kontrastanreicherung h. Zu diesem Zeitpunkt zeigt die T2w ein flaues Umgebungsödem an i, das in der DWI deutlicher zur Darstellung kommt j. Ein weiteres diskretes Ödem ist jetzt in T2w im Segment 8 g aufgetreten, das bei der Voruntersuchung b an dieser Stelle noch nicht zu sehen war. Eine Mikrozyste ist im Bereich des neu aufgetretenen Ödems noch nicht abgrenzbar g. In der MRT nach zwei Jahren lassen sich nun in beiden Lokalisationen des Segments 5 und 8 bereits größere, AE-typische Läsionen mit Mikrozysten und beginnenden soliden Anteilen abgrenzen, die am ehesten als Kodama-Typ 2-Läsionen einzuordnen sind k, n. Beide Läsionen zeigen eine geringe umgebende Kontrastanreicherung l, m. Das umgebende Ödem (dargestellt für die Läsion in Segment 5) hat sich im Vergleich zur Voruntersuchung bereits weitgehend zurückgebildet n, o. Eine ergänzende PET-CT zwei Jahre nach der initialen MRT zeigt deutlich die beiden Befunde in Segment 5 und 8, die bereits AEUC-III-Läsionen entsprechen p, q, s. Einige peripher gelegene Mikrozysten lassen sich als kleine hypodense Strukturen wahrnehmen. Beide Läsionen zeigen umgebend eine erhöhte entzündliche PET-Aktivität r, t.

Solche kleinen Läsionen sind in der primär T2w-basierten MRT Kodama-Klassifikation [17] problematischerweise nicht vertreten und können aufgrund ihrer geringen Größe sehr leicht als kleine, einfache Zysten fehlinterpretiert oder gar übersehen werden [25] [26] [32]. Das hypointense T1w-Signal kann zusätzlich zur T2w manchmal helfen, einige initiale Läsionen mit nur kleiner zentraler Alveole besser abzugrenzen. In der CT hingegen können auch die randständigen soliden hypodensen Nekrosen, wenn zusätzlich zur kleineren Alveole vorhanden, insgesamt besser im Sinne von kleinen, hypodensen Läsionen abgegrenzt werden [25]. Der US wiederum kann die Binnenstrukturen solcher kleinen Läsionen mit der höchsten Auflösung darstellen, während diese Modalität bei größeren und verkalkten AE-Läsionen (Sturm und Hagelmuster) mitunter Probleme der exakten Darstellung hat [18] [20] ([Abb. 7]).

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Abb. 7 Der Ultraschall kann die Binnenstrukturen kleiner Initialläsionen mit der höchsten Auflösung darstellen. Die initiale Alveole, welche den Lamellarkörper trägt, kann zunächst von einer isolierenden soliden Nekrose umgeben werden a, b linksseitig. Neben einer Exazerbation über die aktive Alveole kann ersten Beobachtungen zufolge bei kleinen Läsionen auch ein Übergang in regressive Formen erfolgen, entweder über Zunahme einer sich zentrifugal ausbreitenden Kalzifikation a oder durch komplette solide Nekrotisierung b, jeweils auf Kosten der zentralen Alveole.

Da in den meisten Vorläuferstudien die Primärmorphologien „Diffus infiltrierend“ (AEUC II) und „Primär umschrieben tumorartig“ (AEUC III) nur wenige Abgrenzungspunkte gegeneinander aufwiesen, präsentieren beide Formen zunächst unterschiedliche Möglichkeiten der bildmorphologischen Ausprägung einer frühen oder intermediären Läsionsprogression mit einem möglichen Wechsel zwischen beiden Morphologien [27].

Bisherige Studien legen nahe, dass durch Schrumpfung und zunehmende Verkalkung verschiedene Läsionstypen zu einer „Überwiegend verkalkten“ AEUC V-Läsion im „regressiven Stadium“ werden können. Dabei gibt es sicherlich am häufigsten einen direkten Übergang von kleinen AEUC I-Läsionen – spontan oder unter Benzimidazoltherapie – in entsprechend kleine verkalkte Läsionen [22] [27].

In einer Studie, in der die PET-Aktivität und die MRT-Morphologie nach Kodama verglichen wurden, wurde gezeigt, dass eine Verringerung der Entzündungsreaktion der Läsionen auf den Verlust der Alveolen zurückzuführen ist [29]. Aufbauend darauf wurden auch solide und zystische AE-Läsionen ohne Alveolen (Kodama-Typ 4 und 5) als Formen der Regression beschrieben [31]. Somit sind, neben der bereits erwähnten vollständigen Verkalkung als einer Regressionsform, weitere Arten der Regression im Sinne komplett solide oder liquide nekrotisierter Läsionen möglich und es neigen dabei solide Läsionen zu stärkeren Kalzifikationen als führend liquide Läsionen [33]. Entsprechend können, nun wiederum im Hinblick auf die CT, nicht nur AEUC I-, sondern mitunter auch AEUC III- und IV-Läsionen im Falle progredienter Dezimierung von Alveolen mit Zunahme von soliden oder liquiden Nekrosen ein zusätzliches „Übergangsstadium“ hin zu regressiven Läsionen durchlaufen. Daher wurde im intermodalen Konzept der Evolution ein solches „Übergangsstadium“ eingeführt, welches über die Grenzen verschiedener primärer Läsionsmorphologien gezogen werden kann ([Abb. 5a]). Bei Läsionen im „Übergangsstadium“ scheint eine Reaktivierung und Exazerbation zunehmend unwahrscheinlicher, wogegen im vorangehenden „Progressionsstadium“ und im „fortgeschrittenen Stadium“ die Krankheitsaktivität noch an den Läsionsrändern angesiedelt ist, was eine weitere Exazerbation ermöglicht. So liefert die MRT mit der Visualisierung von Alveolen wichtige Informationen zur differenzierten Betrachtung solcher Läsionen [17] [29].

Analog zu den in der Einleitung erwähnten internationalen, epidemiologischen CT-Vergleichsstudien [23] [24], unterstützen auch 2 MRT-Studien auf Basis der Kodama-Klassifikation an je 200 Fällen eine entsprechende Zuordnung von AE-Läsionen im intermodal skizzierten Entwicklungsverlauf der [Abb. 5a] [30] [31]. Demnach stehen insbesondere Kodama-Typ 1 und 2 für noch frühe und progressive Läsionen, Kodama-Typ 3 für fortgeschrittene und Kodama-Typ 4 und 5 für degenerative Läsionen [30] [31] [33]. Eine Unterscheidung zwischen Kodama 3a und 3b in Abhängigkeit der Präsenz von Alveolen in diesem Typ wird vorgeschlagen [31]. Die Zuordnung der schematisch dargestellten Läsionen des intermodalen Evolutionsmodells sowohl zu den AEUC-Primärmorphologien der CT als auch zu den MRT Kodama-Typen ist in [Abb. 5b, c] dargestellt. Daran ist beim Vergleich mit [Abb. 5a] zu erkennen, dass die Zuordnung einer AE-Läsion zu einem bestimmten Stadium aufgrund von methodenbedingten Überschneidungen der einzelnen Systeme genauer erfolgen kann, wenn die Bildinformationen der Klassifikationen beider Modalitäten kombiniert werden. Auch Morphologien der EMUC-US lassen sich ins Evolutionsschema übertragen, wie zum Beispiel das „metastasenartige“, das „pseudozystische“ oder das „Verknöcherungsmuster“. Größere vergleichende Studien zum US fehlen aber derzeit noch.

Ergänzende Parameter zur Läsionsmorphologie der Schemazeichnung von [Abb. 5a], die für die Beurteilung von AE-Läsionen einen Stellenwert haben, sind das Muster und der Grad der Verkalkung [22] [26] [28], die mögliche diskrete umgebende Kontrastierung bei hier typischerweise fehlender Kontrastierung der eigentlichen Läsion, und schließlich die randliche PET-Aktivität und die Diffusionsrestriktion [15] [26] [33] [34] [35]. Die Immun-/Histologie [27] [36] [37] [38] und die Serologie [26] [39] [40] stellen weitere Säulen der Diagnostik dar. Bisherige Ergebnisse hierzu sind in die Entwicklung des Evolutionsmodells eingeflossen. Das vorgestellte Schema bildet nun eine systematisierte Grundlage für weitere Studien zu den genannten Parametern, insbesondere in Anbetracht der dargelegten Notwendigkeit unimodaler wie intermodaler Betrachtung hepatischer AE-Läsionen.

Die hier präsentierten Klassifikationssysteme ermöglichen eine standardisierte Diagnostik, adaptiert an Entwicklungsstadien von AE-Läsionen. Bei der Etablierung solcher Systeme wäre eine prospektive Beobachtung unbehandelter AE-Fälle ethisch nicht vertretbar gewesen. Auf der vorgestellten Basis sind aber prospektive Studien zu einem möglichen Einfluss von Läsionsstadien auf Therapie und Prognostik der AE insbesondere im Hinblick auf nicht zu operierende Fälle anzustreben.


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Conflict of Interest

The authors declare that they have no conflict of interest.

Danksagung

Echinococcosis Study Group Ulm:

Thomas FE Barth, Sven Baumann, Ambros Beer, Meinrad Beer, Johannes Bloehdorn, Nina Eberhardt, Iris Fischer, Tilmann Graeter, Johannes Grimm, Beate Gruener, Doris Henne-Bruns, Andreas Hillenbrand, Tanja Kaltenbach, Wolfgang Kratzer, Patrycja Schlingeloff, Julian Schmidberger, Rong Shi


Correspondence

Herr Prof. Dr. Tilmann Graeter
Department of Diagnostic and Interventional Radiology, University Hospital Ulm
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
Germany   
Phone: +49/7 31/50 06 11 75   

Publication History

Received: 25 June 2021

Accepted: 14 October 2021

Article published online:
26 January 2022

© 2022. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commecial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Fig. 1 Scheme of T2w-based Kodama classification and MRI sample images of the different lesion types.
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Fig. 2 Overview of the new CT classification AEUC. Left: “Primary morphology” AEUC I–V and their subcriteria – applicable to AEUC II, III, and IV (+/–). Right: “Patterns of calcification” within a lesion; AEUC = Alveolar Echinococcosis Ulm Classification. The two pillars of the classification are primarily considered separately and can then in principle be freely combined. There are two exceptions: The pattern of calcification “with a central calcification*” can occur only with primary morphology AEUC I*, and primary morphology AEUC V is not further characterized by a pattern of calcification.
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Fig. 3 Sample CT image of the different primary morphologies AEUC I–V (without focus on calcification patterns). AEUC I ad, AEUC II eh, AEUC III il, AEUC IV mp, AEUC V qt. The subcriteria for AEUC II–IV are shown in two sample images each on the left and right.
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Fig. 4 Structured reporting form based on the AEUC. The thick-framed area of the recording sheet marks the actual AEUC. In addition to classification according to AEUC, the recording form also allows documentation of other important criteria of hepatic AE manifestation with regard to the overall assessment at baseline and during the course. Furthermore, if there is more than one liver lesion, the total number of lesions and possible further primary morphologies of smaller lesions can be noted with the number of their respective occurrence.
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Fig. 5a Classification scheme of an intermodal approach to the evolution of hepatic AE lesions. Five stages are distinguished: “initial stage”, “progressive stage”, “advanced stage”, “transitional stage”, “regressive stage”. Further parameters that have value in the assessment of AE lesions are noted in the main text. In particular, calcifications (AEUC pattern of calcification and grade of calcification) that are well assessable by CT contribute complementarily to the overall assessment, with a potential increase over time and under therapy, as well as knowing that the “feathery calcifications” are a sign of the highest inflammatory activity. b Assignment of the schematically presented lesions of the intermodal classification scheme to the AEUC primary morphologies of CT (including subcriteria for AEUC II–IV). c Assignment of the different schematically presented lesions of the intermodal classification scheme to the Kodama types of MRI (including the latest proposal with distinction in Kodama 3a and 3b).
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Fig. 6 Directly traceable initial AE lesion evolution on MRI and PET-CT over the course of two years. The initial MRI examination shows a tiny cyst (alveolus) located in liver segment 5 that is hyperintense in T2w a, d. No surrounding contrast enhancement can be detected in this area c and the presence of local edema is not yet clear d, e. No alteration can yet be detected in the area of a later lesion in segment 8 b. In the MRI examination performed one year later, the still tiny cyst (alveolus) in liver segment 5 has grown a little as can be seen in T2w f, i and can be delimited even more in T1w as hypointense, now with subtle surrounding contrast enhancement h. At this point, T2w indicates flat ambient edema i, which is more clearly shown in DWI j. A further instance of slight edema in T2w recently occurred in segment 8 g, which had not been seen in this location in the previous examination b. A microcyst cannot yet be delimited in the area of the newly occurring edema g. In the MRI examination two years later in both locations of segment 5 and 8, already bigger, AE-typical lesions can now be delineated with microcysts and starting solid portions that most closely are to be classified as Kodama type 2 lesions k, n. Both lesions show shallow surrounding contrast enhancement l, m. The surrounding edema (shown for the lesion in segment 5) has already mostly diminished compared to the preliminary examination n, o. A complementary PET-CT examination performed two years after initial MRI clearly demonstrates the two findings in segments 5 and 8 that already correspond to AEUC III p, q, s. Some peripherally located microcysts can be recognized as small hypodense structures. Both lesions show increased surrounding inflammatory PET activity r, t.
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Fig. 7 Ultrasound can visualize the internal structures of small initial lesions with the highest resolution. The initial alveolus carrying the lamellar body may at first be surrounded by isolating solid necrosis a, b left side. In addition to exacerbation through the active alveolus, initial observations suggest that small lesions may also pass into regressive forms, either via increase in centrifugally spreading calcification a or by complete solid necrosis b, in each case at the cost of the central alveolus.
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Abb. 1 Schema der T2w-basierten Kodama-Klassifikation und MRT-Beispielbilder der unterschiedlichen Läsionstypen.
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Abb. 2 Überblick über die neue CT-Klassifikation AEUC. Links: „Primärmorphologie“ AEUC I–V und ihre Subkriterien – anzuwenden für AEUC II, III und IV (+/–). Rechts: „Kalzifikationsmuster“ innerhalb einer Läsion; AEUC = Alveolar Echinococcosis Ulm Classification. Die beiden Säulen der Klassifikation werden primär getrennt betrachtet und können dann prinzipiell frei kombiniert werden. Es existieren 2 Ausnahmen: Das Kalzifikationsmuster „mit zentraler Kalzifikation*“ kann nur mit der Primärmorphologie AEUC I* auftreten, und die Primärmorphologie AEUC V wird nicht weiter durch ein Kalzifikationsmuster charakterisiert.
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Abb. 3 CT-Bildbeispiele der unterschiedlichen Primärmorphologien AEUC I–V (ohne Fokus auf Kalzifikationsmuster). AEUC I ad, AEUC II eh, AEUC III il, AEUC IV mp, AEUC V qt. Die Subkriterien für AEUC II–IV sind in je 2 Bildbeispielen links und rechtsseitig repräsentiert.
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Abb. 4 Strukturierter Erfassungsbogen auf Basis der AEUC. Der dick eingerahmte Bereich des Erfassungsbogens markiert die eigentliche AEUC. Neben der Klassifizierung nach AEUC erlaubt der Erfassungsbogen auch die Dokumentation weiterer wichtiger Kriterien der hepatischen AE-Manifestation im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung zu Beginn und im Verlauf. Zudem können im Falle des Vorliegens mehrerer Leberläsionen die Gesamtzahl und mögliche weitere Primärmorphologien kleinerer Läsionen mit ihrer jeweiligen Anzahl festgehalten werden.
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Abb. 5a Klassifikationsschema der Evolution hepatischer AE-Läsionen im intermodalen Ansatz. 5 Stadien werden differenziert: „Initialstadium“, „Progressionsstadium“, „fortgeschrittenes Stadium“, „Übergangsstadium“, „Regressionsstadium“. Weitere Parameter, die für die Beurteilung von AE-Läsionen einen Stellenwert haben, werden im Haupttext angeführt. Insbesondere die CT-grafisch gut beurteilbaren Kalzifikationen (AEUC-Kalzifikationsmuster und Grad der Kalzifikation) tragen ergänzend zur Gesamtbewertung bei, mit potenzieller Zunahme derselben im Verlauf und unter Therapie, sowie unter Kenntnis der „zarten Kalzifikationen“ als Zeichen höchster entzündlicher Aktivität. b Zuordnung der schematisch dargestellten Läsionen des intermodalen Klassifikationsschemas zu den AEUC-Primärmorphologien der CT (einschließlich Subkriterien für AEUC II–IV). c Zuordnung der schematisch dargestellten Läsionen des intermodalen Klassifikationsschemas zu den Kodama-Typen der MRT (inklusive des jüngsten Vorschlags mit Unterscheidung in Kodama 3a und 3b).
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Abb. 6 Direkt nachvollziehbare initiale AE-Läsionsentwicklung in MRT und PET-CT über zwei Jahre. In der initialen MRT ist in der T2w eine winzige Zyste (Alveole) in Lebersegment 5 hyperintens abgrenzbar a, d. Es ist keine umgebende Kontrastmittelanreicherung in diesem Areal zu erkennen c und das Vorhandensein eines lokalen Ödems ist noch nicht eindeutig d, e. Im Bereich einer späteren Läsion im Segment 8 ist noch keine Veränderung zu erkennen b. In der MRT nach einem Jahr ist die noch winzige Zyste (Alveole) im Lebersegment 5 etwas gewachsen, wie in T2w zu sehen f, i, und grenzt sich sogar stärker in T1w als hypointens ab, bei nun diskreter umgebender Kontrastanreicherung h. Zu diesem Zeitpunkt zeigt die T2w ein flaues Umgebungsödem an i, das in der DWI deutlicher zur Darstellung kommt j. Ein weiteres diskretes Ödem ist jetzt in T2w im Segment 8 g aufgetreten, das bei der Voruntersuchung b an dieser Stelle noch nicht zu sehen war. Eine Mikrozyste ist im Bereich des neu aufgetretenen Ödems noch nicht abgrenzbar g. In der MRT nach zwei Jahren lassen sich nun in beiden Lokalisationen des Segments 5 und 8 bereits größere, AE-typische Läsionen mit Mikrozysten und beginnenden soliden Anteilen abgrenzen, die am ehesten als Kodama-Typ 2-Läsionen einzuordnen sind k, n. Beide Läsionen zeigen eine geringe umgebende Kontrastanreicherung l, m. Das umgebende Ödem (dargestellt für die Läsion in Segment 5) hat sich im Vergleich zur Voruntersuchung bereits weitgehend zurückgebildet n, o. Eine ergänzende PET-CT zwei Jahre nach der initialen MRT zeigt deutlich die beiden Befunde in Segment 5 und 8, die bereits AEUC-III-Läsionen entsprechen p, q, s. Einige peripher gelegene Mikrozysten lassen sich als kleine hypodense Strukturen wahrnehmen. Beide Läsionen zeigen umgebend eine erhöhte entzündliche PET-Aktivität r, t.
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Abb. 7 Der Ultraschall kann die Binnenstrukturen kleiner Initialläsionen mit der höchsten Auflösung darstellen. Die initiale Alveole, welche den Lamellarkörper trägt, kann zunächst von einer isolierenden soliden Nekrose umgeben werden a, b linksseitig. Neben einer Exazerbation über die aktive Alveole kann ersten Beobachtungen zufolge bei kleinen Läsionen auch ein Übergang in regressive Formen erfolgen, entweder über Zunahme einer sich zentrifugal ausbreitenden Kalzifikation a oder durch komplette solide Nekrotisierung b, jeweils auf Kosten der zentralen Alveole.