Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(03): 216-225
DOI: 10.1055/a-1806-0998
Übersichtsarbeit

Rückfußchirurgie am arthritischen und arthrotischen Fuß

Hindfoot Surgery on the Rheumatic and Osteoarthritic Foot
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitatsklinikum Giessen und Marburg Standort Giessen, Giessen, Germany
2   Medizinische Fakultät, Ruprecht Karls Universität Heidelberg Medizinische Fakultät Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Gero Knapp
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitatsklinikum Giessen und Marburg Standort Giessen, Giessen, Germany
,
Lotta Katharina Biehl
2   Medizinische Fakultät, Ruprecht Karls Universität Heidelberg Medizinische Fakultät Heidelberg, Heidelberg, Germany
,
Florian Moeller
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitatsklinikum Giessen und Marburg Standort Giessen, Giessen, Germany
,
Christian Heiß
1   Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitatsklinikum Giessen und Marburg Standort Giessen, Giessen, Germany
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Zusammenfassung

Obwohl der Rückfuß sowohl bei an Osteoarthrose Erkrankten als auch in über 90% bei Rheumapatienten betroffen ist, steht er seltener im Fokus der Aufmerksamkeit als andere Gelenke. Veränderungen sollten frühzeitig und regelmäßig erfasst und therapiert werden, um die Mobilität nicht zu gefährden. Den Fehlstellungen im Rückfuß (z. B. der klassische Pes planovalgus) oder bei den Mittelfuß-Pathologien wie den Veränderungen des talonavikularen Gelenkes, liegen bei der Arthrose andere pathologische Prozesse zugrunde als entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Als Folge werden Letztere anders therapiert bzw. operiert werden als bei primär degenerativen Veränderungen. Anfangs besteht die Therapie der Wahl in der Orthopädie-(schuh-)technischen Versorgung. Gelenkerhaltender Operationen sind meist nur bei Arthrosepatienten möglich. Bei Rheumatikern sind die Gelenkflächen bereits frühzeitig geschädigt, so dass nur Arthrodesen erfolgsversprechend sind. Gleichzeitig ist die operative Versorgung früher und „aggressiver“ zu stellen als bei an Arthrose erkrankten Patienten. Bei der Planung und Entscheidung für eine operative Therapie sollte immer auch eine begleitende Osteoporose berücksichtigt werden.


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Abstract

Although the hindfoot is often affected in osteoarthritic patients and in over 90% of rheumatic patients, it is less often the focus of attention than other joints. Changes should be recorded and treated early and regularly to preserve mobility. In the past few years, progress has been made in the diagnostic investigation and treatment of rheumatics, but the “common foot surgery” does not fit these principles yet. The involvement of all structures in the disease process leads to limited treatment options in the hindfoot and midfoot. Initially, orthopedic (shoe) alterations are the treatment of choice. Joint-preserving surgery is usually only possible in osteoarthritis patients. In rheumatics, the joint surfaces are already damaged at an early stage, which means that only arthrodesis is promising. At the same time, surgical treatment has to be performed earlier and more “aggressively” than in patients suffering from osteoarthritis. When planning and deciding on surgical treatment, concomitant osteoporosis should always be taken into account.


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Abkürzungen

ACPA Antizitrullinierte Protein-Antikörper

DGRh Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie

DMARD Disease Modifying Antirheumatic Drugs

DOAKS direkte orale Antikoagulanzien

DVT Digitale Volumen Tomographie

FLS Fibroblastenähnliche Synovialzellen

HWZ Halbwertszeit

MMP Matrix-Metalloproteinasen

OSG oberes Sprunggelenk

RAD Rheumatischen Autoimmun Erkrankung (rheumatic autoimmune disease)

USG unteres Sprunggelenk

Einleitung

Die phylogenetische Entwicklung des Fußes hin zu einer Stützfunktion für den aufrechten Gang hat zu Anpassungen der ossären Strukturen, aber auch der Sehnen, Muskeln und Bandverbindungen geführt. Der größte Unterschied gegenüber dem Greiforgan Hand ist die Aufrichtung und Supination des Calcaneus gegenüber dem Talus und die vermehrte Lasteinleitung über den ersten und zweiten Strahl ([Abb. 1]). Veränderungen im Rückfuß haben Auswirkungen auf Mittel- und Vorfuß. Anatomisch gliedert sich der Fuß gemäß der lateinischen Nomenklatur in Tarsus, Metatarsus und Antetarsus. Zum Tarsus gehören neben dem Rückfuß, auch die Cuneiformia und bilden mit diesen eine funktionelle Einheit. Insofern kann und dürfen Talus, Calcaneus, Naviculare und Cuboid nicht alleine betrachtet werden, sondern die Fußwurzelknochen mit einbezogen.

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Abb. 1 Säulenmodel des Fußes. Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 1.30 Fußgewölbe im Überblick und Quergewölbe. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006–149643.

Veränderungen an Tarsus und Metatarsus werden meist später bemerkt als Pathologien an den Zehen. Gleichzeitig sind Knick-Senk-Füße mit Abflachung des Längsgewölbes und einer damit einhergehenden Fehlrotation des Rückfußes eine der häufigsten Veränderungen des Fußes. Prozentual dominieren degenerative Prozesse als Ursache der Pathologie, gefolgt von sekundär arthrotischen und entzündlichen Veränderungen. Angeborene Fehlbildungen sind weitaus seltener. Ist bei den degenerativen und den posttrumatischen Gelenken der Knorpel das „main target“, so greifen die inflammarotischen Erkrankungen primär an den synovialen und lagamentären Zellen an.

Durch die Aufrichtung des Calcaneus kommt es zu einer Verspannung der Bandstrukturen zwischen Talus und Calcaneus, die für die physiologische Funktion des Rückfußes von entscheidender Bedeutung sind ([Abb. 1] : Säulenmodel des Fußes.) [1]). Neben dem Pfannenband zwischen Talus, Calcaneus und Naviculare dient die Sehne des M. tibialis posterior als dynamische Stütze (hier sei auf den Artikel von I. Arnold im gleichen Heft verwiesen)([Abb. 2] : Aufsicht auf das Pfannenband von dorsal. Der Talus ist „herausgeklappt“; [Abb. 3] : aktive Verspannung Gewölbe (von posterior).

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Abb. 2 Aufsicht auf das Pfannenband von dorsal. Der Talus ist zur besseren Sicht „herausgeklappt“. Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 1.27 Fußgelenke: oberes und unteres Sprunggelenk. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006–149643.
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Abb. 3 aktive Verspannung Gewölbe (Posterior). Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 1.30 Fußgewölbe im Überblick und Quergewölbe. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. 5., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. doi:10.1055/b-006–149643.

Nach Darstellung der Grundzüge der Pathologie und Pathophysiologie am Tarsus folgen allgemeine Überlegungen zur Diagnostik und Bildgebung. Der Abschnitt zur Therapie gliedert sich in konservative und operative Aspekte, bevor auf die einzelnen spezifischen Behandlungen nach Leitregion eingegangen wird. Komplikationen und die Nachbehandlung komplettieren die Ausführungen.


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Pathologien und Pathophysiologie

Dreh- und Angelpunkt des Rückfußes ist die Position des Talus gegenüber den übrigen Strukturen am Fuß, insbesondere dem Os naviculare. Auf die Fehlentwicklungen und ihre Therapie gehen M. Arbogast und Kollegen in ihrem Artikel in der gleichen Ausgabe der Zeitschrift ein. Am ausgewachsenen Fuß dominiert zumeist eine Destruktion des Talonaviculargelenks mit dem Bild des Pes planovalgus mit Tiefertreten des Talushalses nach medial bei Nachlassen der passiven (Pfannenband) und aktiven (M. tib. posterior) Stabilisatoren ([Abb. 2] und [3]). Der Verlust der ligamentären Integrität der Sehne des M. tibialis posterior führt zu einer Desintegration des Talonaviculargelenks und zu einer sekundären Fehlstellung im Mittel- und Vorfuß mit einem pathologischen Gangbild [2]. Viele Patienten weisen in der Folge eine zunehmend valgische Beinachse im Stand auf. Das Abrollverhalten des Vorfußes zeigt eine vermehrte Belastung des medialen Fußrandes im Großzehengrundgelenk mit Förderung/Verschlechterung eines Hallux valgus. Der Fersenauftritt liegt medial, was sich an einem veränderten Sohlenabrieb zeigt.

Neben einer angeborenen Bindegewebsschwäche, den degenerativen und traumatischen Bandschädigungen kommt es bei Rheumatischen Autoimmunerkrankungen (rheumatic autoimmune disease; RAD) zu einer Schädigung der kapsulären und ligamentären Strukturen [3] [4]. Hierbei nehmen Fibroblasten und durch antizitrullinierte Protein-Antikörper (ACPA) aktivierte fibroblastenähnliche Synovialzellen (FLS) und deren Interaktion mit Zellen des Immunsystems wie Neutrophilen und T-Zellen eine Schlüsselrolle ein [5]. Im Gelenk führt eine übermäßige Proliferation der FLS zu hyperplastischem Pannus und einer vermehrten Sekretion von chondrotoxischen Mediatoren wie Matrix-Metalloproteinasen (MMP). Darüber hinaus schädigen MMP und ACPA direkt die Zelladhäsion und -integration der periartikulären Kapsel-Band-Ansätze [6]. Die fortschreitende Teno- Synovialitis begünstigt die sekundären Gelenkveränderungen mit Destruktion aller Gelenknahen Strukturen.

Tab. 1 Übersicht der Versorgungsmöglichkeiten am Tarsus (Rück- und Mittelfuß) bei Arthrose und Arthritis.

Arthritis

Arthrose

Synovialektomie, früh

Ja, bis LDE 2

Nein

Synovialektomie, spät

Nur mit additiven Verfahren kombiniert

Nur lokal veränderte Synovialis

OSG-Arthrodese, offen

Ja mit Schrauben, winkelstabilen Platten, Marknägeln

OSG-Arthrodese, arthroskopisch assistiert

Eher nein, wegen knöcherner Defekte

Möglich bei geringer knöcherner Destruktion

Talonavikular Bandplastik

Nein

Ja, bis einschließlich Stadium 2 nach Strohm

Talonavikular Arthrodese

Ja

Bei Stadium 3 oder 4 mit Destruktion ja

Double-/Triple-Arthrodese

Ja

Kalkaneusverschiebe-Osteotomie

Nein

Je nach Korrekturmöglichkeit

Kalkaneusverlängerungs- Osteotomie

Nein

Je nach Korrekturmöglichkeit

tarsale Osteotomien

Nein

Je nach Korrektur

Osteoporose/-malazie

Mittelfuß

Eine weitere Pathologie sollte präoperativ abgeklärt werden

Chopart Gelenkreihe

Arthrodese

Lisfranc Gelenkreihe

Ja, Schrauben, Platten

Je nach Schädigung temporäre Drähte, Schrauben, Platte


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Diagnostik

In Bewegung und bei Belastung limitierenden Schmerzen und Fehlstellungen sind primär Gründe für die Vorstellung in der Sprechstunde. Die Schmerzlokalisation erlaubt eine Identifikation, bzw. Eingrenzung der betroffenen Struktur (Gelenk, Sehne, etc.). Die Schmerzanamnese kann durch eine begleitende Polyneuropathie, oder in seltenen Fällen auch einer Negation von Beschwerden erschwert sein. Zur Anamnese gehören Angaben zu Gehstrecke, -zeit und Untergrund und die Frage nach der privaten und beruflichen Situation. Ein Blick auf das Schuhwerk und die mögliche Einlagenversorgung sind zwingender Teil der Inspektion. Sohlenabrieb und Schweißbild der Einlage zeigen längerfristige (Fehl-)Belastungen auf.

Die klinische Untersuchung beinhaltet zuerst eine aktive Testung im Stehen und Gehen an beiden unbekleideten Füßen. Zu achten ist auf die Form des Fußes, das Längsgewölbe, Zehen und die aktive Aufrichtung im Zehen- und Hackenstand. Die Beschwielung kann als das Gedächtnis des Fußes angesehen werden, zeigt es doch Anpassungen an längerdauernde Druckspitzen und Belastungen auf. Ist der Knick-Senk-Fuß fixiert, baut sich das Längsgewölbe im Zehenstand nicht auf. Zusätzlich sollte der Fuß von dorsal inspiziert werden, mit besonderem Augenmerk auf der Rückfußachse. Ein leichter Rückfuß valgus von ca. 4° ist physiologisch, ebenso dass bis zu zwei Zehen fibulaseitig sichtbar seien können ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Fehlstellung des linken Fußes mit vermehrtem Rückfußvalgus. Rechter Fuß mit Hallux valgus.

Anschließend erfolgen Inspektion und Palpation an frei hängenden Füßen. Hier zeigen sich eventuell Seitendifferenzen in der Sehnen- und Bandspannung als Ausdruck einer kompensatorischen Anpassung an Veränderungen der Gelenke. Die Gelenke und Sehnen sind der Palpation gut zugänglich, eine Identifikation schmerzhafter Gelenke, Bursen und Sehnenpathologien ist möglich. Die Funktionsprüfung erfolgt ebenfalls am unbelasteten Fuß. Aktive und passive Bewegungsausmaße und die Beweglichkeit zwischen fixiertem und mobilem Gelenkpartner werden ermittelt. Am unteren Sprunggelenk (USG) wird die Beweglichkeit anteilig gegenüber der normalen Beweglichkeit angegeben.


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Bildgebende Diagnostik

Für die Beurteilung der ossären und artikulären Strukturen empfehlen sich Röntgenaufnahmen des belasteten Fußes in 2 Ebenen (dorso-plantar und seitlich), sowie eine a.–p. Aufnahme des oberen Sprunggelenks. Nur so lassen sich eine talo-naviculare Instabilität mit Stufenbildung, die Abflachung des talo-calcanearen Winkels, der Winkel zwischen MT 1 und Talusachse und die fehlende Einsicht in den Sinus tarsi darstellen [7]. Die Beurteilung der subtalaren Beinachse erfolgt mit Hilfe der Saltzman-view (Tibia, OSG und Calcaneus müssen für die Winkelmessung vollständig abgebildet sein) [8]. Die Einteilung arthrotischer Gelenkveränderungen erfolgt nach Kellgren und Lawrence, bei entzündlichen Gelenken ist die Einteilung nach Larsen, Dale und Eek etabliert [9] [10]. Bei fraglicher Beurteilbarkeit auf Grund von Summationseffekten ist die Indikation zur Computertomografie großzügig zu stellen. Eine MRT ist bei Verdacht auf Osteomyelitis, Weichteilpathologien oder Knochennekrose sinnvoll. Eine Kombination aus CT- und MRT-Untersuchung erlaubt die Einordnung persistierender Beschwerden z. B. bei möglichen okkulten Frakturen in der Spongiosa (bone bruise). Die Pedobarographie, wie auch die Videoanalyse, dient bei spezifischen Fragestellungen bezüglich Krafteinleitung und Ganganalyse als zusätzliche Untersuchung. Die 3D-Untersuchung unter Belastung mittels digitaler Volumentomographie (DVT) kann in Einzelfällen ergänzende Informationen zur präoperativen Planung liefern. Die Untersuchung und insbesondere die Auswertung ist aufwändig und bislang nicht flächendeckend verbreitet. Die Sonographie ist zuletzt etwas in den Hintergrund getreten. Mit ihr lassen sich entzündliche Veränderungen, wie Ergüsse, Teno- Synovialitiden, Bursen und in Verbindung mit einem Doppler auch peri- und tendinöse Durchblutungsanomalien, wie sie bei Enthesiopathien vorherrschen können, nachweisen. Der größe Vorteil liegt sicherlich in der Möglichkeit der dynamischen Untersuchung von Arzt und Patient.


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Osteoporose

Der Knochenstoffwechsel wird bei inflammatorischen Erkrankungen ebenfalls frühzeitig mit in das Krankheitsgeschehen mit einbezogen. Eine periartikuläre rarefizierte Knochenstruktur lässt sich bereits frühzeitig bevorzugt an der Grenzlamelle nachweisen. Der langjähriger Verlauf bedingt eine reduzierte Knochendichte, die durch die knochenkatabole medikamentöse Therapie oft weiter reduziert wird. Die Frakturgefahr ist auch bei sog. Bagatellverletzungen deutlich erhöht. Daher ist bei allen Patienten mit einer inflammatorischen Erkrankung und bei Arthrosepatienten über 70 Jahre eine Osteologische Basisdiagnostik gemäß den Leitlinien der DVO angeraten. Diese umfasst:

  1. Anamnese und klinischen Befund (Frakturen in der Vorgeschichte, funktionelle Einschränkungen, Ermittlung des Sturzrisikos),

  2. Osteodensitometrie (DXA)

  3. Ergänzende Bildgebung (CT, MRT)

  4. Basislabor (Serumkalzium, Serumphosphat, Kreatinin-Clearance (GFR), AP, Gamma-GT, Blutbild, CRP, TSH, 25-Hydroxyvitamin D3)

Auch die operationsbedingte Entlastung führt zu einer lokalen zirkumskripten Osteoporose, die im Verlauf nicht voll reversibel ist [11].


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Konservative Therapie

Abgesehen von traumatischen Schäden entwickeln sich Veränderungen am Tarsus meistens über einen längeren Zeitraum. Daher sollten vor einer operativen Intervention die Möglichkeiten der konservativen Therapie ausgeschöpft sein. Die konservative Therapie basiert einerseits auf einem motorisch-funktionellen Training, zum anderen auf der Einlagenversorgung und Schuhzurichtung. Vorrangiges Ziel ist der Erhalt der schmerzarmen oder schmerzfreien Mobilität der Extremität des Patienten. Im Zentrum des motorisch-funktionellen Trainings stehen ein alltagsadaptiertes Ausdauer- und Krafttraining in Verbindung mit Gangschulung und Koordinationstraining. In der Physiotherapie gewinnt die Spiraldynamik als therapeutischer Ansatz an Bedeutung. Die Einlagen- und Schuhversorgung sichert, bzw. unterstützt gezielt die individualisierte Therapie. Diese stellen ruhig, stabilisieren, entlasten und unterstützen den Fuß. Die Einlagenversorgung sollte frühzeitig erfolgen, um nicht der Dezentrierungstendenz und progredienten Fehlstellung zusätzlich Vorschub zu leisten. Zusätzlich können Jonto- und Sonophorese, hydroelektrische Bäder, sowie die Applikation von Wärme oder Kälte über Peloide eingesetzt werden (5). Bei progredienter Deformität der Füße muss ggf. eine Schuhtechnische Versorgung erfolgen. Wie diabetische Füße sind rheumatische Füße vulnerabel. Deshalb sollte auf atmungsaktive Materialien, flache Nähte, einen fester Fersenbereich, eventuell mit ausgestelltem Absatz und einem weiten Zehenraum mit mind. 1 cm Bewegungsabstand beim Abrollen und einer Kompatibilität zu Einlagen geachtet werden [12]. Ohne einen konservativen Therapieansatz oder -versuch sollte bei elektiven Indikationen keine Operation erfolgen. Andererseits sollte dieser je nach Aufwand zeitlich begrenzt werden. So kann eine Schuhzurichtung mit überknöchelhohen, fest geschnürten Wanderstiefeln eine Arthrodese simulieren, eine Einlagenversorgung mit rigider Unterstützung des Längsgewölbes die Beweglichkeit im abgesunkenen Talonaviculargelenk und damit Schmerzen minimieren. Es erleichtert zusammen mit den betroffenen Patienten die Entscheidung für oder gegen eine operative Maßnahme zu treffen.


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Operative Therapie

Ziel der Operation am Tarsus ist primär der Erhalt der orthograden Situation des oberen Sprunggelenkes und des korrekten Alignments für die Kraftein- und -überleitung vom Fuß in den Unterschenkel. Die zur Verfügung stehenden operativen Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Meist sind die Gelenkflächen und der Kapsel-Band-Apparat so geschädigt, dass nur noch die Arthrodese des betroffenen Gelenks sinnvoll ist.

Unterschiede der Versorgung scheinen sich primär durch die zugrunde liegenden Ursache zu ergeben. Degenerativ veränderte Strukturen unterscheiden sich von inflammatorisch veränderten Gelenken und osteoporotisch geschädigtem Knochen weniger in den Möglichkeiten der Versorgung als vielmehr in der perioperativen Therapie. Ähnliches gilt für traumatisch geschädigtes Gewebe. Hier ist allerdings bereits die vorliegende Situation zu berücksichtigen, unabhängig von der Verletzung. Für ein bis dahin gesundes Gelenk und gesunden Knochen wird immer die „restitutio ad integrum“ angestrebt. Bei einer bestehenden Vorschädigung muss die Entwicklung, auch unter dem Gesichtspunkt möglicher weiterer Operationen bei der Therapieplanung berücksichtigt werden. So erscheinen mitunter Arthrodesen primär geboten, um die Mobilität des Patienten nicht auf lange und unbestimmte Zeit zu gefährden. Bei den operativen Verfahren und Implantaten wird auf die einschlägige Literatur verwiesen, da die vollständige und detaillierte Darstellung den Rahmen sprengen würde [3] [13].


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Perioperatives Management

Bei vielen Patienten mit geplanter operativer Versorgung des Tarsus besteht eine nicht unwesentliche Anzahl an Vorerkrankungen mit bestehender Dauermedikation die bei einer operativen Versorgung zwingend beachtet werden müssen. So können gerinnungshemmende Medikamente eine lokale Schwellneigung oder Einblutung wegen der gewünschten rheologischen Eigenschaften verstärken. Daher ist hier ein besonderes Augenmerk auf die lokale Haut- und Wundsituation bei Einnahme von Cumarinen, direkten oralen Antikoagulanzien (DOAKS) und Thrombozyten-Aggregations-Hemmern zu richten. Auch niedermolekulare Heparine (z. B. Clexane) können zu einer verstärkten Nachblutung führen.

Bei Patienten mit einer RAD empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) ein Pausieren der Basistherapie mit Biologika von 2 Halbwertszeiten (HWZ) präoperativ und eine erneute Einnahme nach abgeschlossener Wundheilung. Bei den DMARDs wird Methotrexat (MTX) durchgegeben, Leflunomid (Arava) sollte mit Chelatbildnern über 3–5 Tage präoperativ ausgewaschen werden [14] [15]. Seit 1999 mit Zulassung der Biologika und der damit verbundenen verbesserten frühen Diagnosesicherung und Therapie steigt der Anteil der Rheumatiker in Remission, die sich in fußchirurgische Expertise begeben [16]. Auch wenn die Gelenke keine aktive Synovialis mehr aufweisen, ist der Tarsus hinsichtlich der Therapieplanung nicht wie ein arthrotischer Fuß anzusehen. Ausgerichtet am Destruktionsgrad des Gelenkes muss für entzündliche Gelenke ein Schweregrad hinzugerechnet werden. Eine Gelenkerhaltende Operation ist bei Rheumatikern bereits ab einem Schädigungsstadium Larsen 2 nicht mehr sinnvoll [9].

Unabhängig von der Situation des Patienten sollen Eingriffe am Rück- und Mittelfuß so gewebeschonend wie möglich erfolgen. Schwellungen sollten mindestens vorbehandelt und eine Fältelung der Haut erkennbar sein. Bei den Zugängen bedeutet minimal invasiv nicht eine möglichst kleine Narbe, sondern ein möglichst geringes Weichteiltrauma. Der Einsatz von scharfen Haken, ein vermehrter Zug auf die Haut sowie ein Quetschen durch Hebel ist zu vermeiden. Der Einsatz von Elektrokautern und -messern ist auf ein Minimum zu beschränken. Meist helfen 2 cm mehr Eröffnung des OP-Gebietes für die bessere Übersicht und schonendere Darstellung der tiefen Strukturen. Am Ende der Operation sollte auf die Rekonstruktion der Schichten, insbesondere der Faszien und Retinacula geachtet werden. Subkutane Nähte entlasten die Hautnaht. An Fuß und Sprunggelenk sollte auf die Anwendung von Hautklammermaterial verzichtet werden. Es empfiehlt sich monofiles Fadenmaterial zu verwenden, das an der Fußsohle aufgrund der Hornhaut möglichst dick gewählt werden sollte. Geflochtene Fäden sind wegen der Dochtwirkung und der Gefahr der Keimverschleppung nicht zu empfehlen. Da die meisten Betroffenen gleichzeitig eine Mikroangiopathie aufweisen, sollten die Fäden mind. 14 Tage belassen werden. Klammerpflaster eignen sich wegen der vulnerablen Haut nicht. Die Nachbehandlungsschemata sind zahlreich und unterliegen neben den zeitlichen Änderungen auch Strömungen verschiedener „Schulen“. Allgemein gilt, dass postoperative Schwellungszustände die Wundheilung zusätzlich kompromittieren, ebenso eine zu frühe ungeschützte Bewegung. Hochlagerung in einer Unterschenkelgipsschiene mit lokaler Kühlung, frühzeitige Lymphdrainage und Lymphtaping gelten allgemein als Standard. Je nach Lokalisation der Arthrodese kann über eine äußere Stütze des Tarsus bei gleichzeitig mobiler Lösung für das OSG nach Wundheilung nachgedacht werden. Manche Vakuumstiefel können in der Beweglichkeit des OSG freigegeben werden und gewährleisten gleichzeitig eine Fixation des OP-Gebiets. Nachteilig ist die potentielle Abnahme durch den Patienten selbst. Bis zur knöchernen Konsolidierung sollte eine Teilbelastung mit maximal Beingewicht (ca. 5–8 kg) erfolgen. Bei Osteoporose und Osteomalazie ist die knöcherne Heilung prolongiert, was eine Einschränkung von bis zu 12–16 Wochen bedeuten kann. Hierüber ist der Patient im Vorfeld ausführlich aufzuklären und die postoperative Versorgung zu planen und festzulegen.


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Synovialektomie

Die Synovialektomie ist bei persistierender Arthritis über die Dauer von 6–12 Wochen trotz suffizienter Basistherapie indiziert. Eine reine Synovialektomie an den Gelenken des Rück- und Mittelfußes ist eine Rarität, da zumeist die Kapsel-Band-Strukturen mit einbezogen sind, oder durch das operative Vorgehen zusätzlich geschädigt werden. Prinzipiell wäre eine Entfernung der entzündlichen Schleimhaut in frühen Stadien der rheumatischen Erkrankung des Gelenks noch möglich (bis Larsenstadium 1–2) (siehe Tabelle). Die Spätsynovialektomie, wie sie z. B. an den Gelenken der oberen Extremität mitunter erfolgt, kommt an den Gelenken so gut wie nicht vor. Bei degenerativen Veränderungen ist eine Synovialektomie nicht erfolgversprechend. Andererseits lohnt es sich bei einer Versorgung synoviales Gewebe histopathologisch untersuchen zu lassen. Krenn und Kollegen konnten in bis zu 6% der untersuchten Materialien von „rebellischen“ Gelenken einen inflammatorischen Grund identifizieren [17].


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Talonavikulargelenk

Das Talonaviculargelenk ist das Schlüsselgelenk der medialen Säule und des Fußes. Es ist für die Stabilität und die physiologische Kraftübertrage von Vor- und Mittelfuß auf das Sprunggelenk von entscheidender Bedeutung. Die Stabilität des Längsgewölbes hängt hierbei von den intakten Gelenkflächen, der intakten und straffen Kapselbandverbindung und der funktionell intakten Postikussehne ab. Die Schädigung der Sehne wird klinisch mit 4 Stadien der Degeneration nach Johnson und Storm klassifiziert [18]. Bei vielen Menschen liegt eine gewisse Laxizität der Kapselbandverbindung im Talonaviculargelenk vor, was zu den klassischen Knick-Senk-Spreizfüßen prädisponiert. Kommen degenerative Veränderungen der Sehne hinzu, kann die Kompensationsfähigkeit des Fußes erschöpft sein. Bei Arthrotikern ist meist noch eine Gelenk- und bewegungserhaltende operative Versorgung mit einem Transfer der Flexor digitorum longus Sehne möglich. Rheumatiker weisen hingegen neben den infiltrativ geschädigten Kapselbandverbindungen und der geschädigten Sehne des M. tibialis posterior auch inflammatorische Veränderungen des Gelenks mit Destruktionen der Gelenkflächen auf ([Abb. 5]). Bei scheinbar gleichem Schädigungsstadium sind bei Rheumatikern die destruierenden Prozesse weiter fortgeschritten, so dass in nahezu allen Fällen nur die Arthrodese als Therapie verbleibt. Der Kollaps des medialen Längsgewölbes tritt gegenüber Arthrotikern früher ein und ist allenfalls mit Veränderungen bei Diabetikern vergleichbar. Dabei kommt es zu einer Eversion des Subtalargelenkes und zum vermehrten Rückfuß valgus. Dies führt zum einen zu einer Abduktion des Vor- und Mittelfußes im Talonavikulargelenk, zum anderen zu einer Pronation des Calcaneus und einer Kontraktur der nach lateral verzogenen Achillessehne. In der Gesamtheit verstärken die Fehlstellungen die Eversion des Fußes. Langfristige Folge ist u. a. die Destruktion des oberen Sprunggelenkes.

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Abb. 5 Fuß rechts, seitlich unter Belastung, Der Winkel zwischen MT 1 und Talusachse beträgt ca. 38°, fehlende Einsicht in den Sinus tarsi.

Die Arthrodese des Talonavikulargelenks erfordert eine Korrektur der Fehlstellung und eine stabile Osteosynthese. Dies wird über eine Kompression der Gelenkflächen mit zusätzlichen winkelstabilen Implantaten erreicht. Eine Transplantation von Spongiosa (aus dem Tibiakopf) bietet sich an. Auch die früher viel verwendeten Klammern nach Blount finden wieder mehr Anwender.


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Arthrodese des oberen Sprunggelenks

Die Arthrodese des OSG ist bei destruierten Gelenken mit fortgeschrittener Instabilität und mit von nekrotischen Geröllzysten durchsetztem subchondralen Knochen indiziert. Vorausgegangenen Traumata mit Schädigung der Kapselbandstrukturen oder Sehnenpathologien stellen eine relative Kontraindikation für die alternative Versorgung mit einer Endoprothese dar.

Bei der Technik kann das offene vom arthroskopisch assistierten Verfahren unterschieden werden. Die offene Arthrodese erfolgt über einen transfibularen Zugang. Das Gelenk kann unter Sicht bis zur subchondralen Knochenlamelle entknorpelt und falls erforderlich eine Korrektur der Gelenkflächen durchgeführt werden. Die Arthrodese erfolgt in Neutralstellung zumeist über kanülierte Schrauben, die von ventral, dorsal und medial auch perkutan unter Bildwandlerkontrolle eingebracht werden. Falls erforderlich kann ein Substanzdefekt mit kortikospongiösen Anteilen der Fibula aufgefüllt werden. Die Einbeziehung der distalen Fibula in die Arthrodese ermöglicht eine zusätzliche Stabilisierung. Alternativ zur Schraubenversorgung bieten sich winkelstabile Plattensysteme an. Insbesondere wenn die lokalen Verhältnisse bei fehlendem Unterhautfettgewebe und gleichzeitigem Vorliegen einer Osteoporose große Schrauben erforderlich machen. Die großen Schraubenköpfe mit Unterlagscheiben können bei der zusätzlich erforderlichen Versorgung mit Arthrodesestiefeln zu schmerzhaften lokalen Irritationen führen.

Die primär arthroskopisch assistierte perkutane Arthrodese des oberen Sprunggelenks ist nur bei fehlenden knöchernen Defekten möglich. Gleichzeitig ist die Entfernung des Knorpels und das Aufbrechen der Grenzlamelle im dorsalen Gelenkabschnitt ohne zusätzliche Distraktion nahezu unmöglich.


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Pantalare Arthrodese

Sind gleichzeitig die Gelenkflächen des OSG und des subtalaren Gelenks fortgeschritten geschädigt, ist eine Arthrodese mit Marknagel, Transplantation von Spongiosa vom Beckenkamm oder Tibiakopf und Fibulatransfer unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung eine sichere Therapie-möglichkeit. Bei der pantalaren Arthrodese werden alle Gelenkflächen des Talus in die Arthrodese einbezogen, somit neben OSG und USG auch das Talonaviculargelenk.

Bei allen Arthrodesen des OSG kommt es durch die Entfernung des Knorpels immer zu einem Längenverlust der unteren Extremität. Bei einer Neutralstellung des Talus gegenüber der Tibia und einem Verlust von ca. 1 cm ist dies für die erforderliche Schuhversorgung mit Ballenrolle und Abrollhilfe akzeptabel. Im Barfußstand ist der Unterschied noch relativ gut kompensierbar und die Schuhversorgung gestaltet sich optisch weniger auffällig, da die Sohle nicht zu stark erhöht werden muss.


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Arthrodesen des unteren Sprunggelenks

Versagen die konservativen Maßnahmen mit frühzeitiger Einlagenversorgung und Schuhzurichtung bei einer progredienten Symptomatik in den subtalaren und tarsalen Gelenken und fixierter Fehlstellung, so bleibt als Therapie nur die Arthrodese. Diese kann als Double- oder Triple-Arthrodese erfolgen, je nach einbezogenen Gelenken. Neben der bereits erwähnten talonavicularen Arthrodese kann dies mit der Versteifung des talocalcanearen Gelenkes und/oder zusätzlich calcaneocuboidal erweitert werden. Im Gegensatz zum Rheumatiker bietet sich für den veränderten arthrotischen Fuß mit medialer Instabilität eine Osteotomie des Calcaneus an. Voraussetzung sind intakte Gelenkflächen talo-calcanear. Über eine Verschiebung des Tuber calcanei nach medial (nach Gleich) und ggf. einer zusätzlichen Osteotomie der lateralen Säule des Calcaneus kann das Alignment des Fußes wiederhergestellt werden [19]. Bestehen beim arthrotisch veränderten Fuß noch Korrekturmöglichkeiten mit Erhalt einer Beweglichkeit, so sind bei Rheumatikern die Gelenkflächen und die subchondralen Knochenstrukturen bereits in frühen Larsenstadien destruiert. Folglich bleibt bei einer ausgedehnten subtalaren Arthritis nur eine Arthrodese mehrere Kammern. Durch die Entfernung des Knorpels im Talonaviculargelenk kommt es zu einer Verkürzung der medialen Säule mit einer relativen Verlängerung der lateralen Säule und einem Ausgleich der Eversion der Fußes. Eine Evans-Osteotomie (die Osteotomie des Calcaneushalses mit Verlängerung und Knochenimpaktion) ist bei diesen Patienten eine Rarität. Bei direkter Destruktion muss das Calcaneocuboid Gelenk in die Arthrodese miteinbezogen werden.


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Mittelfuß

Zwischen den Veränderungen an Rück- und Vorfuß spielt der Mittelfuß häufig eine untergeordnete Rolle. In den letzten Jahren nehmen die Versorgungen hier zu. Eine Mitbeteiligung des Mittelfußes sollte immer zur Abklärung weiterer, insbesondere diabetologischer und/oder neuropathischer Pathologien veranlassen. Ohne Traumaanamnese resultiert oft eine viel zu lange Latenz bis zur Diagnose. Typisch ist die ausgeprägte Diskrepanz von (nicht-vorhandenem) Schmerz und dem klinischen und radiologischen Erscheinungsbild mit progressivem Kraftverlust und Gelenkdestruktion ([Abb. 6]). Bei traumatischen Verletzungen der Gelenke der Lisfranc-Reihe können temporäre Arthrodesen mit Drähten ausreichen ([Abb. 7]), bei destruierten Gelenkflächen bleibt auch hier nur die Osteosynthese mit Schrauben und Platten. Bei ausgedehnten Befunden bleibt häufig nur eine Off-Label-Anwendung vorhandener Systeme ([Abb. 8]).

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Abb. 6 destruierende Veränderungen in der Lisfranc-Gelenkreihe (MT1–3) bei RA und gleichzeitigem diabetischem Charcot-Fuß.
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Abb. 7 temporäre Arthrodese nach Reposition einer konvergierenden Luxationsverletzung in der Lisfranc-Gelenkreihe.
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Abb. 8 Off-lable-use einer Calcaneusplatte bei destruierenden Veränderungen am Fuß. Vergleiche Abbildung 6.

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Osteotomien

Die Indikation für Osteotomien ist bei einer nur operativ korrigierbaren Fehlstellung bei nicht destruierten Gelenkflächen und bei erhaltenem Kapselbandapparat und intakter Sehnenfunktion gegeben [7]. Zur Korrektur einer Fehlstellung sind Osteotomien bei Arthritis streng genommen nicht indiziert. Zu groß ist die Gefahr der sekundären Pseudarthrose und des Materialversagens.

Bei Arthrotikern kann eine Osteotomie einen protektiven Effekt auf die Gelenkfunktion entwickeln, um eine Arthrodese in einem Gelenk des Rückfußes oder explizit im oberen Sprunggelenk eine mögliche endoprothetische Versorgung hinauszuschieben [20] [21]. Neben der Umstellung der distalen Tibia finden vor allem die Evans-Osteotomie des Calcaneushalses und die Verschiebeosteotomie des dorsalen Calcaneus nach medial oder lateral Anwendung [19]. Vor der Operation sollte auch bei Arthrotikern zusätzlich eine Osteoporose/-malazie abgeklärt werden.

Die Tabelle fasst die Versorgungsmöglichkeiten am Tarsus des rheumatisch polyarthritischen und des degenerativen Fußes zusammen.


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Komplikationen und Revisionen

Die relative Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von revisionspflichtigen Komplikationen oder Heilungsverzögerungen ist bei allen systemischen Erkrankungen gegenüber der Arthrose erhöht. Das Risikoprofil der drei „I“: Instabilität, Infektion, Ischämie prädisponiert zu Komplikationen und macht eine engmaschige Anbindung und Kontrolle unerlässlich. Das Risiko für postoperative Infektionen ist bei Rheumatikern insgesamt dreifach höher, wobei sich für einzelne Basistherapeutika im Komplikationsregister der DGORh unterschiedliche Tendenzen abzeichnen. Die Empfehlungen zur perioperativen Medikation wurden von der DGRh zuletzt 2021 überarbeitet [14]. Trophische Veränderungen erhöhen das Risiko für Druckstellen, Wundheilungsstörungen und lokale Infekte.


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Nachbehandlung

Mit dem Ende der Operation hört die Therapie nicht auf, sondern fängt erst an. Die Arthrodesen des Rück- und Mittelfußes müssen bis zur gesicherten knöchernen Konsolidierung entlastet werden. Auf Grund der anatomischen Gegebenheiten ist die Mobilisation über die Ferse nicht sicher und führt zu einer vermehrten Belastung der Osteosynthesen, insbesondere im Mittelfuß. Die übliche Empfehlung einer Teilbelastung von 20 kg Körpergewicht kann von den meisten Patienten nicht umgesetzt werden. Eine praktikable Alternative ist die Beschränkung der Belastungszeit auf 10–20 min. täglich, wie sie sich bei Diabetikern bewährt hat. Bei guter Compliance bieten sich Walker an, sonst erfolgt die Versorgung im Unterschenkelcast. Arthodesen des oberen Sprunggelenkes erfordern die Versorgung mit Arthodesestiefeln. Da sich im Laufe des Heilungsprozesses Fuß und Unterschenkel im Umfang stark verändern, sollte die Abnahme des Abdrucks nicht zu früh erfolgen [22]. Ein nicht passender Schuh wird nicht getragen. Erst bei radiologisch gesicherter Konsolidierung, vorzugsweise nach CT-Kontrolle, kann eine stufenweise Aufbelastung erfolgen. Patienten mit manifester Osteoporose oder RAD müssen hierfür mehr Zeit einplanen, durchschnittlich kann mit einer Verdoppelung der Zeit bei Arthrotikern gerechnet werden. Der Langzeiterfolg kann nur durch kontinuierliche Nachkontrollen gesichert werden.

Fazit

Die operativen Möglichkeiten im Rück- und Mittelfuß sind sehr eingeschränkt. Es dominieren Arthrodesen mit Korrektur der pathologisch veränderten Statik. Das Schlüsselgelenk des Fußes ist das Talonaviculargelenk das daher entsprechende Beachtung verdient. Bei Rheumatikern ist die Indikation für eine operative Versorgung früher und „aggressiver“ zu stellen als bei Arthrotikern.


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Einhaltung ethischer Richtlinien

Für diesen Beitrag wurden keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. Christoph Biehl
Universitatsklinikum Giessen und Marburg Standort Giessen
Klinik für Unfall- Hand-, und Wiederherstellungschirurgie
Rudolf-Buchheim-Str. 7
35385 Giessen
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Phone: 0049-641-98557660   
Fax: 0049-641-98544609   

Publication History

Article published online:
16 May 2022

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