Diabetologie und Stoffwechsel 2023; 18(S 02): S162-S217
DOI: 10.1055/a-2076-0024
DDG-Praxisempfehlung

Therapie des Typ-2-Diabetes

Rüdiger Landgraf
1   Deutsche Diabetes Stiftung, Düsseldorf, Deutschland
,
Jens Aberle
2   Sektion Endokrinologie und Diabetologie, Universitäres Adipositas-Zentrum Hamburg, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Deutschland
,
Andreas L. Birkenfeld
3   Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD e. V.), Neuherberg, Deutschland
,
Baptist Gallwitz
4   Medizinische Klinik IV, Diabetologie, Endokrinologie, Nephrologie, Universitätsklinikum Tübingen, Deutschland
,
Monika Kellerer
5   Zentrum für Innere Medizin I, Marienhospital Stuttgart, Deutschland
,
Harald H. Klein
6   MVZ für Diagnostik und Therapie Bochum, Bergstraße 26, 44791 Bochum, Deutschland
,
Dirk Müller-Wieland
7   Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum RWTH Aachen, Aachen, Deutschland
,
Michael A. Nauck
8   Sektion Diabetologie, Endokrinologie, Stoffwechsel, Med. Klinik I, St.-Josef-Hospital, Ruhr-Universität, Bochum, Deutschland
,
Tobias Wiesner
9   MVZ Stoffwechselmedizin Leipzig, Leipzig, Deutschland
,
Erhard Siegel
10   Abteilung für Innere Medizin – Gastroenterologie, Diabetologie/Endokrinologie und Ernährungsmedizin, St. Josefkrankenhaus Heidelberg GmbH, Heidelberg, Deutschland
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Aktualisierungshinweis

Die DDG-Praxisempfehlungen werden regelmäßig zur zweiten Jahreshälfte aktualisiert. Bitte stellen Sie sicher, dass Sie jeweils die neueste Version lesen und zitieren.

Inhaltliche neuerungen gegenüber der Vorjahresfassung

Teil 1 der Praxisempfehlung

Neuerung 1: Es wurde ein zusätzliches Kapitel über Prävalenz und Inzidenz des Typ-2-Diabetes in Deutschland eingefügt.

Begründung: Diese aktuellen Zahlen unterstreichen die medizinische und psychosoziale, sowie gesundheitspolitische Bedeutung dieser komplexen Krankheit.

Neuerung 2: Anhand aktueller Daten wird erneut auf die vielfältigen Risikofaktoren und deren strukturierte Erfassung (einschließlich der zunehmenden Bedeutung der Fettleber) für die Entwicklung kardiovaskulärer und renaler Komplikationen hingewiesen.

Begründung: Für eine individuelle Therapieentscheidung ist die eingehende Risikoabschätzung sehr hilfreich

Stützende Quellenangaben: [6] [7]

Neuerung 3: Das kurze Diagnostik-Kapitel wurde vorgezogen

Begründung: Logischere Reihenfolge der Kapitel

Neuerung 4: Kapitel Plasmaglukoseselbstmessung wurde ergänzt durch die Erwähnung der Möglichkeiten und eventuelle Notwendigkeit der Anwendung von CGM auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes

Begründung: Die Therapie des Menschen mit einem Typ-2-Diabetes wird individueller und damit komplexer. Dabei können bei der Therapieentscheidung zumindest vorübergehende Informationen über TIR und TUR hilfreich sein.

Neuerung 5: Im Kapitel Ernährungstherapie wurden aktuelle Literaturzitate eingebracht und neue Belege über Vorteile von moderatem Kaffeegenuss bei vielen chronischen Erkrankungen inklusive Typ-2-Diabetes erwähnt. Dabei spielen hypokalorische Ernährung, Intervallfasten etc. eine wichtige Rolle

Begründung: Evidenz aus der zitierten Literatur

Neuerung 6: Es wurde ein Kapitel über Fettleber und deren Therapiemöglichkeiten eingefügt.

Begründung: Die Fettleber als wichtiger Risikoerkrankung für chronische Lebererkrankungen und als Risikofaktor für kardiovaskuläre und renale Komplikationen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, spielt im Screening immer noch eine untergeordnete Bedeutung. Die regelmäßige Bestimmung des FIB-4-Index ist einfach und prognostisch bedeutsam.

Stützende Quellenangaben: Aktualisierte S2K-Leitlinie Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung; Kapitel Diabetes und Fettleber in diesem Supplement

Teil 2 der Praxisempfehlung

Neuerung 7: Im Kapitel Metformin wird betont, dass im Gegensatz zur ESC-Leitlinie (Verzicht auf Metformin) die DDG, die NVL Typ-2-Diabetes wie auch die ADA/EASD Consensus-Empfehlungen frühzeitig SGLT-2-Hemmer und/oder GLP-1RAs (meist mit Metformin) bei Hochrisikopatienten und bei Menschen mit bereits manifesten kardiovaskulären (einschließlich Herzinsuffizienz) und renalen Erkrankungen eingesetzt werden sollten.

Begründung: RCTs und deren Metaanalysen

Neuerung 8: In neuen Analysen von RCTs waren Sulfonylharnstoffe (SHs) mit einer signifikant höheren Rate von schweren Hypoglykämien und kardiovaskulären Ereignissen inkl. Gesamtmortalität assoziiert. Dagegen zeigte sich in einer großen schottischen Kohortenstudie, dass bei Sulfonylharnstoffen als 2. Antidiabetikum nach Metformin im Vergleich zu DPP-4-Hemmern oder Pioglitazon keine höheren Raten für kardiovaskuläre Ereignisse einschließlich Mortalität zu beobachten waren. Daraus folgerten die Autoren, SHs weiterhin als als Second Line Medikamente zu empfehlen insbesondere in Gesundheitssystemen, die sich teurere Antidiabetika nicht leisten können.

Stützende Quellenangabe: [67]

Neuerung 9: In einer aktuellen Metaanalyse mit 82 Studien zeigte sich, dass DPP-4-Inhibitoren signifikant mit einem höheren Risiko (22 %) für Gallenblasen- und Gallenwegserkrankungen assoziiert waren.

Stützende Quellenangabe: [104]

Neuerung 10: Im Kapitel SGLT-Inhibitoren wurde die neue [Tab. 4] über die Zulassung und (Kontra)Indikationen von Dapagliflozin, Empagliflozin und Ertugliflozin für Typ-2-Diabetes, Nephropathie und Herzinsuffizienz (HF pEF, HFmEF, HFrEF) eingefügt.

Begründung: Neue Zulassungen und Indikationen

Stützende Quellenangaben: Aktuelle Gebrauchsinformationen

Neuerung 11: Eine Vielzahl neuer klinischer Studien und deren Metaanalysen über den Einsatz von in Deutschland zugelassenen SGLT-2-Hemmern und deren Effekte auf kardiovaskuläre und renale Endpunkte werden diskutiert.

Begründung: Aktualisierung war erforderlich

Neuerung 12: Kapitel über die Wirkung der SGLT-2-Hemmer auf die Leber

Begründung: Aktualisierung war erforderlich

Neuerung 13: Aktualisierungen im Kapitel GLP-1-Rezeptoragonisten insgesamt und bei der Diskussion der Einzelsubstanzen. Meist wurden die neueren Daten am Ende der Diskussion des jeweiligen Wirkstoffs angefügt.

Begründung: Aktualisierung war erforderlich.

Neuerung 14: [Tab. 6] über kardiovaskulären und renalen Nutzen (absolute Risikoreduktion und Hazard Ratios) von SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-RAs auf der Basis einer aktuellen Metaanalyse

Stützende Quellenangabe: [318]

Neuerung 15: Im Kapitel Basalinsuline wird ein Head-to-Head-Vergleich von injizierbaren Inkretin-basierten Medikamenten IBGLMs (kurz- und langwirkende GLP-1-RAs und Tirzepatid) vs. Basalinsulin-Therapie (NPH, glargine, detemir, degludec) beschrieben. In allen Studien (n = 20) mit insgesamt 11 843 Patienten zeigte sich eine Reduktion des HbA1c um 0,48 % (0,45–0,52) mehr unter IBGLMs als unter Basalinsulinen. Dieser Effekt wurde vor allem nachweisbar unter den langwirkenden GLP-1-RAs und Tirzepatid (gepoolte Dosierungen: ΔHbA1c –0,90 % [–1,06; –0,75). Kurzwirksame GLP-1-RAs waren vergleichbar effektiv im Vergleich zu Basalinsulin (p = 0,90). Alle IBGLM-Subgruppen führten signifikant zu einem niedrigeren Körpergewicht (–4,6 [–4,7; –4,4] kg) im besonderen Tirzepatid (–12,0 [–13,8–10] kg). Die Autoren unterstreichen aufgrund der Analysen erneut, dass bei Therapieeskalation zu injizierbaren Pharmaka primär IBGLMs anstelle von Basalinsulinen in Betracht gezogen werden sollten.

Stützende Quellenangabe: [353]

Neuerung 16: Insulin icodec wird beschrieben

Begründung: Aktuelle Daten

Die Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) lehnen sich an die Inhalte der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) „Typ-2-Diabetes“ an [1]. Die in den vorliegenden Praxisempfehlungen der DDG vorgenommenen Modifikationen in der Therapie und deren Begründungen wurden weitgehend auf der Basis neuer randomisierter, kontrollierter Studien (RCTs) und Metaanalysen aktualisiert.

Um die Arbeit mit der umfangreichen Praxisempfehlung in der täglichen Praxis zu verbessern, haben sich die Autoren entschieden, die einzelnen glukosesenkenden Pharmaka und einige Algorithmen in der aktuellen Praxisempfehlung in einen ausführlichen Anhang zu verschieben. Das entsprechende Literaturverzeichnis findet sich ebenfalls im Anhang.



Publication History

Article published online:
30 October 2023

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