CC BY-NC-ND 4.0 · Gesundheitswesen 2024; 86(11): 723-729
DOI: 10.1055/a-2348-3136
Originalarbeit

Potential eines telemedizinischen, sektorenübergreifenden Versorgungskonzeptes zur Qualitätssteigerung der Gesundheitsversorgung aus Nutzersicht – eine Akzeptanzanalyse der TELnet@NRW Studie

Potential of a Telemedical, Inpatient-Outpatient Care Concept to Improve the Quality of Healthcare from the Userʼs Perspective – An Acceptance Analysis of the TELnet@NRW Study
Carolin Schmidhuber
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Germany
,
Veronika Strotbaum
2   Gesundheitscampus 10, Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen, Bochum, Germany
,
Rainer Beckers
3   Telemedizin, Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH, Bochum, Germany
,
Annette Hempen
4   Telemedizin, Ärztenetz Medizin und Mehr eG, Bünde, Germany
,
Carina Benstöm
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Germany
,
Gernot Marx
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Germany
,
Sandra Dohmen
1   Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Uniklinik RWTH Aachen, Aachen, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Ziel der Studie Die Messung der Akzeptanz eines telemedizinischen, sektorenübergreifenden Versorgungskonzeptes seitens Ärzte, Patienten und Angehörigen ist das Ziel der vorliegenden Studie. Auf Basis einer quantitativen Erfassung der Akzeptanz sollen sowohl das Potential als auch Erfolgsfaktoren, welche die Nutzung von Telemedizin beeinflussen, herausgestellt werden.

Methodik Die TELnet@NRW Studie ist eine im Zeitraum von Februar 2017 bis Januar 2020 durchgeführte nationale, multizentrische, cluster-randomisierte Studie im Stepped-Wedge-Design zwecks Dokumentation der Veränderung der Behandlungsqualität durch Telemedizin in einem sektorenübergreifenden Netzwerk. Beratungsgegenstand sind intensivmedizinische und infektiologische Fragestellungen. Die vorliegende Studie erhob über personengruppenspezifische Fragebögen die Akzeptanz zu dem in der Hauptstudie praktizierten telemedizinischen Versorgungskonzept. Die Befragung erfolgte innerhalb des Berichtszeitraumes einmalig, anonym und auf freiwilliger Basis in digitaler oder papierbasierter Form.

Ergebnisse Es wurden 126 Fragebögen von Ärzten und 1686 Fragebögen von Patienten und Angehörigen ausgewertet. In bis zu 88,4% der Fälle messen die Ärzte beider Sektoren der Telemedizin hohes Potential zur Steigerung leitliniengerechter Behandlung zu. Einen positiv verstärkenden Erfolgsfaktor stellt eine vertrauensvolle und wertschätzende Kommunikation in der telemedizinischen Beratung dar. Durch Telemedizin generierte Arbeitsmehraufwände wirken hemmend auf die Akzeptanz, insbesondere im stationären Sektor. Eine Verstetigung der Telemedizin über das Projektende hinaus wird in beiden Sektoren sowohl ärztlich (stationär 60,6%, ambulant 82,1%) als auch patienten- und angehörigenseits (stationär 79,7%, ambulant 57,4%) mehrheitlich befürwortet.

Schlussfolgerung Es besteht eine sehr weitreichende Akzeptanz für telemedizinische, sektorenübergreifende Versorgungskonzepte bei Ärzten, Patienten und Angehörigen. Aufwandarme Prozesse und eine nutzerzentrierte Technik sind notwendig, um die Anwendungsrate zu erhöhen. Telemedizin besitzt das Potential der Verbesserung der Behandlungsqualität und kann als robuster Baustein zu einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung in Deutschland beitragen.


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Abstract

Objective The aim of this study was to measure the acceptance of a telemedical, inpatient-outpatient care concept by physicians, patients and the relatives of patients. Based on a quantitative survey of acceptance, both the potential and success factors influencing the use of telemedicine were to be highlighted.

Methods The TELnet@NRW study is a national, multicenter, cluster-randomized study in stepped-wedge design conducted from February 2017 to January 2020 for the purpose of documenting changes in the quality of care through telemedicine in an inpatient-outpatient network. Consultations were focused on intensive care medicine and infectious diseases. This current study used questionnaires for specific groups of patients to determine acceptance of the telemedical care concept practiced in the main study. The survey was anonymously conducted once in either digital or paper-based form during the reporting period.

Results The answers of 126 questionnaires from physicians and 1686 questionnaires from patients and their relatives were evaluated. The physicians of both sectors attributed high potential (up to 88.4%) for telemedicine to improve guideline-adherent treatment. A trustworthy and appreciative communication during the telemedical consultation represented a positively reinforcing success factor. The additional workload generated by telemedicine inhibited acceptance, especially in the inpatient sector. A continuation of telemedicine beyond the end of the project was supported by the majority of surveyed physicians (inpatient 60.6%, outpatient 82.1%) as well as in patients and their relatives (inpatient 79.7%, outpatient 57.4%) in both sectors.

Conclusion There is widespread acceptance of telemedical, inpatient-outpatient care concepts among physicians, patients and their relatives. Low-effort processes and user-centered technology are crucial to increase the rate of use. Telemedicine has the potential to improve the quality of care and can serve as a robust component of sustainable healthcare in Germany.


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Einleitung

Die Sicherstellung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, die Strukturschwächen, wie z. B. den Zugang zu medizinischer Infrastruktur, im Stadt-Land-Gefälle ausgleicht, stellt eine zunehmend große Herausforderung dar. Dazu tragen der demographische Wandel mit steigenden Behandlungszahlen multimorbid und chronisch Erkrankter und der Ärztemangel bei [1] [2]. Zudem gelingt der Transport von Leitlinieninhalten in die unmittelbare Patientenversorgung unzureichend [3]. Sektorenübergreifende, telemedizinische Netzwerke können diesen Herausforderungen begegnen und ermöglichen eine wohnortnahe und bedarfsgerechte Bereitstellung fachärztlicher Expertise sowie eine hochqualitative, patientenzentrierte Versorgung [4]. Spätestens seit der COVID-19 Pandemie werden telemedizinische Anwendungen verstärkt nachgefragt und durchgeführt [5]. Eine bleibende Herausforderung in der Verbreitung digital-gestützter Versorgungsformen ist die Akzeptanz bei Ärzten, Patienten und Angehörigen. Für eine erfolgreiche Implementierung muss diese Anwendersicht einbezogen werden [6]. In diesem Sinne ist die Messung der Akzeptanz des in TELnet@NRW praktizierten telemedizinischen, sektorenübergreifenden Versorgungskonzeptes seitens Ärzte, Patienten und Angehörigen das Ziel der vorliegenden Studie. Auf der Basis einer quantitativen Erfassung der Akzeptanz sollen sowohl Potential als auch Erfolgsfaktoren, welche die Nutzung von Telemedizin beeinflussen, herausgestellt werden.


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Methodik

Den Rahmen dieser Nutzerbefragung bildet die TELnet@NRW Studie, eine im Zeitraum von Februar 2017 bis Januar 2020 durchgeführte nationale, multizentrische, cluster-randomisierte Studie im Stepped-Wedge-Design zwecks Dokumentation der Veränderung der Behandlungsqualität durch Telemedizin in einem sektorenübergreifenden Netzwerk. Gefördert wurde die Studie aus Mitteln des Innovationsfonds (Förderkennzeichen: 01 NVF16010). Die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen genehmigte die Studie (EK 068/17). Im Projektzeitraum von 36 Monaten wurden 148 839 Patienten in die Studie eingeschlossen. Das im Projekt aufgebaute Qualitätsnetzwerk umfasste zwei Universitätskliniken, 17 Krankenhäuser der Allgemeinversorgung und 103 niedergelassene Ärzte in Nordrhein-Westfalen. Die in ihrer Ausbildung maximal weitergebildeten Intensivmediziner und Infektiologen der Universitätskliniken Aachen und Münster stellten im Rahmen telemedizinischer Konsile ihre fachliche Expertise 24/7 für die Partnerkrankenhäuser und –arztpraxen zur Verfügung. Die Telekonsultationen fanden standardisiert gemäß den Vorgaben der S1 Leitlinie Telemedizin in der Intensivmedizin statt [7]. Hierzu gehörten u. a. das Nutzen einer zertifizierten Audio-Video-Verbindung und einer elektronischen Fallakte als Dokumentationslösung. Die Konsilnehmer wendeten ein in ihr Krankenhaus- oder Arztpraxisnetzwerk integriertes mobiles Endgerät zur Durchführung des Telekonsils an. Weitere Details sind der Publikation zur Hauptstudie zu entnehmen [8].

Die vorliegende Nutzerbefragung erhob über personengruppenspezifische Fragebögen die Akzeptanz von Ärzten, Patienten und Angehörigen, zu dem in der Hauptstudie praktizierten, telemedizinischen Versorgungskonzept. Die Akzeptanz von Pflegefachkräften und Angehörigen anderer Gesundheitsfachberufe wurde entsprechend der ärztlich fokussierten telemedizinischen Intervention nicht erhoben. Die Befragung erfolgte im stationären Sektor von September 2018 bis August 2019. Im ambulanten Sektor wurde im Zeitraum von April 2018 bis März 2019 befragt. Die Befragung erfolgte einmalig, anonym und auf freiwilliger Basis in digitaler oder papierbasierter Form. Es handelt sich um geschlossene Fragen im Rahmen einer quantitativen Befragung. Zur Beantwortung wurde entweder eine Auswahl an Antworten oder eine Likert-Skala vorgegeben. Der Fragebogen für das ärztliche Personal enthält insgesamt 68 Fragen und basiert auf drei wissenschaftlichen Modellen (Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT 2.0) [9], CUSE – Developing the computer user self-efficacy scale [10] und Nine human factors contributing to the user acceptance of telemedicine applications: a cognitive-emotional approach [11]. Thematisch gliedert sich die Befragung in drei Bereiche. Der erste Teil dient der Bewertung der Telemedizin auf Basis der gemachten Erfahrungen im Berufsalltag, der zweite Teil fokussiert die Nutzung der Telemedizin und die dafür erforderliche Motivation im Kreise der Anwender und der dritte Teil beinhaltet Fragen zur Person. Der Fragebogen für Patienten und Angehörige enthält einen erklärenden Einführungstext zur Telemedizin, eine Abbildung zur Illustration eines Telekonsils und umfasst insgesamt 11 Fragen. Der inhaltliche Fokus dieser Fragen liegt auf Ansichten zu telemedizinisch unterstützter Behandlung und auf Fakten zur eigenen Person. Fragebögen, die nicht vollständig ausgefüllt wurden oder nicht eindeutig dem stationären oder ambulanten Sektor zugeordnet werden konnten, wurden nicht in die Analyse eingeschlossen. Die Auswertung der Fragebögen erfolgte deskriptiv statistisch mithilfe der Software MS-Excel (Version 16.0) und SPSS (Version 26.0). Dabei wurden für jede Frage pro Antwort die Werte in absoluten Zahlen und prozentual ermittelt.


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Ergebnisse

Für den stationären Sektor wurden insgesamt 66 durch Ärzte ausgefüllte Fragebögen in die Auswertung aufgenommen. Aus dem ambulanten Sektor wurden 60 von Ärzten ausgefüllte Fragebögen berücksichtigt. Die Rücklaufquote kann auf Grund nicht personen-, sondern institutionsbezogener digitaler Zustellung der Fragebögen mit anschließender Möglichkeit der Verteilung nicht berichtet werden. Für Patienten und Angehörige wurden in beiden Sektoren insgesamt 9.800 Fragebögen verteilt. Es gab einen Rücklauf von insgesamt 1805 Fragebögen (stationär 416, ambulant 1317, 72 Fragebögen nicht zuzuordnen), davon wurden 14 online und 1791 papierbasiert ausgefüllt. Die Rücklaufquote betrug somit 18,4%. 79% der Fragebögen wurden von Patienten, die restlichen von Angehörigen beantwortet. In die Auswertung wurden je nach Frage und deren Antworthäufigkeit insgesamt 1654 bis 1686 Antworten einbezogen.

Akzeptanz von Ärzten im stationären Sektor

Im stationären Sektor waren 42,1% der befragten Ärzte weiblich. 57,9% der Befragten waren jünger als 51 Jahre alt. Im ambulanten Sektor waren 30,9% der Teilnehmer weiblich. 61,9% der Teilnehmer waren älter als 50 Jahre alt. Die im stationären Sektor tätigen Ärzte wiesen zu 68,4% eine mehr als 10- jährige Berufserfahrung auf. Im ambulanten Bereich waren ausnahmslos alle Befragten mehr als 10 Jahre im Beruf. Diese und weitere Angaben zur Person der befragten Ärzte sind [Tab. 1] zu entnehmen ([Tab. 1]).

Tab. 1 Angaben zur Person der Ärzte aus dem ambulanten und stationären Sektor.

Merkmale

stationär, n (%)

ambulant, n (%)

Geschlecht

Weiblich

24 (42,1%)

17 (30,9%)

Männlich

29 (50,9%)

38 (69,1%)

Sonstiges

4 (7,0%)

0 (0,0%)

Alter

20–30 Jahre

6 (10,5%)

0 (0,0%)

31–40 Jahre

13 (22,8%)

4 (7,3%)

41–50 Jahre

14 (24,6%)

17 (30,9%)

51–60 Jahre

22 (38,6%)

20 (36,4%)

>60 Jahre

2 (3,5%)

14 (25,5%)

Berufserfahrung

<1 Jahr

1 (1,8%)

0 (0,0%)

1–5 Jahre

9 (15,8%)

0 (0,0%)

6–9 Jahre

8 (14,0%)

0 (0,0%)

10–20 Jahre

17 (29,8%)

16 (29,1%)

>20 Jahre

22 (38,6%)

39 (71,0%)

Befragte Ärzte im stationären Sektor messen der Telemedizin hohes Potential bei der Verbesserung einer leitliniengerechten Behandlung (82,4%), gefolgt von einer Verbesserung der Patientenversorgung (74,6%) und einer Verbesserung der Behandlungsqualität (72,9%) zu. Die Zusammenarbeit mit Infektiologen und anderen Intensivmedizinern wird von 91,4% der Befragten als vertrauensvoll empfunden. 75,9% der Ärzte haben sich vor dem Projekt weniger oder gar nicht mit Telemedizin beschäftigt. Das Schulungskonzept vor der ersten Nutzung der Telekonsile wird von 61,7% der stationären Ärzte als ausreichend bewertet. Die Frage, ob die Patientendaten ausreichend bei den Telekonsilen geschützt sind, bestätigen 70,7% der Befragungsteilnehmer. 86,3% der Befragten gehen von einem unbeeinträchtigten Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten während des Einsatzes von Telemedizin aus. 91,4% antworten, dass sie bei der Anwendung von Telemedizin weiterhin eigenständige Entscheidungen treffen können. Die Mehrheit der Ärzte im stationären Sektor (86,5%) kritisiert den zeitlichen Aufwand für eine Televisite. Nur 6,9% der Befragten nehmen eine Zeitersparnis durch Telemedizin wahr. Eine weiterführende Nutzung der Telemedizin nach Projektende befürworten 60,6% der stationären Ärzte. 24,6% lehnen dies eher ab. Diese und weitere Antworten auf ausgewählte Fragen für Ärzte aus dem stationären Sektor sind [Tab. 2] zu entnehmen ([Tab. 2]).

Tab. 2 Antworten zu ausgewählten Fragen für Ärzte aus dem ambulanten und stationären Sektor.

Ambulante und stationäre Ärzte

Trifft überhaupt nicht zu

Trifft eher nicht zu

Weder noch

Trifft eher zu

Trifft völlig zu

Total (Beantwortet / Nicht-Beantwortet)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant (n / n)

Stationär (n / n)

Haben Sie sich bereits vor dem Projekt in irgendeiner Form mit Telemedizin beschäftigt.

36,4% (20)

46,6% (27)

27,3% (15)

29,3% (17)

27,3% (15)

15,5% (9)

3,6% (2)

5,2% (3)

5,5% (5)

3,5% (2)

55 / 5

58 / 8

Ich bin der Meinung, dass Telemedizin die Patientenversorgung verbessern kann.

0,0% (0)

1,7% (1)

5,2% (3)

8,5% (5)

19,0% (11)

15,3% (9)

56,9% (33)

49,2% (29)

19,0% (11)

25,4% (15)

58 / 2

59 / 7

Ich bin der Ansicht, dass Telemedizin die Behandlungsqualität verbessern kann.

1,7% (1)

1,7% (1)

6,9% (4)

6,9% (4)

27,6% (16)

18,6% (11)

46,6% (27)

42,4% (25)

17,2% (10)

30,5% (18)

58 / 2

59 /7

Ich glaube, dass Telekonsile zu einer besseren leitliniengerechten Behandlung beitragen.

0,0% (0)

0,0% (0)

3,3% (2)

8,8% (5)

8,3% (5)

8,8% (5)

56,7% (34)

52,6% (30)

31,7% (19)

29,8% (17)

60 / 0

57 / 9

Ich finde, dass Telemedizin zu mehr Arbeit führt.

6,9% (4)

3,4% (2)

20,7% (12)

1,7% (1)

25,9% (15)

8,5% (5)

41,4% (24)

40,7% (24)

5,2% (3)

45,8% (27)

58 / 2

59 / 7

Telekonsile ermöglichen es mir, Zeit bei meiner täglichen Arbeit zu sparen.

13,3% (8)

50,0% (29)

20,0% (12)

31,0% (18)

26,7% (16)

12,1% (7)

30,0% (18)

5,2% (3)

10,0% (6)

1,7% (1)

60 / 0

58 / 8

Ich meine, dass auch bei den Telekonsilen die Daten der Patienten ausreichend geschützt sind.

0,0% (0)

3,5% (2)

1,7% (1)

6,9% (4)

15,0% (9)

19,0% (11)

45,0% (27)

44,8% (26)

38,3% (23)

25,9% (15)

60 / 0

58 / 8

Ich bin der Ansicht, dass auch bei den Televisiten das Vertrauensverhältnis zwischen meinen Patienten und mir erhalten bleibt.

0,0% (0)

0,0% (0)

1,7% (1)

8,6% (5)

3,3% (2)

5,2% (3)

33,3% (20)

46,6% (27)

61,7% (37)

39,7% (23)

60 / 0

58 / 8

Die Schulung zum Umgang mit dem System der Telekonsile war für mich ausreichend.

1,7% (1)

3,3% (2)

3,4% (2)

13,3% (8)

5,1% (3)

21,7% (13)

42,4% (25)

31,7% (19)

47,5% (28)

30,0% (18)

59 / 1

60 / 6

Bei der Anwendung der Televisiten kann ich weiterhin eigenständige Entscheidungen treffen.

0,0% (0)

0,0% (0)

0,0% (0)

0,0% (0)

3,3% (2)

8,6% (5)

30,0% (18)

39,7% (23)

66,7% (40)

51,7% (30)

60 / 0

58 / 8

Die Zusammenarbeit mit den Infektiologen und Intensivmedizinern empfinde ich als vertrauensvoll.

0,0% (0)

0,0% (0)

0,0% (0)

1,7% (1)

8,6% (5)

6,9% (4)

13,8% (8)

46,6% (27)

77,6% (45)

44,8% (26)

58 / 2

58 / 8

Ich würde es begrüßen, wenn ich auch nach Ende dieses Projektes weiterhin Telemedizin nutzen kann.

3,6% (2)

14,8% (9)

7,1% (4)

9,8% (6)

7,1% (4)

14,6% (9)

46,4% (26)

26,2% (16)

35,7% (20)

34,4% (21)

56 / 4

61 / 5


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Akzeptanz von Patienten und Angehörigen im stationären Sektor

Die Mehrheit der stationär behandelten Patienten und ihre Angehörigen befürworten die gemeinsame Besprechung ihres Behandlers mit einem Telemediziner (85,3%) und 76,4% der Patienten geben an, dass das Vertrauensverhältnis mit ihrem Behandler vor Ort durch Telemedizin nicht beeinträchtigt wird. 73% der Befragten glauben an eine Verbesserung ihrer Behandlung durch Telemedizin. Dass Telemedizin zu einer Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung im Falle einer schweren Erkrankung beitragen kann, schätzen 68,9% positiv ein. 66,6% der Befragten gehen davon aus, dass ihre Daten bei der Telemedizin sicher verarbeitet werden. 79,7% der stationär behandelten Patienten und Angehörigen befürworten eine Weiterführung der Telemedizin nach Projektende. Diese und weitere Antworten auf ausgewählte Fragen an Patienten und Angehörige sind [Tab. 3] zu entnehmen ([Tab. 3]).

Tab. 3 Antworten zu ausgewählten Fragen für Patienten und Angehörige aus dem ambulanten und stationären Sektor.

Patienten/Angehörige aus dem ambulanten und stationären Sektor

Trifft gar nicht zu / Trifft eher nicht zu

Weder noch

Trifft eher zu / Trifft voll zu

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Ambulant % (n)

Stationär % (n)

Die Behandlung wird durch Telemedizin verbessert.

25,9% (332)

8,8% (35)

17,6% (225)

18,3% (73)

56,5% (723)

73,0% (292)

Sicherstellung der Versorgung am Wohnort durch Telemedizin

31,1% (398)

11,9% (47)

16,0% (205)

19,2% (76)

52,9% (676)

68,9% (273)

Gemeinsame Besprechung mit Spezialisten durch Telemedizin als Vorteil

15,4% (198)

4,5% (18)

10,7% (138)

10,2% (41)

73,9% (949)

85,3% (342)

Vertrauensverhältnis bleibt erhalten

21,2% (271)

5,3% (21)

14,1% (180)

18,3% (73)

64,7% (828)

76,4% (305)

Meine persönlichen Daten sind auch bei Telemedizin sicher

30,4% (380)

13,1% (53)

21,0% (263)

20,3% (82)

48,6% (608)

66,6% (269)

Weiterhin Nutzung von Telemedizin gewünscht

23,3% (293)

4,9% (19)

19,5% (246)

15,4% (60)

57,4% (725)

79,7% (311)


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Akzeptanz von Ärzten im ambulanten Sektor

Befragte Ärzte im ambulanten Sektor messen der Telemedizin hohes Potential bei der Verbesserung einer leitliniengerechten Behandlung (88,4%), gefolgt von einer Verbesserung der Patientenversorgung (75,9%) und einer Verbesserung der Behandlungsqualität (63,8%) zu. Die Zusammenarbeit mit Infektiologen wird von 91,4% der Befragten als vertrauensvoll empfunden. 63,7% der Ärzte haben sich vor dem Projekt weniger oder gar nicht mit Telemedizin beschäftigt. Das Schulungskonzept vor der ersten Nutzung der Telekonsile wird von 89,9% der Ärzte im ambulanten Sektor als ausreichend bewertet. Die Frage, ob die Patientendaten ausreichend bei den Telekonsilen geschützt sind, bestätigen 83,3% der Befragungsteilnehmer. 95% der Befragten gehen von einem unbeeinträchtigten Vertrauensverhältnis zu ihren Patienten während des Einsatzes von Telemedizin aus. 96,7% antworten, dass sie bei der Anwendung von Telemedizin weiterhin eigenständige Entscheidungen treffen können. 46,6% der Ärzte im ambulanten Sektor empfinden, dass Telemedizin einen Mehraufwand bedeutet. 25,9% sind sich unentschieden und 27,6% verneinen einen Mehraufwand. 40% der Befragten nehmen eine Zeitersparnis durch Telemedizin wahr. Eine weiterführende Nutzung der Telemedizin nach Projektende befürworten 82,1%. 10,7% lehnen dies eher ab. Diese und weitere Antworten auf ausgewählte Fragen für Ärzte aus dem ambulanten Sektor sind [Tab. 2] zu entnehmen ([Tab. 2]).


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Akzeptanz von Patienten und Angehörigen im ambulanten Sektor

Die Mehrheit der ambulanten Patienten und Angehörigen (73,9%) befürwortet die gemeinsame Besprechung ihres Behandlers mit einem Telemediziner und 64,7% der Patienten geben an, dass das Vertrauensverhältnis mit ihrem Behandler vor Ort durch Telemedizin nicht beeinträchtigt wird. 56,5% der Befragten glauben an eine Verbesserung ihrer Behandlung durch Telemedizin. Dass Telemedizin zu einer Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung beitragen kann, schätzen 52,9% positiv ein. 48,6% schätzen ihre persönlichen Daten im Zusammenhang mit Telemedizin als sicher ein. 57,4% der ambulanten Patienten und Angehörigen befürworten eine Weiterführung der Telemedizin nach Projektende. Diese und weitere Antworten auf ausgewählte Fragen an Patienten und Angehörige sind [Tab. 3] zu entnehmen ([Tab. 3]).


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Diskussion

Die vorliegende Studie stellt eine der ersten telemedizinischen Akzeptanzstudien im Rahmen randomisierter, kontrollierter Studien zur Telemedizin in der Intensivmedizin dar [12]. Die Analyse zeigt, dass beide Befragungsgruppen in beiden Sektoren die Erwartungshaltung einer Behandlungsverbesserung an die Telemedizin stellen und diese auch mehrheitlich erfüllt sehen. Für Ärzte steht das Potential zur Steigerung von Leitlinienadhärenz im Vordergrund. Dies spiegelt sich in den Ergebnissen der dieser Akzeptanzbefragung zu Grunde liegenden Hauptstudie, TELnet@NRW wider [8]. Die ebenfalls durch den Gemeinsamen Bundesausschuss geförderte Studie ERIC (Enhanced Recovery after Intensive Care) weist ebenfalls eine telemedizinisch vermittelte Verbesserung von Prozessqualität nach. Zu diesem Zweck wurden die Erfüllungsgrade der Qualitätsindikatoren der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) gemessen und gesteigert [13]. Diese Nutzerbefragung stellt eine vertrauensvolle Kommunikation als einen positiv verstärkenden Erfolgsfaktor für Telemedizin dar. Neben einer fachlich kompetenten Beratung ist eine vertrauensvolle Kommunikation das Kernelement einer telekonsiliarischen Gesprächsführung. Die Nutzungsrate negativ verstärkend wirken durch Telemedizin generierte Arbeitsmehraufwände, insbesondere Technikhürden und Zeitaufwand. Die Kritik des hohen Zeitaufwandes kommt mehrheitlich aus dem stationären Sektor und geht vermutlich auf die Konsequenzen bislang nicht ausreichender vorhandener elektronischer Dokumentation auf deutschen Intensivstationen zurück [14]. So müssen während des Telekonsils viele zur Beratung erforderliche Daten mündlich und zeitaufwendig zwischen den Ärzten transferiert werden. Brandt et al. identifizieren den Zeitaufwand in ihrer Erhebung des Nutzerverhaltens der Anwendung TeleCOVID ebenfalls als hemmenden Faktor [15]. Für Sicherheit und Schnelligkeit im Umgang mit Technik sind zusätzlich sachdienliche Informations- und Schulungskonzepte nützlich. Ein steter technischer Support im Störfall ist ebenfalls profitabel und wünschenswert [16]. Dass die Datensicherheit seitens der Ärzte in beiden Sektoren als auch der Patienten und Angehörigen im stationären Sektor tendenziell hoch eingeschätzt wird, wirkt dem häufig in Sachen Umsetzung telemedizinischer Anwendungen vorgeschobenen Hemmschuh der Datenschutzbedenken entgegen. Schwächste Zustimmung erfolgt in diesem Fall jedoch von Patienten und Angehörigen aus dem ambulanten Sektor. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass ambulante Patienten und Angehörige auf Grund der Asynchronität von Zeitpunkt des Praxisbesuches und des Telekonsils häufig nicht an den eigentlichen Telekonsilen teilnehmen konnten. Zusätzlich könnte die höhere akute Krankheitsschwere in der Intensivmedizin und die dementsprechend angepasste persönliche Nutzen-Risiko-Abwägung die sektorenbezogene Diskrepanz in der Ausprägung der Datenschutzbedenken bedingen. Unabhängig davon ist naheliegend, dass neben den verpflichtenden Organisations-, Aufklärungs- und Dokumentationspflichten des Datenschutzes seitens des Arztes, ein adäquates Maß an Kommunikation zum Thema Datenschutz in beiden Sektoren akzeptanz- und nutzungsförderlich ist.

Zu keinerlei Verunsicherung der Patienten führt wiederum das Einholen einer Zweitmeinung seitens ihres Behandlers vor Ort. Dieses Bewusstsein und der Beitrag zur digitalen Gesundheitskompetenz der Bürger und Patienten ist elementar wichtig für zukünftige telemedizinische Versorgungskonzepte [17].

Die vorliegende Analyse weist Limitationen auf. Die Rücklaufquote der verteilten Fragebögen für Patienten und Angehörige ist durchschnittlich, was die Aussagekraft der Ergebnisse innerhalb dieser Gruppe einschränkt. Eine Rücklaufquote von 58,3% (60 Ärzte von insgesamt 103 niedergelassenen Ärzten) ist jedoch überdurchschnittlich. In den Kollektiven beider Sektoren handelte es sich mehrheitlich um sehr berufserfahrene, männliche Ärzte. Das Kollektiv des stationären Sektors war insgesamt jünger als das des Ambulanten. In die Hauptstudie wurden nur Gesundheitseinrichtungen eingeschlossen, die in Nordrhein-Westfalen lokalisiert waren und sich freiwillig zur Studienteilnahme bereit erklärten.

Die vorliegende Studie zeigt, dass eine weitreichende Akzeptanz für telemedizinische, sektorenübergreifende Versorgungskonzepte bei Ärzten, Patienten und Angehörigen besteht. Der telemedizinisch vermittelten Steigerung der Leitlinienadhärenz und der damit in Verbindung stehenden Verbesserung der Versorgung und Behandlungsqualität wird ein hoher Anspruch und zugleich Benefit zugemessen. Aufwandarme Prozesse und eine nutzerzentrierte Technik fördern die Akzeptanz. In die Entwicklung telemedizinischer Versorgungskonzepte sollte immer eine Akzeptanzerhebung eingebunden sein, um anwendungsspezifische Potentiale und Erfolgsfaktoren identifizieren zu können und auf dieser Basis ideale Rahmenbedingungen für den dauerhaften Transfer telemedizinischer Anwendungen in die Regelversorgung, z. B. auch im Rahmen der aktuellen Krankenhausreform, zu schaffen. Unter Beachtung der herausgestellten Erfolgsfaktoren wird die Telemedizin ihr Potential entfalten können und als robuster Baustein zu einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung in Deutschland beitragen.


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Interessenkonflikt

Sandra Dohmen: Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin; Gernot Marx: Koordinator der S1-Leitlinie Telemedizin in der Intensivmedizin, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed) und Vizepräsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI e.V.), in der Vergangenheit Vortragstätigkeiten für Philips, Mitbegründer der Clinomic GmbH für Co-Autor Rainer Beckers:Die ZTG GmbH wurde von der RWTH Aachen für Beratungsleistungen beauftragt. Geschäftsführer der ZTG GmbH und Vorstandsmitglied der DGTelemed.


Korrespondenzadresse

Dr. Sandra Dohmen
Uniklinik RWTH Aachen
Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Germany   

Publication History

Article published online:
06 August 2024

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