Pneumologie 2009; 63(11): 669-674
DOI: 10.1055/s-0029-1215111
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pulmonalvaskuläre Beteiligung bei Morbus Osler[1]

Pulmonary Hypertension in Hereditary Haemorrhagic TeleangiectasiaF.  Reichenberger1 , L.-E.  Wehner2 , A.  Breithecker3 , R.  Voswinckel1 , O.  Mensch1 , R.  Schulz1 , H.  A.  Ghofrani1
  • 1Lungenzentrum, Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen (Direktor Prof. Dr. med. W. Seeger)
  • 2Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Göttingen (Direktor Prof. Dr. med. W. Engel)
  • 3Zentrum für Diagnostische Radiologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen (Direktor Prof. Dr. S. Rau)
Further Information

Dr. Frank Reichenberger

Abteilung Pneumologie
Medizinische Klinik II
Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Standort Gießen

Paul-Meimberg-Straße 5
35392 Gießen

Email: Frank.Reichenberger@innere.med.uni-giessen.de

Publication History

eingereicht 4. 8. 2009

akzeptiert nach Revision 19. 8. 2009

Publication Date:
29 September 2009 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Hintergrund: Der Morbus Weber-Rendu-Osler bzw. die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) kann mit einer pulmonal vaskulären Manifestation einhergehen. Neben der Ausbildung von pulmonalen arteriovenösen Malformationen (PAVM) wird selten die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie (PH) beobachtet.

Methoden und Patienten: Wir untersuchten nicht-invasiv die pulmonale Zirkulation bei 20 Patienten mit HHT mittels Ruhe-Echokardiografie und Kontrastmittel. Bei 14 Patienten war eine Mutation im Endoglin-Gen, bei den anderen 6 Patienten eine Mutation im Alk-1-Gen bekannt.

Ergebnisse: Wir identifizierten 4 Patienten mit manifester PH, darunter 2 Patienten (beide mit Endoglin Mutation) mit rezidivierenden Thromboembolien und 2 Patienten (beide mit Alk-1-Mutation) mit hepatischer Manifestation der HHT. Zwei Patienten benötigten spezifische pulmonal-vasoaktive Therapien mit Sildenafil bzw. Bosentan. Eine weitere Patientin wurde mit Embolisation einer hepatischen arteriovenösen Malformation bei hyperzirkulatorischer PH behandelt. PAVM wurden bei 8 Patienten (7 mit Endoglin und 1 mit Alk-1 Mutation) gefunden, darunter auch 2 Patienten mit manifester PH.

Schlussfolgerungen: Patienten mit HHT sollten auf das Vorliegen von PAVM als auch PH mittels Echokardiographie untersucht werden. Beim Vorliegen einer manifesten PH sollten andere Erkrankungen, insbesondere Leberbeteiligung oder Thromboembolien, unabhängig von der zugrunde liegenden Genmutation in Betracht gezogen werden.

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Abstract

Background: In hereditary haemorrhagic teleangiectasia (HHT) can be accompanied by pulmonary arteriovenous vascular malformations (PAVM). Pulmonary hypertension (PH) is regarded as a rare pulmonary manifestation.

Methods and Patients: We non-invasively assessed the pulmonary circulation in 20 patients with HHT using standard resting echocardiography including contrast studies. In 14 patients a mutation in the endoglin gene was present. The other 6 patients carried a mutation in the Alk-1 gene.

Results: We identified 4 patients with manifest PH, among them 2 patients (both with endoglin mutations) with concurrent thromboembolism, and 2 patients (both with Alk-1 mutations) with hepatic manifestations of HHT. Two patients required specific pulmonary vasoactive therapy with sildenafil and bosentan, respectively. Another patient received embolisation therapy for hypercirculatory PH due to hepatic arteriovenous malformations. Pulmonary arteriovenous malformations were found in 8 patients (7 with endoglin, and 1 with Alk-1 mutations), among them were 2 patients with PH.

Conclusions: Patients with HHT should undergo echocardiographic screening for PAVM as well as PH. When PH is detected, other conditions such as hepatic or thromboembolic diseases should be considered, regardless of the underlying genetic defect.

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Einleitung

Der Morbus Weber-Rendu-Osler bzw. die hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (HHT) ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit variabler Penetranz. Mit einer geschätzten minimalen Prävalenz von 1 auf 10 000 Einwohnern ist sie eine der häufigsten Erbkrankheiten. Neben der charakteristischen Epistaxis, weswegen die meisten Patienten mit HHT über eine HNO-ärztliche Behandlung diagnostiziert werden, manifestiert sich die Krankheit durch Teleangiektasien insbesondere an Haut und Mundschleimhaut und durch die Ausbildung von arteriovenösen Malformationen (AVM), die in allen Organen auftreten können. Die aktuellen Diagnosekriterien sind in [Tab. 1] dargestellt.

Tab. 1 Curacao-Kriterien zur Diagnose der HHT (nach [1] [3]).
Epistaxis spontanes wiederholt auftretendes Nasenbluten
Teleangiektasien multipel, charakteristische Lokalisation: Lippen, Mundhöhle, Finger, Nase
viszerale Läsionen gastrointestinale Teleangiektasien
arteriovenöse Malformation in
– Lunge
– Leber
– Hirn
– Rückenmark
Familienanamnese mindestens 1 erstgradiger Verwandter mit HHT anhand der o. g. Kriterien
Die Diagnose Morbus Osler ist definitiv bei 3 positiven Kriterien, wahrscheinlich bei 2 positiven Kriterien, unwahrscheinlich bei weniger als 2 positiven Kriterien.

Die HHT kann typischerweise mit einer Manifestation an der pulmonalen Zirkulation einhergehen. Pulmonale arteriovenöse Malformationen (PAVM) mit dem Risiko der paradoxen Embolien in die systemische Zirkulation finden sich bei 15 – 30 % der Patienten mit HHT [1]. Die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie (PH) gilt als seltene Komplikation bei der HHT [2] [3], wobei HHT-Patienten vor Lebertransplantation wegen hepatischer Manifestation in bis zu 45 % der Fälle eine PH ausbilden [4].

Die HHT ist mit genetischen Veränderungen in der TGF-beta Rezeptor Superfamilie assoziiert [1]. Bei ca. 65 % der HHT-Patienten lässt sich eine Mutation im Endoglin- oder im Alk-1 (auch bekannt als ACVRL-1) -Gen nachweisen [5]. Das Vorliegen einer Alk-1-Mutation wurde mit einem höheren Risiko für das Auftreten einer manifesten PH in Verbindung gebracht [3].

Für alle Patienten mit HHT wird ein Screening auf pulmonal-vaskuläre Beteiligung insbesondere für den Nachweis von PAVM empfohlen [1] [6]. Obwohl häufig ein erhöhter systolischer pulmonalarterieller Druck (sPAP) bei Patienten mit HHT gefunden wird, ist bisher ein Screening auf PH in dieser Patientengruppe nicht etabliert [2] [3] [7].

Derzeit wird PH häufig erst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung mit stark erhöhtem pulmonalarteriellem Druck und eingeschränkter rechtsventrikulärer Funktion diagnostiziert. Zur früheren Diagnose wird ein regelmäßiges echokardiografisches Screening von Risikopatienten, zum Beispiel mit Sklerodermie, empfohlen [2]. In der vorliegenden Untersuchung berichten wir über das echokardiografische Screening auf pulmonale Beteiligung und die Häufigkeit von PH bei Patienten mit HHT.

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Patienten und Methoden

In der Spezialambulanz für pulmonale Hypertonie und pulmonale Gefäßerkrankungen der pneumologischen Abteilung des Universitätsklinikums Gießen haben wir Patienten mit Morbus Osler (HHT) und bekannter Genmutation in Endoglin oder Alk-1-Gen auf das Vorliegen einer pulmonal-vaskulären Manifestation der Erkrankung i. S. von PAVM oder PH untersucht. Die genetischen Analysen erfolgten im humangenetischen Institut der Universität Göttingen.

Nach ausführlicher Anamnese mit Familienanamnese und körperlicher Untersuchung wurde bei allen Patienten ein Lungenfunktionstest mit Diffusionskapazität (Jaeger Masterlab 4, Viasys Healthcare, Höchberg) und eine Blutgasanalyse aus arterialisiertem Kapillarblut (Radiometer, Kopenhagen) durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Oberbauchsonografie durchgeführt. Anschließend erfolgte eine transthorakale Ruhe-Echokardiografie (SSD 4000, Aloka, Meersbusch und Vivid i, GE Medical, München) mit Messung der rechts- und linkskardialen Parameter und Funktionsindizes, Flussprofil im rechtsventrikulären Ausflusstrakt und Beurteilung der Trikuspidalinsuffizenz mit Bestimmung des transtrikuspidalen Druckgradienten. Der systolische pulmonalarterielle Druck (sPAP) wurde berechnet durch Addition des geschätzten zentralvenösen Druckes. Danach erfolgte die Untersuchung auf einen intrapulmonalen Rechts-Links-Shunt durch Bolusinjektion von 10 ml Echovist® (Schering, Germany) in die rechte Vena cubitalis.

Bei echokardiografischen Zeichen einer manifesten PH wurde eine Rechtsherzkatheter-Untersuchung zur Bestätigung der Diagnose und Evaluation der Therapieoptionen durchgeführt. Die Rechtsherzkatheter-Untersuchung erfolgte über eine Punktion der Vena jugularis interna unter Lokalanästhesie. Es erfolgte eine Messung des mittleren pulmonalarteriellen Druckes (mPAP), des pulmonalarteriellen Verschlussdruckes (PAWP) und der Sauerstoffsättigung in der zentralen Pulmonalarterie. Das Herz-Zeit-Volumen (HZV) wurde mittels Thermodilution bestimmt. Der pulmonale Gefäßwiderstand (PVR) wurde anhand der Formel (mPAP – PAWP) × 80/HZV berechnet. Eine manifeste PH liegt vor, wenn der mPAP > 25 mmHg beträgt, eine weitere hämodynamische Differenzierung erfolgt anhand der erwähnten Parameter.

Bei Nachweis eines intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts wurden weiterführende radiologische Untersuchungen inkl. thorakaler Computertomografie veranlasst.

Während des Untersuchungszeitraumes war die zugrunde liegende genetische Mutation den Untersuchern nicht bekannt.

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Ergebnisse

Wir untersuchten 20 Patienten mit HHT (8 Männer, 12 Frauen, mittleres Alter 46 (20 – 71) Jahre) im Mittel 9 (Standardabweichung 7) Jahre nach Diagnosestellung. Bei 6 Patienten lag eine Mutation im Alk-1-Gen vor, bei den anderen 14 Patienten war eine Mutation im Endoglin-Gen vorhanden.

Teleangiektasien (TAE) der Haut und der oropharyngealen Mukosa waren bei der Mehrheit der Patienten vorhanden, 15 Patienten litten an rezidivierender Epistaxis.

Bei 8 Patienten wurde ein intrapulmonaler Rechts-Links-Shuntflow bei der Kontrast-Echokardiografie gefunden. Weiterführende radiologische Untersuchungen inkl. Thorax-CT zeigten kleine PAVMs bei 5 Patienten und große PAVMs bei 3 Patienten, die für eine Embolisationsbehandlung weiter evaluiert wurden ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Pulmonale arteriovenöse Malformation im Mittellappen mit zu- und abführendem Gefäß (Pfeil).

Drei der 8 Patienten wurden bereits früher mit Embolisationen zum Verschluss von PAVM behandelt.

Eine gastrointestinale Beteiligung war bei 8 Patienten bekannt. TAE in der gastrointestinalen Mukosa waren bei 5 Patienten beschrieben, und bei 1 Patient war eine Darmresektion bei embolisch bedingter ischämischer Kolitis erfolgt.

Bei 3 Patienten fand sich eine Leberbeteiliung bei HHT: ein Patient mit einer isolierten hepatischen arteriovenösen Malformation (HAVM) bei Endoglin-Mutation und 2 Patienten mit HAVM (1 lokalisiert, 1 disseminiert) bei zugrunde liegender Alk-1-Mutation. Bei einem Patient war auch eine zerebrale arteriovenöse Malformation (CAVM) bekannt ([Tab. 2] und [Tab. 3]).

Tab. 2 Charakteristika der Patienten mit pulmonaler Manifestation der HHT.
Patient, Genetik Manifestation Weitere Diagnosen Hb (g/dl) FEV1
L (%)
VK
L (%)
pO2
mmHg
sPAP
mmHg
PH PAVM
55, m, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx, gastrointestinal chronische Thromboembolie 10,7 1,85 (59) 2,32 (56) 69 51 manifest
61, w, Alk-1 Epistaxis, minimale TAE Haut lokalisierte HAVM arterielle Hypertonie 12,4 58 manifest
37, w, Alk-1 disseminierte HAVM
1 CAVM
Leberzirrhose 15,3 2,7 (95) 3,2 (96) 48 82 manifest multipel
62, m, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharyx, gastrointestinal chronische Thromboembolie 9,3 2,1 (75) 3,3 (93) 64 66 manifest singulär
20, w, Endoglin Epistaxis 14,5 3,5 (97) 4,6 (111) 74 17 multipel*
24, w, Endoglin Epistaxis, minimale TAE Haut und Oropharynx 13,6 3,4 (95) 4,7 (117) 79 19 multipel*
29, m, Endoglin Epistaxis, arterielle Hypertonie 19,0 4,0 (86) 5,2 (89) 84 14 multipel*
39, m, Endoglin Epistaxis, TAE Haut 11,9 4,8 (115) 6,7 (128) 88 19 klein
66, w, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx, Magen COPD
ischämische Kolitis
11,3 0,8 (44) 2,1 (91) 72 23 multipel
67, w, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx, Magen COPD, chronische Thromboembolie 11,2 1,4 (62) 2,2 (78) 74 33 multipel
*nach früherer Embolisationsbehandlung
CAVM – cerebrale arteriovenöse Malformation, COPD – chronisch obstruktive Lungenerkrankung, HAVM – hepatische arteriovenöse Malformation, Hb – Hämoglobin, m – männlich, PAVM – pulmonale arteriovenöse Malformation, PH – pulmonale Hypertonie, sPAP – systolischer pulmonalarterieller Druck, TAE – Teleangiektasie, VK – Vitalkapazität, w – weiblich
Tab. 3 Charakteristika der Patienten ohne pulmonale Manifestation der HHT.
Patient, Genetik Manifestation Weitere Diagnosen Hb
(g/dl)
FEV1
L (%)
VK
L (%)
pO2
mmHg
sPAP
mmHg
PH/PAVM
37, w, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx Adipositas 12,8 3,1 (96) 3,7 (98) 89 23 –/–
42, w, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Singuläre HAVM Adipositas 13,3 2,6 (91) 3,3 (99) 84 17 –/–
45, m, Endoglin Epistaxis, TAE Magen Adipositas 11,2 4,3 (117) 4,9 (105) 88 11 –/–
46, m, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx chronische Bronchitis 15,0 5,1 (76) 6,7 (132) 79 27 –/–
47, w, Endoglin Epistaxis, minimale TAE Haut , Oropharynx 13,8 3,0 (108) 3,4 (121) 97 22 –/–
71, w, Endoglin Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx COPD 12,9 1,1 (54) 1,7 (65) 69 41 –/–
26, m, Alk-1 Epistaxis, TAE Haut 18,5 4,8 (109) 5,7 (104) 84 16 –/–
38, w, AlK-1 TAE Haut 14,4 3,2 (98) 4,4 (113) 80 19 –/–
47, w, Alk-1 Epistaxis arterielle Hypertonie 13,3 2,5 (92) 2,9 (90) 81 19 –/–
52, m, Alk-1 Epistaxis, TAE Haut, Oropharynx arterielle Hypertonie 16,4 3,7 (102) 4,6 (96) 85 24 –/–
COPD – chronisch obstruktive Lungenerkrankung, HAVM – hepatische arteriovenöse Malformation, Hb – Hämoglobin, m – männlich, PAVM – pulmonale arteriovenöse Malformation, PH – pulmonale Hypertonie, sPAP – systolischer pulmonalarterieller Druck, TAE –Teleangiektasie, VK – Vitalkapazität, w – weiblich

Während der Echokardiographie wurde bei 4 Patienten eine sPAP zwischen 51–82 mm Hg bei eingeschränkter rechtsventrikulärer Funktion als Hinweis auf eine manifeste PH gefunden, die nachfolgend im Rechtsherzkatheter bestätigt wurde ([Tab. 2] und [Tab. 4]). Es erfolgten weitere Abklärungen bzgl. der Ätiologie der PH.

Tab. 4 Hämodynamische Parameter von 4 Patienten mit manifester pulmonaler Hypertonie bei HHT.
Patient, Genetik mPAP
mmHg
PAWP
mmHg
PVR
dynes*s*cm–5
ZVD
mmHg
HZV
l/min
Therapie
55, m, Endoglin
Chronische Thromboembolie
36 11 273 8 7,3 Antikoagulation
61, w, Alk-1
Lokalisierte HAVM
38 10 233 7 9,6 HAVM Embolisation
37, w, Alk-1
Multiple HAVM mit Leberzirrhose
46 8 515 14 5,9 Sildenafil
62, m, Endoglin
Chronische Thromboembolie
48 10 453 22 6,7 Antikoagulation
Bosentan
HAVM – hepatische arteriovenöse Malformation, HZV – Herz-Zeit-Volumen, m – männlich, mPAP – mittlerer pulmonalarterieller Druck, PAWP – pulmonalarterieller Verschlußdruck, PVR – pulmonaler Gefäßwiderstand, w – weiblich, ZVD – zentraler Venendruck

Zwei Patienten mit einer Endoglin-Mutation hatten eine PH aufgrund chronischer Thromboembolien (CTEPH), die in der thorakalen Computertomografie nachgewiesen wurden. Bei einem Patient wurde eine vorsichtige Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin begonnen. Wegen der schweren CTEPH erfolgte zunächst eine Einstellung auf Sildenafil, die wegen Zunahme der Epistaxis auf Bosentan umgestellt wurde. Der andere Patient war stabil unter Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin ohne Notwendigkeit einer pulmonal vasoaktiven Therapie.

Bei den beiden anderen Patienten zeigte sich eine Lebermanifestation der HHT bei zugrunde liegender Alk-1-Mutation.

Bei einer Patientin bestanden lokalisierte HAVM, die durch eine pulmonale Hyperzirkulation die Ursache der PH war ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Hepatische arteriovenöse Malformation als Ursache der hyperzirkulatorischen pulmonalen Hypertonie (Pfeil).

Diese Patientin wurde mit einer interventionellen Embolisation der vaskulären Leberläsion behandelt. Bei der anderen Patientin fanden sich disseminierte HAVM in der gesamten Leber mit deutlicher Einschränkung der Leberfunktion. Hier zeigte sich zusätzlich ein erhöhter pulmonaler Gefäßwiderstand im Sinne einer fortgeschrittenen pulmonal-vaskulären Erkrankung. Diese Patientin wurde auf Sildenafil eingestellt und für eine Lebertransplantation evaluiert. Weitere Angaben sind in [Tab. 3] dargestellt.

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Diskussion

Die HHT kann mit einer pulmonalen Manifestation einhergehen mit der typischen Entwicklung von PAVM. Das Auftreten einer PH bei der HHT wird dagegen als selten eingeschätzt.

Unter den untersuchten 20 HHT-Patienten mit unterschiedlichem klinischem und genetischem Typus konnten wir 4 Patienten mit manifester PH identifizieren, die jedoch auf unterschiedliche Mechanismen zurückzuführen waren. Bei 2 Patienten mit zugrunde liegender Endoglin-Mutation bestanden zusätzlich chronische Thromboembolien, eine häufige Ursache von PH [2]. Die anderen beiden Patienten hatten eine Mutation im Alk-1-Gen und litten an einer hepatischen Manifestation der HHT mit HAVM. Diese können zur pulmonalen Hyperzirkulation führen, die unbehandelt zur Ausbildung einer portopulmonalen Hypertonie mit progredientem Rechtsherzversagen prädestiniert. Eine Leberbeteiligung bei der HHT wird insbesondere bei Patienten beobachtet, die eine Mutation im Alk-1-Gen tragen.

Eine Lebererkrankung ist ein bekannter Risikofaktor für die Ausbildung einer PH [2]. Ca. 2 – 10 % aller Patienten mit Leberzirrhose entwickeln eine PH. Daher ist eine hepatische Ursache der PH bei Patienten mit HHT in Betracht zu ziehen.

Eine genaue Beurteilung der pulmonal-hypertensiven Erkrankung ist wichtig zur Klärung der adäquaten Therapieoption. Bei Patienten mit hyperzirkulatorischer PH bei Lebermanifestation der HHT kann die Embolisation von lokalisierten HAVM eine therapeutische Option sein [8]. Im fortgeschrittenen Stadium der PH hat die medikamentöse Therapie ihren Stellenwert [9] [10]. Dabei ist auch zu bedenken, dass eine manifeste PH ein signifikantes Risiko für die perioperative Mortalität bei einer Lebertransplantation darstellt [4].

Bei chronisch thromboembolischer PH (CTEPH) ist die Antikoagulation Basis der Behandlung. Die ist bei Patienten mit HHT aufgrund der Blutungskomplikationen allerdings eine klinische Herausforderung. Die Wirksamkeit der pulmonal vasoaktiven medikamentösen Therapie bei der CTEPH wurde in mehreren Fallserien gezeigt, allerdings bisher nicht in plazebokontrollierten randomisierten Studien bestätigt. Die aktuelle Leitlinie empfiehlt jedoch deren Einsatz in Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung und bei fehlenden Therapiealternativen [2] [11] [12]. Bei Patienten mit CTEPH sollte auch die Option einer Pulmonalis-Thromboendarteriektomie geprüft werden, allerdings wurde bisher noch nicht über die Anwendung dieses Verfahrens, das intraoperativ mit einer extrakorporalen Zirkulation und nachfolgend mit lebenslanger Antikoagulation einhergeht, bei Patienten mit HHT berichtet [13].

Bei 8 Patienten konnten wir PAVM nachweisen durch Einsatz der empfohlenen Screeningstrategie mit Kontrast-Echokardiografie und radiologischen Untersuchungen [6]. Allerdings zeigten sich nur bei 3 Patienten PAVM von signifikanter Größe. Dies stimmt mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen zu PAVM bei HHT überein [1] [6]. Bei 2 Patienten fanden wir gleichzeitig eine manifeste PH als auch PAVM (je 1 Mutation im Endoglin bzgl. Alk-1-Gen). Zusätzlich identifizierten wir einen Patienten mit einer Mutation im Endoglin-Gen mit einer HAVM als Zeichen der Leberbeteiligung.

Diese Beobachtungen bestätigen, dass die klinisch und genetisch definierten HHT-Subtypen klinisch nicht eindeutig zu trennen sind. Daher wird ein Screening auf pulmonale Beteiligung bei allen Patienten mit HHT unabhängig vom zugrunde liegenden genetischen Defekt empfohlen [1] [14]. In [Abb. 3] wird ein diagnostischer Algorithmus vorgeschlagen.

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Abb. 3 Vorschlag zum diagnostischen Algorithmus für pulmonale Beteiligung bei HHT (nach [3] [6]).

Eine wesentliche Limitation in dieser Untersuchung ist die vergleichsweise geringe Anzahl von eingeschlossenen Patienten. Daher können keine generellen Empfehlungen bzgl. Screening auf pulmonale Beteiligung bei HHT daraus gezogen werden. Die überraschend hohe Zahl von 4 Patienten mit HHT und PH bei 20 untersuchten Patienten könnte auch auf eine verstärkte Überweisung von schwerer betroffenen HHT-Patienten hindeuten.

Bei Patienten mit HHT können Zeichen der pulmonalen Manifestation mit PAVM oder PH nicht-invasiv mittels Echokardiografie gefunden werden. Falls es zur Entwicklung einer PH bei Patienten mit HHT kommt, sollten weitere zugrunde liegende Ursachen wie Lebermanifestation oder chronische Thromboembolien unabhängig vom genetischen Defekt bedacht werden. Bei der HHT können PH und PAVM auch gemeinsam auftreten.

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Danksagung

Wir danken Frau Dr. C. Rüdiger, Bayer-Schering Deutschland, für die Bereitstellung von Echokardiografie-Kontrastmittel.

Die vorgelegte Arbeit ist Teil der Dissertationsschrift von Oliver Mensch.

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Interessenkonflikte

Es besteht kein Interessenkonflikt der Autoren zum Thema dieser Arbeit.

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Literatur

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1 Die Arbeit wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie im März 2009 in Mannheim vorgestellt.

Dr. Frank Reichenberger

Abteilung Pneumologie
Medizinische Klinik II
Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Standort Gießen

Paul-Meimberg-Straße 5
35392 Gießen

Email: Frank.Reichenberger@innere.med.uni-giessen.de

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Literatur

  • 1 Shovlin C L, Letarte M. Hereditary hemorrhagic telangiectasia and pulmonary arteriovenous malformations: issues in clinical management and review of pathogenic mechanisms.  Thorax. 1999;  54 714-729
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  • 12 Reichenberger F, Voswinckel R, Enke B. et al . Long-term treatment with sildenafil in chronic thromboembolic pulmonary hypertension.  Eur Respir J. 2007;  30 922-927
  • 13 Mayer E, Klepetko W. Techniques and outcomes of pulmonary endarterectomy for chronic thromboembolic pulmonary hypertension.  Proc Am Thorac Soc. 2006;  3 589-593
  • 14 Lesca G, Olivieri C, Burnichon N. et al . French-Italian-Rendu-Osler Network. Genotype-phenotype correlations in hereditary hemorrhagic telangiectasia: data from the French-Italian HHT network.  Genet Med. 2007;  9 14-22

1 Die Arbeit wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie im März 2009 in Mannheim vorgestellt.

Dr. Frank Reichenberger

Abteilung Pneumologie
Medizinische Klinik II
Universitätsklinikum Gießen und Marburg
Standort Gießen

Paul-Meimberg-Straße 5
35392 Gießen

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Abb. 1 Pulmonale arteriovenöse Malformation im Mittellappen mit zu- und abführendem Gefäß (Pfeil).

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Abb. 2 Hepatische arteriovenöse Malformation als Ursache der hyperzirkulatorischen pulmonalen Hypertonie (Pfeil).

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Abb. 3 Vorschlag zum diagnostischen Algorithmus für pulmonale Beteiligung bei HHT (nach [3] [6]).