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DOI: 10.1055/s-0029-1220798
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Patienten mit stabiler KHK und Herzinsuffizienz – Herzfrequenz – je langsamer, desto besser?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
14. April 2009 (online)
- Bei Patienten mit hohem Ruhepuls: Herzfrequenz senken
- Neben Blutdruck und LDL-Cholesterin auch den Ruhepuls im Blick behalten
- Literatur:
Die Blutdruckkontrolle gehört zum Standardprozedere in der ärztlichen Praxis. Weniger Bedeutung hat hier noch die Pulsmessung – zu Unrecht! Denn die Herzfrequenz ist ein wichtiger Marker: Je niedriger sie ist, desto niedriger ist die Sterblichkeit – übrigens auch bei gesunden Menschen. Ein Ruhepuls von über 75 Schlägen pro Minute ist mit einem um das 4-Fache erhöhte Risiko für einen plötzlichen Herztod assoziiert.
#Bei Patienten mit hohem Ruhepuls: Herzfrequenz senken
Bei Herzpatienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung, linksventrikulärer Dysfunktion und einer Herzfrequenz von mindestens 70 Schlägen pro Minute zahlt sich die Reduktion der Herzfrequenz auch prognostisch aus. Dies hat im letzten Jahr eine Subgruppenanalyse der BEAUTIFUL[1]-Studie dokumentiert [1]. Patienten mit einem Ruhepuls über 70 Schlägen pro Minute profitierten von einer zusätzlichen Gabe des selektiven If-Kanalblockers Ivabradin, obwohl sie bereits relativ gut therapiert waren. Immerhin erhielten 94 % der Patienten Antithrombotika, 74 % Statine, 87 % Betablocker, und 90 % nahmen ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten ein.
Im Rahmen der Studie traten in dieser Subgruppe mehr kardiovaskuläre Todesfälle auf (+ 34 %; p = 0,0041), wenn die Patienten Placebo und nicht den If-Kanalblocker erhalten hatten. Auch koronare Revaskularisationen (+ 38 %; p = 0,037) waren deutlich öfter notwendig als bei den Patienten, deren Herzfrequenz mithilfe einer Gabe von Ivabradin gesenkt werden konnte. Ähnliches gilt für die Hospitalisierungsraten: Patienten mit einer Herzfrequenz von über 70 Schlägen pro Minute mussten signifikant häufiger in eine Klinik eingewiesen werden als Patienten mit geringerer Herzfrequenz (wegen Herzinsuffizienz: + 53 %, p < 0,0001; wegen Myokardinfarkt + 38 %, p = 0,0066)
In der Gesamtpopulation (Ruheherzfrequenz ≥ 60 Schläge pro Minute) der Studie jedoch hatte die Therapie mit Ivabradin keinen signifikanten Einfluss auf den kombinierten Endpunkt ,kardiovaskulärer Tod sowie Hospitalisierung wegen Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz' – trotz einer absoluten Reduktion der Herzfrequenz um 6 Schläge pro Minute, die damit allerdings geringer ausfiel als erwartet [2]. Jedoch reduzierte der If-Kanalhemmer auch in der Gesamtstudiengruppe das Risiko einer Klinikeinweisung wegen Herzinfarkt um 36 % (p = 0,001) und das Risiko einer koronaren Revaskularisation um 30 % (p = 0,016) bei den Patienten mit einer Ruhefrequenz von 70 oder mehr Schlägen/Minute.
Auch Frauen mit hohem Ruhepuls haben ein hohes Infarktrisiko
Der Puls ist ein einfaches, aber wichtiges prognostisches Instrument – bei Männern und bei Frauen. Bislang gab es nur Daten für männliche Probanden, die eine Assoziation eines hohen Ruhepulses mit einem erhöhten kardialen Risiko dokumentierten. Dies ändert sich jetzt mit einer aktuellen Analyse der Women's-Health-Initiative-Studie von Prof. Judith Hsia, Washington (USA) – eine prospektive Beobachtungsstudie, die Daten von gut 160 000 postmenopausalen Frauen bereithält.
Hoher Ruhepuls = hohes kardiales Risiko
Nach Hsias Berechnung haben postmenopausale Frauen mit einer Pulsrate ab 76 Schlägen pro Minute ein um 26 % höheres Risiko für ein koronares Ereignis als Frauen, deren Pulsrate maximal 62 Schläge pro Minute betrug (p < 0,001). Dabei waren es vor allem die relativ jungen Patientinnen im Alter von 50–64 Jahren, bei denen dieser Zusammenhang besonders ausgeprägt war. Für die Schlaganfallrate dagegen konnte Hsia eine solche Assoziation nicht feststellen [3].
Konsequenzen für die Praxis
Rauchen oder ein Diabetes mellitus beispielsweise sind zwar – trotz der signifikanten Risikoerhöhung bei hohem Ruhepuls – stärkere Prädiktoren des kardialen Risikos als die Herzfrequenz. Dennoch ist auch der Ruhepuls ein sinnvoller Marker, um Patientinnen mit einem erhöhten koronaren Risiko zu identifizieren. Legt man die Studiendaten zugrunde, könnte es sich lohnen, einmal darüber nachdenken, ob ein aggressiveres therapeutisches Vorgehen notwendig sein könnte, wenn in der Praxis ein hoher Ruhepuls auffällt.
Neben Blutdruck und LDL-Cholesterin auch den Ruhepuls im Blick behalten
Genauso wie man bei KHK-Patienten den Blutdruck und das LDL-Cholesterin unter Kontrolle halten sollte, sollte auch ein Ruhepuls unter 70 Schlägen pro Minute angestrebt werden. Hier ist Ivabradin – natürlich neben Betablockern – eine Option. Der If-Kanalblocker hat allerdings den Vorteil, dass er selektiv die diastolische Depolarisation im Sinusknoten verlangsamt und so die Herzfrequenz reduziert. Betablocker dagegen beeinflussen auch die kardiale Erregungsleitung, die Kontraktilität, die Relaxationsfähigkeit der Gefäße und den Blutdruck.
Für das Vorgehen in der Praxis empfahl Prof. Carsten Tschöpe, Berlin, in einem Interview in der Ärztezeitung vom 03. März 2009: „Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung und linksventrikulärer Dysfunktion sollten zunächst mit Betablockern behandelt werden, bei Bedarf in der zugelassenen Höchstdosis. Wenn die Herzfrequenz trotzdem nicht unter 70 sinkt, kann man Ivabradin dazugeben. Bei Patienten mit Kontraindikationen für Betablocker ist auch eine Monotherapie mit Ivabradin denkbar.“ sts
#Literatur:
- 1 Fox K, Ford I, Steg PG. et al. . Heart rate as a prognostic risk factor in patients with coronary artery disease and left-ventricular systolic dysfunction (BEATUIFUL): a subgroup analysis of a randomised controlled trial. Lancet. 2008; 372 817-821
- 2 Fox K, Ford I, Steg G. et al. . Ivabradine for patients with stable coronary artery disease and left-ventricular systolic dysfunction (BEATIFUL): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2008; 372 807-816
- 3 Hsia J, Larson JC, Ockene JK. et al. . Resting heart rate as a low tech predictor of coronary events in women: prospective cohort study. BMJ. 2009; 338
1 morBidity-mortality EvAlUaTion of the If inhibitor ivabradine in patients with coronary disease and left ventricULar dysfunction
Literatur:
- 1 Fox K, Ford I, Steg PG. et al. . Heart rate as a prognostic risk factor in patients with coronary artery disease and left-ventricular systolic dysfunction (BEATUIFUL): a subgroup analysis of a randomised controlled trial. Lancet. 2008; 372 817-821
- 2 Fox K, Ford I, Steg G. et al. . Ivabradine for patients with stable coronary artery disease and left-ventricular systolic dysfunction (BEATIFUL): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet. 2008; 372 807-816
- 3 Hsia J, Larson JC, Ockene JK. et al. . Resting heart rate as a low tech predictor of coronary events in women: prospective cohort study. BMJ. 2009; 338
1 morBidity-mortality EvAlUaTion of the If inhibitor ivabradine in patients with coronary disease and left ventricULar dysfunction