Psychother Psychosom Med Psychol 2011; 61(9/10): 387-388
DOI: 10.1055/s-0031-1276913
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wissenschaftspreise in der Psychosomatischen Medizin – wie viel Wertschätzung braucht die psychosomatische Forschung?

Awards in Psychosomatic Medicine – How Much Evaluation and Support is Needed in Psychosomatic ResearchHans-Christian  Deter1
  • 1Charité Campus Benjamin Franklin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, Berlin
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Publication Date:
23 September 2011 (online)

Prof. Dr. med. Hans-Christian Deter

Seit mehr als 30 Jahren wird der „Hans-Roemer-Preis” durch die Hans Roemer-Stiftung und das Deutsche Kollegium für Psychosomatische Medizin vergeben. Als preiswürdig befunden werden jährlich herausragende Arbeiten, die wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der Psychosomatik zeigen konnten mit 2500,– Euro. Viele namhafte Psychosomatiker / innen der letzten Jahrzehnte waren unter den Preisträgern [1]. Es besteht kein Zweifel, dass dieser Preis das Renommé der Psychosomatik in Deutschland und die in diesem Feld tätigen Wissenschaftler / innen gestärkt hat. Psychosomatische Forschung wurde auf diese Weise sichtbarer und die Arbeit des wissenschaftlichen Nachwuchses wurde durch die öffentliche Anerkennung hervorgehoben. In den letzten Jahren wurden nun weitere Preise im Feld der Psychosomatik und Psychotherapie ausgeschrieben, die auf dem Deutschen Kongress für Psychosomatik und für Psychotherapie (zuletzt im März 2011 in Essen) vergeben werden. Diese Preise werden auch in diesem Jahr wieder in diesem Heft der PPmP ausgeschrieben. Allerdings hat sich der Charakter für einige dieser Preise etwas gewandelt.

Der „Adolf-Ernst-Meyer-Preis” – benannt nach dem ehemaligen Vorsitzenden des DKPM, der in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts einer der herausragenden Psychotherapieforscher war – für bedeutsame Psychotherapieforschung im Bereich der Psychosomatik wurde in den letzten Jahren u. a. an B. Strauss und E. Leibig vergeben. Der Vorstand des DKPM hat nun in Absprache mit der Ehefrau des Namensgebers diesen Preis erstmalig in diesem Jahr für junge Wissenschaftler / innen ausgeschrieben, die auf diese Weise durch überzeugende Projekte besonders bestätigt werden sollen. Dieses gilt auch für Nachwuchswissenschaftler / innen, die sich um den „Promotionspreis” bemühen, der vom Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin und der Stiftung für Psychosomatik und Sozialmedizin Ascona jährlich gemeinsam für herausragende Promotionsarbeiten in der Psychosomatik vergeben wird. Den Studierenden und Nachwuchswissenschaftler / innen gilt unser besonderes Augenmerk, um junge vielversprechende Talente von Anfang an zu fördern und ihnen in Reisekostenstipendien (für 35 Studierende in diesem Jahr) und Nachwuchsförderprogrammen weitere Chancen zu bieten, wie sie die Carus Stiftung und das DKPM nach Initiative und unter Federführung von B. Löwe und Kollegen seit 3 Jahren mit großem Erfolg durchführen. In diesem Zusammenhang ist auch der „Hilde Bruch Forschungspreis” zu sehen, der jetzt das zweite Mal von der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen (DGESS) ausgeschrieben wird.

Neben den o. g. Förderschwerpunkten ist der „Heigl-Preis” oder der Preis „Psychotherapie in der Medizin” (Gerhardt-Nissen-Stiftung) für die Psychotherapieforschung in der psychosomatischen Medizin fest etabliert. Neu in diesem Jahr ist der „Günther-Jantschek-Preis” für internistische Psychosomatik, der als Gemeinschaftsprojekt des DKPM mit der Universität Oslo für junge Wissenschaftler aus Deutschland, Skandinavien und den anderen Baltic-Sea-Ländern ausgeschrieben wird. Jedes dritte Jahr wird auch der Drs. Graute u. Graute-Oppermann-Förderpreis für interdisziplinäre Forschung in der Psychosomatik mit einem erhebliches Fördervolumen ausgeschrieben, nicht zu vergessen der Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen, die erstmalig ausgeschriebenen DGPPN Preise für Psychotherapie und Pflege in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.

Trotz dieser eindrucksvollen Stiftungen bleiben offene Fragen:

Sind diese Preise so motivierend, dass sie junge Forscher und das psychosomatische Forschungsfeld nachdrücklich stimulieren können? Werden neben klinischer, internistischer und interdisziplinärer Psychosomatik, Psychotherapie und Essstörungsforschung alle zukunftsträchtigen, wichtigen psychosomatischen Felder durch Preise und Förderinitiativen abgedeckt? Lohnt es sich über das Ansprechen von möglichen Stiftern neue Felder zu eröffnen wie z. B. Schmerz / Rückenschmerz, Psychoonkologie, Psychokardiologie, Psychodiabetologie oder medizinische Psychologie? Ist eine einzige Preissumme als Anerkennung oder Förderung adäquat, oder sollten eher Forschungsaufenthalte in hervorragenden Forschungsinstitutionen (im G. Jantschek-Preis mittelfristig intendiert), Forschungsstipendien (Austausch mit japanischen Fachkollegen in Deutschland bzw. aus Deutschland in Japan) oder Förderprogramme für spezielle Aufgaben oder Fragestellungen geschaffen werden, wie es die Carusstiftung mit dem Nachwuchswissenschaftlerprogramm oder die Volkswagenstiftung mit der Psychoneuroimmunologie gemacht haben.

Die Vielzahl der Auszeichnungen in der Tradition wichtiger Psychosomatiker hat die Sichtbarkeit psychosomatischer Forschung erhöht und vonseiten des DKPM ist geplant, Auszeichnungen und Stipendien verstärkt im Sinne der Nachwuchsförderung zu vergeben. Wichtig erscheint es aber auch, das gesamte Feld von Wissenschaftspreisen und Forschungsförderung aktiver als bisher zu gestalten, mögliche Stifter für die Psychosomatik und bestimmte Forschungsprojekte zu interessieren und hierdurch den Boden zu bereiten, neben der staatlichen Forschungsförderung durch DFG, BMBF, BMG und durch die großen Stiftungen wie Volkswagenstiftung, Boschstiftung, Breuningerstiftung auch kleineren Initiativen, die Chancen einer Realisierung oder längerfristigen Unterstützung zu geben. Dass dieses durchaus aussichtsreich sein kann, machen die Hämatologen mit der „Carrera Stiftung”, die Kardiologen mit der „Deutschen Herzstiftung” oder auch die vielen mithilfe der pharmazeutischen Industrie geförderten Initiativen (die allerdings wieder ihre eigenen Probleme haben) vor.

Es gibt auch bei Psychosomatikern ein Interesse, hier aktiv tätig zu werden.

Mit den bisherigen Vertretern der Stiftungen hat sich eine enge Zusammenarbeit auf den jährlichen Deutschen Psychosomatikkongressen ergeben. Mögliche Spender für psychosomatische Projekte und Preise sind eingeladen, aktiv zu werden und das für sie richtige und aussichtsreiche Projekt zu unterstützen.

Tab. 1 Wissenschaftspreise für psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Deutschland (Stand 1.7.2011). Preise Stifter Vergabe Fördergegenstand Preissumme Kontakt Hans-Roemer-Preis Hans Roemer Stiftung jährlich Klinische Psychosomatik u. Integration in die Medizin 2500 € DKPM* Adolf-Ernst-Meyer-Preis DKPM jährlich, Wissenschaftler 37 J. u. jünger Psychotherapie in der PSM 1000 € DKPM* Heigl-Preis Franz u. Anneliese Heigl Stiftung jährlich Psychotherapie 10 000 € tress@uni-duesseldorf.de Preis Psychotherapie in der Medizin Gerhardt-Nissen Stiftung jährlich Psychotherapie 2500 € Prof. Dr. Gerhardt Nissen, Anne-Frank-Straße 9, 97082 Würzburg Günter-Jantschek-Preis Univers. Oslo, DKPM alle 2 Jahre Internistische Psychosomatik 3000 € DKPM* Promotionspreis Stiftung Psychosomatik und Sozialmedizin, DKPM jährlich Doktorarbeiten im Bereich der psychosomatischen Medizin 1000 € DKPM* Hilde-Bruch-Preis DGESS alle 2 Jahre, Wissenschaftler 37 J. u. jünger Essstörungen 5000 € MFichter@schoen-kliniken.de Drs. Graute & Graute-Oppermann-Förderpreis Drs. Graute & Graute-Oppermann Stiftung alle 3 Jahre für Psychosomatik Interdisziplinäre Forschung 10 000 € Deutscher Stifterverband, Barkhovenallee 1, 45239 Essen Christina Barz Forschungspreis Christina Barz Stiftung alle 2 Jahre Früherkennung u. Verlauf bulimisch-anorektischer Verhaltensweisen 30 000 € Deutscher Stifterverband, Barkhovenallee 1, 45239 Essen * Geschäftsstelle des DKPM: info@dkpm.de

Literatur

  • 1 Strauß B, Troitzsch H, Herrmann J M. Der Roemer-Preis des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin (1976–1998): Quantitative und inhaltliche Aspekte.  Psychother Psych Med. 2000;  50 406-410

Prof. Dr. med. Hans-Christian Deter

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