Der Nuklearmediziner 2011; 34(02): 77-78
DOI: 10.1055/s-0031-1280774
Hybridbildgebung und Strahlentherapie – aktuelle Entwicklungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nuklearmedizin und Strahlentherapie – ein erfolgreiches Tandem

Nuclear Medicine and Radiation Oncology: A Win-Win Cooperation
U. Nestle
1   Klinik für Strahlenheilkunde, Universitätsklinikum, Freiburg
,
D. Thorwarth
2   Sektion Biomedizinische Physik, Universitätsklinik für Radioonkologie, Tübingen
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Publication Date:
03 August 2011 (online)

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U. Nestle
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D. Thorwarth

Nach mehr als 10 Jahren klinischen Einsatzes der PET/CT ist diese Technologie aus der Onkologie insgesamt, aber insbesondere aus der Strahlentherapie nicht mehr wegzudenken. Zusätzlich zu genaueren diagnostischen Möglichkeiten und darauf basierter Therapiewahl liegt der maßgebliche Vorteil der Hybridbildgebung für die Radiotherapie (RT) in der Möglichkeit einer hochpräzisen Definition des Zielvolumens sowohl was geometrische Ausdehnung als auch was strukturbiologische Eigenschaften (Metabolismus, Zellularität, Hypoxie, Nekrose, Proliferation usw.) anbelangt. Weiteres, derzeit in Studien vielfach untersuchtes Potenzial der PET/CT-Bildgebung für die RT liegt in gezielten Verlaufsuntersuchungen, mittels derer das Ansprechen bereits früh während oder nach der Therapie ermittelt werden kann, sodass evtl. individuelle Adaptionen der Therapie vorgenommen werden können.

Während des letzten Jahrzehnts haben sich etliche gerätetechnische Entwicklungen ereignet, die zur Verbesserung in Auflösung, Akquisitionsgeschwindigkeit und Quantifizierung geführt haben. Ein Quantensprung mag die jüngste Entwicklung in der Hybridbildgebung sein: die Kombination aus Magnetresonanz- und Positronen-Emissions-Tomografie (MR/PET). Erste klinische Ganzkörpergeräte wurden bereits installiert, Ergebnisse erster Studien lassen gespannt auf die Möglichkeiten dieser neuen Technologie auch zur Verbesserung der Strahlentherapie hoffen. Neben genauester Diagnostik und Lokalisation von Tumoren anhand von per se koregistrierten Bilddatensätzen ist die simultane Akquisition von funktionellen MR- und molekularen PET-Daten möglich.

In dem sich rapide entwickelnden Gebiet der PET/CT in der Strahlentherapie ergeben sich allerdings nach wie vor offene Fragen, die vor allem methodische Aspekte zur Interpretation und konkreten Einbeziehung molekularer Bilddaten in die Radiotherapieplanung betreffen. Des Weiteren werden Bildgebungsstudien notwendig sein, die die Quantifizierung von PET-Tracern in Tumorgeweben und deren Korrelation mit dem Ansprechen auf die Strahlentherapie untersuchen. Ein weiterer noch offener Aspekt ist das diagnostische und therapeutische Management von physiologischen Bewegungen.

Daher widmet sich der erste Teil dieser Ausgabe neuen Entwicklungen aus dem Bereich der Hybridbildgebung in der Strahlentherapie.

Zusätzlich zu einem Überblick über neueste Entwicklungen und deren potenziellen Nutzen für die Radioonkologie [5] werden die Möglichkeiten der Integration funktioneller, molekularer Bildgebungsdaten in die Planung und Applikation modernster Hochpräzisionsstrahlentherapietechniken erläutert [6]. PET-Bildgebung wird nicht ausschließlich zur Diagnostik, sondern auch zur Dosimetrie und Qualitätssicherung in der Protonen- und Schwerionentherapie eingesetzt, dem sog. PET-Monitoring. Die maßgeblichen Entwicklungen und Methoden in diesem Bereich werden von S. Combs et al., Heidelberg, vorgestellt [3]. Außerdem gehen M. Werner et al. (Tübingen) [11] auf das Prinzip, aber auch die Probleme bei der technischen Umsetzung sowie das Potenzial der kombinierten MR/PET-Bildgebung ein. Von grundlegender Bedeutung für die molekulare Bildgebung und deren Möglichkeiten für die Strahlentherapie sind die verwendeten Tracer und deren molekulare Eigenschaften [10].

Einige aktuelle Initiativen haben sich zum Ziel gesetzt, eine bessere Standardisierung von PET/CT-Untersuchungen zu erreichen. Die EANM hat kürzlich ein Akkreditierungsprogramm für PET-Scanner ins Leben gerufen (EARL) [1], welches sicherlich zur Verbesserung der Untersuchungsqualität in der Fläche beitragen wird. Bezüglich der PET in der Strahlentherapie wurde bereits im Jahr 2010 gemeinsam von der EANM (European Assiciation of Nuclear Medicine) und der ESTRO (European Society for Therapeutic Radiation Oncology) eine Publikationsreihe mit klinischen Leitlinien zur Verwendung von PET/CT-Daten in der Strahlentherapie herausgegeben [2]. In Ergänzung hierzu werden konkrete technische Leitlinien derzeit von einem europäischen Expertengremium, initiiert von der Arbeitsgruppe „Nuklearmedizin und Strahlentherapie“ (AG NUK-RT) der Deutschen Gesellschaften für Nuklearmedizin (DGN) und Radioonkologie (DEGRO) erarbeitet, die voraussichtlich in den nächsten Monaten erscheinen werden.

Im zweiten Teil dieser Ausgabe stehen nun Standards, Empfehlungen und laufende und geplante klinische Studien zum Einsatz molekularer und funktioneller Bildgebung in der Strahlentherapie im Vordergrund. Einer der wichtigsten Aspekte bei der Verwendung von PET/CT-Daten in der Bestrahlungsplanung ist die Bildregistrierung. Zwar sind durch Hardwarekombinationen sowohl beim PET/CT als auch beim MR/PET die jeweiligen Bilddatensätze räumlich exakt registriert, jedoch wird in den meisten Zentren außerdem ein dediziertes Planungs-CT akquiriert, auf das die funktionellen Daten registriert werden müssen. Einen Überblick speziell zu dieser Thematik mit Empfehlungen für den konkreten klinischen Einsatz geben H. Fayad et al. (Brest, Frankreich) [4]. Auch in der frühzeitigen Verlaufsuntersuchung hinsichtlich eines Ansprechens der Therapie und evtl. daraus resultierenden therapeutischen Konsequenzen liegt ein großes Potenzial moderner Hybridbildgebungsverfahren. Einen Überblick über den aktuellen Stand der Responsebeurteilung mittels PET gibt C. Pöttgen (Essen) [9]. Abschließend wird über verschiedene Studien u. a. im Rahmen der AG NUK-RT zur klinischen Evaluierung von PET/CT in der Strahlentherapie berichtet [7] [8].

Die Arbeitsgemeinschaft „Nuklearmedizin und Strahlentherapie“ der beiden wissenschaftlichen Fachgesellschaften DEGRO und DGN widmet sich seit 2006 den hier angesprochenen Themen, die die beiden Fächer verbinden. Alle interessierten Kollegen aus Medizin und Physik in beiden Fächern sind herzlich in dieser Arbeitsgemeinschaft willkommen.

Wir hoffen, dass dieser Band zum gegenseitigen Verständnis und zur Intensivierung der Kooperation zwischen Nuklearmedizin und Strahlentherapie beiträgt. In unseren Augen steht die Erfolgsgeschichte der Hybridbildgebung in der Strahlentherapie erst am Anfang. Es liegt an uns allen, sie weiter zu gestalten.

 
  • Literatur

  • 1 Boellaard R, O’Doherty MJ, Weber WA et al. FDG PET and PET/CT: EANM procedure guidelines for tumour PET imaging: version 1.0. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2010; 37: 181-200
  • 2 Chiti A, Kirienko M, Grégoire V. Clinical use of PET-CT data for radiotherapy planning: what are we looking for?. Radiother Oncol 2010; 96: 277-279
  • 3 Combs SE, Haberkorn U, Debus J et al. PET-Bildgebung für die Protonen- und Schwerionentherapie: Hintergrund, Entwicklungen und klinische Implementierung. Nuklearmediziner 2011; 34: 93-98 (in diesem Heft)
  • 4 Fayad H, Söhn M, Visvikis D. Überblick über verschiedene Bildfusionstechniken und Empfehlungen für deren Verwendung bei der Integration von PET-Bilddaten in die Bestrahlungsplanung. Nuklearmediziner 2011; 34: 114-119 (in diesem Heft)
  • 5 Hofheinz F, Perrin R, Van den Hoff J et al. Neue Entwicklungen in der PET/CT Hybridbildgebung: Nutzen für die Strahlentherapie?. Nuklearmediziner 2011; 34: 79-87 (in diesem Heft)
  • 6 Jacob V, Wilkens J. Integration molekularer Bildinformationen in die Planung und Applikation moderner Strahlentherapietechniken. Nuklearmediziner 2011; 34: 88-92 (in diesem Heft)
  • 7 Nestle U, Mix M, Weber W et al. Klinische Studien zum Einsatz der PET in der Bestrahlungsplanung in Deutschland: Ein Update. Nuklearmediziner 2011; 34: 130-132 (in diesem Heft)
  • 8 Plotkin M, Guggemos A, Steffen IG et al. Prospektive, multizentrische Studie zur Bedeutung der O-(2-[18F]Fluoroethyl)-L-Tyrosin-Positronen-Emissions-Tomografie (FET-PET) in der Verlaufsbeurteilung von Hirntumoren im Kindes- und Jugendalter (FET PET 2010): Vorstellung des Studiendesigns. Nuklearmediziner 2011; 34: 125-129 (in diesem Heft)
  • 9 Pöttgen C. PET zur Response-Beurteilung nach Strahlentherapie: Stand der Dinge. Nuklearmediziner 2011; 34: 120-124 (in diesem Heft)
  • 10 Schwarzenböck S, Herrmann K, Gärtner F et al. Welche neuen PET-Tracer braucht die Strahlentherapie?. Nuklearmediziner 2011; 34: 99-107 (in diesem Heft)
  • 11 Werner MK, Schwenzer NF, Thorwarth D. MR/PET-Hybridbildgebung: Prinzip, Probleme und Potenzial für die Strahlentherapie. Nuklearmediziner 2011; 34: 108-113 (in diesem Heft)