Gesundheitswesen 2012; 74(12): 836-838
DOI: 10.1055/s-0032-1331183
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Finanzierungsproblematik von Kontrazeptiva bei Frauen in Armut

Ein sozialmedizinischer Diskurs und Paradoxon des Sozialstaates
U. Zier
1   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der ­Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
,
D. Nitsche
1   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der ­Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
,
C. Homann
2   Forschungs- und Dokumentationsstelle für Verbraucherinsolvenz und Schuldnerberatung – Schuldnerfachberatungszentrum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
,
E. Münster
1   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der ­Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Publication History

Publication Date:
19 December 2012 (online)

Recht auf Familienplanung

Unter Artikel 16 wurde das Recht auf Familienplanung 1968 in der Erklärung der 1. Menschenrechtskonferenz der Vereinten Nationen in Teheran als Menschenrecht deklariert: Eltern sollen über Zahl und Zeitpunkt der Geburt ihrer Kinder frei entscheiden können [1]. Auf der Weltbevölkerungskonferenz in Bukarest 1974 wurde das Recht auf alle Paare und Individuen ausgeweitet und das Recht auf Information, Bildung und Mittel zur Familienplanung ergänzt [2]. Damit ist Deutschland, das beiden Erklärungen beigetreten ist, verpflichtet, jedem Einwohner den unein­geschränkten Zugang zu Verhütungsmitteln zu ­ermöglichen.

Dementsprechend wurden Leistungen zur Familienplanung 1975 in das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) aufgenommen, wo in § 37b geregelt wurde, dass sowohl die Kosten der ärztlichen Beratung und Untersuchung zur Familienplanung, als auch die Kosten ärztlich verordneter Kontrazeptiva im Bedarfsfall durch die Sozialhilfe gedeckt werden (ab 1.7.2001 § 36 BSHG). Weiterhin regelte § 38 Abs. 2 BSHG die vollständige Kostenübernahme durch die Sozialhilfe, auch wenn diese in der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorgesehen war. Somit wurde auch für Empfänger von Sozialhilfe der Zugang zu Mitteln zur eigenständigen Familienplanung gewährleistet.