NOTARZT 2014; 30(03): 125-136
DOI: 10.1055/s-0034-1370081
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Grundlagen des Vorgehens am Notfallort, Untersuchung und Überwachung des Notfallpatienten[*]

Teil 1 – Vorgehen, Anamnese und UntersuchungBasics of Action on the Scene of Emergency, Check-Up and Monitoring of the Emergency PatientPart One – Procedures, Anamnesis and Physical Examination
M. Helm
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
,
J. Hauke
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
,
L. Lampl
Anästhesiologie und Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus Ulm
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Juni 2014 (online)

Zusammenfassung

Grundlage jedes erfolgreichen notärztlichen Handelns ist ein professionelles Verhalten am (potenziell gefahrengeneigten) Unfallort mit angemessenem Eigenschutz ebenso wie ein strukturiertes Vorgehen am Patienten. Lageabhängig von Wichtigkeit ist die eigene Einordnung in die Einsatztaktik technischer Rettungskräfte oder der Polizei. Trotz zunehmender technischer Möglichkeiten, auch in der Präklinik, haben die Grundfertigkeiten der ärztlichen Kunst nichts von ihrer Wichtigkeit eingebüßt. Nach wie vor tragen die Beachtung des Notfall-(Unfall-)Geschehens, die gezielte Anamnese sowie die orientierende körperliche Untersuchung den entscheidenden Teil zur richtungsweisenden Diagnosefindung bei (Teil 1). Apparative Überwachung und Diagnostik (Teil 2) dienen der Ergänzung dessen, insbesondere der Verifizierung von Verdachtsdiagnosen bzw. deren Ausschluss (z. B. Hypoglykämie), der Präzisierung (z. B. Lokalisation eines Myokardinfarkts), der Erkennung zusätzlicher Risiken (z. B. Hypothermie) und der Patientensicherheit (z. B. Überwachung der Beatmung). Wichtigster „Monitor“ bleiben nach wie vor Notarzt bzw. Notärztin!

Abstract

Professional performance is the very basis of any successful medical action on the scene of emergency which may be, additionally, endangered. Same is true for an appropriate self-protection, including the cooperation with the fire brigade or police forces, als well as for an organized approach to the emergency patient himself or herself. In spite of an increasing number of technical devices available even in the prehospital setting, nevertheless, the basic skills of the so-called “art of medicine” remain to be of utmost importance. Thing is, the main contributing factors to a guiding emergency diagnosis are the consideration of what exactly has happened, the goal-directed patient’s history, and the physical examination in order to get a first survey (Part one). Technical equipment and diagnostic tools, in general, are serving as a completion (Part two). This may be the confirmation as well as the exclusion of a diagnosis suspected (e. g. hypoglycemia), the specification (type of a myocardial infarction), the identification of additional risks (e. g. hypothermia), and the patient’s safety (e.g. respiratory monitoring). By far, the emergency doctor remains to be the most important monitor.

Kernaussagen

Eigensicherung des Rettungsdienstes

Die eigene Sicherheit des Rettungsdienstpersonals und die Patientensicherheit haben oberste Priorität, wobei die Reihenfolge der Aufzählung gilt.

Allgemeiner Ablauf

Die präklinische Untersuchung und Anamneseerhebung beginnt grundsätzlich erst nach Ausschluss einer möglichen Eigengefährdung des Rettungsteams und trägt zu 95 % zur Diagnosefindung bei.

Elementardiagnostik

Zunächst werden die Vitalparameter überprüft, in der Reihenfolge der ABCD-Regel, beginnend mit Atemweg, Atmung, Kreislauf, Bewusstsein. Störungen der Vitalfunktionen werden unmittelbar therapiert. Anschließend erfolgt die erweiterte Diagnostik.

Erweiterte Diagnostik

Die Kenntnis von Unfallmechanismus, Krafteinwirkung und Auffindesituation trägt wesentlich zum Verständnis des Verletzungsmusters oder der Erkrankung und damit zu einer gezielteren Diagnostik bei. Sie muss daher präklinisch erlangt und an die Weiterbehandelnden übermittelt werden.

Bei der Anamneseerhebung kommt es darauf an, rasch und gezielt die Informationen zu erhalten, die zur diagnostischen Einordnung des Notfallgeschehens notwendig sind. Neben der Eigenanamnese spielen fremdanamnestische Angaben und Dokumente eine wichtige Rolle.

Die körperliche Untersuchung folgt im Grundsatz einem kraniokaudalen Vorgehen. Bei Vorliegen von Leitsymptomen beispielsweise für neurologische, respiratorische oder kardiozirkulatorische Beschwerdebilder erfolgt ein symptombezogen adaptierter Untersuchungsgang.

Eine zu frühe Fokussierung auf ein Beschwerdebild kann jedoch zum Übersehen von Begleitverletzungen oder Begleiterkrankungen führen.

* Dieser Beitrag basiert auf folgendem Buchkapitel: Helm M, Hauke J, Lampl L. Untersuchung und Überwachung des Notfallpatienten. In: Scholz J, Sefrin P, Böttiger BW, Dörges V, Wenzel V, Hrsg. Notfallmedizin. Stuttgart: Thieme Verlag; 2012: 57 – 63.


 
  • Literatur

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  • 4 Dailey RH. Approach to the patient to in the emergency department. In: Rosen P, Barkin RM, eds. Emergency Medicine. Concepts and Clinical Practice. St. Louis: Mosby Year Book; 1992: 22-37
  • 5 Lehmann U, Schmucker P. Die Fundamente der Notfalldiagnose: Leitsymptome, Begleitumstände, Anamnese und körperliche Untersuchung. In: Madler C, Jauch KW, Werdan K, Hrsg. Das NAW-Buch: Praktische Notfallmedizin. München: Urban & Schwarzenberg; 1994: 77-87
  • 6 Clarke JR, Trooskin SZ, Doshi PJ et al. Time to laparotomy for intra-abdominal bleeding from trauma does affect survival for delays up to 90 minutes. J Trauma 2002; 52: 420-425
  • 7 Teasdale G, Jennett B. Assessment of coma and impaired consciousness: A practical scale. Lancet 1974; 2: 81-84