Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(22): e203-e212
DOI: 10.1055/s-0042-114481
Fachwissen
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische Versorgung und Kosten im letzten Lebensjahr

Propensity-Score-Matching von AAPV- und SAPV-VersichertenMedical care and costs in the last year of life – propensity score matching of AAPV and SAPV insurants
Herbert Rusche
1   Abteilung für Allgemeinmedizin, Ruhr Universität Bochum
,
Fabian Kreimendahl
2   Institut für Empirische Gesundheitsökonomie, Burscheid
,
Bert Huenges
1   Abteilung für Allgemeinmedizin, Ruhr Universität Bochum
,
Denise Becka
1   Abteilung für Allgemeinmedizin, Ruhr Universität Bochum
,
Reinhard Rychlik
1   Abteilung für Allgemeinmedizin, Ruhr Universität Bochum
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Publication Date:
04 November 2016 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund | Schwerkranke Menschen benötigen am Lebensende ein besonderes Maß an medizinischen Versorgungs- und Pflegeleistungen. Neben der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) besteht seit 2007 für besonders schwere Fälle die Möglichkeit, die AAPV durch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) zu ergänzen. Noch bestehen in Deutschland beträchtliche Unterschiede bezüglich des Ausbaus des Versorgungsnetzes der SAPV nach Bundesländern, und auch über den pflegerischen Nutzen und die tatsächlichen Kosten ist bislang wenig bekannt.

Methodik | In dieser Arbeit werden Patienten der AAPV und SAPV mittels Propensity-Score-Matching zu zwei gleich großen Gruppen gefasst und anschließend deren medizinische Biografie des letzten Lebensjahres verglichen. Dazu liegt ein Datensatz der Deutschen-Angestellten-Krankenkasse (DAK) vor, die eine Vielzahl von medizinischen Versorgungsleistungen sowie deren Kostenstellen von im Jahr 2012 verstorbenen Patienten dokumentiert.

Ergebnisse | Die Ergebnisse zeigen, dass die Kosten, bis auf den Bereich der Pflegekosten, für SAPV-Patienten im letzten Lebensjahr signifikant höher liegen als für AAPV-Patienten. Am deutlichsten zeigt sich der Unterschied der durchschnittlichen Kosten bei den Ausgaben für Arzneimittel, die für SAPV-Patienten rund doppelt so hoch lagen wie für AAPV-Patienten.

Schlussfolgerung | Die umfangreichen Versorgungsleistungen, die Palliativpatienten durch die SAPV gewährt werden sollen, schlagen sich in den durchschnittlichen Kosten des letzten Lebensjahres wieder. Insbesondere kommen diese durch die Kostenblöcke der stationären Aufenthalte und der Arzneimittelkosten zustande, die gemeinsam bereits einen Anteil von mehr als 75 % der Gesamtkosten darstellen. Es bleibt zu klären, inwieweit die durch die SAPV gesteigerten Kosten aus einem medizinischen Zusatznutzen resultieren und im Sinne einer Kosten-Effektivität zu bewerten sind.

Abstract

Introduction: Patients with life limiting diseases need special medical treatments at the end of life. In Germany, since 2007 there is specialized outpatient palliative care (SAPV) available for patients in need of special treatments additional to regular outpatient palliative care (AAPV). Distribution of specialized palliative care is not homogenous in german regions and there is no evidence about medical gain and total costs yet.

Methods: Deceased patients from both groups are compared by propensity score matching with regard to their medical biographies of their last year of life. This retrospective study uses data of the health insurance company DAK. The data set contains information about items of medical care including their particular costs.

Results: Results show significant higher costs for patients in specialized care settings with exception of nursing costs. The most striking difference was found for drug expenditures which were twice as much for patients in specialized care than for patients treated with regular outpatient palliative care.

Conclusion: The specialty of care is represented by the average costs of specialized outpatient palliative care in patients last year of life. A proportion of 75% of the costs for specialized outpatient palliative care follow from temporary inpatient care and drug expenditures. Further investigations should measure to what extend higher costs are resulting from additional benefits of care and how they could be interpreted in terms of cost efficiency.

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