Psychotraumatologie 2002; 3(1): 27
DOI: 10.1055/s-2002-20178
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Psychopharmakotherapie der posttraumatischen Belastungsstörung

Robert Bering1 2 , Andreas Horn2 , Gottfried Fischer1
  • 1Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln
  • 2Alexianer-Krankenhaus Krefeld
Further Information
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Autoren (Korrespondenz bitte an Dr. Bering):

Dr. med. Dipl.-Psych. Robert Bering

Zentrum für Psychotraumatologie,

Alexianer-Krankenhaus Krefeld,

Email: mailto:robert.bering@uni-koeln.de

Phone: Tel.: 02151-34-7280

Dr. med. Andreas Horn

Alexianer-Krankenhaus Krefeld

Oberdießemerstr. 136, 47805 Krefeld

Prof. Dr. Gottfried Fischer

Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln

Zülpicherstr. 45 (Rundbau), Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln

Publication History

Publication Date:
17 March 2002 (online)

 
Table of Contents #

Zusammenfassung

Welchen Stellenwert hat die Psychopharmakotherapie für die Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS)? Wie lassen sich Psychopharmaka - bei entsprechender Indikation - optimal in die psychotherapeutische Behandlung einfügen? Mit diesen Fragen befasst sich die vorliegende Arbeit. Während die Psychopharmakotherapie der PTBS bislang eher symptomorientiert und eklektisch verfährt, plädieren die Autoren für ein Vorgehen, das ätiopathogenetisch ausgerichtet ist, den Verlaufsprozess der Störung berücksichtigt und auf ihre zentrale Bio- und Psychodynamik abgestimmt ist. Es wird der Grundsatz vertreten, dass die Psychopharmakotherapie als Ergänzung zur Psychotherapie gesehen werden sollte und schweren Fällen vorbehalten ist. Im Studienvergleich gelten selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer als Pharmakon der Wahl.

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Psychopharmacotherapy of Posttraumatic Stress Disorder

What is the position and value of psychopharmacology in the treatment of posttraumatic stress disorder (PTSD)? How are pharmaceutics, under proper indications, optimally included in psychotherapeutic treatment? These are the topical questions which the present article addresses. Until now, psychopharmaceutical therapy of PTSD has been mainly symptomatic and eclectic. Here we argue for an approach that: a) is aetiopathogenically oriented, b) pays attention to the course of the disorder, and c) is attuned to its central biopsychodynamics. The basic principle advocated here is that psychopharmacotherapy: a) should be seen not as replacement of but rather as complement to psychotherapy, and b) is reserved for severe cases.

In the guidelines to treatment of PTSD, medication of selective serotonin reuptake inhibitors have proved to be very valuable.

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Gliederung

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Grundlagen und Problemkreis

  • Diagnostische Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung

  • Punkt- und Verlaufsdiagnostik

  • Die psychopathologischen Besonderheiten der PTBS an einem Fallbeispiel

  • Anforderungsprofil an Psychotherapie und Psychopharmakotherapie

  • Neurobiologie der PTBS
    Neurobiologie des akuten Psychotraumas
    Flashbacks im traumatischen Prozess

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Allgemeine und spezielle Psychopharmakotherapie der PTBS

  • Psychopharmakologische Behandlungsstrategien

  • Antidepressiva
    Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI)
    Trizyklische Antidepressiva
    Monoaminoxidase-Hemmer

  • Benzodiazepine

  • Phasenprophylaktika

  • Antiadrenerge Substanzen

  • Neuroleptika

  • Opiatantagonisten

  • Stoffgruppen im Vergleich nach Kriterien der Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR)

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Integration der Psychopharmakotherapie in psychodynamische und neurobiologische Modelle der PTBS

  • Psychopharmakologische Behandlungsstrategien im Verlaufsmodell

  • Spezielle Psychopharmakotherapie und Verlaufsdiagnostik

  • Pharmakotherapie und Neurobiologie der PTBS

  • Abschließende Überlegungen und Ausblick

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Grundlagen und Problemkreis

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Diagnostische Kriterien der posttraumatischen Belastungsstörung

Im ICD-10 findet sich die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) unter den Erlebnisreaktionen. Der auslösende Stressor wird nach Dilling [1] definiert als:

„Ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes (kurz oder lang anhaltend), das fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Hierzu gehören Naturereignisse oder von Menschen verursachte Katastrophen, eine Kampfhandlung, ein schwerer Unfall oder Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderer Verbrechen zu sein.”

Der Symptomkomplex besteht aus der Trias intrusive Erinnerungsbilder, Verleugnung/Vermeidung und erhöhtes physiologisches Erregungsniveau. Im DSM-IV finden sich 6 diagnostische Kriterien für die PTBS, die nach dem standardisierten Interview SKID [2] abgefragt werden und auf die sich internationale Studien zur Psychopharmakotherapie beziehen. Das A-Kriterium erfasst das psychotraumatische Ereignis. Das B-, C-, und D-Kriterium beschreibt jeweils den Symptomenkomplex der Intrusionen, Vermeidung und Übererregung. Das F-Kriterium erfasst die Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Symptomatik in seinen sozialen Bezügen, und das E-Kriterium bezieht sich auf die Zeitdimension.

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Punkt- und Verlaufsdiagnostik

Die angeführten diagnostischen Manuale verleiten zu einer punktdiagnostischen Krankheitsauffassung. Wie in anderen Bereichen der Medizin sollte die Punktdiagnose durch eine Verlaufsdiagnose ergänzt werden. Um diesen Ansatz aufzugreifen, haben Fischer und Riedesser [3] ein Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung vorgeschlagen (siehe Abb. [5]). Es umfasst im einzelnen die Phasen von (1) traumatische Situation - (2) Reaktion - (3) Prozess. Ein traumatischer Prozess tritt ein, wenn der Übergang in die postexpositorische Erholungsphase dauerhaft scheitert. Er kann näher untergliedert werden in die zeitnahe Einwirkungsphase des Traumas (bis ca. 14 Tage bis 4 Wochen postevent) und die Phase der Verfestigung. Vereinfacht kann man sagen, dass im traumatischen Prozess sich die unmittelbare, spontane Reaktion auf das Trauma zu einem dynamischen System verfestigt, das in der Zeitachse unterschiedliche Symptomkonstellationen hervorbringen kann.

5 solch typischer Verlaufsmuster des traumatischen Prozesses wurden von Nathan und Fischer [4] an psychosomatischen Patienten ermittelt und in einer Lebenslaufperspektive beschrieben: (1) ein „leistungskompensatorischer” Verlaufstyp, bei dem Ablenken durch Arbeit im Vordergrund steht, (2) Kompensation durch Suchtverhalten, (3) der PTBS-Angsttyp, bei dem die traumatischen Ängste überwiegen, (4) der Vermeidungstyp mit habitueller Dominanz im Vermeidungsflügel des PTSD sowie ein (5) „Dissoziationstyp” mit Überwiegen eines dissoziativen Kontrollstils. Weitere Verlaufsmuster sind im Spektrum von psychiatrischen Krankheitsbildern zu finden. Der Kristallisationspunkt des Prozessverlaufes lässt sich mit einer speziellen Typologie der psychotraumatischen Situationsdynamik [5] beschreiben.

Während das Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung Erleben und Verhalten in der Lebenslaufperspektive beschreibt, weist das Modell von Post et al. [6] eine Verlaufssequenz aus, die neurophysiologische Faktoren auf Rezeptorebene berücksichtigt. Die Autoren machen in ihrem hypothetischen Modell deutlich, dass der traumatische Prozess zur Entwicklung psychiatrischer Begleiterkrankungen führen kann (siehe Abb. [1]), die im wesentlichen das Komorbiditätsspektrum der PTBS abdeckt und auf Rezeptorebene hierfür typische Regulationsmuster bildet (nicht dargestellt, vergleiche hierzu [6] oder [7])

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Abbildung 1: Komorbidität durch den traumatischen Prozess (in Anlehnung an [6]). Die Darstellung hat idealtypischen Charakter. Im Zuge des Verarbeitungsprozesses von Intrusion und Verleugnung können Krankheitsbilder entstehen, die mit zuviel oder zuwenig Erregung assoziiert sind.

Das Schaubild macht deutlich, wie sich aus einer traumatischen Belastungssituation psychiatrische Erkrankungen entwickeln können. Hierbei kommt es darauf an, welche Symptome der PTBS im Vordergrund stehen. Steht Übererregung im Vordergrund, so kommt es möglicherweise zusätzlich zur Selbstmedikation und Suchtproblematik (ICD-10: F1, „Sucht-Verlaufstyp”) oder einer Angststörung (ICD-10: F40, F41; „PTBS-Angsttyp”). Steht die Vermeidung im Vordergrund, kommt es eher zur Komorbidität von depressiven (ICD-10: z. B. F32; „Vermeidungstyp”) oder dissoziativen Störungsbildern (ICD-10: F44, „Dissoziationstyp).

Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, warum Studien, die sich mit psychiatrischen Krankheitsbildern und deren Komorbidität mit posttraumatischen Belastungsstörungen beschäftigen, zum Ergebnis kommen, dass ein hoher Prozentsatz der Patienten in der psychiatrischen Regelversorgung die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt [8],[9],[10],[11].

Für die Psychopharmakotherapie ergeben sich aus dem Gesagten vielschichtige Implikationen:

  • Wie lautet die aktuelle Lehrmeinung zur psychopharmakologischen Behandlung der PTBS?

  • Welche Regeln lassen sich aus dem Blickwinkel des Komorbiditätsspektrums für die Wahl des Pharmakons ableiten?

  • Welcher Interaktionsprozess liegt dem psychodynamischen [3] und neurobiologischen Verlaufsmodell [6] zugrunde und welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Psychopharmakotherapie?

Um dieser schwierigen Aufgabe näher zu kommen, erfolgt die Darstellung der Psychopharmakotherapie sowohl unter Einbeziehung der psychodynamischen Modellbildung als auch unter neurobiologischen Gesichtspunkten. Sicherlich führt dieser Anspruch dazu, dass Wissenslücken deutlich werden, die derzeitig nicht überbrückt werden können. Dennoch vertreten wir diesen Schritt, da nur diese Vorgehensweise es möglich macht, den Zeigefinger auf Forschungsinhalte der Zukunft zu richten. Im nächsten Schritt wenden wir uns einem Fallbeispiel zu.

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Die psychopathologischen Besonderheiten der PTBS an einem Fallbeispiel

Herr K. wurde Zeuge eines schweren Busunglückes. Er beschreibt die Situation mit den Worten: „Ich kann mich an alles wie in Zeitlupe genau erinnern”. Er sei sofort zur Stelle gewesen und habe mit einem Kumpel versucht, ein Mädchen aus dem verunfallten Bus zu heben. Andere Helfer seien vollkommen erstarrt gewesen. Bei dem Rettungsversuch sei der Kopf des Mädchens umgeschlagen. Er habe in die Luftröhre schauen können. Nachdem ihm klar geworden sei, dass er nicht helfen könne, habe er seinen LKW wieder in Bewegung gesetzt. Ohne Pause sei er ca. 800 km nach Hause gefahren. Für die gesamte Fahrzeit habe er keine Erinnerung.

Zunächst habe er sich „normal” gefühlt. Doch einige Wochen danach habe er begonnen, unter seinen Erinnerungen zu leiden. In der Nacht habe er Albträume. Er höre die Schreie der Kinder. Er habe schon Angst, zu Bett zu gehen. Er kämpfe gegen Suchtdruck. LKW fahre er nicht mehr. Er müsse sich zwingen, aus dem Haus zu gehen. Die Geschichte habe er im Gespräch mit Freunden zur Sprache gebracht. Die sagen: „Das geht vorüber”. Herr K. fühlte sich isoliert, kämpft mit Alkoholrückfälligkeit.

Diese Fallgeschichte kann einige Zielsymptome der PTBS verdeutlichen. Die Basissymptome einer PTBS, wie sie im DSM und ICD-10 beschrieben werden, äußern sich in einem Vermeidungsverhalten (z. B. fährt kein LKW mehr), Intrusionen (z. B. Albträume, in denen er die Schreie der Kinder hört) und einem erhöhten Erregungsniveau, welches sich in einer höheren Angstspannung äußert (z. B. Angst zu Bett zu gehen). Nach dem Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung können die psychopathologischen Merkmale der traumatischen Situation, der peritraumatischen Reaktion, der Einwirkphase und des traumatischen Prozesses betrachtet werden. Die traumatische Situation und (peritraumatische) Reaktion sind in dem vorliegenden Beispiel von dissoziativen Phänomenen der Derealisation und Amnesie geprägt. Das Zeiterleben ist hypermnestisch und die Einordnung in Raum und Zeit verzerrt, indem Herr K. die Situation „wie in Zeitlupe” erlebt. In der traumatischen Reaktion gerät der Patient in einen amnestischen Zustand. Er fährt 800 km, ohne sich zu erinnern. Der Dissoziationsneigung in der traumatischen Situation spricht man eine bedeutsame Rolle als Prädiktorvariable bei der Ausbildung einer PTBS zu [12],[13], welche entsprechend in den Kölner Risikoindex eingeht [3].

Die Einwirkungsphase des Traumas ist bei Herrn K. geprägt von einer emotionalen Anästhesie (oder Numbing), die ihn vor Leidensdruck schützt und zunächst auch die Intrusionen unterdrückt. Im weiteren Verlauf treten die unkontrollierbaren Erinnerungsbilder auf. Herr K. leidet unter Flashbacks mit Albträumen. Im Vordergrund steht die akustische Sinnesmodalität. Herr K. hört dann „die Schreie der Kinder”. Der Patient reagiert mit sozialem Rückzug und kämpft gegen seine soziale Isolierung an.

Charakteristisch für die posttraumatische Belastungsreaktion ist eine tiefe Verunsicherung („traut sich nicht mehr, in sein Bett zu gehen”), die ihn in ständige Alarmbereitschaft versetzt. Viele Patienten versuchen, sich zu verschließen und sehen Reize „unterschiedslos” als potentielle Gefährdung. Dieses Phänomen wurde auch als emotionale Entdifferenzierung bezeichnet. Im weiteren Verlauf gewinnt die Neigung des Patienten an Bedeutung, auf Suchtmittel zurückzugreifen. Es aktualisiert sich seine Alkoholerkrankung, indem er mit Suchtdruck kämpft. Bereits die lebensgeschichtliche Perspektive weist bei Herrn K. auf die Verlaufsgestalt „Suchttyp” als traumakompensatorische „Selbstmedikation”.

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Anforderungsprofil an Psychotherapie und Psychopharmakotherapie

An dieser Fallvignette wird das Anforderungsprofil deutlich, das sowohl an die Psychotherapie wie an die Psychopharmakotherapie des Traumas zu stellen ist. Im Zentrum des Verlaufsprozesses steht der biphasische Wechsel zwischen Vermeidung und Intrusion, wie er als „Zyklus der Traumaverarbeitung” in der folgenden Abbildung veranschaulicht wird [3],[14],[15].

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Abbildung 2: Zyklus der Traumaverarbeitung. Erklärung: Die aktuelle traumatische Erfahrung durchläuft zunächst die Quadranten I bis III und pendelt sich dann zwischen II und III ein. Damit entsteht jenes Oszillieren zwischen Intrusion und Vermeidung, das den Kern der PTBS bildet. Auch im Normalfall wechseln Blockierung und Zulassen der Erinnerung einander ab, so dass ein kontrolliertes, „dosiertes” Erinnern und Durcharbeiten möglich wird. Dies entspricht dem „natürlichen Selbstheilungsprozess” auch bei Trauma, den die Therapie unterstützen und vollenden kann. Bei PTBS ist dieser normale Vorgang „entgleist” und festgefahren in einem dynamischen System, das zwischen extremer Verdrängung und überflutender Erinnerung oszilliert (Rückkopplungspfeil zwischen III und II, wirksam meist als positives Feedback mit Tendenz zur Eskalation).

Herr K. leidet unter Nachhallerinnerungen mit primär akustischer Sinnesmodalität („Schreie der Kinder”). Hierbei handelt es sich nicht um eine Erinnerung im gewöhnlichen Verständnis. Vielmehr wird aus neurobiologischen Gründen die traumatische Erfahrung oft ohne räumliche und zeitliche Einordnung prozessiert (s. u.). In den sogenannten Flashbacks wird die traumatische Situation demnach real wieder durchlebt, was einer Retraumatisierung der Betroffenen gleichkommt. Aus diesem Grunde mobilisiert der Organismus all seine Ressourcen, um ein erneutes Durchleben des Traumas zu verhindern. Hierbei handelt es sich, wie erwähnt, um eine physiologisch wie auch psychologisch sinnvolle und notwendige Abwehrmaßnahme, da Retraumatisierung den Gesamtzustand der Persönlichkeit verschlimmern und beispielsweise die PTBS-Komponente „Übererregung” in bedrohlicher Weise verstärken würde.

Als gemeinsame Strategie für Psychotherapie und Psychopharmakotherapie ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die „Schaukelbewegung” zwischen Intrusion und Vermeidung zu stabilisieren. Während Herr K. in der Phase des Aufschreis (Phase I) auf einen dissoziativen Kontrollstil ausweicht, erlebt er in der Einwirkphase als Ausdruck eines zugespitzten Vermeidungsverhaltens eine emotionale Anästhesie (Phase II), die ihn vor Leidensdruck schützt und retrospektiv als symptomlose Übergangsphase imponiert. Im weiteren Verlauf bestimmen Übererregungssymptome das klinische Bild. Phase III ist gekennzeichnet durch eine Lockerung der Abwehr mit einem unkontrollierbaren Pendelausschlag in unerträgliche Erinnerungsbilder; Leidensdruck kommt auf, und Herr K. begibt sich in eine Psychotherapie, die psychopharmakologisch gestützt wird , so dass nach Abb. [2] der Übergang in den Quadranten IV, „Durcharbeiten” auf der Grundlage von „kontrolliertem Wiedererleben”, möglich wird. Auf der dialektischen Strategie, die Extreme abzumildern, um einen produktiven „Schaukelprozess” zwischen Vermeidung und Intrusion in Gang zu halten, beruht die „Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie” [16]. Im Zentrum stehen Diagnostik, gezielte Stärkung und Differenzierung des „traumakompensatorischen Repertoires”, das der Patient spontan zum Ausdruck bringt. Extreme Formen von Intrusion (Quadrant III) auf der einen und Vermeidung (Quadrant II) auf der anderen Seite werden abgemildert, so dass der Zyklus der Traumaverarbeitung so lange durchlaufen werden kann, bis sich die intrusiven Phänomene von „traumatischer Erinnerung” in „normale” Erinnerung (qua „Er-Innerung”) zurückverwandeln.

Am gleichen Anforderungsprofil, die traumatisch verzerrte Selbstregulation der Persönlichkeit zu unterstützen und schließlich wieder herzustellen, ist die Psychopharmakotherapie zu messen. Die Pharmakotherapie muss ebenfalls zwischen den unterschiedlichen syndromalen Ausprägungen sinnvoll vermitteln und eine Harmonisierung bewirken. Darüber hinaus ist eine Pharmakotherapie wünschenswert, die das Spektrum von komorbiden Störungen miterfasst (z. B. Depressionen und Angststörungen).

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Neurobiologie der PTBS

Die psychopharmakologische Behandlung greift in die Homöostase von zentralen und peripheren Botenstoffen ein. Vor diesem Hintergrund sind psychobiologische Mechanismen interessant, die der PTBS zugrunde liegen. Auf dieser Grundlage werden dann Studien vorgestellt, die Substanzgruppen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen untersucht haben. Für eine ausführlichere Darstellung der Neuropsychotraumatologie wird auf Galley et al. [7] verwiesen.

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Neurobiologie des akuten Psychotraumas

Abbildung 3 hebt die Strukturen hervor, die für die zentralnervöse Verarbeitung des Psychotraumas relevant sind. Hierbei handelt es sich um ein Modell, welches aus didaktischen Gründen die umfangreichen Zusammenhänge der Hirnregionen stark vereinfacht. Sie bestehen aus der zentralnervösen Verschaltung von Thalamus, Mandelkern, Hippokampus und Frontalhirn. Darüber hinaus sind die Stressachse, die Botenstoffe der Katecholamine, Kortikoide und Opiate aufgeführt, denen man Relevanz bei der Entwicklung einer PTBS beimisst. Die Stressachse besteht aus Hypothalamus, Hypophyse, Nebennierenrinde und Nebennierenmark.

In Anlehnung an das Verlaufsmodell der Psychotraumatisierung dient Abb. [3] zur Darstellung der physiologischen Reaktion in der traumatischen Situation. Das traumatische Ereignis wird über die Sinnesmodalitäten wahrgenommen (afferenter Flügel), und in thalamischen Schaltzentren wird die sensorische Information gebündelt. Über einen subkortikalen Neuronenkreis erfolgt eine affektive Bedeutungserteilung im Corpus amygdaloideum (Mandelkernregion). Der Neuronenkreis über den sensorischen Kortex zum Frontalhirn ermöglicht, über eine Verknüpfung mit dem limbischen System, die Bewertung der Situation unter Einbeziehung höherer kortikaler Funktionen. Es wird eine Bereitstellungsreaktion (efferenter Flügel) ausgelöst (fight/defense, flight and freeze; siehe Abb. [3]), um dem Anforderungsprofil der traumatischen Situation gerecht werden zu können.

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Abbildung 3: Die traumatische Situation aus neurobiologischer Sicht. Es werden die unterschiedlichen neuroanatomischen Strukturen dargestellt, die Relevanz für die Neurobiologie der Psychotraumatisierung aufweisen. Der afferente Flügel, d. h. Wahrnehmung der traumatischen Situation, führt im efferenten Flügel zu Kampf, Flucht oder Totstellreflex (weitere Erklärung siehe Text).

Analog zur Stresssituation geht man davon aus, dass in der traumatischen Situation eine Überflutung mit Neurohormonen stattfindet: Das katecholaminerge-, kortikotrope- und Opiatsystem wird aktiviert (siehe Abb. [3]). Die physiologischen Auswirkungen und Synergien werden im folgenden ausgeführt.

Die Aktivierung des adrenergen Systems hat auf den Ebenen des zentralen und peripheren Nervensystems erhebliche Auswirkungen. Es werden Orientierungs-, Schreckreaktionen und selektive Aufmerksamkeitsprozesse ausgelöst. Es kommt zur Aktivierung des Locus coeruleus, der die Ausschüttung von Noradrenalin über verschiedene Hirnregionen nach sich zieht und mit Intrusionen in Verbindung gebracht wird. Die Aktivierung der Mandelkernregion wird verstärkt [17]. Sie steht über die Stria terminalis mit Kerngebieten im Hirnstamm in Verbindung, die eine Aktivierung der Nebennierenrinde zur Folge hat und Adrenalin und Noradrenalin freisetzt. Die Freisetzung von Katecholaminen führt u. a. zu einer Erhöhung von Herzschlag sowie Blutdruck und fördert die Glukoseaufnahme in die Zelle (siehe Abb. [3]).

Diese Bereitstellungsreaktion führt nach dem Stresskonzept zur vermehrten Freisetzung von Cortico-Releasing-Factor (CRF) aus dem Hypothalamus. Dies wiederum bewirkt die Freisetzung von Corticotropin (ACTH) aus der Hypophyse. ACTH fördert die Ausschüttung von Cortisol aus der Nebennierenrinde mit einem vielfältigen Wirkprofil. Die erhöhte Freisetzung von Katecholaminen führt ebenfalls zur erhöhten Freisetzung von ACTH, so dass in der Stresssituation CRH und Katecholamine in der Freisetzung von Kortisol synergistisch wirken. Dem Vorläuferprotein von ACTH ist die Aminosäuresequenz von Beta-Endorphin angehängt. Beta-Endorphin ist ein Opiat und bewirkt Schmerzreduktion (Analgesie). Das heißt: bildet sich ACTH, entsteht parallel Beta-Endorphin. Dies trägt möglicherweise dazu bei, dass in Extremsituationen der Opiatspiegel ansteigt.

Auf peripherer Ebene erhöht Kortisol die Glucosekonzentration im Blut. Es wirkt sich aktivierend auf das Herz-Kreislauf-System aus. Glukokortikoide wirken antientzündlich und antiallergisch. Die massive Ausschüttung von Neurohormonen, wie es in traumatischen Situationen der Fall ist, führt möglicherweise zu einer Entkoppelung und Fehlfunktion der Hippokampusformation (siehe gestrichelter Doppelpfeil in der Abb. [3]). Dies führt möglicherweise zu dauerhaften Schäden an Nervenzellen, speziell im Hippokampusbereich [18].

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Flashbacks im traumatischen Prozess

Diese Ausführungen machen deutlich, dass Psychotraumatologie im neurobiologischen Gesamtkontext gesehen werden muss. Im Zustand höchster affektiver Erregung werden Zustandsbilder gespeichert, die assoziativ mit olfaktorischen, visuellen, akustischen oder kinästhetischen Eindrücken verbunden sind. Traumatische Engramme sind an die Physiologie des jeweiligen Erregungszustandes gekoppelt. Es entsteht die neuro-kognitive Repräsentanz des „Traumaschemas”.

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Abbildung 4: Neurobiologisches Modell des Flashback. In der Darstellung wird das gestörte Zusammenspiel von Mandelkern, Hippokampus und Frontalhirn dargestellt. Es kommt zu einer Hypersensibilität des katecholaminergen Systems, dem HPA Paradox und Fluktuationen des Opiatspiegel (weitere Erklärung siehe Text).

Neurobiologische Modelle gehen davon aus, dass während der Flashbacks eine frontale Dysfunktion des exekutiven Aufmerksamkeitssystem anzunehmen (siehe gestrichelter Pfeil, Abb. [4]) ist.

Chronische Dysregulationen sind für die Botenstoffe der Katecholamine, Opiate und Kortikoide festzustellen. Bei Kriegsveteranen mit einem PTBS führt die Präsentation von Videos über militärische Kampfhandlungen zu einer naloxonreversiblen Analgesie [19]. In verschiedenen Untersuchungen fanden sich bei PTBS-Patienten deutlich höhere Noradrenalinspiegel im Urin als bei der gesunden Kontrollgruppe [17],[20]. Diese Dysregulation in der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse führt auf Dauer zu einem relativen Hypokortisolismus. Das Phänomen des erhöhten CRF Spiegels [21] in Kombination mit einem erniedrigten Kortisolspiegel [22] ist als paradoxe Dysregulation der Stressachse (HPA-Paradox) bekannt geworden (siehe Abb. [4]).

Neuere Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), ein bildgebendes Verfahren, das die Gehirnaktivität sichtbar macht, verweisen auf ein atypisches Zusammenwirken der beiden Hemisphären. Hiernach ist unter experimentell induzierten Flashbacks besonders das Broca-Areal (motorisches Sprachzentrum) in seiner Aktivität unterdrückt [23],[24]. Statt dessen erscheint in der PET die rechte Hirnhälfte, die mit dem bildhaften Speichern von Emotionen und Sinneseindrücken assoziiert ist, besonders aktiviert. Dieser Befund erklärt auch, warum viele Traumatisierte das Geschehen oft nur bildhaft wiedererleben, nicht in Worte fassen können und immer wieder von einem Zustand wortlosen Entsetzens („speachless terror”) berichten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die psychophysiologischen Veränderungen, die mit der PTBS assoziiert sind, vielfältige Auswirkungen haben. Ein dynamisches Bedingungsgefüge kommt aus dem Gleichgewicht und verursacht eine chronifizierte Dysregulation. Parallel zum dynamisch-dialektischen Vorgehen der psychodynamischen Traumatherapie [16] ist die Psychopharmakotherapie als dynamische Einflussgröße in einem Bedingungsgefüge zu sehen.

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Allgemeine und spezielle Psychopharmakotherapie der PTBS

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Psychopharmakologische Behandlungsstrategien

Bei diesen weitreichenden Auswirkungen auf psychobiologischer Ebene stellt sich die Frage der pharmakologischen Beeinflussbarkeit. Welche Psychopharmaka haben sich als wirksam erwiesen, diese chronifizierte Dysregulation in den Griff zu bekommen? Aus neurobiologischer Sicht kommen antiadrenerge Substanzen, Benzodiazepine, Opiatantagonisten und affektstabilisierende Pharmaka (z. B. Antidepressiva) für die Psychopharmakotherapie der PTBS in Betracht.

Die alleinige Pharmakotherapie posttraumatischer Belastungsstörungen ist obsolet. Pharmakotherapie ist eine zusätzliche Hilfe, den psychotherapeutischen Verlauf zu stützen. Die Psychopharmakologie gehört zur Somatotherapie. Sie richtet sich nach der jeweiligen syndromalen Ausprägung, Schweregrad und Komorbidität. Die Psychopharmakologie dient zur kontrollierten Traumaverarbeitung und Konfrontation. Hierzu gehört die Distanzierung vom traumatischen Geschehen, die Verhinderung von Übererregungsphänomenen (z. B. Reizbarkeit, Affektinkontinenz, Schreckhaftigkeit, Albträumen) aber auch die Bewältigung der emotionalen Anästhesie und Minderung von Symptomen aus dem depressiven Spektrum (Interessenverluste, sozialer Rückzug und Konzentrationsstörungen). Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass die Behandlung der PTBS auf der phänomenologischen Ebene ein breites Anforderungsprofil einfordert, da z. T. gegenläufige psychopathologische Syndrome (z. B. Intrusion/Vermeidung) behandelt werden müssen. Zusammenfassend sollen für Herrn K. Erinnerungsbilder kontrollierbar und das Erregungsniveau reguliert werden und der Suchtdruck weichen. Die Psychopharmakologie soll die Wiederherstellung der emotionalen Differenzierung unterstützen und der chronischen Dysregulation von Botenstoffen entgegenwirken. Nach der MPTT [16] soll sich durch eine kombinierte Psychotherapie und Pharmakotherapie das „minimale kontrollierbare Handlungsfeld” erweitern, damit Selbstregulationsmechanismen im Sinne der Selbstheilung wieder greifen können.

Hierzu werden verschiedene Substanzgruppen angewendet. Primär kommen selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI) in Frage. Auch tri- und tetrazyklische Antidepressiva (Trimipramin, Doxepin, Maprotilin u. a.) finden Anwendung. Hinzu kommen neuere aktivierende oder schlaffördernde Antidepressiva mit dualem Wirkmechanismus (z. B. Venlafaxin, Mirtazapin), die sich bisher in kontrollierten Studien kaum wiederfinden. Zur Reizabschirmung werden Neuroleptika (z. B. Perazin), Benzodiazepine (Lorazepam u. a.) und Hypnotika (Zolpidem, Zopiclon u. a.) eingesetzt. Auf Benzodiazepine wird insbesondere zurückgegriffen, wenn Erregungssymptome unbeherrschbar werden.

Der biphasische Verlauf der PTBS macht auf Stoffgruppen aufmerksam, die zur Phasenprophylaxe angewendet werden. Hierzu gehören Lithiumsalze, Carbamazepin oder Valproinsäure, um den stimmungsstabilisierenden Effekt auszunutzen. Im folgenden werden die einzelnen Substanzgruppen sukzessive diskutiert.

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Antidepressiva

Antidepressiva werden primär zur Behandlung von depressiven Störungsbildern angewendet. Jedoch hat sich die Substanzgruppe auch für die Behandlung von Angst- und Zwangserkrankungen sowie bei Schmerzsyndromen bewährt. Die PTBS kann als Variante einer Angsterkrankung gesehen werden und wird - im Gegensatz zum ICD-10 - im DSM zu dieser Gruppe gezählt. Aus der Stoffgruppe der Antidepressiva werden Trizyklika, MAO-Hemmer und SSRI angeführt.

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Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer

Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI) haben in den vergangenen Jahren große Bedeutung gewonnen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass sie ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als trizyklische Antidepressiva aufweisen. Für die Psychotraumatologie sind Substanzen mit einem SSRI Wirkmechanismus besonders interessant, da bei der Entwicklung einer PTBS eine Beteiligung des Serotonin-Systems vermutet wird [25]. Die Wirksamkeit der SSRI hat in jüngsten Studien zunehmend Bestätigung gefunden. Vor diesem Hintergrund sind die Substanzen von Citalopram, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin genauer untersucht worden.

Seedat et al. [26] konnten nachweisen, dass 8 Patienten mit mäßiger bis schwerer PTBS Symptomatik durch die Gabe von 20 mg Citalopram über einen Behandlungszeitraum von 12 Wochen eine signifikante Besserung der Kernsymptomatik erfahren haben. Figgitt und McClellan [27] haben die Wirksamkeit von Fluvoxamin für das Spektrum der Angsterkrankungen untersucht und in diesem Zusammenhang beschrieben, dass eine Besserung des basalen posttraumatischen Belastungssyndroms erzielt werden konnte. Die Autoren stellen Fluvoxamin der Wirksamkeit von Clomipramin (trizyklisches Antidepressivum) gleich. Marshall et al. [28] haben zeigen können, dass Patienten mit nicht kriegsbezogener, chronischer PTBS von Paroxetin haben profitieren können. Auch die Wirksamkeit von Sertralin wurde bei der Behandlung der PTBS beschrieben [29],[30]. Fluoxetin wird von Meltzer-Brody et al. [31] als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung der PTBS gesehen. Der Nachweis wurde erbracht an einer Stichprobe von 53 Patienten, die nach einem Ziviltrauma eine PTBS entwickelt hatten.

Es gibt auch kritische Stimmen in Bezug auf die Anwendung von SSRI. Hertzberg et al. [32] konnte in einer Doppel-Blind-Studie keine Wirksamkeit von Fluoxetin bei Kriegsveteranen mit einer chronifizierten PTBS nachweisen. Andere Autoren haben sich mit dem Nebenwirkungsprofil von SSRI auseinandergesetzt. Kotler et al. [33] haben untersucht, ob sexuelle Dysfunktion der PTBS oder dem Profil der Nebenwirkung von SSRI zuzuordnen ist. Die Autoren kommen zum Schluss, dass die sexuelle Dysfunktion mit der PTBS assoziiert ist, jedoch durch die Gabe von SSRI zusätzlich beeinträchtigt wird.

Zusammenfassend können SSRI als Substanzgruppe der ersten Wahl betrachtet werden. Die Substanzen haben ihre Wirksamkeit für Symptome aus dem Spektrum der B, C und D Symptome, d. h. dem gesamten Spektrum des basalen posttraumatischen Belastungssyndrom gezeigt. Darüber hinaus haben SSRI eine gute Wirksamkeit in Bezug auf komorbide Störungen aus der Gruppe der PTBS assoziierten Vermeidungs- (z. B. Depression) und Übererregungserkrankungen (z. B. Angst, Impulsstörung usw.), die in Abb. [1] veranschaulicht sind.

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Trizyklische Antidepressiva

Trizyklische Antidepressiva (TZA) gehören zu den bewährtesten Medikamenten der Depressionsbehandlung. Die Anwendung bei PTBS wird z. T. zurückhaltend bewertet. Reist et al. [34] konnten für Desipramin keine Wirksamkeit bei der PTBS nachweisen. Auch Davidson et al. [35] vermochten eine Symptomverbesserung bei 46 amerikanischen Kriegsveteranen nach acht Wochen Amitryptylingabe nur für Vermeidungs-Symptome (C-Kriterium) und die depressive Symptomatik nachzuweisen. Friedman et al. [36] beurteilen in ihrer Übersichtsarbeit die Wirksamkeit von TZA wesentlich günstiger, weisen jedoch auf das typische Nebenwirkungsprofil hin (z. B. Hypotension, Herzrhythmusstörungen, anticholinerge Effekte, Müdigkeit).

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Monoaminoxidase-Hemmer

Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) wird eine besondere Wirksamkeit für Intrusionen (B-Kriterium) nachgesagt [37],[36]. Besonders irreversible MAO-Hemmer bringen die Problematik der Tyramin-freien Diät mit sich. Diese Einschränkung gilt für neuere Substanzen nicht (z. B. Moclobemid), so dass die Substanz von Friedmann et al. [36] in der PTBS Behandlung als sicher und zuverlässig eingestuft wird.

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Benzodiazepine

Benzodiazepine gehören zu den häufigst eingesetzten Psychopharmaka. Hauptindikation ist die Behandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen. Nach Friedmann et al. [36] sind Benzodiazepine effektive Anxiolytika und bewirken typische Antiarousal-Effekte, ohne jedoch Intrusionen (B-Kategorie) und Vermeidungssymptome (C-Kategorie) zu reduzieren. Wie kommt es zu einer solchen Polarisierung der therapeutischen Wirksamkeit? Befunde weisen darauf hin, dass Alprazolam die Reizantwort auf akustische Stimuli bei Panikstörungen reduziert. Dies ließ sich für Patienten mit einer PTBS nicht bestätigen [38]. Möglicherweise unterscheidet sich der zugrunde liegende neurobiologische Mechanismus der PTBS von anderen Angsterkrankungen.

In der Summe haben Benzodiazepine offensichtlich keine Vorteile gegenüber anderen Substanzklassen, die für die Behandlung einer PTBS verwendet werden. Daher schlussfolgern Friedmann et al. [36], dass Benzodiazepine nicht als Monotherapeutikum bei der Behandlung einer PTBS empfohlen werden können. Das Indikationsprofil richtet sich insbesondere auf PTB-Syndrome, bei denen Übererregung und vegetative Entgleisungen mit Schlaflosigkeit unbeherrschbar im Vordergrund stehen. Benzodiazepine können in diesen Fällen vorübergehend parallel zu einer antidepressiven Einstellung Anwendung finden. Häufig werden sie in der akuten psychotraumatischen Belastungssituation verabreicht. Dies erfolgt unter der Vorstellung, sowohl Zustände des Freezings zu lösen (z. B. Lorazepam) als auch Erregungszustände in den Griff zu bekommen. Um Schlafstörungen im Rahmen einer PTBS zu behandeln, bewährt sich der vorübergehende adjuvante Einsatz von Hypnotika (Zolpidem, Zopiclon u. a.).

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Phasenprophylaktika

Die Anwendung von Carbamazepin und Valproinsäure hat ihre Hauptindikation ursprünglich in der Behandlung von Epilepsie. Diese Substanzen haben jedoch in der jüngsten Vergangenheit in der Behandlung von affektiven Erkrankungen zunehmend Bedeutung gewonnen. Der Gebrauch von Carbamazepin und Valproat wurde von einer theoretischen Überlegung abgeleitet, wonach das sogenannte „Kindling” als pathophysiologischer Prozess der PTBS zugrunde gelegt wird. Das Modell „Kindling” beinhaltet die Hypothese, dass die wiederholte Präsentation von unterschwelligen Reizen das limbische System sensitiviert, und es dadurch zu neuronaler Aktivität kommt. Die Antikindling-Wirkung dämpft eine durch wiederholte Stressoren verursachte abnorme Aktivität limbischer Neurone. Friedmann et al. [36] beschreiben eine Wirksamkeit von Carbamazepin zur Reduktion von Intrusionen und Erregungssymptomen. Valproinsäure reduziert Vermeidungs- und Übererregungssymptome. Darüber hinaus liegen Studien vor, welche die Wirksamkeit von Lithium [39] und Lamotrigine [40] beschrieben haben.

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Antiadrenerge Substanzen

Clonidin (Alpha-2-Antagonist) reduziert Intrusionen, Übererregung und möglicherweise auch dissoziative Phänomene [41]. Mit dem Beta-Blocker Propanolol wurde an 11 missbrauchten Kindern eine Abnahme der Nachhall-Erinnerungen erzielt [42]. Die Anzahl der kontrollierten Studien ist nach Friedmann et al. [36] sehr begrenzt, so dass keine grundsätzliche Empfehlung für die Anwendung ausgesprochen werden kann.

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Neuroleptika

Nach Bauer und Priebe [43] wird der Einsatz von Neuroleptika bei Patienten mit PTBS sehr zurückhaltend beurteilt. Neuroleptika finden in der Übersichtsarbeit von Friedmann et al. [36] ein ähnliches Echo. Sie sollten als Monotherapeutikum grundsätzlich nicht zur Behandlung einer PTBS angewendet werden. In Einzelfällen mögen sie bei produktiv-psychotischen Syndromen sinnvoll sein. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob es sich nicht um Pseudohalluzinationen handelt, die bei PTBS-Patienten in spezifischen Erlebniszuständen sowie bei Flashbacks im Rahmen von taktilen, olfaktorischen, visuellen und gustatorischen Sensationen zu beobachten sind. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob produktiv- psychotische Symptome die Diagnose einer PTBS als Krankenhaushauptdiagnose nicht ausschließen. Niederpotente Neuroleptika haben ihr Indikationsspektrum als Adjuvanz, wenn die Patienten von Symptomen des Übererregungsspektrums gequält sind und eine ausreichende Sedierung sichergestellt werden muss. Sie bieten den Vorteil, dass die Problematik der Abhängigkeitsentwicklung, die z. B. die Anwendung von Benzodiazepinen mit sich bringt, umgangen wird.

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Opiatantagonisten

Die Anwendung von Naltrexon wird im Kontext der Behandlung von dissoziativen Zuständen diskutiert. Vermehrten Einsatz findet die Substanz bei Borderline-Störungen, um zur Reduktion von Selbstschädigungshandlungen und zur Affektstabilisierung beizutragen. Bisher hat die Substanzgruppe in Übersichtsarbeiten [43],[36], die sich mit der störungsspezifischen Behandlung der PTBS beschäftigt haben, noch keinen festen Platz. Aus diesem Grunde bleibt die Entwicklung abzuwarten.

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Stoffgruppen im Vergleich nach Kriterien der Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR)

Um die Vielzahl der Studien, die zur Psychopharmakotherapie veröffentlicht worden sind, überschaubar zu machen, haben sich Friedmann et al. [36] das Codiersystem der Agency for Health Care Policy and Research (AHCPR) zu Nutze gemacht. Das System unterscheidet zwischen den Levels A, B, C, D, E und F. Bei der Einstufung spielen Quantität und Qualität der durchgeführten klinischen Untersuchungen eine Rolle. Die Einstufung in das Level A basiert z. B. auf randomisierten Doppelblindstudien, die an der Wirksamkeit der Substanz keinen Zweifel lassen. Level F hingegen basiert auf kürzlich entwickelten Substanzen, bei denen noch keine klinischen bzw. empirischen Untersuchungen vorliegen. Das zugrunde gelegte Anforderungsprofil der Kodierung kann bei Foa et al. [44] nachgelesen werden.

Nach den AHCPR-Kriterien kommen folgende Einstufungen zustande, die in der Tab. [1] dargestellt sind.

Tab. 1: Stoffgruppen im Überblick
Antidepressiva
Selektive Serotonin-Rückaufnahmehemmer (SSRI)
SertralinLevel A
FluoxetinLevel A/B
ParoxetinLevel B
FluvoxaminLevel B
Trizyklische Antidepressiva (TZA)
Imipramin/Amitriptylin/DesipraminLevel A
Monoaminoxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
MoclobemidLevel B
Antiadrenerge Substanzen
Clonidin/PropanololLevel C
Antikonvulsiva
Carbamazepin/ValproinsäureLevel B
Benzodiazepine
AlprazolamLevel B
ClonazepamLevel C
Neuroleptika
Thioridazin/Clozapin/RisperidonLevel F

Einstufung der Stoffgruppen Antidepressiva, antiadrenerge Substanzen, Antikonvulsiva, Benzodiazepine und Neuroleptika nach den AHCPR-Kriterien in Bezug auf ihre Eignung zur Behandlung einer PTBS nach Friedman et al. [36].

Zusammenfassend haben sich nach kritischer Durchsicht der Literatur für den klinischen Alltag SSRI als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung der PTBS bewährt. Auch für MAO-Hemmer und TZA werden gute Wirksamkeiten beschrieben, wobei das Profil der Nebenwirkungen nachteilig sein kann. Auch antiadrenerge und antikonvulsive Substanzen werden angewendet. Die Hinweise verdichten sich, dass die Anwendung von Benzodiazepinen zurückhaltend bewertet werden sollte. Erstens wird die Wirksamkeit für die Behandlung von B- und C-Symptomen angezweifelt und zweitens leistet die Anwendung von Tranquilizern komorbiden Suchterkrankungen Vorschub. Von Neuroleptikagaben sollte als Monotherpeutikum Abstand genommen werden. Dosierung und Behandlungsdauer entsprechen den allgemeinen psychopharmakologischen Richtlinien, was die individuelle Anpassung betrifft [45], sie sind nicht Bestandteil unseres Beitrags.

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Integration der Psychopharmakotherapie in psychodynamische und neurobiologische Modelle der PTBS

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Psychopharmakologische Behandlungsstrategien im Verlaufsmodell

Bisher fehlen Studien, die sich mit dem Einsatz von Psychopharmaka im Kontext des Verlaufsmodells von Fischer und Riedesser [3] beschäftigen. Im folgenden fügen wir die Verlaufsdimension in die pharmakotherapeutischen Überlegungen ein (siehe Abb. [5]). Wir unterscheiden hierbei die Psychopharmakotherapie der akuten traumatischen Situation (II) von der Phase der Traumaverarbeitung (III). Letztere besteht zunächst aus der Einwirkungsphase des Traumas und differenziert sich dann in Erholungsphase vs. psychotraumatischen Prozess. Beide Verlaufsphasen sind eingebettet in ein neuro- bzw. psychobiologisches Modell von Persönlichkeit, das als Antezedenzmerkmal aufgeführt wird (I).

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Abbildung 5: Psychopharmakologische Behandlungsstrategien im Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung. Auf der Zeitachse werden Antezedenzmerkmale (I), traumatische Situation (II) und Bewältigung unterschieden (III). Tritt die Erholungsphase ein, so kommt es zum einem Selbstheilungsprozess, während der „traumatische Prozess” zu unterschiedlichen Verlaufstypen der psychotraumatischen Belastungsstörung führt. Der Zeitpunkt der psychopharmakologischen Intervention ist mit A, B und C wiedergegeben. Intervention C beispielsweise gibt die Psychopharmakotherapie in mittel- und langfristigen Prozessverläufen, entsprechend der MPTT, wider. Im internationalen Studienvergleich hebt sich die Gruppe der Antidepressiva als Standardtherapie ab. Die Verlaufstypen Sucht, Angst, Dissoziation und Erregung stellen empirisch abgeleitete psychodynamische Kompensationsstrategien dar, die in der Wahl des Pharmakons berücksichtigt werden müssen (siehe Text).

Die psychopharmakologischen Interventionslinien unterscheiden sich im Verlaufsmodell in Behandlungsstrategie A, B und C. In der akuten traumatischen Situation (A) werden häufig Benzodiazepine verabreicht, um Erregungszustände in den Griff zu bekommen bzw. dissoziativ/stuporöse Zustände zu lösen. Für die Einwirkungsphase (B) ist das Konzept der sekundären Prävention einer PTBS zu berücksichtigen. Hier ist eine „zielgruppenorientierte Intervention” erforderlich, welche sich in der Hilfe für Gewaltopfer bereits bewährt hat [46] und in humanitären bzw. militärischen Einsätzen der Bundeswehr großflächig umgesetzt werden soll [47]. Hier wird über den Kölner Risiko Index die Hochrisikogruppe für PTBS ermittelt und einer psychotherapeutischen Behandlung nach der MPTT zugeführt. Es stellt sich die Frage, ob und wieweit durch Pharmakotherapie die Psychotherapie der Risikogruppe signifikant unterstützt werden kann. Bestätigen zukünftige pharmakologische Studien diese Annahme, so würde sich daraus die Empfehlung einer antidepressiven Medikation in der Einwirkungsphase (bis 4 Wochen nach dem Ereignis) ableiten, ohne dass formal die Diagnose einer PTBS gestellt werden kann.

Die gegenwärtige Literatur beschäftigt sich primär mit der manifesten PTBS im traumatischen Prozess (C). In der Summe kommen die angeführten Studien zum Schluss, dass primär Antidepressiva eingesetzt werden sollten. Sowohl die spezifischen Symptome einer PTBS als auch das Komorbiditätsspektrum sind hierdurch am günstigsten abgedeckt.

Welche Aspekte ergeben sich für die Psychopharmakotherapie aus den angeführten psychodynamischen Charakterzügen der PTBS? Aus diesem Blickwinkel lässt sich das angezielte Wirkprofil einer Standardtherapie folgendermaßen umreißen:

  1. Die Betrachtung der PTBS als Verlaufserkrankung im Sinne eines „traumatischen Prozesses” legt nahe, dass Substanzklassen mit stabilisierendem Langzeiteffekt sich in eine dynamische Psychopharmakotherapie sinnvoll einfügen.

  2. Die „festgefahrenen” Extrempositionen überflutender Intrusion einerseits und exzessiver Vermeidung (numbing, emotionale Anästhesie) andererseits müssen abgemildert werden in Verbindung mit einem psychotherapeutischen Vorgehen, das darauf abzielt, den psychobiologischen, selbstregulativen Prozess der Traumaverarbeitung in Gang zu halten bzw. wieder in Gang zu setzen.

In beiden Punkten schneiden Antidepressiva besonders günstig ab.

Die Entscheidung einer antidepressiven pharmakologischen Einstellung impliziert die Applikation für eine Zeitspanne von mindestens einem halben Jahr. Somit kommen für die Psychopharmakotherapie primär Therapieformen aus der Gruppe mittelfristiger oder langfristiger traumatischer Prozesse im Sinne der MPTT [16] in Betracht, die auch unter psychodynamischen Kriterien als schwerwiegend einzustufen sind.

Die Diskussion um das zweite Zielkriterium macht darauf aufmerksam, dass Antidepressiva möglicherweise Eigenschaften haben, die zwischen den festgefahrenen Extrempositionen von Erregung und Vermeidung vermitteln. Dies knüpft an kybernetische Modelle der Neurotransmission an. Im Gegensatz hierzu beschreiben bewährte Klassiker der antidepressiven Psychopharmakotherapie (z. B. Kielholz Schema) lediglich statisch die Auslenkung des depressiven Syndroms (ob z. B. Antriebsarmut oder Agitation im Vorderund steht). Bei dieser linearen, „ordinalskalierten” Beschreibung bleibt der zyklische, dynamische Verlauf der Störung außer Acht, welcher jedoch - ähnlich wie bei der PTBS (vgl. Abb. [2]) - gerade für die Überwindung und Auflösung der Depression verantwortlich erscheint. Depressive Patienten in Praxen und Kliniken legen täglich Zeugnis davon ab, dass der Prozess der Depressionslösung zyklisch verläuft, abhängig etwa vom Tageszeitpunkt (morgens vs. abends) oder auch vom sozial- bzw. psychotherapeutischen Setting. Diese zyklische Komposition depressiver und anderer Störungsbilder scheint in der theoretischen Psychopharmakologie bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden zu sein. Stattdessen werden lineare Konzepte bevorzugt, verbunden mit einer entsprechenden Beurteilung von „Verbesserung” oder „Verschlechterung” im Sinne der Zu- oder Abnahme einer Depression. Übertragen auf die spezielle Pharmakotherapie der PTBS, liegt die Annahme nahe, dass in dieser „dialektischen” Wirkkonstellation die pharmakologische und neurobiologische Entsprechung zum psychodynamischen Zyklus der Traumaverarbeitung zum Ausdruck kommt.

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Spezielle Psychopharmakotherapie und Verlaufsdiagnostik

Welche spezielle Psychopharmakotherapie der PTBS lässt sich aus dem „Verlaufstyp” ableiten? Hierzu sei an die eingangs beschriebenen Verlaufsstypen „Kompensation durch Suchtverhalten”, „PTBS-Angsttyp”, bei dem die traumatischen Ängste überwiegen, „Vermeidungstyp” mit habitueller Dominanz des phobischen und depressiven Flügels der PTSD sowie an den „Dissoziationstyp” mit Überwiegen eines dissoziativen Kontrollstils erinnert [4]. Allen Verläufen gemeinsam erscheint der Umstand, dass eine antidepressive Medikation und Einstellung als psychopharmakologische Basisintervention grundsätzlich im Indikationsspektrum liegt. Die pharmakologische Interventionslinie unterscheidet sich entsprechend dem Komorbiditätsspektrum bzw. dem traumakompensatorischen Verarbeitungsstil und den sich hieraus ergebenden Besonderheiten.

Beim Verlaufstyp „Sucht” ist psychopharmakologische Zurückhaltung geboten. Gefährliche Interaktionseffekte psychotroper Substanzen mit Antidepressiva gestatten nur einen geringen Spielraum. So muss Alkoholrückfälligkeit beständig überwacht werden, und Pharmaka aus der Stoffgruppe der Benzodiazepine sind grundsätzlich obsolet. Dieses Dilemma wurde bei unserem Beispielpatienten, Herrn K., durch eine niedrigdosierte und engmaschig kontrollierte Einstellung auf Doxepin (50mg) gelöst, auf eine Substanz, die grundsätzlich auch im Rahmen einer Entzugsbehandlung zugelassen ist.

Der PTBS-Angsttyp erfordert häufig eine adjuvante Komedikation mit Hilfe eines Benzodiazepins, niederpotenten Neuroleptikums oder einer schlafinduzierenden Medikation mit Hilfe eines Hypnotikums.

Der „Vermeidungstyp” siedelt sich im Spektrum depressiver Syndrome an. Erregungssymptome sind ebenfalls von Bedeutung, so dass Antidepressiva als Monotherapeutikum, denen eine sedierende Komponente fehlt (z. B. SSRI), entsprechend zu ergänzen sind. Ob der „dissoziative Verlaufstyp” von einer Komedikation mit Naltrexon profitiert, kann zum derzeitigen Forschungsstand nicht beantwortet werden.

Auch wenn die Untersuchung charakteristischer Verlaufstypen nach psychischer Traumatisierung derzeit noch keineswegs abgeschlossen ist, wird möglicherweise doch schon deutlich, dass die Entwicklung psychodynamisch fundierter Leitlinien einen „Quantensprung” in der Pharmakologie bedeuten kann, welcher Psychotherapie und Pharmakotherapie einerseits gleichberechtigt nebeneinander stellt, andererseits aber auch ihre Interaktionseffekte sichtbar macht.

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Pharmakotherapie und Neurobiologie der PTBS

Bei dem Versuch, neuroanatomische und neurochemische Veränderungen bei PTBS mit einem psychopharmakologischen Modell zu verknüpfen, stößt man auf Grenzen. Gegenwärtig existieren vor allem Hypothesen zu einzelnen Wirkmechanismen. Nach Ehlert et al. [17] ist der Symptomkomplex der Intrusion und des Hyperarousals (B- und D-Symptome) an die exzessive Freisetzung von Katecholaminen geknüpft. Die emotionale Verflachung (C-Symptom) wird nach van der Kolk [48] Fluktuationen des Opioidsystems zugeschrieben. Die Bedeutung der paradoxen Regulation der Stressachse ist bisher unverstanden. Die Psychopathologie des Flashbacks, die Löschungsresistenz des Traumaschemas sowie die gestörte räumliche und zeitliche Integration des Psychotraumas werden im Kontext gestörter zentralnervöser Informationsverarbeitung interpretiert. Auf welchen neurobiologischen Mechanismus diese Phänomene zurückzuführen sind, haben wir im Kontext neurobiologischer Modelle zur PTBS ausführlich diskutiert. Offensichtlich jedoch ist es - ähnlich wie bei anderen psychischen Störungsbildern - nicht möglich, psychopharmakologische Behandlungsstrategien, neurobiologische Konzepte der PTBS und die Effektstärke von Psychotherapien in eine 1-zu-1-Zuordnung zu bringen. Daher sollte dem dynamischen System von Dysregulationen und Regulationsbemühungen auf psychologischer wie biologischer Ebene verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Auch hier erschöpft sich die apparativ laborchemische Diagnostik des Klinikalltages, die sich häufig auf punktuelle Messparameter beschränkt. PTBS-Diagnostik und Verlaufsbeurteilung sollten zunehmend durch funktionell-dynamische Vorgehensweisen ersetzt werden (24-Std. Blutdruckmessung; funktionelles MRT, Kortisol, Katecholamin-Tagesprofil usw.), um das dynamische Bedingungsgefüge der intrasomatischen Teilstrecke psychotraumatischer Belastung in ihrem Verlaufsprozess abzubilden.

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Abschließende Überlegungen und Ausblick

Vom Forschungsansatz her erfordert die Evaluation der Psychopharmakotherapie im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung den Übergang von der Symptom- bzw. Syndromebene zum Studium konkreter, klinischer Verläufe, teilweise auch auf der Mikroebene therapeutischer Interaktion. Im Mittelpunkt steht hier die Frage nach der Bio- und Psychodynamik der Pharmawirkung und insbesondere nach möglichen Synergien. Präparate oder Präparatkombinationen, die sich nach diesem Studientyp bewähren („within-case” und „cross-case-studies”)[49], sind für die klinische Anwendung unmittelbar relevant. Gegenwärtig fehlt hingegen noch eine ätiopathogenetische Fundierung psychopharmakologischer Behandlungsstrategien, die das Störungsbild in seiner charakteristischen Entstehungsgeschichte und seinem Verlauf angemessen erfassen. Die erstaunlich breite Palette der gegenwärtig klinisch eingesetzten und in den Studien untersuchten Präparate dürfte auf das noch vorwiegend symptomorientierte und eklektische Vorgehen zurückzuführen sein. Psychopharmakotherapie kann gegenwärtig allenfalls eine Stützfunktion bei der psychotherapeutischen Behandlung des Traumas einnehmen, die den therapeutischen Prozess katalysiert. Es gilt der Grundsatz, dass Psychopharmakotherapie als Ergänzung zur Psychotherapie gesehen werden sollte und beim derzeitigen Forschungsstand schweren Fällen vorbehalten ist.

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Danksagung

Wir danken Herrn Prof. Dr. K. Fasshauer für kritische Anmerkungen zum Manuskript.

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Autoren (Korrespondenz bitte an Dr. Bering):

Dr. med. Dipl.-Psych. Robert Bering

Zentrum für Psychotraumatologie,

Alexianer-Krankenhaus Krefeld,

Email: mailto:robert.bering@uni-koeln.de

Phone: Tel.: 02151-34-7280

Dr. med. Andreas Horn

Alexianer-Krankenhaus Krefeld

Oberdießemerstr. 136, 47805 Krefeld

Prof. Dr. Gottfried Fischer

Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln

Zülpicherstr. 45 (Rundbau), Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln

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Autoren (Korrespondenz bitte an Dr. Bering):

Dr. med. Dipl.-Psych. Robert Bering

Zentrum für Psychotraumatologie,

Alexianer-Krankenhaus Krefeld,

Email: mailto:robert.bering@uni-koeln.de

Phone: Tel.: 02151-34-7280

Dr. med. Andreas Horn

Alexianer-Krankenhaus Krefeld

Oberdießemerstr. 136, 47805 Krefeld

Prof. Dr. Gottfried Fischer

Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität zu Köln

Zülpicherstr. 45 (Rundbau), Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln

 
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Abbildung 1: Komorbidität durch den traumatischen Prozess (in Anlehnung an [6]). Die Darstellung hat idealtypischen Charakter. Im Zuge des Verarbeitungsprozesses von Intrusion und Verleugnung können Krankheitsbilder entstehen, die mit zuviel oder zuwenig Erregung assoziiert sind.

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Abbildung 2: Zyklus der Traumaverarbeitung. Erklärung: Die aktuelle traumatische Erfahrung durchläuft zunächst die Quadranten I bis III und pendelt sich dann zwischen II und III ein. Damit entsteht jenes Oszillieren zwischen Intrusion und Vermeidung, das den Kern der PTBS bildet. Auch im Normalfall wechseln Blockierung und Zulassen der Erinnerung einander ab, so dass ein kontrolliertes, „dosiertes” Erinnern und Durcharbeiten möglich wird. Dies entspricht dem „natürlichen Selbstheilungsprozess” auch bei Trauma, den die Therapie unterstützen und vollenden kann. Bei PTBS ist dieser normale Vorgang „entgleist” und festgefahren in einem dynamischen System, das zwischen extremer Verdrängung und überflutender Erinnerung oszilliert (Rückkopplungspfeil zwischen III und II, wirksam meist als positives Feedback mit Tendenz zur Eskalation).

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Abbildung 3: Die traumatische Situation aus neurobiologischer Sicht. Es werden die unterschiedlichen neuroanatomischen Strukturen dargestellt, die Relevanz für die Neurobiologie der Psychotraumatisierung aufweisen. Der afferente Flügel, d. h. Wahrnehmung der traumatischen Situation, führt im efferenten Flügel zu Kampf, Flucht oder Totstellreflex (weitere Erklärung siehe Text).

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Abbildung 4: Neurobiologisches Modell des Flashback. In der Darstellung wird das gestörte Zusammenspiel von Mandelkern, Hippokampus und Frontalhirn dargestellt. Es kommt zu einer Hypersensibilität des katecholaminergen Systems, dem HPA Paradox und Fluktuationen des Opiatspiegel (weitere Erklärung siehe Text).

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Abbildung 5: Psychopharmakologische Behandlungsstrategien im Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung. Auf der Zeitachse werden Antezedenzmerkmale (I), traumatische Situation (II) und Bewältigung unterschieden (III). Tritt die Erholungsphase ein, so kommt es zum einem Selbstheilungsprozess, während der „traumatische Prozess” zu unterschiedlichen Verlaufstypen der psychotraumatischen Belastungsstörung führt. Der Zeitpunkt der psychopharmakologischen Intervention ist mit A, B und C wiedergegeben. Intervention C beispielsweise gibt die Psychopharmakotherapie in mittel- und langfristigen Prozessverläufen, entsprechend der MPTT, wider. Im internationalen Studienvergleich hebt sich die Gruppe der Antidepressiva als Standardtherapie ab. Die Verlaufstypen Sucht, Angst, Dissoziation und Erregung stellen empirisch abgeleitete psychodynamische Kompensationsstrategien dar, die in der Wahl des Pharmakons berücksichtigt werden müssen (siehe Text).