Leistungsspielraum als Funktion der Herzfrequenz
Leistungsspielraum als Funktion der Herzfrequenz
Ruhe- und Belastungsstoffwechsel eines gesunden Menschen variieren
etwa um den Faktor 10, der Sauerstoffbedarf pro Minute zwischen
0,25 und 2,5 Liter. Ausreichende Lungenfunktion vorausgesetzt, nutzt
der Organismus zwei Mechanismen, um unter Belastung der arbeitenden
Zelle mehr Sauerstoff anzubieten: Er lässt den O2-Gehalt
des Blutes stärker ausschöpfen und erhöht
die Transportkapazität des Herzkreislaufsystems. In der Bilanz
wachsen arteriovenöse Sauerstoffdifferenz und Herzzeitvolumen
etwa auf das jeweils Dreifache. Dabei wird die kardiale Auswurfleistung
durch Vergrößerung des Schlagvolumens (Faktor
1,5) und der Schlagzahl (Faktor 2,3) angepasst (Abb. [1]
) [1].
Abb. 1 Stellglieder der Sauerstoffaufnahme
in Ruhe und Belastung und ihr relativer Anteil an der metabolischen
Leistungssteigerung bei körperlicher Arbeit (modifiziert
nach [1]). Am bedeutsamsten für
die Steigerung der Sauerstoffaufnahme unter körperlicher
Belastung ist die Zunahme der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz
gefolgt von der Steigerung der Herzfrequenz. VO2: Sauerstoffaufnahme,
AVDO2: arteriovenöse Sauerstoffdifferenz („Ausschöpfung”),
HF: Herzfrequenz, SV: Schlagvolumen.
Damit bestimmt allein die Herzfrequenz über ein Drittel
der körperlichen Leistungsreserve. Unter pathologischen
Bedingungen nimmt dieser Anteil noch zu, etwa wenn bei Herzinsuffizienz
das Schlagvolumen nicht mehr adäquat gesteigert oder schon
der Ruhestoffwechsel nur mit vermehrter Sauerstoffausschöpfung
aufrechterhalten werden kann.
Der körperliche Leistungsspielraum ist mit der Fähigkeit,
die Herzfrequenz zu steigern, linear verknüpft [16]. Als physiologische Norm gilt,
dass bei einem Anstieg der Sauerstoffaufnahme um 1 ml/min
pro kg Körpergewicht die Herzfrequenz zwischen 2 und 4
Schlägen/min zunimmt [10],
wobei dieser Wert unter- und oberhalb der anaeroben Schwelle leicht
differiert und bei Frauen tendenziell höher liegt als bei
Männern [15]. Mit wachsendem
Trainingszustand ist der Herzfrequenzanstieg geringer, mit zunehmender
Herzschwäche wird er größer, auch wenn
die Streuung innerhalb der Herzinsuffizienzklassen groß ist
und damit ein breiter Überlappungsbereich besteht (Tab. [1]) [10]
.
Tab. 1 Beziehung
zwischen der Steigerung von Herzfrequenz (HF) und Sauerstoffaufnahme
(VO2) bei normalen Probanden und bei Patienten mit Herzinsuffizienz
unterschiedlicher Ausprägung. A-C entspricht der
Weber’schen Herzinsuffizienzklassifizierung anhand der
maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Im Unterschied
zu Gesunden benötigen Herzinsuffiziente in Abhängigkeit vom
Schweregrad der funktionellen Einschränkung einen größeren
Herzfrequenzanstieg, um denselben Zuwachs in der Sauerstoffaufnahme
zu erzielen.
<TD VALIGN="TOP">
Gruppe
</TD><TD VALIGN="TOP">
VO2max
[ml/min/kg]
</TD><TD VALIGN="TOP">
Alter
[Jahre]
</TD><TD VALIGN="TOP">
n
</TD><TD VALIGN="TOP" COLSPAN="2">
ΔHF/ΔVO 2
[Schläge/ml/min/kg]
</TD><TD VALIGN="TOP">
p
(vs. C)
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD><TD VALIGN="TOP">
m±SD
</TD><TD VALIGN="TOP">
Spanne
</TD><TD VALIGN="TOP">
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
Normal
</TD><TD VALIGN="TOP">
Tab (A,G)
</TD><TD VALIGN="TOP">
30±7
</TD><TD VALIGN="TOP">
27
</TD><TD VALIGN="TOP">
2.91±0,51
</TD><TD VALIGN="TOP">
2,1-3,9
</TD><TD VALIGN="TOP">
0,001
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
A
</TD><TD VALIGN="TOP">
>20
</TD><TD VALIGN="TOP">
40±17
</TD><TD VALIGN="TOP">
10
</TD><TD VALIGN="TOP">
3,43±0,81
</TD><TD VALIGN="TOP">
2,2-5,3
</TD><TD VALIGN="TOP">
0,01
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
B
</TD><TD VALIGN="TOP">
16-20
</TD><TD VALIGN="TOP">
42±20
</TD><TD VALIGN="TOP">
13
</TD><TD VALIGN="TOP">
3,67±1,13
</TD><TD VALIGN="TOP">
1,8-5,6
</TD><TD VALIGN="TOP">
0,05
</TD>
<TD VALIGN="TOP">
C
</TD><TD VALIGN="TOP">
10-16
</TD><TD VALIGN="TOP">
56±12
</TD><TD VALIGN="TOP">
34
</TD><TD VALIGN="TOP">
4,66±1,35
</TD><TD VALIGN="TOP">
2,4-7,6
</TD><TD VALIGN="TOP">
-
</TD>
<TD VALIGN="TOP" COLSPAN="7">
Tab (A,G):
Tabellarischer Sollwert als Funktion von Alter und Geschlecht (nach [10]
), DHF/DVO2:Anstieg der
Herzfrequenz in Relation zum Anstieg der Sauerstoffaufnahme, m±SD:
Mittelwert ± Standardabweichung
</TD>
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kurzgefasst: Unter physiologischen
Bedingungen bestimmt die Herzfrequenz über ein Drittel
der metabolischen Reserve. Bei Herzinsuffizienz nimmt dieser Anteil zu,
sofern die periphere Sauerstoffausschöpfung bereits in
Ruhe als Kompensationsmechanismus benötigt wird und unter
Belastung das Schlagvolumen nicht wesentlich gesteigert werden kann.
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Definition der Frequenzinkompetenz
Definition der Frequenzinkompetenz
Mangelnde Frequenzanpassung („Frequenzinkompetenz”)
ist nicht allgemeingültig definiert: Für maximale
körperliche Belastung sind feste Mindestfrequenzen zwischen
100 und 110/min [5]
[13]
[14] und
altersabhängige Zielwerte angegeben worden, die zwischen
60 und 84 % der „maximum predicted heart
rate” (MPHR = 220 - Lebensalter [bpm])
betragen sollen [3]
[4]
[11].
Nachteil solcher Definitionen ist, dass sie auf maximale Belastung
abheben und so die Lebensumstände oft wenig trainierter
Patienten verfehlen. Eine belastungsphysiologisch fundierte Alternative
bietet das „Chronotropic Assessment Exercise Protocol” (CAEP [16]
), das statt maximaler eher niedrige
Belastungsstufen austestet. So bildet es die Leistungsanforderung älterer
und oft herzkranker Menschen nach, ist für sportlich Ambitionierte aber
nach oben beliebig zu erweitern. Das Protokoll ist in Abb. [2] näher
erklärt. Der Erwartungsbereich ist durch Ruhefrequenzen
von 60-80/min und die normale Variationsbreite
der Frequenzsteigerung definiert (2-4 Schläge/min
pro ml O2/kg Körpergewicht/min).
Abb. 2 Chronotropic Assessment Exercise
Protocol (CAEP). Ursprünglich für das Laufband
angegebene Belastungsstufen von je 2 Minuten Dauer sind an die Fahrradergometrie
angepasst. Der Bereich „physiologischer” Frequenzkompetenz
beschreibt einen Frequenzzuwachs von 2-4/min pro
(geschätzter) Steigerung der Sauerstoffaufnahme um 1 ml
O2/kg Körpergewicht und Minute. Die
untere Grenze des physiologischen Bereichs errechnet sich mit 60 + 2
Schlägen/min pro mlO2/min/kg.
Die obere ergibt sich aus 80 + 4 Schlägen/min
pro mlO2/min/kg. Eingezeichnet ist
der Frequenzverlauf des Fallbeispiels (viereckige Symbole), wo die
Frequenzinkompetenz über die gesamte Ergometrie evident
ist. Im zweiten Fall (Dreiecke) besteht sie vor allem auf niedriger
Belastungsstufe, während der Sympathikusantrieb bei maximaler
Belastung den Normbereich der Frequenzkompetenz noch erreichen lässt.
Das Beispiel zeigt die Gefahr der Missklassifikation anhand fixer
Frequenzkriterien bei Ausbelastung.
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kurzgefasst: Ob eine chronotrope
Inkompetenz vorliegt, lässt sich klinisch besser an Alltags-
als an maximalen Belastungen beurteilen. Beträgt die Herzfrequenz
an der anaeroben Schwelle, die etwa der halbmaximalen Belastung entspricht,
weniger als 90/min, so ist von einer relevanten chronotropen
Inkompetenz auszugehen. Zur differenzierten Diagnostik der chronotropen
Inkompetenz eignen sich standardisierte Ergometrieprotokolle (CAEP-Protokoll).
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Prävalenz chronotroper Inkompetenz
Prävalenz chronotroper Inkompetenz
Nach Daten der Literatur [9] [12]
und aus eigenen CAEP-Ergometrien
(n=100), die von konsekutiv untersuchten Schrittmacherpatienten
stammen, ergibt sich folgendes Bild: Bei Patienten mit Sinusknotenerkrnakung
ist etwa in der Hälfte der Fälle mit einem unzureichenden
Frequenzanstieg unter Belastung zu rechnen. Patienten, die wegen
eines reinen AV-Blockes einen Zweikammerschrittmacher erhalten haben,
bleiben eigenen Untersuchungen zu Folge nur selten (13%)
chronotrop inkompetent, da der Sinusknoten wieder seiner Funktion
als Taktgeber nachkommen kann. Bei Patienten mit Zweiknotenerkrankung ist
in mindestens der Hälfte mit einer chronotropen Inkompetenz
zu rechnen. Beim Brady-Tachy-Syndrom ist der Verlust der Frequenzanpassung
fast die Regel (bis 80%), was neben der Grunderkrankung
der medikamentösen Flimmerprophylaxe zuzuschreiben ist.
Die chronische Bradyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern ist in
2/3 der Fälle mit einem unzureichenden Frequenzanstieg
unter Belastung assoziiert. Eigene Untersuchungen an Hand des CAEP-Protokolles
haben gezeigt, dass die chronotrope Inkompetenz häufiger
diagnostiziert wird, wenn das Erreichen des physiologischen Frequenzbereiches
bei der für Alltagsbelastungen relevanteren halbmaximalen
Belastungsintensität beurteilt wird."
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kurzgefasst: Bei Bradykardie-Tachykardie-Syndrom
besteht - besonders unter medikamentöser Therapie - zu
70-80 % eine mangelnde Frequenzanpassung
unter Belastung.
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Ursachen chronotroper Inkompetenz
Ursachen chronotroper Inkompetenz
Die autonome Frequenzregulation setzt überwiegend atrial
an und moduliert die Automatie des Sinusknotens. Dieser verliert
seine Funktion als Mittler zwischen metabolischem Bedarf und Herzfrequenz,
wenn er selbst erkrankt und auf vegetativen Antrieb nur zögerlich
reagiert oder wenn der Vorhof infolge Rhythmusstörungen (Flattern/Flimmern)
der Sinusknotenpriorität entzogen wird. Bei Unterbrechung
der atrioventrikulären Erregungsleitung (AV-Block) wird
die Kammer von den positiv chronotropen Einflüssen aus
dem Vorhof nicht mehr erreicht und bleibt unter Belastung hinter
metabolischen Erfordernissen zurück. Auch „bradykardes Vorhofflimmern” setzt
eine Überleitungsstörung im AV-Knoten voraus.
In allen Fällen sind zusätzliche medikamentöse
Einflüsse denkbar, die - wie etwa Antiarrhythmika
beim Bradykardie-Tachykardie-Syndrom - im Einzelfall unverzichtbar
sind.
Wer braucht Frequenzadaptation?
Wer braucht Frequenzadaptation?
Ein Patient wird umso mehr von einem frequenzvariablen Schrittmacher
profitieren, je weniger er selbst seine Herzfrequenz bedarfsabhängig
steigern kann. Der banal klingende Satz lässt sich differenziert
belegen: Orientiert man den Schweregrad der chronotropen Inkompetenz
an der Ausbelastungsherzfrequenz (I: ≤ 90/min;
II: 91-110/min; III: > 110/min),
so beträgt die Zunahme der maximalen Sauerstoffaufnahme
durch frequenzadaptive Stimulation 41 % (I; p < 0,01)
bzw. 9 % (II; p < 0,05) und
1 % (III; nicht signifikant; [2]).
Die Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle steigt unter frequenzadaptiver
Stimulation um 33 % (I; p < 0,01)
bzw. 14 % (II; p < 0,05)
und 3 % (III; nicht signifikant) an.
Der Befund findet seine Entsprechung in Abb. [3]
(links), wo ein nennenswerter Leistungszugewinn
(> 10 %) an der anaeroben Schwelle nur
für die Patienten zu erkennen ist, die ihre Spontanfrequenz
an der anaeroben Schwelle nicht über 80/min steigern konnten.
Zieht man weitere Arbeiten [6] hinzu,
so ergibt sich für die unter Basisbedingungen an der anaeroben
Schwelle erzielte Herzfrequenz ein Grenzwert von ca. 90/min,
unterhalb dessen davon auszugehen ist, dass der Patient von einer
frequenzadaptiven Stimulation einen Leistungsgewinn erhält.
Der größte Effekt wird bei Patienten mit AV-Block
sichtbar, die ohne Vorhof- oder Sensorsteuerung (VVI, 70/min)
die Stimulations- nicht über die Basisfrequenz des Schrittmachers
anheben können.
Der Zusammenhang ist rechts nochmals dargestellt, doch ist die Einflussvariable
(Abszisse) jetzt die Steigung zwischen Herzfrequenz und Sauerstoffaufnahme,
wie sie zur Definition der Frequenzinkompetenz (Abb. [3]
) eingeführt wurde. Die
Grafik zeigt, dass mit einer Ausnahme ein signifikanter Leistungsgewinn (>10%)
nur bei einem Herzfrequenzanstieg zu erwarten ist, der unter Basisbedingungen
weniger als 2/min pro ml O2/kg/min beträgt
(Punkte oben links). Dies legt die Nutzung des CAEP-Schemas und
des vorgeschlagenen „Normalbereichs” nahe. Tatsächlich
ist gezeigt worden, dass dieses Kriterium zur Selektion von Patienten
dienlich ist, die von einem frequenzadaptiven Schrittmacher in Belastbarkeit
und Lebensqualität profitieren oder - sofern es
nicht erfüllt ist - sogar Schaden nehmen [6].
Praktische Diagnostik
Praktische Diagnostik
Anamnestisch ist das Schlüsselsymptom
die unzureichende Belastbarkeit. Begrenzend ist meist Dyspnoe, weniger
eindrücklich - und deshalb oft überhört - sind
Müdigkeit der Beine und Schwindelzustände. Pathophysiologisch
erklären sich letztgenannte Symptome mit mangelndem Anstieg
oder gar Abfall des Blutdrucks infolge peripherer Gefäßerweiterung,
die nicht durch Steigerung des Herzzeitvolumens kompensiert werden kann.
Antihypertensive bzw. nachlastsenkende Pharmaka akzentuieren diesen
Mechanismus.
Abb. 3 Benefit durch frequenzvariable
Stimulation in Abhängigkeit von der vor Chronotropie erreichten
Frequenz (links) und vom individuellen Verhältnis zwischen
Frequenz- und Metabolismussteigerung (rechts). VO2-AT:
Sauerstoffaufnahme an der anaeroben Schwelle, Getestete Modi: AAI/VVI
(atriales/ventrikuläres Einkammersystem), DDD:
Zweikammersystem, R an der vierten Stelle des Codes: frequenzadaptiv.
Patientengruppen: VHF: chronisch persistierendes Vorhofflimmern,
AVB: AV-Block, CI(+,++): chronotrope
Insuffizienz unterschiedlicher Ausprägung ( nach [8]).
Gezielte Fragen gelten einer potenziell bradykardisierenden Medikation: β-Blocker,
Kalziumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazemtyp, Clonidin und
Antiarrhythmika (vor allem der Klasse III). Neuroleptika verursachen
Erregungsleitungsstörungen, können aber auch anticholinerg
wirken und eine hypotone Symptomatik verstärken. Hypothyreose
(Thyreostatika, Lithium?) und Hypokortisolismus sollten ausgeschlossen
sein. Eine autonome Störung bei Diabetes mellitus resultiert
oft in starrem Frequenzprofil, wobei oft recht hohe Ruhefrequenzen
nicht an eine chronotrope Störung denken lassen. Die kardiale
Anamnese fahndet nach Symptomen der koronaren Herzkrankheit, die häufigste
Ursache mangelnder Frequenzanpassung ist; die Kenntnis eines abgelaufenen
Infarkts, eines Vitiums, einer Kardiomyopathie oder früherer
Interventionen ist für die Einordnung der Symptome essenziell.
Wichtig ist herauszufinden, ob mangelnde Belastbarkeit über
Trainingsmangel bereits zur Dekonditionierung der Skelettmuskulatur
geführt hat; das häufig begleitende Übergewicht
sollte nicht vorschnell als (einziges oder vorherrschendes) Belastungshindernis
gewertet werden.
Das EKG zeigt oft in Ruhe schon eine
niedrige Kammerfrequenz, wobei zwischen Sinusbradykardie bzw. AV-Knotenrhythmus und
AV-Blockierung unterschiedlicher Ausprägung zu differenzieren
ist. Eine bedeutsame Ruhe-Bradykardie kann fehlen; bei vorbestehender
Schrittmacherbehandlung ist das die Regel.
Bildgebende Verfahren (Echokardiographie)
decken organische Herzerkrankungen auf und lassen vor allem die
(links-) ventrikuläre Funktion abschätzen. Ob
die Befunde das Beschwerdebild ausreichend erklären, ist
klinisch zu entscheiden.
Schlüsseldiagnostik ist die Ergometrie,
die zunächst am Fahrrad oder Laufband nach dem CAEP-Protokoll
(Abb. [2])
erfolgt und das Frequenz- und Blutdruckverhalten sowie die Symptomatik des
Patienten erfasst. Diagnostisch bewertet wird die Herzfrequenz bei
halbmaximaler Belastung; weil diese grob die anaerobe Schwelle markiert,
kann beim wenig Trainierten als Kriterium der chronotropen Inkompetenz
auch eine Frequenz ≤ 90/min gelten.
Das Langzeit-EKG erlaubt nur mit Einschränkungen,
Herzfrequenz und Belastungsstufe zu korrelieren. Dennoch stützt
ein Frequenzprofil, das unter Alltagsbelastung (Tagebuch) kaum moduliert
ist und oben genannte Kriterien erfüllt, den Verdacht, dass
chronotrope Inkompetenz ursächlich für die Beschwerden des
Patienten in Frage kommt.
Die Kombination aus linksventrikulärer Funktionsminderung, Trainingsmangel, Übergewicht
und Frequenzinkompetenz erlaubt oft nicht, deren jeweiligen Beitrag
zum Krankheitsbild abzuwägen. Entscheidungshilfe gibt dann
die Spiroergometrie unter temporärer
frequenzvariabler Stimulation. Bei Sinusknotenstörungen
wird eine transvenöse Schraubsonde im Vorhof, bei AV-Blockierung
zusätzlich eine im rechten Ventrikel verankert. Mittels
Zweidrahttechnik gelingt dies problemlos, wobei nach Venenpunktion
durch die liegende Schleuse ein zweiter Führungsdraht eingelegt,
die Schleuse wieder entfernt und jeder Führungsdraht separat
zur Kanülierung in Seldinger-Technik benutzt wird. Unter
fahrradergometrischer Belastung wird ein physiologischer Herzfrequenzanstieg
von 3,5 Schlägen/min pro ml O2/kg/min
simuliert. Zur Vereinfachung des Protokolls sind dabei den Laststufen
der Ergometrie Zielherzfrequenzen zugeordnet, die manuell am temporären
Schrittmacher eingestellt werden [7].
Gewertet wird der Gewinn an metabolischer Leistungsfähigkeit
(Sauerstoffaufnahme) gegenüber der Basisuntersuchung ohne
Schrittmacher, die möglichst nicht am gleichen Tag stattfinden
sollte.
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kurzgefasst: Ob eine chronotrope
Inkompetenz ursächlich für eine klinische Symptomatik
(z. B. Leistungsminderung, Belastungsdyspnoe) ist, lässt
sich nur unter Berücksichtigung der kardialen Grunderkrankung
und der extrakardialen Erkrankungen entscheiden. Zur quantitativen
Abschätzung der klinischen Bedeutung einer chronotropen
Inkompetenz ist es in unklaren Fällen hilfreich, vor der
definitiven Implantation eines frequenzadaptiven Herzschrittmachers
eine spiroergometrische Leistungsbewertung vor und nach temporärer frequenzadaptiver
Stimulation vorzunehmen.
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