Zusammenfassung
Hintergrund: Seit den nach Inhalt und Umfang herausragenden Arbeiten von Ronald E. Myers (USA)
mit hypoxischen Rhesusaffen-Feten wissen wir, dass Sauerstoffmangel, die Gewebshypoxie,
für die cerebrale Schädigung dieser Tiere verantwortlich ist. Myers konnte an tausenden
von Versuchen exakte Grenzwerte für die Sauerstoffparameter und die dazugehörigen
Zeitfaktoren, die eine cerebrale Schädigung oder gar den Tod des Tieres zur Folge
haben, angeben. In der Folgezeit wurde die fetale Pulsoxymetrie entwickelt, mit der
erstmals eine kontinuierliche Registrierung der Sauerstoffsättigung im fetalen Blut
ermöglicht wurde. Für den Kliniker stellten sich hier zwei Fragen: 1. Welche Aussagekraft
haben die Sauerstoffparameter (Sauerstoffpartialdruck (mm Hg), Sauerstoffsättigung
(%) und der Sauerstoffgehalt (Vol.%)) im Nabelschnurblut und 2. Lassen sich aus diesen
Erkenntnissen Rückschlüsse auf die fetale Pulsoxymetrie ziehen, bei der ja der Zeitfaktor
zusätzlich mit eingeht. Methodik: Die direkt gemessenen aktuellen Blutgase und der Säure-Basen-Status aus Nabelarterie
(NA)- und Nabelvenen (NV)-Blut von 7814 reifen Neugeborenen, die alle aus Schädellage
ohne Missbildungen auf vaginalem Weg zur Welt gekommen waren, gingen in diese Analyse
ein. Es wurden nur Geräte der Firma RADIOMETER (Kopenhagen) verwandt (BMS-Serie bis
ABL 3). Alle Messungen erfolgten routinemäßig unmittelbar post partum in der Regel
durch kundiges, ärztliches Personal. Für die Berechnung der Sauerstoffsättigung (%)
des fetalen Hämoglobins (HbF) wurde ausschließlich der Algorithmus von Ruiz et al.
[3] verwandt. Der Sauerstoffgehalt im fetalen Blut wurde in Anlehnung an JW Severinghaus
[35[ bestimmt. Ergebnisse: Der mediane Sauerstoffpartialdruck, pO2, lag im NA-Blut bei 17,9 mmHg, der Mittelwert betrug 18,8 ± 8,3. Im NV-Blut fand
sich ein medianer pO2 von 28,5 mmHg und ein Mittelwert von 29,3 ± 9,2 mmHg. Die mediane Sauerstoffsättigung
(%), berechnet aus pO2, pCO2 und aktuellem pH, ergab in der NA 24,8 % und in der NV 60,9 %; das mittlere pH der
Stichprobe (N = 7814) betrug 7,264 ± 0,071 bei einem medianen pCO2 von 50,2 mmHg. Die Berechnung der Interkorrelationen der Sauerstoffparameter (pO2 und SO2) mit den restlichen Parametern des fetalen Säure-Basen-Haushaltes (SBH) ergab eine
nur marginale Korrelation des pO2 mit dem aktuellen pH (r = 0,032, P = 0,005) und eine ebenso marginale Korrelation
mit dem auf die reale Sauerstoffsättigung korrigierten base excess (r = 0,047, P <10 - 4). Für die prozentuale Sauerstoffsättigung sind diese beiden Korrelationen jedoch
hoch signifikant (Tab. [1] u. Tab. [2]). Durch rechnerische Quantifizierung des BOHR-HALDANE-Effektes ließ sich zeigen,
dass bei einem aktuellen pH von 6,9 median nur noch 10 % Oxyhämoglobin im fetalen
Blut vorliegen. Die Halbsättigungsdrücke (P50) verändern sich bei sinkenden pH-Werten dramatisch. Der Sauerstoffgehalt (Vol.%)
im fetalen Blut scheint keine Vorteile vor der Sauerstoffsättigung (%) zu haben. Die
tierexperimentell gewonnenen Daten von Ronald Myers und insbesondere seine Grenzwerte
können nicht ohne weiteres auf den menschlichen Fetus übertragen werden. Die Aufteilung
des Kollektives nach der Sättigungsgrenze von 30 % (NA-Blut) führt zwar zu einer großen
Differenz in den Sättigungswerten denen aber eine ganz kleine Differenz in den base-excess-
und pH-Werten gegenübersteht. Der diskriminatorische Effekt ist daher ganz gering.
Schlussfolgerungen: Von den drei Sauerstoffparametern pO2 (mmHg), Sauerstoffgehalt (Vol.%) und Sauerstoffsättigung (%) eignet sich nur die
Sättigung für eine fetale Überwachung. Dies gilt bei Bestimmung der genannten Parameter
im zentralen Blut des Feten. Der pH-sensible BOHR-HALDANE-Effekt hilft dem Feten,
seine physiologischen Sauerstoffreserven zu mobilisieren. Im Vergleich mit base-excess-
und pH-Wert haben die Sauerstoffparameter eine deutlich geringere Aussagekraft in
der Beurteilung des Status präsens des Neugeborenen und des Feten.
Abstract
Background: Due to the outstanding pioneer work of Ronald E. Myers (Bethesda, Maryland) using
term rhesus monkey fetuses we know for sure that hypoxia is the leading cause for
brain damage and death when exposure occurs perinatally. He defined threshold values
for oxygen content and time variables leading to death or cerebral injury. Years later
pulsoximetry was developed for measuring fetal oxygen saturation (%) continuously.
In this context the obstetrician wants to know: 1) what is the diagnostic potential
of pO2 (mmHg), SO2 (%) and oxygen content (vol%) in umbilical blood? and 2) using
these data could we ascertain fetal pulsoximetry which in addition uses the factor
time. Methods: In a sample of 7814 term fetuses, delivered in cephalic presentation by the vaginal
route, actual blood gases and the variables of the fetal acid-base balance were determined
in umbilical blood using equipments (BMS up to ABL 3) from RADIOMETER, Copenhagen.
Measurements were done immediately post-partum by trained medical personal. Fetal
oxygen saturation (%) for HbF was computed using the algorithm of Ruiz et al. Oxygen
content (vol%) was determined according to Severinghaus using Hb values (g%) in each
case. Results: The median pO2 in blood of the umbilical artery (UA) was 17.9 (mean: 18.8 ± 8.3) mm Hg and in the
umbilical vein (UV) 28.5 (mean: 29.3 ± 9.2) mmHg, respectively. The median oxygen
saturation (%) amounted to 24.8 (UA) and 60.9 (UV) using pO2, pH and pCO2 for computation in each case. The oxygen variable pO2 showed no clinically important correlation neither with actual pH (r = 0.032, P =
0.005) nor with base excess (r = 0.047, P < 10 - 4); the correlation with oxygen saturation (%) however was highly significant both
for pH and base excess. Computational evaluation of the BOHR/HALDANE effect reveals
that pH values of 6.9 are associated with 10 % oxygen saturation only in UA. P50 values change dramatically with lowering pH values, i. e., acidosis. Oxygen content
(vol %) offers no diagnostic advantages over oxygen saturation. Separation of the
whole sample (N = 7814) according to the boundary of 30 % saturation in UA/UV blood
leads necessarily to a big difference in saturation (ΔSO2) but to an only very small difference in pH (ΔpH) and base excess (ΔBE); thus the
discriminatory power of SO2 (%) is weak and clinically insignificant. Conclusions: For fetal surveillance only oxygen saturation (%) - not pO2 and oxygen content - is a useful variable. Due to the BOHR/HALDANE effect the fetus
is able to rapidly mobilize his oxygen reserves and thus to compete with hypoxia;
acidosis makes sense in this context. The three oxygen parameters analysed so far
offer less diagnostic power than actual pH and base excess.
Schlüsselwörter
Sauerstoffsättigung - pO2
- Sauerstoffgehalt - BOHR/HALDANE-Effekt - Pulsoxymetrie
Key words
Oxygen saturation - pO2
- oxygen content - BOHR/HALDANE effect - pulsoximetry