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DOI: 10.1055/s-2006-921434
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Granulationsgewebe aus dem Knorpel bei freiliegenden Femurkondylen nach Kniegelenksexartikulation unter Anwendung der Vakuumtherapie
Granulation Tissue Induced by Vacuum-Therapy on the Exposed Chondral Part of the Condyle of Femur after Disarticulation of the KneePublication History
Publication Date:
30 March 2006 (online)
Eine sekundäre Wundheilung nach einer Kniegelenksexartikulation stellt wegen der dann häufig freiliegenden bradytrophen Knorpelfläche der Femurkondylen ein Problem dar.
Hier stellt sich für den Therapeuten dann die Frage der plastischen Deckung oder Nachresektion, um eine Abheilung der Wunde und eine Deckung der Kondylen zu erhalten.
Im Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf wurden in der Zeit vom 1.7.03 bis zum 1.11.05 212 Patienten mit einer Vakuumtherapie (V.A.C.® KCI™), meist bei postoperativen Zuständen bei diabetischem Fußsyndrom behandelt. Bei drei dieser Patienten war vor der V.A.C.®-Anwendung eine Kniegelenksexartikulation mit postoperativer Defektheilung erfolgt.
Bei zwei dieser Patienten konnte der interessante Verlauf einer de-novo-Granulationsgewebsneubildung aus dem Knorpel beobachtet werden. Bei dem dritten Patienten gelang dies nicht. Hier konnte unter der V.A.C.®-Therapie eine Granulationsgewebsbildung vom Rand her mit Überwachsen des Knorpels erzielt werden.
Im Folgenden möchten wir den Fall einer der beiden Patienten vorstellen, bei dem eine de-novo-Granulationsgewebsbildung aus dem Knorpel beobachtet werden konnte.
Zur Aufnahme kam eine Patientin mit Nekrosen an den Akren beider Füße und Zeichen einer kritischen Ischämie bds. Rechts gelang bei einem langstreckigen Verschluss der Arteria femoralis superficialis eine operative Revaskularisation. Linksseitig bestand eine nicht revaskularisierbare periphere arterieller Verschlusskrankheit Stadium 4. Bei beginnend septischer Entgleisung und angiographisch komplettem Unterschenkelquerschnittverschluss wurde linksseitig dann eine Amputation notwendig. Es erfolgte eine Kniegelenksexartikulation, da die Perfusion dafür als ausreichend erachtet wurde und zudem eine lange, fast bis zu den Kondylen reichende, Femurschaftprothese ein Hindernis für eine Oberschenkelamputation dargestellt hätte. Postoperativ kam es zur Ausbildung eines infizierten Hämatoms und einer ausgeprägten Wundheilungsstörung mit einer Nekrose der basalen distalen Oberschenkelweichteile mit dann freiliegenden Femurkondylen. (Abb. [1]). Bei der digitalen Austastung ließ sich die Arteria femoralis tasten. Hier schien jedoch eine geringe, aber für uns ausreichende Gewebsdeckung der Gefäße vorzuliegen, so dass wir uns zur Anwendung der V.A.C.®-Therapie zur Wundbettpräparation entschlossen. Ziel war eine Infektsanierung und dann im weiteren eine periphere Nachamputation mit plastischer Deckung, da ein Spontanverschluss über dem Knorpel zunächst als nicht aussichtsreich beurteilt wurde. Der Behandlungsmodus war die Anlage eines Soges von 125 mm Hg über 3 Tage, dann ein Alginat für 2 Tage mit wieder folgender V.A.C®-Therapie. Unter der V.A.C.®-Therapie kam es dann, wie gewünscht, zu einer guten Granulationsgewebsbildung neben dem Knochen aus der Wundhöhle (Abb. [2]). Überraschenderweise kam es aber auch zu einem blasigen Abheben des Kondylenknorpels. Im Weiteren brachen diese Blutblasen dann auf und bildeten den Ausgangspunkt für eine massive Granulationsgewebsbildung (Abb. [3], [4]). Die im Weiteren zu beobachtende Wundkontraktion und Epithelialisierung (Abb. [5]) führte zu einer kompletten Überhäutung der Kondyle, die in enger Zusammenarbeit mit einer Orthopädiewerksatt prothetisch versorgt werden konnte. Die gesamte V.A.C.®-Therapiedauer betrug 51 Tage.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5
Eine von uns befürchtete Minderbelastungsfähigkeit des Gewebes konnte bis dato nicht gesehen werden. Die Patientin ist mit der Prothese und einem Gehwagen mobil.
Der Verlauf ist insbesondere von Interesse, weil sich die Problematik von freiliegenden Knochen nicht selten bei ausgedehnten Wundheilungsstörungen nach Amputationen stellt. Therapie der Wahl ist in den meisten Fällen eine Nachresektion und erneute plastische Deckung. Manchmal kommen Verfahren zum Tragen, die ein „Anfrischen” des Knochens mit nachfolgender Induktion von Granulationsgewebe zum Ziel haben. Hier ist z. B. die Pridie-Bohrung bei Knorpelschäden zu nennen. Im vorliegenden Fall kam es durch die negative Druckbehandlung zu einem „Aufbrechen” im Bereich der Grenzzone von Knorpel zum Knochen mit der gewünschten Induktion von Granulationsgewebe. Ausschlaggebend für den Erfolg war hier sicherlich, dass überhaupt ein Knorpelüberzug vorlag. Die Literatur bietet wenige Beispiele für eine V.A.C.®-Therapie auf freiliegendem Knochen oder Gelenkflächen. Wenn über die Anwendung am Knochen geschrieben wurde, dann meist im Zusammenhang mit einer verbesserten Ödemreduktion bei traumatologischen Patienten mit offenen Frakturen.
2001 berichteten de Franzo et al. über mehrere kleinere freiliegende Knochendefekte, die erfolgreich mit Hilfe der V.A.C.® mit Granulationsgewebe überzogen werden konnten, ohne dass eine freie Lappen-Deckung notwendig wurde [1].
Zusammenfassend zeigt dieser Fallbericht, dass die V.A.C.®-Therapie als eine Möglichkeit auch zur de-novo-Granulationsgewebsbildung aus Knorpel/Knochengrenzen ohne vorangegangenes operatives Debridement in Betracht zu ziehen ist.
Literatur
- 1 De Franzo A J, Argenta L C, Marks M W, Molnar J A, David L R, Webb L X, Ward W G, Teasdall R G. The use of Vacuum-Assisted Closure therapy for the treatment of lower-extremity wounds with exposed bone. Plast Reconstr Surg. 2001; 108 1184-1191
T. Othman
Deutsches Diabetes Zentrum
Auf'm Hennekamp 65
40225 Düsseldorf
Email: T.Othman@web.de