Ultraschall Med 2006; 27(2): 131-133
DOI: 10.1055/s-2006-926674
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schädigende Wirkung des Ultraschall - auf den Untersucher

The Damaging Effect of Ultrasound - to the ExaminerK. A. Jaeger1 , S. Imfeld1
  • 1Angiologie, Universitätsspital Basel
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 April 2006 (online)

Die Technik der Ultraschalldiagnostik weist ein erfreuliches und zugleich erstaunliches Sicherheitsprofil auf. Bereits in den frühesten Entwicklungsphasen dieser diagnostischen Technik haben sich Spezialisten mit der Frage der Sicherheit auseinander gesetzt. Der einzelne Untersucher und wohl auch die allermeisten nationalen Ultraschallgesellschaften sind bei dieser Problemstellung eindeutig überfordert; die geräteherstellende Industrie ist grundsätzlich an der Sicherheit ihres Produktes interessiert, hat aber ein etwas anders ausgerichtetes Hauptinteresse. Die Sicherheitsfrage illustriert die Bedeutung der internationalen Kooperation, wie sie in der Europäischen Föderation der Ultraschallgesellschaften EFSUMB, der Amerikanischen oder Asiatischen Föderation oder in der diesen übergeordneten Weltföderation (WFUMB) zu tragen kommt. Die „watch dogs”, wie die Sicherheitskommission der EFSUMB genannt wurde, hat unter anderem grundlegende Arbeiten zur Sicherheit der Ultraschalluntersuchung veröffentlicht [1].

Bei fachgerechter medizinischer Anwendung konnte bis anhin durch diagnostischen Ultraschall kein eindeutiger Schaden am menschlichen Gewebe nachgewiesen werden. Experimentelle Daten, basierend auf physikalischen Erkenntnissen, weisen dem gegenüber auf thermische und nichtthermische mechanische Bioeffekte hin. Die Arbeit von Zauhar et al. [2] zu der durch Ultraschall induzierten akustischen Strömung im Fruchtwasser illustriert erneut eindeutige Bioeffekte. Auch außerhalb der Geburtshilfe und Neonatologie sind gewisse Organe wie Hirn, Auge, Lungengewebe als speziell sensitiv erkannt worden. Der interessierte Leser könnte die Artikel von Deeg [3] [4] oder auch die kürzlich erschienen Artikel zur transkraniellen Sonographie von Berg et al. [5] oder von Bartels et al. [6] zum zerebralen Perfusionsdefizit unter diesem Gesichtspunkt lesen. Damit ist auch bereits die Problematik der Sicherheit bei Kontrastmitteluntersuchungen angesprochen. Klare Stellungnahmen zur Anwendung kontrastverstärkender Substanzen sind notwendig [7] [8].

Neuerdings müssen mit der Sicherheitsfrage auch ethische Prinzipien diskutiert werden. Zu erwähnen ist hier die nicht aus medizinischen Gründen, sondern für das Familienfotoalbum oder die erste Videosammlung angelegte dreidimensionale Darstellung des Fetus. Mit vollem Verständnis für die emotionale Situation der werdenden Eltern muss auf die medizinische Indikation insistiert und ein allfälliges finanzielles Interesse zurückgestellt werden [9] [10].

Zwar nicht ganz ernst gemeint, aber doch nicht falsch ist die häufig geäußerte Darstellung, dass der einzige schädliche Effekt der Ultraschalldiagnostik in der falschen Diagnose bei ungenügend geschultem Untersucher liege. Schulung und Fortbildung sind Eckpfeiler der sicheren Ultraschalldiagnostik [1] [11] [12] [13] [14] [15] [16].

In ihrem Ausmaß erst kürzlich wahrgenommen, von vielen Untersuchern und ihren Vorgesetzten aber noch immer zu wenig beachtet, ist die durch die Ultraschalldiagnostik ausgelöste schädigende Wirkung auf den Untersucher selber. Im Vordergrund stehen muskuloskelettale Beschwerden, welche rund 80 % der Untersucher betreffen. Die kritische Hinterfragung dieser hohen Zahl ergibt aus mehreren angloamerikanischen Studien und auch einer italienischen Studie ein recht einheitliches Bild mit einer Prävalenz zwischen 70 und 90 % [17] [18] [19].

Beobachten wir einmal den Untersucher: Der Oberkörper und damit die Wirbelsäule sind zum Patienten gedreht, Nacken und Kopf demgegenüber sind zur Gegenseite geneigt und blicken zum Monitor. Schulter und untersuchender Arm sind stark abduziert und isometrisch seitlich nach vorne gestreckt, die Finger umklammern den Schallkopf, welcher teils kräftig an den Patienten gedrückt und kontinuierlich bewegt wird. Die andere Hand bedient das Schaltpult und ist für die Dateneingabe verantwortlich. Schmerzen im Bereich der zervikalen und lumbalen Wirbelsäule sowie in Schulter- und Handgelenk sind somit leicht erklärbar und sind auch als arbeitsinduziert eindeutig belegt.

In der Studie von Pike [17] waren von den nahezu 1000 eingeschlossenen Ultraschalluntersuchern 81 % von arbeitsbedingten Beschwerden betroffen, welche diese in 97 % in direkter Beziehung zur Arbeit brachten, sich ansonsten aber in 96 % als völlig gesund und leistungsfähig bezeichneten. Ÿ von ihnen betrieben mindestens einmal pro Woche aktiv Sport, nahezu die Hälfte (45 %) sogar dreimal pro Woche. Im Mittel waren sie seit 10,9 Jahren in diesem Beruf tätig, und die Beschwerden wurden durchschnittlich fünf Jahre bereits mitgetragen. Dauer und tägliche Anzahl der Untersuchungen sowie das Fehlen der regelmäßigen Pausen waren direkt mit der Häufigkeit und dem Schweregrad der Symptome korreliert. Mit durchschnittlich 40 ± 18 min waren die vaskulären Untersuchungen die längsten.

Die Beschwerden wurden als schmerzhaft (90 %), als Steifigkeit (56 %) oder als stechende, krampfartige Schmerzen (40 %) interpretiert. Mehr als die Hälfte der Untersucher (52 %) hatten deswegen bereits ärztliche Hilfe konsultiert, wobei die resultierende Behandlung weitgehend als ineffizient beurteilt wurde. Nach eigener Einschätzung war die Leistung am Arbeitsplatz durch diese Beschwerden in 84 % beeinträchtigt, nur gerade 10 % mussten aber von der Arbeit wegbleiben (Durchschnitt 19 Tage), und nur in Ausnahmefällen kam es zur Berufsunfähigkeit.

Sehnen, deren Ansatzstelle, Sehnenscheiden, Bursen und Gelenke sowie die Muskulatur sind am häufigsten betroffen. Schmerzen im Rücken (60 - 75 %), der Schulter (74 %), im Handgelenk (65 %) und in den Fingern (81 %) stehen dabei im Vordergrund, gefolgt von Symptomen des Karpaltunnelsyndroms.

Die Untersucher und auch allfällige Arbeitgeber sind aufgefordert, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Der Arbeitsplatz ist ergonomisch so einzurichten, dass er den physiologischen Abläufen entspricht. Erwähnt seien unter anderem die Untersuchungsliege, die Lagerung des Patienten, der Untersuchungsstuhl mit entsprechender Beinfreiheit, die Beschaffung von Ultraschallgeräten, welche nach ergonomischen und antropometrischen Kriterien entwickelt wurden und nicht zuletzt der Arbeitsablauf. Die Sprechstundenplanung ist so zu gestalten, dass genügend Zeit für Pausen mit körperlicher und geistiger Entspannung zur Verfügung stehen.

Der Gesundheit des Untersuchers muss wesentlich mehr Beachtung geschenkt werden.

The technique of ultrasound diagnostics fortunately and amazingly features a high safety profile. In the earliest phases of developing this diagnostic method, experts have already been concerned with questions of diagnostic safety. The individual examiner as well as most national ultrasound societies obviously cannot sufficiently tackle this problem, whereas industry might be interested in the safety of their product but is mostly interested in other aspects. The question of safety highlights the importance of international co-operation as found in the European Federation of Societies for Ultrasound, EFSUMB, the American or Asian Federation or the world federation WFUMB, at the highest level. The EFSUMB committee on safety, named the “watch dogs”, has published articles of basic importance on the safety of ultrasound diagnostics [1].

When applied correctly, diagnostic ultrasound has not been proven to have any damaging effect on human tissue so far. Experimental data based on conclusions from the field of physics, however, point towards thermal and non-thermal mechanical bio-effects. The work by Zauhar et al. [2] concerning acoustic streaming in amniotic fluid caused by ultrasound once again illustrates distinct bio-effects. Outside the fields of obstetrics and neonatology, certain organs like the brain, eye and lungs have been recognised to be especially sensitive. The interested reader might want to read the article of Deeg [3] [4] or the recently published article on transcranial sonography by Berg et al. [5] or the work by Bartels et al. [6] on cerebral perfusion deficits with this aspect in mind. This also touches the problem of safety of examinations employing contrast media. Explicit statements on the application of contrast-enhancing substances [7] [8] are needed.

Concurrent with safety aspects ethical principles must also be discussed nowadays. We would like to mention the three-dimensional sonographic image not recorded for medical purposes, but solely for the family photo album or the first video collection. Despite being sympathetic for the emotional situation of the future parents, we should still insist on a medical indication and set aside possible financial interests [9] [10].

Not entirely serious but also not completely wrong is the often voiced opinion that the only damaging effect of ultrasound diagnostics lies in the incorrect diagnosis by an insufficiently trained examiner. Training and continued medical education will always be the cornerstone for a sound and safe application of diagnostic ultrasound [1] [11] [12] [13] [14] [15] [16].

One aspect which has only recently been realised and has been neglected by many examiners and their superiors is the damaging effect of ultrasound examinations to the clinician himself. Musculo-skeletal complaints are most common, arising in about 80 % of examiners. Critical analysis of this exorbitant number on the basis of several Anglo-American and one Italian study results in a fairly consistent prevalence between 70 and 90 % [17] [18] [19].

Let us observe the examiner: The upper body and with it the spine are turned and directed towards the patient, whereas head and neck are pointing in the opposite direction towards the monitor. The shoulder and the examining arm are widely abducted and extended forward in an isometric fashion, the fingers gripping the scanning probe which needs to be pressed against the patient and moved continuously. The other hand works on the control panel and is responsible for the input of data. Pain in the region of the cervical and lumbar spine is therefore easily explainable and has been proven to be caused by these working conditions.

Pike’s study [17] showed that out of nearly 1000 ultrasound examiners included, 81 % were suffering from work-induced complaints, which was seen as directly related to work by 97 % of these subjects, who otherwise considered themselves to be completely healthy and able-bodied. Ÿ of them engaged in active sports at least once a week, almost half of them (45 %) even three times per week. On average, they had been working in this profession for 10.9 years and had been suffering from their respective complaints for about 5 years. The duration and the number of examinations per day as well as the lack of regular breaks correlated directly with the occurrence and the degree of symptoms. Examinations of the vascular system proved to take the longest, namely 40 ± 18 min.

Complaints were labelled as painful (90 %), as stiffness (56 %) or as lancinating pain or cramps (40 %). More than half of the examiners had already sought medical advice, but the treatment prescribed was judged as inefficient. In their own opinion, their performance at work was impaired by these complaints in 84 % of cases, but only a mere 10 % had to stay off work (19 days on average), and occupational inability was the exception.

Tendons, their insertion points, synovial sheaths, bursae and joints as well as muscles are affected most of all. Pain in the back (60 - 75 %), shoulder (74 %), wrist (65 %) and fingers (81 %) is most common, followed by symptoms of carpal tunnel syndrome.

Examiner and employer alike need to meet their responsibility. The workplace should be constructed in an ergonomical fashion matching the physiological process. This concerns the examination bed, the positioning of the patient, the examination stool which should provide freedom of movement for the legs as well as the acquisition of ultrasound machinery which should be constructed according to ergonomical and anthropometrical criteria, and also the examination procedure itself. Consultation times should be planned in such a way as to allow sufficient time for breaks providing physical and mental relaxation.

The examiner’s state of health should be much more in the focus of attention.

Literatur

  • 1 Safety Committee ECMUS . , www.efsumb.org
  • 2 Zauhar G, Druck F A, Starritt H C. Comparison of the Acoustic Streaming in Amniotic Fluid and Water in Medical Ultrasonic Beams.  Ultraschall in Med. 2006;  27 152-158
  • 3 Deeg K H, Lode H M. Transfontanelläre Doppler-Sonographie der Hirnnerven im Säuglingsalter Teil I - Normalbefunde.  Ultraschall in Med. 2005;  26 507-517
  • 4 Deeg K H, Lode H M. Transfontanelläre Doppler-Sonographie der Hirnnerven im Säuglingsalter Teil II - Pathologische Befunde.  Ultraschall in Med. 2006;  27 164-175
  • 5 Berg D, Behnke S, Walter U. Application of Transcranial Sonography in Extrapyramidal Disorders: Updated Recommendations.  Ultraschall in Med. 2006;  27 12-19
  • 6 Bartels E, Henning S, Wellmer A. et al . Evaluation of Cerebral Perfusion Deficit in Stroke Patients Using New Transcranial Contrast Imaging CPSTM Technology.  Ultraschall in Med. 2005;  26 478-486
  • 7 Albrecht T, Blomley M, Bolondi L. et al . Guidelines for the Use of Contrast Agents in Ultrasound.  Ultraschall in Med. 2004;  25 249-256
  • 8 Claudon M, Jäger K A. It is Time to Establish Guidelines for the Use of Ultrasound Contrast Agents.  Ultraschall in Med. 2004;  25 247-248
  • 9 Merz E, Welter C. 2D and 3D Ultrasound in the Evaluations of Normal and Abnormal Fetal Anatomy in the Second and Third Trimesters in a Level III Center.  Ultraschall in Med. 2005;  26 9-16
  • 10 Fritz G A, Riccabona M, Weitzer C. et al . Dreidimensionaler Ultraschall (3DUS) des neonatalen Gehirns: klinische Anwendbarkeit bei intensivgepflegten Neugeborenen.  Ultraschall in Med. 2005;  26 299-306
  • 11 Jäger K A. Ultrasound in Europe.  Ultraschall in Med. 2004;  25 23-24
  • 12 Kashiwagi M, Kruschitz-Flaggl E, Zimmermann R. Qualitätskontrolle sonografischer Routineuntersuchungen von Zwillingsschwangerschaften in einem Schweizer Kanton.  Ultraschall in Med. 2004;  25 270-274
  • 13 Merz E, Meinel K, Bald R. et al . DEGUM-Stufe III-Empfehlung zur „weiterführenden” sonographischen Untersuchung (= DEGUM-Stufe II) im Zeitraum 11 - 14 Schwangerschaftswochen.  Ultraschall in Med. 2004;  25 218-220
  • 14 Merz E, Meinel K, Bald R. et al . DEGUM-Stufe III-Empfehlung zur „weiterführenden” sonographischen Untersuchung (= DEGUM-Stufe II) im Zeitraum 11 - 14 Schwangerschaftswochen.  Ultraschall in Med. 2004;  25 299-301
  • 15 Seitz K. Neue Ziele der Kontrastmittelsonographie.  Ultraschall in Med. 2005;  26 455-457
  • 16 Eichhorn K H, Schramm T, Hansmann M. et al . Qualitätsanforderungen an die DEGUM-Stufe I bei der geburtshilflichen Ultraschalldiagnostik im Zeitraum 19. bis 22. Schwangerschaftswoche.  Ultraschall in Med. 2006;  27 185-187
  • 17 Pike I, Russo A, Berkowitz J. et al . The Prevalence of Musculoskelettal Disorders and Related Work and Personal Factors among Diagnostic Medical Sonographers.  Journal Diagnostic Medical Sonography. 1997;  13 219-227
  • 18 Magnavita N, Bevilacqua L, Mirk P. et al . Work-Related Musculoskeletal Complaints in Sonologists.  JOEM. 1999;  41 981-988
  • 19 work related musculoskeletal disorders . , www.sdms.org

Prof. Dr. K. Jaeger

Chefarzt Angiologie, Universitätsspital Basel

Petersgraben 4

4031 Basel, Schweiz