Die chronische Herzinsuffizienz ist zu einem der größten medizinischen und epidemiologischen Probleme geworden. Hinsichtlich der Fünf-Jahres-Überlebensrate nach Diagnosestellung ist die chronische Herzinsuffizienz tödlicher als viele Krebsarten. Die Verbreitung der chronischen Herzinsuffizienz nimmt aufgrund der alternden Bevölkerung sowie der Zunahme von Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Übergewicht rapide zu. Annähernd 18,5 Millionen Menschen - vorwiegend aus den USA, Japan, Frankreich, England, Deutschland, Italien und Spanien - sind betroffen; Datamonitor (2005) zufolge könnten es im Jahr 2015 bereits bis zu 33,2 Millionen sein.
Vor wenigen Jahren kamen Betablocker für die Therapie der chronischen Herzinsuffizienz noch nicht in Frage. Doch neue Erkenntnisse über die Pathophysiologie der Erkrankung sowie die Ergebnisse der großen Mortalitätsstudien haben inzwischen einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Welche praktische Relevanz die Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten CIBIS III-Studie jetzt in der Praxis haben, wollten wir von Herrn Prof. Erland Erdmann aus Köln erfahren:
Herr Professor Erdmann, welche Ergebnisse der CIBIS III-Studie sind aus Ihrer Sicht besonders interessant?
Prof. Erdmann Wir hätten doch vor der CIBIS III-Studie aus historischen Gründen alle gedacht, dass man bei Herzinsuffizienz unbedingt zuerst einen ACE-Hemmer geben muss und dann (immer on top) einen Betablocker. Nun wissen wir, dass der Betablocker möglicherweise wichtiger ist, jedenfalls hinsichtlich der Reihenfolge der Therapie.
Welche Patienten profitieren bei chronischer Herzinsuffizienz in erster Linie von einer Initialtherapie mit Bisoprolol (z.B. Concor®COR)?
Prof. Erdmann Die Patienten mit besonders schlechter Auswurffraktion (EF<28%) hatten auf jeden Fall einen statistisch gesicherten (p<0,03) Vorteil hinsichtlich der primären Endpunktreduktion, wenn mit Bisoprolol begonnen wurde. Das war für uns überraschend. Dass Patienten mit Herzrhythmusstörungen anstatt eines ACE-Hemmers zuerst besser einen Betablocker bekommen sollten, sagt uns eigentlich die pathophysiologische Logik - nun wissen wir es auch durch die CIBIS III-Studie.
Wie sollten Ihre niedergelassenen Kollegen bei der Behandlung künftig vorgehen?
Prof. Erdmann Die Patienten, die einen Betablocker - aus welchen Gründen auch immer - nicht so gut vertragen, sollten natürlich primär grundsätzlich einen ACE-Hemmer bekommen. Bei allen anderen gibt es heute keine Kontraindikation, bei Herzinsuffizienz zuerst mit einem Betablocker - selbstverständlich in niedriger Dosierung - zu beginnen und den ACE-Hemmer danach hinzuzugeben. Wenn der Patient eine Tachyarrhythmie oder ventrikuläre Rhythmusstörungen hat, sollte unbedingt mit dem Betablocker begonnen werden. Ein Betablocker, den man nur einmal am Tage geben muss, hat außerdem klinisch praktische Vorteile.
Herr Professor Erdmann, wir bedanken uns für dieses Gespräch!