Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210(3): 77-91
DOI: 10.1055/s-2006-941552
Originalarbeit
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Quantitative Kardiotokographie - wie sieht sie aus und was dürfen wir von ihr erwarten?

Quantitative Cardiotocography - what does it look like and what can we expectV. M. Roemer1 , R. Walden1
  • 1Institut für Perinatale Medizin am Klinikum Lippe-Detmold GmbH (Direktor : Prof. Dr. med. V. M. Roemer)
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Eingereicht: 20.12.2005

Angenommen nach Überarbeitung: 20.3.2006

Publication Date:
22 June 2006 (online)

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Einleitung

Die Entdeckung der fetalen Herzfrequenz (FHF) bis hin zur elektronischen Analyse des Erregungsablaufes einzelner Herzschläge (fetales EKG) war anfänglich verbunden mit dem Wissen, ob das Kind im Mutterleib noch lebt und später mit der sehr viel differenzierteren Erkenntnis, wie es dem Feten im Mutterleib geht [1] [2] [3] [4] [38].

Die Idee einer Quantifizierung der fetalen Herzschlagphänomene erschien schon anlässlich des ersten Schrittes [1] sinnvoll und fand ihren Niederschlag in der Definition der Herzschlagfrequenz. Man erkannte bald: Eine anhaltende fetale Bradycardie ging dem intrauterinen Fruchttod häufig voraus [33].

Die Quantifizierung jener FHF-Phänomene, die durch kontinuierliche Registrierung (Cardiotokographie (CTG)) höchst eindrucksvoll in Erscheinung traten [6] [7], erwies sich als sehr viel schwieriger, da der diagnostische Stellenwert einzelner Phänomene zunächst nicht bekannt war [11] [13] [32]. Hinzu kam das Faktum, dass die APGAR-Zahl als zustandsdiagnostischer Index, als Orientierungshilfe und Korrelationsvariable, viele Wünsche offen ließ. Das CTG schien daher die Erwartungen nicht zu erfüllen; es wurde nachhaltig diskreditiert [12] [14].

Jedoch die semiquantitative, augenoptische CTG-Bewertung unter Einbeziehung der Parameter des fetalen Säurebasenhaushaltes (SBH), insbesondere des pH-Wertes im Nabelschnurblut, ließ in den vergangenen Jahren keinen Zweifel mehr daran [8] [9], dass die FHF ein sensibler und aussagekräftiger Parameter in der Zustandsdiagnostik des Feten sein kann.

Diese Erkenntnis musste Anlass sein, die Herzfrequenzphänomene des Feten völlig zu „computerisieren”, d. h. ihre Bewertung ganz einem Rechner zu überlassen, der irrtums- und ermüdungsfrei diese Aufgabe - auch im Echtzeit-Betrieb - wahrnehmen kann. Dieser Schritt war groß und alles andere als einfach [8] [10].

Im Folgenden soll - ohne Diskussion handwerklicher Probleme - dargestellt werden, welche weiteren physiologischen Gesetzmäßigkeiten sich hinter den Phänomen der FHF verbergen und wie diese durch adaequate Quantifizierung für die intrauterine Zustandsdiagnostik genutzt werden könnten. Außerdem soll erstmals auf immanente „Störfaktoren” des CTG eingegangen werden.