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DOI: 10.1055/s-2006-941697
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Multiple Sklerose - Jeder vierte Patient bildet Antikörper gegen Interferon
Publication History
Publication Date:
01 June 2006 (online)
Rund jeder vierte Patient, der wegen einer MS mit Interferon-beta behandelt wird, bildet neutralisierende Antikörper (NAb). Bei zwei Drittel der Betroffenen geht dies mit einem Wirkverlust des Interferons einher. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung bei 400 MS-Patienten, die Prof. Dr. Bernhard Hemmer aus Düsseldorf bei einem Pressegespräch der Biogen Idec GmbH vorstellte. In der Studie wurde die Inzidenz der NAbs mit einem Capature ELISA-Test und die biologische Aktivität der Antikörper mit einem in-vivo MxA-Test bestimmt.
#Wirkverlust von Interferon-beta
Die Antikörperbildung ist nach Prof. Dr. Reinhard Hohlfeld aus München ein relevantes Problem bei der Therapie der MS. Denn die NAbs beeinträchtigen nicht nur die im MRT darstellbaren MS-Läsionen, sondern auch die klinischen Parameter. "Wir wissen aus Studien, dass die betroffenen Patienten eine höhere Schubfrequenz aufweisen als Patienten ohne Antikörperbildung", sagte der Mediziner.
Antikörperbildung und Wirkverlust sind allerdings nicht bei allen Interferon-beta-Präparaten gleich, wie unter anderem auch die Studie von Hemmer belegte. Beide Phänomene werden nach seinen Worten bei der subkutanen Applikation signifikant häufiger gesehen als bei der intramuskulären Gabe. Konkret gab Hemmer an, dass allgemein beim Präparat Avonex®, die geringste Rate bei der Antikörperbildung resultiert. "Dieser Wirkstoff ist offenbar am wenigsten immunogen", so die Erklärung des Mediziners.
Die Antikörper treten in aller Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten nach Therapiebeginn auf, der Wirkverlust aber wird erst nach eineinhalb bis zwei Jahren bemerkt. Deshalb sollten Kontrolluntersuchungen nach drei Monaten und als Wiederholungsuntersuchung nach sechs Monaten durchgeführt werden. Kostenfrei sind solche Untersuchungen derzeit an der Neurologischen Universitätsklinik Düsseldorf, wo im vergangenen Herbst ein NAb-Referenzlabor eingerichtet wurde, im Rahmen eines Forschungsprojektes möglich.
#GAP-Studienprogramm zur Adhärenz
Ein häufiges Problem bei der Interferon-Behandlung von MS-Patienten ist ferner die mangelnde Compliance, wie Prof. Dr. Bernd C. Kieseier, Düsseldorf, darlegte. Etwa jeder dritte Patient bricht nach seinen Worten die Behandlung innerhalb der ersten fünf Jahre ab. 10-20% der Therapieabbrüche ereignen sich sogar bereits in den ersten sechs Therapiemonaten. Auch bei der Compliance aber gibt es nach Kieseier Vorteile des Avonex®, bei dem die Abbruchrate in den ersten 12 Monaten mit 25% noch vergleichsweise gering ist gegenüber sonst 50% unter Vergleichspräparaten.
Ursache der schlechten Compliance sind vermutlich Nebenwirkungen und zwar vor allem grippeähnliche Symptome und Hautveränderungen. "Auf solche Reaktionen müssen die Patienten unbedingt vor Therapiebeginn hingewiesen werden", mahnte Kieseier. Treten die Erscheinungen unvorbereitet auf, brechen nach seiner Erfahrung die meisten Betroffenen die Behandlung einfach ab. Um die Therapietreue zu verbessern und damit den langfristigen Behandlungserfolg zu sichern, wird derzeit das "Global Adherence Project" (GAP) durchgeführt. In dieser weltweiten Erhebung werden mehr als 2000 Betroffene befragt, so Studienleiter Kieseier. Primärer Endpunkt des Projektes ist die Evaluation der Adhärenzrate bei den zugelassenen Immunmodulatoren. Mit den ersten Ergebnissen ist Ende 2006 zu rechnen.
CV
Quelle: Pressekonferenz "Erfolgskriterium Langzeittherapie: MS-Patienten profitieren von Avonex," am 25. April 2006 in Düsseldorf, veranstaltet von Biogen Idec GmbH