Der Klinikarzt 2007; 36(3): 128
DOI: 10.1055/s-2007-973921
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Tabuleiden erfolgreich behandeln - Interdisziplinäre Therapie der neurogenen Harninkontinenz

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Publication Date:
03 April 2007 (online)

 
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"Patienten mit komplexen neurologischen Erkrankungen haben oft keine Kontrolle mehr über ihre Harnblase", so PD André Reitz, Leiter der neuen Abteilung "Neuro-Urologie" an der Universitätsklinik Heidelberg (s. Kasten). Die Ursachen sind vielfältig: Zum Beispiel kann eine Querschnittslähmung - egal ob traumatisch (nach einem Unfall oder einer Wirbelsäulenoperation) oder nichtraumatisch bedingt (Tumor, Bandscheibenvorfall, Osteoporose) oder angeboren (Spina bifida) - der Grund sein, warum die Patienten die Kontrolle über ihren Harnabgang verlieren. Degenerative Erkrankungen des Nervensystems wie eine multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder eine Demenz gehen ebenfalls oft mit einer Harninkontinenz einher. Dies gilt auch für Schädelhirntraumata, Schlaganfall oder Tumoren des zentralen Nervensystems.

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Medizinische Versorgung mit hohem Anspruch

Die medizinische Versorgung dieser Patienten stellt hohe Ansprüche: Viele sind an den Rollstuhl gebunden oder müssen im Liegen versorgt werden. Zusätzlich leiden sie häufig unter Problemen wie Spastiken, Stuhlinkontinenz, Dekubitusulzera oder haben geistige Leistungseinschränkungen. Ohne Behandlung drohen schwere Komplikationen wie chronische Harnwegsinfektionen und Nierenversagen bis hin zur Dialysepflichtigkeit.

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Alternative Therapieangebote bei hyperaktiver Blase

Häufig leiden Patienten mit neurologischen Erkrankungen an einer sogenannten überaktiven Blase, die in der Regel zunächst medikamentös behandelt wird. Bei mangelnder Wirksamkeit oder starken Nebenwirkungen wird im Heidelberger Zentrum die Injektion von Botulinumtoxin in den Blasenmuskel angeboten. Eine einzelne Injektion kontrolliert die Inkontinenz bis zu einem Jahr, danach kann die Behandlung wiederholt werden. Der Eingriff, der nur etwa 15 Minuten dauert, erfolgt normalerweise in Lokalanästhesie.

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Bild: © Medienzentrum Universitätsklinikum Heidelberg

Eine weitere Therapieoption bei einer Überaktivität der Blase ist die sakrale Neuromodulation - ein Verfahren, bei dem eine elektrische Nervenstimulation dazu beitragen soll, die gestörte Blasenfunktion wiederherzustellen. Abgerundet wird das Behandlungsspektrum der neuen Abteilung durch eine Reihe von Inkontinenzoperationen, angefangen von der Implantation von Urethralbändern bis hin zu künstlichen Harnröhren- oder Schließmuskelsystemen.

Quelle: Pressemitteilung "Tabuleiden erfolgreich behandeln", herausgegeben von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg

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Interdisziplinäre Therapie der Harninkontinenz in Heidelberg

Die Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg hat jetzt einen neuen Bereich "Neuro-Urologie" eingerichtet. Dort können sich Patienten, die an Inkontinenz und anderen Funktionsstörungen der Blase aufgrund einer neurologischen Erkrankung leiden, umfassend interdisziplinär behandeln lassen.

Dabei arbeiten Urologen, Neurologen, Orthopäden, Anästhesisten und Rehabilitationsexperten Hand in Hand - und das ermöglicht eine umfassende diagnostische Abklärung und die Therapie auf einem hohen Standard.

"Harninkontinenz ist ein Tabuthema. Viele Patienten vermeiden aus Angst oder Scham einen Arztbesuch und finden sich mit ihrer Inkontinenz ab", berichtete PD André Reitz, der den neuen Bereich "Neuro-Urologie" leitet.

Dabei ist oft eine wirksame Behandlung möglich - Lebensqualität und Selbstwertgefühl der Patienten können wiederhergestellt und Komplikationen vermieden werden.

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Bild: © Medienzentrum Universitätsklinikum Heidelberg

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