Der Klinikarzt 2007; 36(3): 141-142
DOI: 10.1055/s-2007-976158
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dekubitus und Inkontinenz

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Publication Date:
21 March 2007 (online)

Der viel zitierte demografische Wandel unserer Gesellschaft hat natürlich auch Rückwirkungen auf den Klinikbetrieb. Inzwischen sind schon über 60 % der Krankenhausbetten von älteren und dann meist multimorbiden Patienten belegt. In besonderem Maße betrifft diese Entwicklung drei Fachgebiete - die Innere Medizin, die Chirurgie und die Orthopädie.

Diese multimorbiden Patienten weisen eine Reihe von Besonderheiten auf, denen wir ganz bewusst begegnen müssen. Beispielhaft sei an veränderte Symptome, Medikamentennebenwirkungen und Interaktionen zwischen den verabreichten Substanzen sowie veränderte Lebensqualitätsvorstellungen gedacht. Einige dieser Besonderheiten haben durchaus eine hohe Bedeutung für die weitere Lebensqualität des älteren Patienten. Oft neigen wir Ärzte jedoch dazu, sie zu tabuisieren und in den Bereich der Pflege drängen, obwohl die Kenntnis und Beachtung dieser Besonderheiten zu unseren direkten ärztlichen Aufgaben zählen.

Zwei der tabuisierten Problemfelder älterer Patienten in der Klinik haben wir in diesem Heft herausgegriffen: Dekubitus und Harninkontinenz. Sie treten allein oder in Kombination - beispielsweise auch mit einer chronischen Obstipation oder einer Stuhlinkontinenz - bei Betagten auf und betreffen bis zu 60 % der multimorbiden Patienten. Es handelt sich dabei um Krankheitssymptome bzw. Komplikationen, die nicht nur einen entscheidenden Einfluss auf die weitere Lebensqualität des älteren Patienten haben, sondern für viele Ältere auch eine Einbahnstraße in die stationäre Altenhilfe bedeuten und damit massiv wachsende Kosten im Gesundheits- und Sozialsystem verursachen.

Auch wenn natürlich vital bedrohliche Krankheitsbilder im Vordergrund der Klinikbehandlung stehen, sollte man diese, die Lebensqualität des Patienten und die Kosten im Gesundheitswesen betreffenden „Nebenbefunde” nicht ausblenden. Nur dann können wir dem komplexen Krankheitsgeschehen beim älteren Patienten ganzheitlich präventiv bzw. therapeutisch im Hinblick auf die Selbstständigkeit der Betroffenen Rechnung tragen.

Zu den hier angesprochenen Tabuthemen existieren inzwischen eine große Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten bis hin zu Leitlinien. Wir müssen uns nur darum kümmern! Denn die tollste gelungene Operation oder auch exzellente Therapiemaßnahmen beim Älteren sind ohne Wert, wenn dieser anschließend wegen einer Inkontinenz oder einem Dekubitus ins Pflegeheim muss.

Prof. Dr. Ingo Füsgen

Wuppertal (Gasteditor)