Aktuelle Dermatologie 2021; 47(12): 552-557
DOI: 10.1055/a-1660-4813
Originalarbeit

COVID-19-Lockdown beeinträchtigt medizinisch notwendige Patientenversorgung – eine retrospektive Analyse während der ersten Welle in einer dermatologischen Hochschulambulanz im Frühjahr 2020

COVID-19-Lockdown Impacts Medical Care – A Retrospective Analysis of the First Wave at a University Outpatient Clinic in Spring 2020
Martin Gschnell
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Standort Marburg, Marburg
,
Pauline Federspiel
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Standort Marburg, Marburg
,
Ronald Wolf
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Standort Marburg, Marburg
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Zusammenfassung

Hintergrund Die seit Ende 2019 sich ausbreitenden COVID-19-Infektionen haben zu weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens geführt. Um eine Überlastung des deutschen Gesundheitssystems zu verhindern, wurden im medizinischen Bereich elektive Behandlungen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 stark eingeschränkt.

Patienten und Methoden In dieser Studie wurde der Einfluss des Lockdowns im Frühjahr 2020 auf das Patientenaufkommen in einer dermatologischen Hochschulambulanz analysiert und mit entsprechenden Zeiträumen der Vorjahre 2018 und 2019 verglichen. Die Patientendaten wurden dem krankenhausinternen Dokumentationssystem nach standardisierten Kriterien entnommen.

Ergebnisse Im Frühjahr 2020 war ein signifikanter Patientenrückgang um 28,3 % im Vergleich zu 2018 und um 28,7 % im Vergleich zu 2019 ersichtlich, zumeist waren Erstvorstellungen betroffen. V. a. bei der Anzahl der Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen und Tumorerkrankungen gab es Rückgänge zu verzeichnen. Insbesondere ältere Risikopatienten mit malignen Erkrankungen haben sich im Lockdown weniger häufig vorgestellt. Altersspezifische Unterschiede wurden nicht festgestellt, jedoch kam es zur Beeinträchtigung der Vorstellungshäufigkeit bei nicht-binären Minderheiten.

Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der Studie zeigten einen Rückgang der Vorstellungsbereitschaft von Patienten mit dermatologischen Erkrankungen während des Lockdowns. Erkrankungen konnten länger unerkannt bleiben und infolge des dadurch bedingten späteren Behandlungsbeginns zu schwereren Krankheitsverläufen und schlechteren Therapiemöglichkeiten führen. Insbesondere bei Patienten mit bösartigen Erkrankungen kann dies zu einer schlechteren Prognose führen.

Abstract

Background The spread of COVID-19 infections since the end of 2019 has led to far-reaching restrictions on public life. In order to avoid overloading the German health system, elective medical treatments were severely restricted in the medical sector during the first lockdown in spring 2020.

Patients and methods In this study, the influence of the lockdown in spring 2020 on the number of patients in a dermatological university outpatient clinic was analyzed and compared with the corresponding periods of the previous years 2018 and 2019. The patient data was taken from the hospital's internal documentation system according to standardized criteria.

Results In spring 2020 there was a significant decrease in patients by 28.3 % compared to 2018 and by 28.7 % compared to 2019, especially patients who presented to the university outpatient department for the first time were particularly affected. Above all, there was a decline in the number of patients with chronic inflammatory diseases and tumor diseases. Age-specific differences were not found, except older patients with malignant diseases in particular presented less frequently during lockdown. Non-binary minorities presented less frequently in 2020 compared to the two previous years.

Conclusions The results of the study showed a decrease in the willingness of patients with dermatological diseases to introduce themselves during the lockdown. Illnesses could remain undetected for longer and, as a result of the later start of treatment, lead to more severe disease courses and poorer therapeutic options. Especially in patients with malignant diseases, this can lead to a poorer prognosis.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
10. Dezember 2021

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