Aktuelle Kardiologie 2023; 12(02): 96-101
DOI: 10.1055/a-2001-6530
Kurzübersicht

Stärkung der Prävention: von der Früherkennung bis zur qualifizierten Nachsorge

Improving Prevention: From Screening to Qualified Rehabilitation
Harm Wienbergen
1   Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung, Stiftung Bremer Herzen, Universität zu Lübeck, Bremen, Deutschland (Ringgold ID: RIN9191)
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Rainer Hambrecht
1   Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung, Stiftung Bremer Herzen, Universität zu Lübeck, Bremen, Deutschland (Ringgold ID: RIN9191)
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Zusammenfassung

Aktuelle Versorgungsstudien zeigen eine alarmierende Zunahme lebensstilassoziierter kardiovaskulärer Risikofaktoren (wie Adipositas und körperliche Inaktivität) in der Bevölkerung; eine Verstärkung dieser Entwicklung ist durch die Coronapandemie zu befürchten. Aufklärungsmaßnahmen (insbesondere in Bevölkerungsschichten mit niedrigem sozioökonomischen Status) sowie konsequentes politische Handeln (z. B. beim Nichtraucherschutz oder bei der Steuerung von Ernährungsverhalten) sind deshalb von großer Wichtigkeit.

Für die Risikostratifikation und Früherkennung von kardiovaskulären Erkrankungen bei einzelnen Personen empfehlen die aktuellen europäischen Leitlinien SCORE2 unter Beachtung von Risikomodifikatoren (Bildgebung mit Karotis-Ultraschall oder Kardio-CT, psychosoziale und ethnische Faktoren, Begleiterkrankungen). Zukünftig werden voraussichtlich deutlich komplexere Methoden der Risikostratifikation zur Verfügung stehen (insbesondere Genetik und künstliche Intelligenz), die aber derzeit noch nicht für den Routineeinsatz empfohlen werden.

In der Nachsorge von Patienten mit manifesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht ein großer Verbesserungsbedarf zur nachhaltigen Einstellung der Risikofaktoren. Aktuelle Studien haben die Effektivität von intensiven Langzeit-Präventions-Programmen nachgewiesen, die durch Präventions-Assistent*innen mit ärztlicher Supervision durchgeführt werden. Deshalb wurde im letzten Jahr ein deutschlandweit standardisiertes Curriculum zur Ausbildung von kardiovaskulären Präventions-Assistent*innen eingeführt, die nun in der Praxis die präventivmedizinische Nachsorge der Patienten*innen verbessern können.

Abstract

In recent health care studies an alarming increase of lifestyle-associated risk factors (such as obesity and physical inactivity) was observed in general population; the corona pandemic will increase this development. Therefore, better educational efforts (particularly in populations with low socioeconomic status) and governmental measures (e.g. smoking prevention and regulations for healthy diet) are needed.

For cardiovascular screening and risk stratification in individuals, the European guidelines recommend SCORE2 and risk modifiers (imaging by carotid ultrasound or coronary computer tomography, psychosocial and ethnic factors, comorbidities). More complex tools of risk stratification (including genetics, artificial intelligence) can be expected in the future; however, they are currently not recommended for routine use.

In most patients with cardiovascular diseases long-term risk factor control does not meet the targets of international guidelines. Intensive prevention programs, performed by prevention assistants under physician supervision, have demonstrated in clinical studies that they are effective to improve risk factor control and reduce events as well as costs. Therefore, a curriculum for cardiovascular prevention assistance was introduced in the last year in Germany as a standard of education for prevention assistants, who can now improve long-term prevention efforts in clinical practice.

Was ist wichtig?

Prävention beginnt mit öffentlichen Maßnahmen zur Reduktion von Risikofaktoren in der Bevölkerung, wie der Stärkung des Nichtraucherschutzes und der Aufklärung zu gesunder Ernährung und körperlicher Aktivität insbesondere in sozioökonomisch schwächeren Bevölkerungsschichten. Gerade während der Coronapandemie sind Präventionsmaßnahmen zugunsten eines gesunden Lebensstils von besonderer Bedeutung.

Die individuelle Risikoeinschätzung und Früherkennung bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen beruht gemäß den europäischen Leitlinien auf SCORE2 sowie der Beachtung von Risikomodifikatoren (Ultraschall der Karotiden oder Kalkscore in der Kardio-CT, psychosoziale und ethnische Faktoren, Begleiterkrankungen).

Bei der Nachsorge von Patienten mit manifesten Erkrankungen sind Langzeit-Präventions-Programme mit Präventions-Assistent*innen sehr effektiv. Deshalb gibt es seit dem letzten Jahr ein deutschlandweites Curriculum zur Ausbildung von kardiovaskulären Präventions-Assistent*innen, die Patient*innen in der Praxis niedrigschwellig, kompetent und nachhaltig betreuen können.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
29. März 2023

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