Rehabilitation (Stuttg) 2024; 63(01): 9-12
DOI: 10.1055/a-2232-3389
Recht - Meinung - Management

Herausforderungen für eine bedarfsgerechte psychoonkologische Versorgung in der onkologischen Rehabilitation

Thomas Schulte
1   Klinik Bad Oexen, Bad Oeynhausen
,
Monika Steimann
2   Strandklinik Boltenhagen, Ostseebad Boltenhagen
,
Joachim Weis
3   Comprehensive Cancer Center Freiburg, Professur für Selbsthilfeforschung
,
Corinna Bergelt
4   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Medizinische Psychologie
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Psychische Belastungen von Patient*innen und Ziele der onkologischen Rehabilitation

Rehabilitationsmaßnahmen sind zeitlich begrenzte, multimodale Maßnahmen, die auf dem Modell der funktionalen Gesundheit basieren und das Ziel haben, den Rehabilitand*innen trotz Erkrankung und Krankheitsfolgen bestmögliche Partizipation und Teilhabe zu ermöglichen [1]. Die Rehabilitation ist im deutschen Gesundheitswesen traditionell interdisziplinär ausgelegt und einem ganzheitlichen bio-psycho-sozialen Ansatz verpflichtet. Der Fokus der Rehabilitation liegt nicht auf der Behandlung von Erkrankungen, sondern auf Krankheitsbewältigungsprozessen und der Bewältigung von Krankheitsfolgen, die nach dem ICF-Modell das Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen Personen- und Umweltfaktoren sind [1].

Krebserkrankte sind in besonderem Maße von psychischen Belastungen betroffen, da die Diagnose für die meisten Menschen eine starke Belastung darstellt und die Behandlungsmöglichkeiten wie Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Hormontherapie, Immuntherapie oder andere personalisierte Therapiestrategien mit zum Teil gravierenden Nebenwirkungen und Behandlungsfolgen einhergehen. Epidemiologische Studien belegen eine 12-Monats-Prävalenz von 39,4% für das Vorhandensein irgendeiner psychischen Störung bei Krebspatient*innen [2]. Darüber hinaus sind in der Psychoonkologie auch subsyndromale psychische Belastungen hochrelevant, die für die Betroffenen eine substantielle Symptomlast darstellen, jedoch nicht die vollständigen diagnostischen Kriterien für eine psychische Erkrankung nach den gängigen psychiatrischen Klassifikationssystemen erfüllen. Die bedeutsamsten subsyndromalen Belastungen bei Krebspatient*innen sind eine allgemeine hohe psychische Belastung (Distress) und Depressivität (bis zu 59% bzw. 58% der Krebspatient*innen). Bis zu 48% der Betroffenen berichten starke Ängste, bei 32% treten Progredienzängste auf [3].

Die onkologische Rehabilitation zielt darauf ab, sowohl körperliche als auch psychosoziale Belastungen sowie funktionelle Einschränkungen aufgrund der Erkrankung und Behandlung zu identifizieren und möglichst zielgerichtet zu behandeln, um den Betroffenen psychosoziale Reintegration und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen [4]. Die Krankheitsbewältigung spielt daher in der onkologischen Rehabilitation eine zentrale Rolle und damit einhergehend die psychoonkologische Versorgung in der Rehabilitation, um die Krankheitsbewältigung zu unterstützen.



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Article published online:
09 February 2024

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