Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(1): 22
DOI: 10.1055/s-0034-1397643
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Referat – Appetitbremse im rechten präfrontalen Kortex einschalten

Hubert Preissl
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Publication Date:
23 March 2015 (online)

Hintergrund: Der dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC) spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation von Appetit und Nahrungsaufnahme. Kamila Jauch-Chara et al. untersuchten, ob repetitive elektrische transkranielle Stimulationen die Nahrungsaufnahme verringern können. Vorangegangene Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass eine transkraniale direkte Stimulation (tDCS) des DLPFC das Nahrungsverlangen vermindern kann.

Methoden: In der einfach verblindeten aktuellen Studie wurden 14 gesunde junge Männer mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 20 bis 25 kg / m² beobachtet, die randomisiert in einem Cross-over Design je über 8 Tage täglich entweder eine tDCS oder eine Scheinstimulation erhielten. Zwischen den beiden Stimulationsphasen lagen 2 Wochen Pause. Am ersten und letzten Tag jeder Woche mit Simulation oder Scheinstimulation sollten die Probanden von einem standardisierten Buffet so viel essen, wie sie wollten. Außerdem wurden sie zu Appetit, Hungergefühl, Lust auf Süßigkeiten und ähnlichem befragt. Auch durften die Probanden nach dem Buffet und der Befragung noch Nahrungsmittel mit nach Hause nehmen, wenn sie wollten.

Die Stimulation erfolgte über eine Anode, die in einem Gebiet 5 cm vor dem Motorkortexzielgebiet des linken ersten interdigitalen Muskels (zuvor per Magnetstimulation identifiziert) platziert wurde, die Kathode wurde supraorbital auf der linken Stirnseite angelegt. Die Stimulation bestand aus einer 20-minütigen anodalen Stimulation mit 1 mA (Ein- / Ausblenden 8 s).

Ergebnisse: Die tägliche transkranielle Stimulation des DLPFC über eine Woche verringerte die Kalorienaufnahme um durchschnittlich 14 % gegenüber der Aufnahme nach einer Woche Scheinstimulation. Am ersten Tag der Stimulation war dabei noch kaum ein Effekt erkennbar. Kohlenhydrat- und Fettaufnahme waren stärker von der Reduktion betroffen als die Proteinaufnahme. Auf die Menge an Nahrungsmitteln die nach dem Buffet-Test mit nach Hause genommen wurde, zeigte die tDCS keinen Einfluss.

Die wiederholte Stimulation führte auch zu geringeren selbstberichteten Appetitwerten, wobei der unspezifische Appetit und der auf gesunde Lebensmittel abnahm, nicht aber der Appetit auf Süßes.

Folgerung: Die Studie weist darauf hin, dass die wiederholte transkranielle Stimulation des rechten DLPFC eine interessante Möglichkeit sein könnte, Energieaufnahme und Appetit zu verringern und die kognitive Kontrolle über das Appetitnetzwerk des Gehirns zu verstärken. Ob eine solche Anwendung auch Adipösen bei der Gewichtskontrolle und beim Abnehmen helfen könnte, müssen weiteren Studien untersuchen.

Friederike Klein, München