Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10(05): 238-240
DOI: 10.1055/s-0034-1398226
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Referat – Fördert Zucker die Insel-Autoimmunität?

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Publication Date:
13 January 2016 (online)

Hintergrund: Die Zuckeraufnahme mit der Nahrung erhöht die Insulinproduktion und könnte so über Stress der Betazellen das Risiko für eine Insel-Autoimmunität und nachfolgenden Typ-1-Diabetes steigern. M. Lamb et al. untersuchten in einer prospektiven Studie Kinder mit genetisch bedingtem Erkrankungsrisiko für Typ-1-Diabetes. Sie prüften, ob die Zuckerzufuhr bei diesen Kindern die Progression von einer Insel-Autoimmunität zum manifesten Typ-1-Diabetes fördert.

Methoden: Die Untersuchung ist eine Follow-up-Analyse der DAISY-Kohorte: Die seit 1993 laufende „diabetes autoimmunity study in the young“ (DAISY) hatte gezeigt, dass der glykämische Index einer Diät mit dem Typ-1-Diabetesrisiko assoziiert ist. Die 0–4-jährigen Teilnehmer waren nicht erkrankte Kinder und Geschwister von Typ-1-Diabetikern. Eine zweite Teilnehmergruppe bestand aus Kindern, die nach der Geburt hinsichtlich einer genetischen Prädisposition (HLA-DR- und DQ-Allele) untersucht wurden. Alle Teilnehmer wurden jährlich auf Autoantikörper gegen Insulin, Protein-Tyrosin-Phosphatase-like-Protein und GAD untersucht. Kinder mit zwei positiven Tests in Folge wurden als autoantikörperpositiv eingestuft und alle 3–6 Monate untersucht. Der Konsum von Fruktose, Haushaltszucker (Saccharose), Gesamtzucker mit Zucker bzw. Zuckeraustauschstoffen gesüßten Getränken und Säften wurde einmal jährlich mithilfe eines semiquantitativen Verzehrshäufigkeit-Fragebogens ermittelt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden die Ernährungsberichte von 1893 Kindern untersucht, die zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung durchschnittlich 10,2 Jahre alt waren. Von diesen Kindern entwickelten 142 eine Insel-Autoimmunität, aus der sich bei 42 ein Typ-1-Diabetes entwickelte. Bei Patienten mit Insel-Autoimmunität war die Progression zum Typ-1-Diabetes signifikant mit dem Gesamtzuckerkonsum verknüpft (Hazard Ratio [HR] 1,75). Bei Kindern mit Hochrisiko-Genotyp (HLA-DR3/4, DBQ1*0302) stieg die Progressionsrate mit dem Konsum mit Zucker gesüßter Getränke (HR 1,84), nicht jedoch bei Kindern mit geringem oder moderatem genetischem Risiko.

Folgerung: Zuckerreiche Ernährung beeinflusst offenbar nicht das Einsetzen der Insel-Autoimmunität. Sie scheint aber die Progression von Insel-Autoimmunität zu Typ-1-Diabetes zu begünstigen, wobei genetische Faktoren mit Ernährungsparametern wechselwirken. Insbesondere für Kinder mit dem höchsten genetischen Risiko scheinen mit Zucker gesüßte Getränke schädlich zu sein. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass sich bei Kindern mit Insel-Autoimmunität die Progression zum Typ-1-Diabetes durch diätetische Maßnahmen verzögern oder verhindern lässt, so die Autoren.

Ines Schulz-Hanke, Untermeitingen