Ultraschall Med 2010; 31(1): 4-7
DOI: 10.1055/s-0028-1110030
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

US und CEUS im Staging axillärer Lymphknoten bei Brustkrebs – eine Hassliebe?

Real-Time Ultrasound (US) and Contrast-Enhanced US for Suspicious Axillary Lymph Nodes in Breast Cancer – a Love and Hate Relationship?G. Mostbeck1
  • 1Zentralröntgeninstitut, Wilhelminenspital
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Publikationsdatum:
15. Februar 2010 (online)

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Keine Frage, der Einsatz von Ultraschallkontrastmittel (contrast-enhanced ultrasound, CEUS) wird diagnostisch immer wichtiger. Und das nicht nur in der Beurteilung pathologischer Veränderungen des Abdomens und des Retroperitoneums [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26]. In dieser Region wurde im vergangenen Jahr der Stellenwert der CEUS in der Beurteilung von Leberläsionen durch Publikation größerer Patientenkollektive und DEGUM-unterstützter Multicenterstudien gefestigt und durch Vergleich mit State-of-the-Art-Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) auch entscheidend im Methodenvergleich abgesichert [27] [28] [29] [30]. Obwohl der Einsatz der CEUS in mehreren Studien auch als ökonomisch sinnvoll erkannt und verifiziert wurde [31] [32] [33] [34], hinkt die Anwendung und diagnostische Akzeptanz im klinischen Alltag hinter den Studienergebnissen doch etwas hinterher [1] [35].

Daher ist es erfreulich, wenn in diesem Heft [36] über eine weitere Anwendung des CEUS berichtet wird, um zwischen benignen und malignen axillären Lymphknoten bei Patientinnen mit Mammakarzinom zu differenzieren. Die Autoren untersuchten 120 Lymphknoten von 92 Patientinnen mit Real-Time-US, Farbdoppler und CEUS, wobei 2,4 ml Kontrastmittel (SonoVue®) injiziert wurden und mit niederem mechanischem Index über 200 s die Kontrastmitteldynamik in jedem Lymphknoten (mittlere Größe: 1,5 cm) erfasst und Zeit-Intensitätskurven kreiert und ausgewertet wurden (maximale Signalintensität, Zahl und Verteilung sichtbarer Gefäße, Zeitdauer der Kontrastmittelverstärkung u. a.) [36]. Die Ergebnisse zeigen, dass die 80 malignen Lymphknoten ein höheres Enhancement und eine längere Dauer der Kontrastmittelaufnahme aufwiesen als benigne Lymphknoten; die Unterschiede waren statistisch signifikant [36]. Die Autoren schränken aber ein, dass auf einer individuellen Basis diese Unterschiede nicht helfen, um bei der einzelnen Patientin zwischen gutartigem und malignem Lymphknoten zu differenzieren [36]. Leider erfahren wir in dieser Arbeit nicht die Histologie der einzelnen Lymphknoten, die Einschlusskriterien in die Studie sind unklar, die Art der histologischen Aufarbeitung ist nicht beschrieben und auch die Real-Time-Morphologie dieser Lymphknoten wurde nicht ausgewertet. Die Arbeit trägt daher eher dazu bei, die oft kontroversen Ergebnisse bezüglich des Stellenwerts der CEUS in der Dignitätsbeurteilung von Lymphknoten weiter kontrovers zu halten [37] [38] [39]. Und wir wissen insbesondere nicht, wie die Autoren auch kritisch anmerken, ob diese Ergebnisse auch bei kleineren (< 1 cm), nicht palpablen Lymphknoten reproduzierbar sind. Nicht verwunderlich, ist bei kleinen Lymphknoten die US-Dignitätsbeurteilung – mit welcher sonografischen Methode auch immer – mit schlechteren Ergebnissen assoziiert als bei großen Lymphknoten.

Macht es schon Sinn, CEUS in der klinischen Routine zum Staging axillärer Lymphknoten beim Mammakarzinom routinemäßig einzusetzen? Die Antwort ist wohl ein Nein.

Der Status (benigne versus maligne) der axillären Lymphknoten beim Mammakarzinom ist ein essenzieller prognostischer und therapieentscheidender Faktor [40]. Traditionell ist die chirurgische Axilladissektion mit Entfernung von mindesten 10 Lymphknoten gefordert, die aber unter kontrollierten, standardisierten Bedingungen durch die Sentinnellymphknoten-Entfernung (SLNE) ersetzt werden kann, die bei geringerer Morbidität (lokale Serome, Lymphödem, eingeschränkte Schulterbeweglichkeit) eine gleichwertige Beurteilung des Lymphknotenstatus erlaubt [40]. Der (oder die) Sentinel-Lymphknoten ist/sind der/die erste(n) Lymphknoten im Lymphabfluss eines Mammakarzinoms mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für einen metastatischen Befall [41]. Er wird durch radioaktive Tracer und/oder Farbstoffe markiert, die um den Tumor oder subkutan appliziert wurden. Der Sentinel-Knoten wird intraoperativ aufgesucht und histologisch untersucht. Ist er tumorfrei, dann ist die Wahrscheinlichkeit für Lymphknotenmetastasen in anderen axillären Lymphknoten äußerst gering und die Axilladissektion kann unterbleiben (Übersicht siehe [42]).

Die Ergebnisse der Sonografie axillärer Lymphknoten (in der Unterscheidung benigne-maligne) sind auch in rezenten Studien nicht gut genug, um auf die Axilladissektion oder die SLNE verzichten zu können. Dazu kommt, dass auch in Zeiten der SLNE die Identifikation von Mikrometastasen < 2 mm, Sub-Mikrometastasen < 0,2 mm und die immunhistochemische Erfassung isolierter Tumorzellen in axillären Lymphknoten ungelöste Probleme darstellen, die durch prospektive Studien gelöst werden sollen [42]. In einem rezenten „systematischen Review”, für den 16 Studien die Qualitätskriterien erfüllten, wird für die Kriterien des Real-Time-US (Lymphknotengröße, Echogenität, sichtbarer Hilus, Verdickung der Rinde u. a. m.) eine Sensitivität von 44 – 82 % und eine Spezifität von 77 – 92 % angegeben, wobei die niederen Werte aus Studien stammen, die ausschließlich nicht tastbare Lymphknoten einschlossen [43]. Wenig besser die Ergebnisse einer subtilen In-vitro-Studie von 171 axillären Lymphknoten aus 19 Axillen nach Dissektion, wobei die Sensitivität 77 %, die Spezifität 80 %, der positive Vorhersagewert 36 %, der negative Vorhersagewert 96 % und die Treffsicherheit 80 % betragen haben [44]. Dopplerverfahren zeigen Unterschiede der Vaskularisation zwischen benignen und malignen Lymphknoten, sind aber insbesondere bei kleinen, nicht tastbaren Lymphknoten sehr limitiert [45]. Eine rezente Arbeit aus Korea [46] untersuchte den Stellenwert von Real-Time-US bei 191 Patientinnen vor OP eines Mammakarzinoms mit SLNE. Der Lymphknoten mit der dicksten Rinde wurde lokalisiert und entfernt. Mit einer Grenze von 2,5 mm Dicke der Lymphknotenrinde ist die Sensitivität 85 % und die Spezifität 78 % [46].

Daher scheint der Einsatz von US zur Erfassung des axillären Lymphknotenstatus auf einer individuellen, patientenbezogenen Ebene durchaus limitiert (wenn man davon absieht, dass US der Palpation in der Erfassung suspekter Lymphknoten überlegen ist). Doch wir sollten nicht ganz pessimistisch sein:

Wir können mit US diejenigen Patientinnen identifizieren, die bei negativem US-Befund der Axilla dann den weiteren Schritt zu einer SLNE gehen 40. US ist hilfreich, in Kombination mit einer Gamma-Sonde den Sentinel-Knoten darzustellen und zu markieren 47. Finden wir nach sonografischen Kriterien suspekte axilläre Lymphknoten, dann sollten wir diesen Verdacht feingeweblich (bevorzugt Stanzbiopsie) abklären 48 49. Die Treffsicherheit der Biopsie ist hoch, die Komplikationsrate gering und der positive Nachweis von Lymphknotenmetastasen vermeidet die unnötige Durchführung einer SLNE 49. Und zuletzt gibt es – bisher nur im Tierexperiment – die Möglichkeit, durch subkutane Injektion von US-Kontrastmittel die Lymphgefäße und den ersten drainierenden Lymphknoten sonografisch sichtbar zu machen 50 51.

Daher: In Zukunft wohl doch mehr sonografische Liebe für die Axilla beim Mammakarzinom!

Literatur

Prof. Dr. G. Mostbeck

Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie Wilhelminenspital und Röntgeninstitut Otto Wagner Spital

Montkartstraße 37

1160 Wien

Austria

eMail: gerhard.mostbeck@wienkav.at