Klin Monbl Augenheilkd 2015; 232(5): 691-696
DOI: 10.1055/s-0034-1383402
Offene Korrespondenz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs und der NS-Diktatur – die letzten Namen der „Gedenkliste jüdische Augenärzte“

70 Years after the End of World War II and the National Socialist Dictatorship – The Final Names of the ʼMemorial File Jewish Ophthalmologistsʼ
J. M. Rohrbach
1   Department für Augenheilkunde, Forschungsbereich Geschichte der Augenheilkunde/Ophthalmopathologisches Labor, Eberhard-Karls-Universität Tübingen
,
C. Thies
2   Berlin-Kreuzberg, Leibniz-Schule
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Publication Date:
17 December 2014 (online)

„Das Unrecht, das gegen das deutsche Judentum und teilweise gegen das deutsche Bürgertum geschieht (Anmerkung: Der Autor bezog sich hier auf die Verhältnisse im Deutschen Kaiserreich), ist nicht das größte, aber es ist auch eines. Deshalb musste es ausgesprochen werden. Das beste aber wird sein, wenn jeder von uns in sein menschliches, soziales und bürgerliches Gewissen hinabsteigt und Unrecht abtut, wo er es findet.“

(Walther Rathenau [1867–1922], deutsch-jüdischer Industrieller, Außenminister [1922] und Schriftsteller in „Zur Kritik der Zeit“, Berlin, 1912)

Am 8. Mai 1945, also vor nunmehr 70 Jahren, endeten der 2. Weltkrieg und die nationalsozialistische Diktatur, damit auch Verfolgung, Vertreibung und Ermordung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir können heute mit großer Bestimmtheit sagen, dass etwa ⅔ der jüdischen Fachkollegen, von denen ca. 50 % aus Berlin stammten, zwischen 1933 und 1941 emigrierten, wobei Palästina, Großbritannien und – mit großem Abstand – die USA die wichtigsten Aufnahmeländer waren [1], [2]. Einzelne „arische“ Mediziner, wie etwa der Augenarzt Martin Killmann aus Berlin, emigrierten, weil sie einen jüdischen Ehepartner hatten. Etwa 25 jüdische Augenärzte (14 % der jüdischen Augenärzte mit bekanntem Schicksal) verloren ihr Leben in einem Konzentrationslager, Ghetto oder Gefängnis, ungefähr 5 (3 %) begingen, wie auch der Entdecker des Tetanuserregers, Arthur Nicolaier (1862–1942) Suizid [3] ([Tab. 1]). Die Namen der Todesopfer wurden jüngst noch einmal tabellarisch zusammengestellt [4]. Der Umgang der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) mit ihren jüdischen Mitgliedern bleibt angesichts der dürftigen Quellenlage weiterhin etwas spekulativ [5], [6].