Ultraschall Med 2008; 29(3): 265-266
DOI: 10.1055/s-2008-1027530
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hochauflösender Ultraschall oberflächennahen Knochen

High-Resolution Ultrasound of Surface BonesG. Mostbeck1
  • 1Zentralröntgeninstitut Wilhelminenspital der Stadt Wien
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Publication Date:
02 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Die sonografische Bildgebung beruht zu einem wesentlichen Teil auf der Reflexion von Ultraschallwellen an Grenzflächen von Medien unterschiedlicher akustischer Impedanz. Dabei unterscheiden sich die Schallleitungsgeschwindigkeiten in Weichteilgeweben des menschlichen Körpers nur wenig, aber Knochen zeigt eine deutlich höhere akustische Impedanz. Die Folgen dieser physikalischen Tatsache sind Lehrinhalt jedes US-Basisseminars, Tag 1, und verfolgen die sonografische Bildgebung seit ihren Anfängen: Wir sehen nicht hinter und in den Knochen, der Knochen ist daher traditioneller „Feind” des sonografisch Tätigen - und wird dabei nur von der „Luft” als Feindprinzip ergänzt - ein duo infernal der Sonografie, sozusagen!

Nun, wir haben gelernt, die „Luft” in der sonografischen Diagnostik sinnvoll einzusetzen [1] [2] [3] und verwenden „Luft” und „Bläschen” als Kontrastmittel [4]. Dass auch die Sonografie des Knochens (ich meine hier nicht die Gelenk-, Muskel- und Weichteilsonografie) eine geübte Kunst darstellt, zeigen ein paar Zahlen. Unter dem Suchbegriffen < ultrasound AND bone > gibt es am 13.5.2008 in der Datenbank PubMed (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez) unlimitierte 11 829 Treffer. Limitieren wir die Suche auf die Zeitschrift Ultraschall in der Medizin, dann ergeben sich 106 Treffer, und bei sinnvoller Limitierung der beiden Suchbegriffe auf Titel und Abstract immer noch 29 Treffer. Das heißt: Die Untersuchung der Knochen mit Ultraschall ist in vielen Fragestellungen und mithilfe unterschiedlicher sonografischer Techniken (vom diagnostischen Ultraschall über die Quantifizierung der Knochendichte) sinnvolle tägliche klinische Praxis.

In diesem Heft finden Sie 3 Originalarbeiten, die unterschiedliche Aspekte der „sonografischen Knochendiagnostik” beleuchten [5] [7]. Moritz und Mitarbeiter [5] gingen der Frage nach, ob Ultraschall in der Frakturdiagnostik von Kindern eine „unnötige Quälerei” oder eine sinnvolle Ergänzung zum Röntgen darstellt. Weder - noch, könnte man den Autoren antworten, aber die Antwort haben sie selbst gegeben, denn sie konnten nachweisen, dass US und Röntgen vergleichbar sicher Frakturen nachweisen und schließen aus ihren Daten: Ultraschall sollte als erstes bildgebendes Verfahren bei traumatisierten Kindern eingesetzt werden [5]. Von 308 Frakturen wurden 266 sowohl im US als auch im Röntgen gesehen, 20 ausschließlich im US und 21 ausschließlich radiologisch [5]. US war bei Frakturen der Clavicula dem Röntgen überlegen, umgekehrt das Röntgen dem US bei Unterschenkelfrakturen. Sensitivität und Spezifität von US und Röntgen sind in diesem Kollektiv nahezu ident [5]. Natürlich stellen Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen die Grundlage der Therapie von Frakturen dar und die sonografische Darstellung der Achsenabweichung ist kaum zu dokumentieren und dem Behandler zu vermitteln, aber immerhin konnten bei 8 % der Patienten Röntgenaufnahmen eingespart werden - der sinnvollste Strahlenschutz ist immer noch der Verzicht auf die Strahlenanwendung bei fehlender klinischer Relevanz! Diese Arbeit unterstreicht an einem großen Kollektiv den hohen Stellenwert des US in der Frakturdiagnostik [5] [8] [9] [10], aber auch in der Diagnose entzündlicher und tumorähnlicher Läsionen des Knochens [11] [12].

Geht es um knöcherne anatomische Varianten, die für eine klinische Symptomatik verantwortlich sein können, dann kann die Sonografie auch etwas beitragen. Blankstein und Mitarbeiter fanden in einem erweiterten Fallbericht bei 5 von 34 Patienten mit Nackenschmerzen eine Halsrippe, die radiologisch konfirmiert wurde [6]. Nur ein geringer Prozentsatz aller Menschen mit Halsrippen hat eine entsprechende klinische Symptomatik, aber wenn sie viel im Halsbereich sonografisch tätig sind und sich das US-Bild der Halsrippe einprägen, werden Sie bald fündig werden …

Die letzte „knöcherne” Originalarbeit untersucht in vitro die Frage, ob die Messung der US-Transmissionsgeschwindigkeit (UTG) mit den histomorphometrischen Knocheneigenschaften korreliert [7]. Dies vor dem klinischen Hintergrund, dass die präoperative Bestimmung der Knochenqualität einen wichtigen Faktor für den Langzeiterfolg der kieferorthopädischen Implantatbehandlung darstellt.

Zusammenfassend: US ist ein wichtiges diagnostisches Verfahren bei traumatischen, entzündlichen, tumorähnlichen und neoplastischen Veränderungen der Knochen. Grundlegende Arbeiten, z. B. zum Stellenwert der Sonografie in der Diagnose von Skelettmetastasen, wurden vor mehr als 20 Jahren verfasst [14] [15]. Fast hat man heute den Eindruck, dass in Zeiten der Ganzkörper-MR und PET-CT dieses Wissen des hohen Stellenwertes der US-Diagnostik symptomatischer Patienten mit Skelettmetastasen wieder vergessen wird. Daher: Schallen wir, bei richtiger Indikation, öfter die schmerzenden Knochen!

Literatur/References

  • 1 Görg C. Luft: „Akustischer Schlüssel” zur Diagnose!.  Ultraschall in Med. 2002;  23  233-238
  • 2 Seitz K. Gas- und Luftblasen: vom Untersuchungshindernis zum Diagnostikum. Editorial.  Ultraschall in Med. 2007;  28  576-577
  • 3 Nürnberg D, Mauch M, Spengler J. et al . Das sonografische Bild des Pneumoretroperitoneums als Folge einer retroperitonealen Perforation.  Ultraschall in Med. 2007;  28  612-621
  • 4 Claudon M, Cosgrove D, Albrecht T. et al . Guidelines and Good Clinical Practice Recommendations for Contrast Enhanced Ultrasound (CEUS) - Update 2008.  Ultraschall in Med. 2008;  29  28-44
  • 5 Moritz J D, Berthold L D, Soenksen S F. et al . Ultrasound in Diagnosis of Fractures in Children: Unnecessary Harassment or Useful Addition to X-ray?.  Ultraschall in Med. 2008;  29 267-274
  • 6 Blankstein A, Ganel A, Diamant L. et al . Cervical Rib-Preliminary Data on Diagnosis by Ultrasound.  Ultraschall in Med. 2008;  29 286-288
  • 7 Al-Nawas B, Klein M O, Götz H. et al . Dental Implantation: Ultrasound Transmission Velocity to Evaluate Critical Bone Quality - An Animal Model.  Ultraschall in Med. 2008;  29 302-307
  • 8 Hauger O, Bonnefoy O, Moinard M. et al . Occult fractures oft he waist oft he scaphoid: Early diagnosis by high-spatial resolution sonography.  AJR. 2002;  178 1239-1245
  • 9 Pistor G, Graffstädt H. Sonographische Beurteilung von supracondylären Humerusfrakturen: Retrospektive und prospektive Untersuchungen bei Kindern.  Ultraschall in Med. 2003;  24 331-339
  • 10 Wüstner A, Gehmacher O, Hämmerle S. et al . Ultraschalldiagnostik beim stumpfem Thoraxtrauma.  Ultraschall in Med. 2005;  26  285-290
  • 11 Chao H S, Lin S J, Huang Y C. et al . Color Doppler Ultrasonographic Evaluation of Osteomyelitis in Children.  J Ultrasound Med. 1999;  18 729-734
  • 12 Huzjan R, Vukelic-Markovic M, Brkljacic B. et al . The Value of Ultrasound in Diagnosis and Follow-up of Fibrous Cortical Defect.  Ultraschall in Med. 2005;  26 420-423
  • 13 Bachmann Nielsen M. Muskuloskelettaler Ultraschall in einer europäischen Zeitschrift. Editorial.  Ultraschall in Med. 2006;  27 533-534
  • 14 Doringer E, Ferner R, Feurstein M. et al . Gelingt sonographisch der Nachweis von Skelettmetastasen?.  Ultraschal in Med. 1990;  11 29-32
  • 15 Mende U, Rieden K, Braun A. et al . Die Real-Time-Sonographie: Ein wichtiges bildgebendes Verfahren bei Diagnostik und Therapieplanung von Skelettmetastasen.  Fortschr Röntgenstr. 1986;  145 373-378

Prof. Dr. G. Mostbeck

Zentralröntgeninstitut, Wilhelminenspital

Montkartstraße 37

A-1160 Wien, Austria