Z Gastroenterol 2014; 52(11): 1299-1346
DOI: 10.1055/s-0034-1385202
Leitlinie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

S2k-Leitlinie: Gastroösophageale Refluxkrankkheit unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)[*]

AWMF Register Nr. 021-013S2k Guideline: Gastroesophageal Reflux Disease Guided by the German Society of GastroenterologyAWMF Register No. 021-013
H. Koop
1   Allgemeine Innere Medizin, HELIOS Klinikum Berlin-Buch, Berlin
,
K. H. Fuchs
2   Chirurgie, Markus-Krankenhaus, Frankfurt am Main
,
J. Labenz
3   Innere Medizin 2, Jung-Stilling Krankenhaus, Siegen
,
P. Lynen Jansen
3   Innere Medizin 2, Jung-Stilling Krankenhaus, Siegen
,
H. Messmann
5   III. Med. Klinik, Augsburg
,
S. Miehlke
6   Magen-Darm-Zentrum Facharztzentrum Eppendorf, Hamburg
,
W. Schepp
7   Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und gastroent. Onkologie Klinikum Bogenhausen, München
,
T. G. Wenzl
8   Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Uniklinikum der RWTH Aachen
,
und die Mitarbeiter der Leitliniengruppe › Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Petra Lynen Jansen
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen
Olivaer Platz 7
10707 Berlin
Germany   
Phone: ++49/030/31 98 31 50 08   
Fax: ++49/030/31 98 31 50 00   
Prof. Dr. med. Herbert Koop
Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie, HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Phone: ++ 49/30/9 40 15 26 00   
Fax: ++ 49/30/9 40 15 26 09   

Publication History

22 August 2014

26 August 2014

Publication Date:
12 November 2014 (online)

 

Kapitel 1: Einleitung und Methodik

1. Einleitung

Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist eine häufige Erkrankung in den Industrieländern der westlichen Welt mit einer Prävalenz von bis zu 15 % und einer zunehmenden Inzidenz. Aufgrund ihrer Häufigkeit führt die Erkrankung zu einer erheblichen Inanspruchnahme von Ressourcen im Gesundheitswesen. Das klinische Spektrum der Refluxkrankheit hat sich in den letzten Jahren signifikant erweitert und extraösophageale Manifestationen werden intensiv – wenn auch kontrovers – diskutiert. Der Barrett-Ösophagus, der sich aufgrund einer langjährigen Refluxsymptomatik entwickeln kann, ist darüber hinaus als Präkanzerose für das Adenokarzinom des distalen Ösophagus einzustufen.

Dies alles hat hohe finanzielle Aufwendungen für Arztbesuch und Diagnostik, aber auch für Medikamente in der Langzeittherapie bzw. für Antirefluxoperationen zur Folge. Aufgrund der Entwicklung der therapeutischen und diagnostischen Möglichkeiten in den letzten Jahren wurde die 2005 erstmalig publizierte Leitlinie (Z Gastroenterol 2005; 43: 163 – 164) nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft nun grundlegend überarbeitet.


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2. Zielorientierung der Leitlinie

Ziel der Aktualisierung ist eine Anpassung der Empfehlungen zu den Bereichen Epidemiologie, Diagnostik, konservative und operative Therapie sowie der Folgekrankheiten und der extraösophagealen Manifestationen. Hierbei lag der Fokus auf der Formulierung praxisorientierter Empfehlungen, die gut implementierbar und umsetzbar sein sollen. Um den methodischen Aufwand in angemessenem Rahmen zu halten, wurde die Klassifikation S2k gewählt.

Durch die Aktualisierung soll die Qualität der ambulanten und stationären Versorgung verbessert und eine systematische Fort- und Weiterbildung unterstützt werden. Letztendliches Ziel der Leitlinie ist eine Verbesserung der Lebensqualität und des Erkrankungsausgangs Betroffener durch eine bessere Aufklärung und durch einen verbesserten und zugleich ressourcenschonenden Umgang mit medikamentösen sowie operativen Therapien.

Die Leitlinie gibt Empfehlungen für Erwachsene und Kinder mit Refluxsymptomen, Refluxkrankheit und Refluxösophagitis sowie deren Folgekrankheiten. Spezifische Aspekte der Erkrankung bei Kindern werden in einem gesonderten Kapitel behandelt.

Sie gilt sowohl für die ambulante als auch die stationäre medizinische Versorgung und behandelt Prävention, Diagnostik und Therapie in der primärärztlichen und der spezialfachärztlichen Versorgung.

Alle an der Beratung, Diagnostik und Therapie der Erkrankung beteiligten Ärzte werden adressiert.


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3. Zusammensetzung der Leitliniengruppe und Beteiligung von Interessensgruppen

Die Leitlinie wurde federführend durch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erstellt, die als Koordinatoren Prof. Koop, Berlin, Prof. Schepp, München und Prof. Miehlke, Hamburg beauftragten. Frau PD Dr. med. Dathe und Frau PD Dr. Lynen, DGVS-Geschäftsstelle, Berlin, standen bei methodischen Fragestellungen beratend zur Seite und übernahmen organisatorische Aufgaben.

Bei der Zusammenstellung der Arbeitsgruppe wurde auf eine für die klinischen Fragestellungen repräsentative Besetzung geachtet. Die für das Fachgebiet relevanten Fachgesellschaften wurden angeschrieben und gebeten, Mandatsträger für Ihre Organisationen zu benennen. Die Anmeldung der Leitlinie wurde am 15.3.2011 auf der Webseite der AWMF veröffentlicht, sodass weitere Fachgesellschaften/Vertreter sich melden konnten. Experten und Anwender aus den verschiedenen Versorgungsstufen wurden berücksichtigt.

Folgende Fachgesellschaften waren an der Erstellung der Leitlinie beteiligt:

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

  • Arbeitsgemeinschaft Leitender Gastroenterologischer Krankenhausärzte (ALGK)

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)

  • Deutsche Gesellschaft für Pathologie und Bundesverband Deutscher Pathologen (DGP/BDP)

  • Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie (GPGE)

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) sagte eine Beteiligung ab. Ein Patientenvertreter wurde über die GASTRO-Liga in den Leitlinienprozess einbezogen.

Am 1.3.2011 wurde ein erstes Treffen der Arbeitsgruppe abgehalten, zu dem die Koordinatoren gemeinsam mit den Mandatsträgern insgesamt sechs Arbeitsgruppen zusammen und benannten die Leiter und Mitarbeiter der Arbeitsgruppen. Bei der personellen Besetzung der einzelnen Arbeitsgruppen wurden Fachkompetenz, eine interdisziplinäre Verteilung und der jeweilige Tätigkeitsbereich (Niedergelassene und stationär) berücksichtigt ([Tab. 1]).

Tab. 1

Themengebiete und Arbeitsgruppenbesetzung.

AG1 Epidemiologie und Diagnostik

Prof. Dr. Wolfgang Schepp, München (Leiter)

med2@kh-bogenhausen.de

Prof. Dr. Hans-Dieter Allescher, Garmisch-Partenkirchen

hans.allescher@klinikum-gap.de

Dr. Jens Aschenbeck, Berlin

info@aschenbeck-berlin.de

Prof. Dr. Stefan Müller-Lissner, Berlin

mueli@park-klinik.com

PD Dr. med. Christian Pehl, Vilsbiburg

christian.pehl@kkh-vilsbiburg.de

PD Dr. med. Holger Seidl, München (Mitarbeit)

h.Seidl@lrz.tum.de

AG2 Konservative Therapie

Prof. Dr. Joachim Labenz, Siegen (Leiter)

J.Labenz@t-online.de

Dr. Albin Lütke, Koblenz

a-luetke@t-online.de

Prof. Dr. Ahmed Madisch, Hannover

ahmed.madisch@krh.eu

Prof. Dr. Peter Malfertheiner, Magdeburg

peter.malfertheiner@med.ovgu.de

Prof. Dr. Joachim Mössner, Leipzig

moej@medizin.uni-leipzig.de

Prof. Dr. Christian Prinz, Wuppertal

christian.prinz@helios-kliniken.de

AG3 Chirurgische Therapie

Prof. Dr. Karl-Hermann Fuchs, Frankfurt (Leiter)

karl-hermann.fuchs@fdk.info

PD. Dr. Mario Anders, Hamburg

m.anders@uke.uni-hamburg.de

Prof. Dr. Hubertus Feussner, München

hubertus.feussner@mitigroup.de

Prof. Dr. Till Wehrmann, Wiesbaden

till.wehrmann@dkd-wiesbaden.de

AG4 Extraösophageale Manifestationen

Prof. Dr. Stephan Miehlke, Hamburg (Leiter)

prof.miehlke@mdz-hamburg.de

PD Dr. Monther Bajbouj, München

monther.bajbouj@lrz.tum.de

Prof. Dr. Daniel Jaspersen, Fulda

daniel.jaspersen@klinikum-fulda.de

Dr. Peter Kardos, Frankfurt

Kardos@lungenpraxis-maingau.de

Dr. Andreas Leodolter, Herne

Andreas@Leodolter.de

AG5 Barrett-Ösophagus

Prof. Dr. Helmut Messmann, Augsburg (Leiter)

helmut.messmann@klinikum-augsburg.de

Prof. Dr. Arnulf H. Hölscher, Köln

arnulf.Hoelscher@uk-koeln.de

Prof. Dr. Herbert Koop, Berlin

herbert.koop@helios-kliniken.de 

Prof. Dr. Alexander Meining, München

alexander.meining@lrz.tum.de

PD Dr. Oliver Pech, Regensburg

oliver.pech@t-online.de

Prof. Dr. Martin Werner, Freiburg

direktion-pathologie@uniklinik-freiburg.de

PD Dr. Esther Endlicher, Regensburg

esther.endlicher@klinik.uni-regensburg.de

Dr. Christine Schürmann, Berlin (Mitarbeit)

christine.schuermann@helios-kliniken.de

AG6 Reflux bei Kindern

Prof. Dr. Tobias Wenzl, Aachen (Leiter)

twenzl@ukaachen.de

Prof. Dr. Thomas Frieling, Krefeld

thomas.frieling@helios-kliniken.de

Dr. Denisa Pilic, Bochum

denisa.pilic@gmx.de

PD Dr. Anjona Schmidt-Choudhury, Bochum

a.schmidt-choudhury@klinikum-bochum.de


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4. Methodik

4.1 Literaturrecherche und Auswahl der Evidenz

Grundlage für die Literaturrecherche waren die Schlüsselfragen, die sich aus den Empfehlungen der Leitlinie von 2005 ergaben. Auf einem initialen Treffen der Leitliniengruppe am 1.3.2011 wurden als Limitation für die Literatursuche festgelegt:

Humans, English, German, Publication Date from 2000/01/01

Literatur wurde bis zum Termin der Konsensuskonferenz im Juni 2013 berücksichtigt. Folgende Quellen wurden primär für die Literaturssuche genutzt:

Suche nach existierenden Leitlinien: www.awmf.de, www.guidelines.gov, www.sign.ac.uk, www.snfge.asso.fr, www.ahrq.gov, www.cma.ca.

Suche nach systematischen Übersichtsarbeiten: www.thecochranelibrary.com.

Suche in bibliografischen Datenbanken: MedLine, Basis-Suchalgorithmus: (“Gastroesophageal Reflux”[Mesh] OR “Barrett Esophagus”[Mesh]) OR “Esophagitis, Peptic”[Mesh] NOT (editorial[PT] OR historical article[PT] OR comment[PT] OR case reports[PT]).

Die Literatursuche wurde innerhalb der Arbeitsgruppen in Abhängigkeit der Fragestellungen modifiziert, gesichtet und auf Ihre Relevanz hin bewertet. Neue Literatur, die bis zur Konsensuskonferenz im Juni 2013 publiziert wurde, wurde nachgemeldet und floss ebenfalls in die Erstellung der Leitlinie ein. Eine systematische Evidenzbewertung wurde nicht durchgeführt.


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4.2 Formulierung der Empfehlungen und strukturierte Konsensfindung

Auf Grundlage der Literatur wurden die Empfehlungen der Leitlinie von 2005 überarbeitet und gegebenenfalls neue Empfehlungen ergänzt. Die Formulierung und Graduierung der Empfehlungen erfolgte hierbei zunächst über die Formulierung soll, sollte, kann ([Tab. 2]).

Tab. 2

Schema zur Graduierung von Empfehlungen. Negative Empfehlungen werden entsprechend formuliert.

Syntax

Beschreibung

soll

starke Empfehlung

sollte

Empfehlung

kann

Empfehlung offen

Die Empfehlungen wurden in einem Delphiverfahren vom 1.2.2013 bis zum 31.2.2013 von allen Leitlinienmitarbeitern mithilfe einer 5-stufigen Entscheidungsskala abgestimmt (ja, eher ja, unentschieden, eher nein, nein). Zu Empfehlungen, die nicht mit ja abgestimmt wurden, musste ein begründender Kommentar hinterlegt werden. Empfehlungen, die zu über 95 % mit ja abgestimmt wurden, wurden bereits zu diesem Zeitpunkt verabschiedet. Alle anderen Empfehlungen wurden inklusive der Kommentare in die jeweiligen Arbeitsgruppen zurückgespiegelt und überarbeitet.

Die abschließende Konsensuskonferenz fand am 17.6.2013 in Frankfurt statt. Die überarbeiteten Empfehlungen wurden von den jeweiligen AG-Leitern vorgestellt und von der Leitliniengruppe diskutiert. Die Konsensuskonferenz wurde durch die Leitlinienkoordinatorin der DGVS moderiert. In einem nominalen Gruppenprozess wurden Änderungsvorschläge gesammelt und dokumentiert und anschließend eine finale Version im Plenum mittels TED-System abgestimmt. Das Ergebnis der Abstimmung wurde ebenfalls dokumentiert. Im Anschluss an die Konsensukonferenz erfolgte die finale Überarbeitung der Kommentare durch die AG-Leiter und die redaktionelle Zusammenstellung der Leitlinie durch die Koordinatoren. Vier Empfehlungen mussten in einem erneuten Delphiprozess nachträglich abgestimmt werden, da aufgrund eines technischen Fehlers das TED-Ergebnis nicht erfasst wurde. Die Graduierung der Empfehlungen in der Endversion wurde durch die Angabe der Konsensusstärke ergänzt ([Tab. 3]).

Tab. 3

Konsensfindung.

Konsens

% Zustimmung

starker Konsens

> 95

Konsens

> 75 – 95

mehrheitliche Zustimmung

50 – 75

kein Konsens

< 50


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5. Externe Begutachtung und Verabschiedung

Die Leitlinie wurde allen beteiligten Fachgesellschaften zur Stellungnahme vorgelegt und von diesen verabschiedet. Durch die AWMF erfolgte eine externe formale Prüfung vor Aufnahme in das Leitlinienregister.


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6. Redaktionelle Unabhängigkeit und Umgang mit potenziellen Interessenskonflikten

Die Leitlinie wurde von der DGVS finanziert. Vertreter der pharmazeutischen Industrie wurden nicht am Prozess der Leitlinienentwicklung beteiligt, um Neutralität und Unabhängigkeit zu wahren.

Vor Beginn der Leitlinienkonferenz haben alle Teilnehmer ihre potenziellen Interessenskonflikte offengelegt. Hierfür wurden Interessenkonflikte schriftlich mithilfe eines Formblatts der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), erfasst und der Leitliniengruppe tabellarisch zur Verfügung gestellt. Potenzielle Interessenskonflikte wurden offen diskutiert und es wurde einstimmig beschlossen, dass Personen mit potenziellen Interessenskonflikten bei Abstimmungen über Empfehlungen, die von diesen Interessenskonflikten berührt werden könnten, sich ihrer Stimme enthalten. Eine zusammenfassende Auflistung der Interessenskonflikterklärungen ist im Anhang des Leitlinienreports enthalten.


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7. Verbreitung und Implementierung

Die Leitlinie sowie der Methodenreport werden auf der Homepage der DGVS (www.dgvs.de) und der AWMF (www.awmf.de) zum freien Download zur Verfügung gestellt. Die Langversion der Leitlinie wird in der „Zeitschrift für Gastroenterologie“ in deutscher Sprache publiziert. Zusätzlich soll eine Kompaktversion im „Deutschen Ärzteblatt“ in deutscher und englischer Sprache publiziert werden. Unterstützend wird eine Leitlinien-App zur Verfügung gestellt. Die Leitlinienempfehlungen werden darüber hinaus auf den Kongressen und themenbezogenen Fortbildungsveranstaltungen der DGVS vorgestellt.


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8. Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Gültigkeit der Leitlinie beträgt 5 Jahre (Dezember 2019). Eine Überarbeitung der Leitlinie bei veränderter Datenlage erfolgt gegebenenfalls auch früher.

Das Aktualisierungsverfahren wird koordiniert durch die DGVS-Geschäftsstelle.


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Kapitel 2: Empfehlungen

2.1 Epidemiologie und Diagnostik

2.1.1 Definitionen

GERD

Statement 1

Die Montreal-Klassifikation soll auf die Aspekte von Nomenklatur, Diagnostik und Therapie der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) angewandt werden.

Konsens

Kommentar

Die bisherige Leitlinie (2005) hatte sich an den Genval Workshop Report [1] angelehnt: Eine gastroösophageale Refluxkrankheit liegt vor, wenn ein Risiko für organische Komplikationen durch einen gesteigerten gastroösophagealen Reflux und/oder eine signifikante Störung des gesundheitsbezogenen Wohlbefindens (Lebensqualität) infolge der Refluxbeschwerden besteht. Diese pragmatische Definition klassifizierte jedoch viele Patienten als GERD, die Symptome wie Sodbrennen aufweisen, obwohl nur die Minderheit der pH-metrisch erfassten sauren Refluxepisoden mit Symptomen oder mit einer endoskopisch fassbaren Ösophagitis korreliert. Darüber hinaus lässt der Genval Workshop Report eine Überlappung mit der funktionellen Dyspepsie zu und vermischt die Definition der Krankheitsentität GERD mit diagnostischen Arbeitskriterien für den klinischen Gebrauch [2].

Die Montreal Klassifikation gibt dagegen die erste allgemein gültige und verbindliche nosologische Definition der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) vor: Eine GERD entwickelt sich, wenn der Reflux von Mageninhalt störende Symptome und/oder Komplikationen verursacht [3]. Sie schließt den pathophysiologischen Prozess des gastroösophagealen Reflux ebenso ein wie eine symptombasierte Definition zur klinischen Anwendung der Definition. „Störende Symptome und/oder Komplikationen“ lässt ausreichende Variabilität der Beurteilung der Intensität zu, in der Patienten die Symptome oder Folgen einer GERD als beeinträchtigend empfinden. Auch asymptomatische Patienten mit einer GERD-Komplikation (z. B. Barrett-Ösophagus) werden durch die Montreal-Klassifikation erfasst. Die Definition ist unabhängig von speziellen Messverfahren und erfasst Patienten schon allein durch die Symptomatik. Andererseits klassifiziert sie GERD aber auch – unabhängig vom Vorliegen klinischer Symptome – ausschließlich aufgrund des technischen Refluxnachweises (pH-Metrie, Impedanz) oder des Nachweises von Refluxfolgen (Endoskopie, Histologie, Elektronenmikroskopie) + Symptome. Schließlich legt die Montreal-Klassifikation nicht fest, ob das Refluat sauer, schwach sauer, basisch oder gasförmig sein muss.

Die Montreal-Klassifikation ist durch deutsche und italienische Expertengruppen validiert und von der American Gastroenterological Association übernommen worden, sie dient der European Medicinal Agency als Definition in ihren Leitlinien [4] [5] [6] [7] [8].

Der Begriff GERD subsummiert:

  • erosive Refluxösophagitis verschiedener Schweregrade (ERD)

  • nicht erosive Refluxkrankheit (NERD)

  • hypersensitiver Ösophagus

  • extraösophageale Manifestationen

  • Komplikationen der GERD

  • funktionelle Refluxbeschwerden

  • Barrett-Ösophagus

Unter pathophysiologischen und therapeutischen Aspekten wird zwischen primärer und sekundärer Refluxkrankheit unterschieden.

Komplikationen der GERD können sich in der Speiseröhre (z. B. Ösophagitis, Stenosen, Barrett) sowie extraösophageal „atypisch“ manifestieren. Hier zählen Laryngitis, chronischer Husten, Asthma und Zahnerosionen zu den etablierten extraösophagealen Syndromen, während die Assoziation zwischen GERD und Pharyngitis, Sinusitis, idiopathischer Lungenfibrose und rezidivierender Otitis media in der Diskussion ist.

Eine enge Korrelation von GERD zu Atemwegserkrankungen, Asthma und Schnarchen ist ebenso beschrieben wie zu nächtlicher Insomnie, Benzodiazepin-Abusus, Müdigkeit am Tage und Bluthochdruck [9]. Ein kausaler Zusammenhang zwischen GERD und Asthma bzw. obstruktiver Schlafapnoe konnte jedoch nicht nachgewiesen werden [10]. Eine Assoziation zwischen H. pylori Infektion und GERD liegt nicht vor [11].

GERD ist die häufigste ösophageale Ursache des noncardiac chest pain (NCCP), der u. a. als atypische Manifestationsform der GERD aufgefasst wird [12]. NCCP bezeichnet wiederkehrende retrosternale Schmerzen, die nicht von ischämischen Herzschmerzen zu unterscheiden sind, obwohl kardiale Schmerzursachen ausgeschlossen wurden. Über 50 % der NCCP-Patienten haben eine pathologische Säurebelastung des distalen Ösophagus, 68 – 90 % der NCCP-Patienten sprechen auf probatorische PPI-Therapie an [13] [14] [15] [16].


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Erosive Refluxerkrankung (ERD)

GERD mit endoskopisch nachweisbaren Läsionen (Erosionen, Striktur, Barrett-Ösophagus) wird als erosive gastroösophageale Refluxkrankheit (ERD) definiert. Weniger als 50 % aller Patienten mit typischen GERD-Symptomen haben endoskopisch erkennbare Schleimhautläsionen [17]. Zu den Risikofaktoren der ERD zählen Hiatushernie, starker Alkohol- und Nikotinkonsum [18], hoher BMI [19], männliches Geschlecht und H. pylori-Negativität [20].


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Nicht erosive Refluxerkrankung (NERD)

GERD ohne endoskopisch nachweisbare Läsionen (Erosionen, Striktur, Barrett-Ösophagus) wird als nicht erosive gastroösophageale Refluxkrankheit definiert (NERD) [21]. Sie liegt nur vor, wenn die Beschwerden die Lebensqualität beeinträchtigen. NERD kann die Lebensqualität (QoL) ähnlich stark beeinträchtigen wie ERD. Gut 50 % aller Patienten mit typischen GERD-Symptomen haben keine endoskopisch erkennbaren Schleimhautläsionen [17] [22]. Zu den Risikofaktoren der NERD zählen Fehlen einer Hiatushernie, niedriger BMI, H. pylori Infektion, weibliches Geschlecht und jüngeres Lebensalter [11] [23] [24] [25].


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Hypersensitiver Ösophagus

Ein hypersensitiver Ösophagus liegt vor, wenn Refluxereignisse formal quantitativ innerhalb der Norm liegen, aber als Sodbrennen mit positivem Symptomindex perzipiert werden [26]. Die Patienten sprechen daher gut auf eine säuresuppressive Therapie an. Endoskopisch erkennbare erosive Veränderungen liegen nicht vor. Ösophageale Hypersensitivität kann durch definierte Ballondistension und durch Säureperfusion nachgewiesen werden [27]. Patienten mit hypersensitivem Ösophagus weisen bei ösophagealer Säureperfusion (Bernsteintest) v. a. bei Perfusion des proximalen Ösophagus eine höhere Schmerzsensitvität auf als symptomatische ERD-Patienten oder gesunde Kontrollpersonen, während asymptomatische ERD-Patienten gegenüber Kontrollpersonen vermindert sensitiv sind [26] [28] [29]. Ursache ist eine Steigerung der viszeralen Schmerzwahrnehmung unabhängig von der Intensität des Stimulus und von Störungen der ösophagealen Motilität. An der zugrunde liegenden Senkung der ösophagealen Schmerzschwelle sind periphere und zentrale Mechanismen der Schmerzwahrnehmung beteiligt [30].

Der hypersensitive Ösophagus ist – neben ösophagealen Motilitätsstörungen und funktionellen Beschwerden – eine der selteneren Ursachen des NCCP [12]. Hier führen physiologische gastroösophageale Refluxereignisse zum NCCP, diese Schmerzen sprechen daher auf antisekretorische Therapie an. Von den NCCP-Patienten weisen 75 % psychologische Störungen auf (Panik-, Angststörungen, Depression) [31].


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Funktionelle Refluxbeschwerden

Patienten mit funktionellen Refluxbeschwerden klagen zwar über Sodbrennen, es liegt aber weder ein pathologischer Reflux vor (negative pH-Metrie/Impedanz) noch besteht eine zeitliche Assoziation der Schmerzangaben mit physiologischen Refluxereignissen (negativer Symptomindex/negativer SAP). Eine säuresuppressive Therapie bleibt daher ineffektiv. Zu den Risikofaktoren gehören jüngeres Lebensalter, weibliches Geschlecht und psychologische Komorbidität [12]. Die Patienten sind gegenüber mechanischer Schmerzinduktion durch Ballondistension und im Säureperfusionstest empfindlicher als Patienten mit NERD oder hypersensitivem Ösophagus; möglicherweise werden ösophageale Mechanonozizeptoren durch säureempfindliche Chemorezeptoren sensibilisiert [32]. Auch bei funktionellen Refluxbeschwerden scheint eine erhöhte afferente ösophageale Sensitivität vorzuliegen [30].

Funktionelle Refluxbeschwerden sind noch seltener als der hypersensitive Ösophagus Ursache des NCCP [12]. Da die Schmerzangaben unabhängig selbst von physiologischen Refluxereignissen sind, sprechen diese NCCP-Patienten nicht auf antisekretorische Therapie an.


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2.1.2 Diagnostik

Symptome und deren Aussagekraft

Statement 2

Für die Diagnostik soll eine subtile Anamnese bzgl. der typischen Refluxbeschwerden (z. B. Sodbrennen, Säureregurgitation) erhoben werden.

Starker Konsens

Statement 3

Im Rahmen der Anamnese sollten auch weitere mögliche refluxassoziierte Symptome (z. B. epigastrische Schmerzen, thorakale Schmerzen, Dysphagie, Odynophagie, Brennen im Rachen, Räuspern) erfragt werden.

Starker Konsens

Statement 4

Im Anamnesegespräch sollen auch andere Beschwerden im Gastrointestinaltrakt, insbesondere im Kontext funktioneller Erkrankungen (z. B. Symptome des Reizmagens und Reizdarms), erfragt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Folgende typische Refluxsymptome können auftreten: Sodbrennen (brennendes Gefühl hinter dem Brustbein = heartburn), Brennen im Rachen, saures oder nicht saures Aufstoßen sowie Regurgitation von Mageninhalt (vom Patienten oft fälschlich als Erbrechen interpretiert!). Folgende Symptome sind zwar nicht pathognomonisch, aber mit einer Refluxerkrankung vereinbar: retrosternale Schmerzen, Dysphagie (Schluckerschwernis); selten Odynophagie (Schmerz beim Schlucken); Reizhusten/morgendliches Räuspern, belegte Stimme, Heiserkeit, Reizhusten, Asthmaanfälle.

Statement 5

In der Anamnese soll stets eine detaillierte Medikamentenanamnese erhoben werden.

Starker Konsens

Kommentar

Medikamente können GERD verursachen oder die Symptomatik einer vorbestehenden GERD verstärken, indem sie zu einer Relaxation des unteren Ösophagussphinkters führen oder die ösophageale Clearance stören. Zu diesen Medikamenten gehören Kalziumantagonisten, Nitropräparate, Theophylline und Aminophylline (Verstärkung eines refluxbedingten Asthmas!), Anticholinergika, beta-adrenerge Agonisten, Benzodiazepine, pfefferminzhaltige Präparate und Östrogenpräparate zur postmenopausalen Hormontherapie [33] [34] [35] [36] [37]. Gestagene und Antikonzeptiva haben dagegen keinen gesicherten Zusammenhang mit GERD. Darüber hinaus reduzieren Anticholinergika die Sekretion bikarbonathaltigen Speichels und vermindern dadurch die Säureneutralisation im Ösophagus [38].

Im Gegensatz zu den vorgenannten Medikamenten, die durch die Beeinflussung der Motilität eine Refluxösophagitis induzieren können, verursachen zahlreiche andere Medikamente eine motilitätsunabhängige, toxische Ösophagitis, die direkt lokal (ASS; NSAR, Biphosphonate, Doxycylin, Eisensulfat, Ascorbinsäure) oder systemisch ausgelöst werden kann (Zytostatika) [119].

Statement 6

Wird aufgrund typischer Refluxsymptome eine GERD angenommen und es liegen keine Alarmsymptome vor, kann bei Erwachsenen zunächst eine empirische Protonenpumpenhemmertherapie ohne weitere Diagnostik erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Eine GERD wird als wahrscheinlich angesehen, wenn typische Refluxsymptome (Sodbrennen, Regurgitation) mindestens 1 ×/Woche [39] bis 2 ×/Woche [1] auftreten und mit einer Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergehen. Führt Sodbrennen die klinische Symptomatik an, so liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit (> 75 %) eine Refluxerkrankung vor [3] [40]. Trotzdem können auch seltenere Refluxbeschwerden zu einer relevanten Einschränkung der Lebensqualität führen [41].

Wird Sodbrennen als das sensitivste Symptom der GERD zugrunde gelegt, hat sich als Expertenmeinung die Annahme der Diagnose GERD ohne weitere Diagnostik etabliert und mehrheitlich Einzug in internationale Leitlinien gehalten [3] [42] [43]. Dies gilt, wenn keine Alarmsymptome bestehen und wenn aus der Krankheitsdauer kein relevantes Risiko eines Barrett-Ösophagus resultiert (vgl. Statement 11).

In Abgrenzung zur Probetherapie (s. u.) wird bei der empirischen Therapie die Diagnose GERD durch typische Symptome als gegeben betrachtet und eine langfristig intendierte medikamentöse Therapie eingeleitet. Eine kritische Prüfung des Therapieerfolges ist dennoch indiziert.

Alarmsymptome als diagnostisches Werkzeug spezifisch im Setting der GERD sind nicht auf Basis hochwertiger Studien etabliert. Beschrieben und gut vereinbar mit allgemeinen medizinischen Standards sind Dysphagie und Odynophagie, unfreiwilliger Gewichtsverlust (> 5 %), eine Anämie insbesondere bei klinischen Hinweisen auf GI-Blutverluste, sowie klinische/apparative Hinweise auf eine ösophageale/epigastrische Raumforderung, Striktur oder ein Ulkus [22] [43] [44] [45].

Statement 7

Sind die Symptome für eine Refluxkrankheit nicht eindeutig, sollte eine weitere Klärung erfolgen.

Mehrheitliche Zustimmung

Kommentar

Unspezifische Symptome wie Globusgefühl, retrosternale Schmerzen und respiratorische Symptome können das klinische Beschwerdebild der Refluxerkrankung dominieren und eine rein anamnestische Diagnosestellung erschweren [46]. Dann ist eine weitere Diagnostik mittels ÖGD und /oder pH-Metrie(-Impedanz) zu empfehlen.

Statement 8

Eine Probetherapie mit einem Protonenpumpenhemmer mit diagnostischer Zielsetzung sollte bei unklaren Symptomen nicht erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Studien zur Probetherapie als diagnostisches Verfahren haben sehr variable Schätzungen der diagnostischen Aussagekraft erbracht [42] [47] [48] [49] [50]. Dies ist vermutlich auf variable Therapieprotokolle, demografische Faktoren, Endpunkte und Referenzverfahren zur Diagnosestellung einer GERD zurückzuführen. Metaanalysen schätzen die gepoolte Sensitivität mit 78 – 80 %, die Spezifität mit 54 – 74 % [51] [52], gemessen an pH-Metrie und/oder ÖGD als Goldstandard, ein. Bei einem direkten Vergleich von Probetherapie und pH-Metrie bei Patienten mit Refluxösophagitis waren beide Verfahren ähnlich zuverlässig [53]. Da aber 40 – 90 % der Patienten mit anamnestisch GERD-suggestiven Symptomen auf eine PPI-Therapie ansprechen, wird die Wertigkeit der Referenzstandards kritisch diskutiert [51] [54]. Mehrere praktische Aspekte haben sich zudem als problematisch erwiesen: Selbst bei Gesunden tritt nach Absetzen einer PPI-Therapie eine Säurehypersekretion durch eine passager nachhängende Hypergastrinämie auf, die bei über 40 % der Patienten mit GERD-Symptomatik einhergeht und in der Bewertung einer Probetherapie irreführend sein kann [55] [56]. Eine komplette Beschwerdefreiheit war unter Studienbedingungen nicht zu erreichen, daher wurde in Studien meist nur ein Rückgang der Symptomhäufigkeit um 50 – 75 % als Kriterium angewandt [49] [50] [53] [57] [58] [59]. Eine persönliche Verlaufsbeurteilung von Refluxsymptomen durch Patient oder Arzt hat sich in Studien zudem als ungenau erwiesen [60]. Aus volkswirtschaftlicher Sicht hat sich in vielen Länderstudien die Therapiesteuerung per Probetherapie dennoch als kosteneffektiver als die durch endoskopische Initialdiagnostik gezeigt [43] [61] [62]. Der Einsatz der Probetherapie wird daher weiterhin international kontrovers bewertet.


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2.1.3 Endoskopie

Statement 9

Auf Wunsch des Patienten kann frühzeitig und primär, d. h. an Stelle einer empirischen Therapie, eine weitere (z. B. endoskopische) Abklärung erfolgen.

Starker Konsens

Statement 10

Bei Vorliegen von Alarmsymptomen soll immer unverzüglich eine weitere Abklärung mittels ÖGD erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Erstmals in dieser Aktualisierung der Leitlinie wird sich gegen ein generelles endoskopisches Screening aller Patienten mit GERD-suggestiven Symptomen ausgesprochen (vgl. Statement 6). Folgende Aspekte fließen in diese Expertenmeinung ein:

Pro initiale ÖGD: Sowohl das Symptom Sodbrennen [63] [64] [65], als auch der PPI Test [64] weisen Unschärfen bei der Differenzierung zwischen ERD/NERD und hypersensitivem Ösophagus einerseits sowie funktionellen Refluxbeschwerden bzw. nicht ulzeröser Dyspepsie andererseits auf, führen also potenziell zu einer Übertherapie. Klinische Zweifel an der Diagnose GERD sollten daher zu einer apparativen Diagnosesicherung Anlass geben. Zwingend ist eine Diagnostik indiziert, wenn nach initial symptombasierter Therapieeinleitung in den gesetzten Fristen einer empirischen Therapie keine ausreichende Symptomremission erreicht wurde. Die Endoskopie ermöglicht die primäre Diagnose der Refluxösophagitis und die Festlegung ihres Schweregrades [1]. Sie erleichtert damit die Therapieplanung und eine exakte Therapiekontrolle. Als Indexendoskopie ist sie von Vorteil für die Diagnostik des Barrett-Ösophagus und die Erfassung von Komplikationen (Ulkus, Striktur). Gleichzeitig können Erkrankungen, die von einer Frühtherapie profitieren, ausgeschlossen werden, in erster Linie Malignome. Nicht zu unterschätzen ist der rückversichernde Einfluss einer einmaligen, klärenden Indexgastroskopie auf das subjektive Wohlbefinden vieler Patienten, die es im individuellen Arzt-Patienten-Kontakt einzuschätzen gilt [66] [67].

Contra initiale ÖGD. Weder Schweregrad noch Frequenz von Symptomen korrelieren mit den drei GERD-Manifestationsformen ERD, NERD und Barrett-Ösophagus [11] [68] [69]. Zwar würde die endoskopische Differenzierung zwischen ERD und NERD eine unterschiedliche Steuerung der säuresuppressiven Therapie erlauben. Letztlich steht der Nachweis einer daraus langfristig resultierenden höheren Patientenzufriedenheit und geringeren Rate von Folgekrankheiten oder Mortalität aber aus [70]. Es werden für eine adäquate Behandlung von NERD und ERD vergleichbare PPI-Dosen benötigt [71]. Berücksichtigt werden muss auch, dass das Fehlen einer endoskopischen Refluxösophagitis keinesfalls die Diagnose GERD ausschließt, vielmehr weist die Mehrzahl der GERD-Patienten eine endoskopisch negative NERD auf [42].

Alarmsymptome als diagnostisches Werkzeug spezifisch im Setting der GERD sind nicht auf Basis hochwertiger Studien etabliert. Beschrieben und gut vereinbar mit allgemeinen medizinischen Standards sind Dysphagie und Odynophagie, unfreiwilliger Gewichtsverlust (> 5 %), eine Anämie insbesondere bei klinischen Hinweisen auf GI-Blutverluste, sowie klinische/apparative Hinweise auf eine ösophageale/epigastrische Raumforderung, Striktur oder ein Ulkus [22] [43] [44] [45].

Statement 11

Bei mehrjährig bestehenden Refluxbeschwerden sollte eine Endoskopie zur Aufdeckung eines Barrett-Ösophagus erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die endoskopische Früherkennung eines Barrett-Ösophagus als Präkanzerose ermöglicht eine gezielte Vorsorgestrategie und möglicherweise eine Reduktion des Karzinomrisikos. Dem insgesamt geringen Risiko einer malignen Progression in der Gesamtheit der GERD-Patienten stehen aber volkswirtschaftlich erhebliche Mehrkosten eines generellen endoskopischen Screenings von Patienten mit GERD-typischen Symptomen gegenüber [43]. Die Einbeziehung der Symptomdauer kann die Einzelfallentscheidung zur Index-ÖGD erleichtern: Im Vergleich zu Patienten mit GERD-typischen Symptomen für weniger als 1 Jahr beträgt die Odds Ratio für die Diagnose eines Barrett-Ösophagus bei einer Symptomdauer von 1 – 5 Jahren 3,0, bei einer Symptomdauer von 5 – 10 Jahren 6,4 [69].

Statement 12

Bei mit einer Refluxkrankheit zu vereinbarenden Symptomen und Nachweis einer erosiven Refluxösophagitis soll zunächst keine weitere Diagnostik erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die makroskopischen Läsionen sind derart spezifisch, dass mit ihrem Nachweis die Diagnose „Refluxösophagitis“ ausreichend belegt ist [1]. Zusätzliche diagnostische Maßnahmen optimieren die diagnostische Sicherheit nicht. Aus den Befunden der pH-Metrie und Ösophagusmanometrie lassen sich zunächst keine differenzialtherapeutischen Konsequenzen ableiten. Bei symptomatischer Refluxösophagitis wird daher ohne weitere Funktionsdiagnostik medikamentös therapiert.

Erosionen

Statement 13

Die Diagnose einer erosiven Refluxösophagitis sollte bei fleckigen, streifigen oder zirkulär konfluierenden Epitheldefekten (Erosionen) der Schleimhaut des distalen Ösophagus gestellt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Fleckige, streifige oder zirkulär konfluierende Epitheldefekte (Erosionen) im distalen Ösophagus oder im Anschluss an die Z-Linie sind allgemein akzeptierte makroskopische Zeichen einer Refluxösophagitis [1]. Sie sind praktisch immer von einer pathologischen pH-Metrie begleitet [72]. Andere makroskopische Befunde der Refluxösophagitis sowie histologische Veränderungen sind in ihrem Wert dagegen umstritten. Die interindividuelle Übereinstimmung bei der Erkennung und Graduierung der Ösophagitis ist bestenfalls mäßig [73] [74]. Selbst die intraindividuelle Reproduzierbarkeit nach 2 Wochen ist nur mäßig [73]. Das Auffinden von Erosionen wird durch elektronische Strukturverstärkung und Kontrastanhebung (narrow band imaging NBI, FICE, i-Scan) und noch stärker durch reale Färbung mit Lugol‘scher Lösung gesteigert [75].


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Klassifikationssysteme

Statement 14

Eine Refluxösophagitis soll endoskopisch klassifiziert werden. Hierfür sollte die Los-Angeles-Klassifikation verwandt werden.

Konsens

Statement 15

Bei Verwendung anderer Klassifikation sollen diese im Befund genannt werden.

Konsens

Kommentar

Drei etablierte Klassifikationen orientieren sich am Ausmaß der Mukosaläsionen in der distalen Speiseröhre [1] [72]. Die Savary-Miller-Klassifikation unterscheidet 3 Schweregrade (I, II, III), die Los-Angeles-Klassifikation 4 (A, B, C, D). Dabei korreliert Grad I der Savary-Miller-Klassifikation mit Grad A und B der Los-Angeles-Klassifikation, die sich nur in der Größe der Mukosaläsion (< 5 mm/> 5 mm) unterscheiden. Grad II nach Savary-Miller entspricht weitestgehend Grad C der Los-Angeles-Klassifizierung (konfluierende Mukosaläsionen bis zu 75 % der Gesamtzirkumferenz), Grad III entspricht Grad D (Mukosaläsionen mit mindestens 75 % der Gesamtzirkumferenz der Speiseröhre). Die MUSE-Klassifikation graduiert zusätzlich zu den Erosionen Metaplasie, Ulzerationen und Strikturen und gibt damit die detaillierteste Beschreibung der Refluxveränderungen in der Speiseröhre [76].

Während die MUSE-Klassifikation sich durch die Detailliertheit am besten für den Vergleich von Befunden bei aufeinander folgenden Endoskopien eignet, erscheint die Los-Angeles-Klassifikation durch ihre einfache Beschreibung am praktikabelsten. Sie wird auch international häufig eingesetzt. Zudem zeigt sie die geringste interindividuelle Variabilität bei der Beurteilung [74].


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Weitere Aussagekraft der Endoskopie

Statement 16

Während der Endoskopie sollen weitere Befunde (Stenose, Ulkus, Schatzki-Ring, Metaplasien, etc.) sowie das Vorliegen einer Hiatushernie dokumentiert werden.

Starker Konsens

Kommentar

Zwar besteht eine Beziehung zwischen Herniengröße und dem Schweregrad einer evtl. bestehenden Ösophagitis [77], dies bringt aber keinen diagnostischen Zugewinn. Die Beschreibung einer klaffenden Kardia, des unvollständigen Schlusses des gastroösophagealen Übergangs bzw. einer insuffizienten Umschließung des Endoskops ist subjektiv. Einzelne Autoren beschreiben ein makroskopisches Grading des gastroösophagealen Verschlussmechanismus (Valve), wobei die Schwere von endoskopisch sichtbaren Schleimhautläsionen (Refluxösophagitis) mit der Insuffizienz des Verschlusses („klaffende Kardia“) korrelieren soll [78]. Diese Beobachtung blieb aber bisher unbestätigt.


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Minimalbefunde

Statement 17

Erythem, Granulation, undeutlicher Übergang des Schleimhautbereichs von Plattenepithel zum Zylinderepithel, verstärkte Gefäßzeichnung im distalen Ösophagus, Ödem oder Hervorhebung der mukosalen Falten sind keine verlässlichen Zeichen und sollen daher nicht zur Diagnose einer Refluxkrankheit verwendet werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die genannten minimalen Veränderungen sind nicht spezifisch für sauren Reflux [22] [79] [80] [81]. Lediglich für rote Streifen (red streaks) scheint eine Korrelation zu Refluxsymptomen zu bestehen. Sie geben regenerative Veränderungen des Plattenepithels wieder und werden als histologisches Korrelat zur peptischen Schädigung der Mukosa gewertet [82]. Weiterhin fand sich für diese Veränderungen eine schlechte interindividuelle Übereinstimmung [22].


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2.1.4 Aussagekraft der Histologie

Bioptische Diagnostik bei NERD

Statement 18

Eine histologische Untersuchung der Ösophagusschleimhaut liefert keine verlässlichen Ergebnisse zur Diagnose der Refluxkrankheit, insbesondere nicht bei Fehlen von erosiven Veränderungen (NERD). Die Biopsie des makroskopisch unauffälligen Ösophagus nur zur Klärung der Frage einer Refluxerkrankung sollte daher bei Erwachsenen nicht durchgeführt werden.

Konsens

Kommentar

In frühen Studien wurden histologische Veränderungen des nicht erodierten Epithels bei Refluxösophagitis beschrieben wie Verlängerung der Papillen, Verdickung der Basalzellschicht, Verbreiterung der Interzellularbrücken und entzündliche Zellinfiltration [83]. Diese Kriterien haben sich in weiteren Studien als nicht immer reproduzierbar erwiesen [84], da keines der Kennzeichen pathognomonisch ist. Kontrollierte Serien mittels konventioneller Zangenbiopsien und unter Verblindung des befundenden Pathologen ergaben, dass die Histologie nicht in der Lage ist, Patienten mit gesicherter NERD von Nichtrefluxpatienten zweifelsfrei zu unterscheiden [85]. Die Biopsie wird deshalb zur Diagnostik von NERD als nicht geeignet betrachtet [1].

Die bioptische Diagnostik bei Barrett-Ösophagus wird an anderer Stelle abgehandelt. Unstrittig ist die Biopsie bei Ulzera und exophytischen Läsionen, auch bei Stenosen wird sie zum Malignomausschluss empfohlen. Bei den anderen genannten Läsionen (Erosion, Erythem, Schatzki-Ring und ringförmig verdicktem Ösophagus) ist der Wert einer (Bestätigungs-)Biopsie gering [86]. Wird dennoch eine Biopsie durchgeführt, sollte ein histologischer Befund erstellt werden, der die typischen Veränderungen einer Refluxösophagitis mit GERD beschreibt [87]. Die histologischen Kennzeichen der Refluxösophagitis sind Basalzellhyperplasie, Papillenelongation, intraepitheliale eosinophile, neutrophile und mononukleäre Zellen, Nekrosen, Erosionen, abgeheilte Erosionen und Verbreiterung der Interzellularspalten.

Die Klassifizierung dieser Befunde im Sinne einer „Refluxösophagitis-Klassifikation“ bleibt Studien vorbehalten.


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GERD und Biopsie zur Abgrenzung einer eosinophilen Ösophagitis

Statement 19

Bei klinischem (Dysphagie) und/oder endoskopischen Verdacht auf eine eosinophile Ösophagitis sollten stets mind. 4 – 6 Biopsien aus unterschiedlichen Höhen des Ösophagus entnommen werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die histopathologischen Kriterien zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung einer Refluxösophagitis von der eosinophilen Ösophagitis (eÖ) sind definiert [88]. Neben mehr als 15 eosinophilen Granulozyten sollten eine Entzündungsreaktion und insbesondere eosinophile Mikroabszesse in apikalen Mukosaabschnitten vorhanden sein. Damit unterscheidet sich die eÖ von einer Refluxösophagitis. Stufenbiopsien dienen der differenzialdiagnostischen Abgrenzung einer (leichten) Vermehrung eosinophiler Granulozyten, wie sie auch bei Refluxösophagitis nachgewiesen werden kann [89] [90]. Die (sehr seltenen) Kombinationsbefunde können durch die Entnahme von Stufenbiopsien erkannt werden. Wichtig ist bei einem Verdacht auf eine eÖ die Entnahme von Biopsien (auch) im proximalen Ösophagus, um eine Fehlinterpretation aufgrund einer refluxbedingten vermehrten eosinophilen Infiltration im distalen Ösophagus zu vermeiden.

Anzahl und Verteilung der eosinophilen Granulozyten scheinen mit dem Vorhandensein einer H.p.-Gastritis invers zu korrelieren [91].


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2.1.5 pH-Messung und pH-Metrie-MII (multikanale intraluminale Impedanzmessung)

Indikation und Differenzialindikation

Statement 20

Zur Diagnose einer Refluxkrankheit kann eine 24-Stunden-pH-Metrie oder kombinierte pH-Metrie/Impedanzmessung (pH-Metrie-MII) durchgeführt werden. Bei gegebener Verfügbarkeit sollte die pH-Metrie-MII bevorzugt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die Bewertung von Untersuchungsmethoden zur Diagnose einer Refluxkrankheit wird durch das Fehlen eines Goldstandards erschwert. Die Endoskopie weist zwar eine hohe Spezifität auf, hat aber eine niedrige Sensitivität, da nur ein kleiner Teil aller Refluxpatienten eine Refluxösophagitis aufweist (siehe Kapitel Endoskopie).

Die 24-Stunden-pH-Metrie weist eine hohe Sensitivität und Spezifität auf [92]. Bei Patienten mit ERD liegt die Sensitivität bei 77 – 100 %, die Spezifität bei 85 – 100 % (70). Allerdings liegt – bei unveränderter Spezifität (85 – 100 %) – die Sensitivität der 24-Stunden-pH-Metrie für NERD niedriger (0 – 71 %).

Die 24-Stunden-pH-Metrie-MII ermöglicht die kombinierte Erfassung von Bolusbewegungen und Säureexposition in der Speiseröhre. Die pH-Metrie-MII kann daher sowohl den aboralen Transport, als auch Reflux von Luft und Flüssigkeit beurteilen. Durch Kombination mit der pH-Metrie können die Refluxereignisse in saure, schwach saure (> pH 4 und < pH 7) und nicht saure Refluxereignisse (> pH 7) unterteilt werden.

Die Sensitivität der 24-Stunden-pH-Metrie insbesondere für NERD kann durch die Kombination mit simultaner Impedanzmessung erhöht werden, womit sich die pH-Metrie-MII als bevorzugte Methode abzeichnet. Der Einsatz der pH-Metrie-MII ist allerdings noch durch die Verfügbarkeit limitiert [93].

Statement 21

Bei Refluxsymptomen und fehlendem Ansprechen auf eine empirische PPI-Therapie soll eine 24-Stunden-pH-Metrie-MII bevorzugt eingesetzt werden (z. B. zur Diagnostik des hypersensitiven Ösophagus bzw. funktionellen Sodbrennens).

Starker Konsens

Kommentar

Bei bis zu 35 % der Patienten mit persistierenden Refluxbeschwerden unter PPI findet sich eine unzureichende Suppression sauren (pH< 4) gastroösophagealen Refluxes [94] [95]. Häufiger liegt jedoch die Ursache persistierender Beschwerden in fehlender Unterdrückung eines schwach sauren (pH zwischen 4 und 7) bzw. eines nicht sauren Volumenrefluxes [96] [97]. Bei Patienten mit therapierefraktären Beschwerden kann eine 24-Stunden-pH-Metrie-MII unter PPI zur Indikationsstellung einer Dosiseskalation genutzt werden [98].

Mittels der pH-Metrie-MII gelingt die Abgrenzung von Patienten mit hypersensitivem Ösophagus (formal normale Säureexposition, aber positive Symptomassoziation) oder mit funktionellen Sodbrennen. So hatten Patienten mit hypersensitivem Ösophagus einen höheren Anteil von schwachen saurem („weakly acidic reflux“) Reflux und an proximalen Refluxepisoden [99] [100]. Saurer Reflux (Anzahl der Episoden, Volumen) und verminderte Säure-Clearance waren v. a. mit erosiven Veränderungen verbunden, während schwach-saure Refluxepisoden weniger mit erosiven Veränderungen denn mit der Symptomentstehung bei NERD-Patienten verbunden waren [101]. Bei Patienten, bei denen mittels MII-pH Metrie eine hypersensitiver Ösophagus festgestellt werden konnte, zeigte eine placebokontrollierte Studie ein signifikantes Ansprechen der refluxassoziierten Symptomatik auf die Gabe von Citalopram 20 mg, eines systemischen Serotonin-Reuptake-Inhibitors (SSRI) [102].

In seltenen Fällen kann auch duodenogastroösophagealer Reflux Ursache für persistierende Beschwerden unter PPI-Therapie sein, der im nachfolgenden gesondert behandelt wird.

Die Impedanzmessung kann auch zur Abschätzung der Ösophagusmotilität entweder in Kombination mit der Ösophagusmanometrie oder mittels standardisierten Flüssigkeitsschlucken eingesetzt werden. In einer Studie wurden 10 standardisierte Flüssigkeitsschlucke am Beginn der pH-Metrie-MII Messung mit einer MII-Ösophagusmanometrie verglichen. Dabei zeigte sich, dass der standardisierte Flüssigkeitsschluck eine hinreichende Aussagekraft zur Detektion von Bolus Transportstörungen im Rahmen einer ineffektiven Ösophagusperistaltik besaß [103].


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Besondere Indikationen

Statement 22

Bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine Refluxkrankheit ohne das Vorliegen typischer Symptome und/oder bei Patienten mit Verdacht auf extraösophageale Manifestationen sollte die 24-Stunden-pH-Metrie-MII zur Abklärung einer zugrunde liegenden Refluxerkrankung eingesetzt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Bei Patienten mit atypischen Refluxbeschwerden oder V. a. extraösophageale Manifestationen sollte am besten die pH-Metrie-MII eingesetzt werden, um eine Refluxgenese (saurer oder nicht saurer Reflux) auszuschließen [104]. Bei Patienten mit chronischem Globusgefühl liefert die alleinige pH-Metrie keine Vorhersage einer Refluxassoziation. Mit der MII-pH-Metrie (nicht saurer Reflux und proximaler Reflux) und dem positiven Symptomindex kann die Vorhersage verbessert werden [105]. Bei Patienten mit chronischem Husten zeigte sich eine erhöhte Rate von schwach sauren Gasrefluxen bis in den Pharynxbereich. Ähnlich zeigen Patienten mit chronischer Laryngitis einen erhöhten Anteil von sauren und schwach sauren Refluxepisoden in den proximalen Ösophagus [106]. Die pH-Metrie-MII kann zur Diagnostik der Aerophagie eingesetzt werden [107].

Statement 23

Die 24-Stunden-pH-Metrie-MII sollte bei der primären Diagnostik von Refluxbeschwerden vorzugsweise ohne Gabe von PPI oder anderen Säureblocker durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die Aussagekraft war hierbei ohne PPI höher als unter PPI, da bei mehr Patienten ein positiver Symptomindex (SI) und eine Symptom-Assoziationswahrscheinlichkeit (SAP) nachgewiesen werden.

Statement 24

Das Ausmaß des Refluxes soll bei der Auswertung der 24-Stunden-pH-Metrie-MII quantitativ bewertet werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der 24-Stunden-pH-Metrie ist aufgrund physiologischer Schwankungen von Tag zu Tag gering, wobei der prozentuale Anteil der Zeit mit pH< 4 besser reproduzierbar ist als die Zahl der Refluxepisoden. Zur Bewertung der Messergebnisse als pathologisch oder normal ist die Reproduzierbarkeit jedoch ausreichend (60 – 100 %, im Median bei 85 %) [108].

Bei nahezu jedem Menschen lassen sich durch 24-Stunden-Messung Refluxereignisse nachweisen, die überwiegend postprandial auftreten. Zur Differenzierung zwischen physiologischem und pathologischem Reflux ist daher eine Quantifizierung des Refluxes notwendig. Hierzu sind die prozentuale Zeit mit pH< 4 (= Definition einer Refluxepisode), die getrennt für die aufrechte Körperposition (~Tagesperiode) und für die liegende Körperposition (~Nachtperiode) angegeben wird, sowie der „DeMeester Score“ geeignet [108]. Der DeMeester-Score wird aus folgenden Werten errechnet: Prozentualer Anteil der Zeit mit pH < 4 („fraction time“) für die gesamte Messdauer sowie für die Messung in aufrechter und liegender Position; Zahl der Refluxereignisse > 5 min; Dauer des längsten Refluxereignisses; Gesamtzahl der Refluxepisoden. Der Score ist aber nicht aussagekräftiger als der prozentuale Anteil der Zeit mit pH < 4. Sowohl für die fraction time als auch für den DeMeester-Score liegen in der Literatur Normalwerte vor [109] [110] [111].

Die pH-Metrie-MII verbessert die Sensitivität der isolierten pH-Metrie sowohl bei der Erkennung von Refluxepisoden, wie auch bei der Detektion von „weakly acidic“ und „non acidic“ Refluxepisoden. Es liegen verschiedene Untersuchungen zu Normwerten vor [112] [113] [114]. Im Rahmen von verschiedenen Consensus Meetings wurden die Kriterien für die Detektion von sauren, schwach sauren und alkalischen Refluxereignissen definiert. Die Interobservervariabilität bei der Impedanzmessung für die Detektion von Refluxevents war relativ schlecht, während die automatische Analyse bessere Werte erzielte [115]. Daher ist eine automatische Analyse der Messdaten anzustreben [116]. Der Basalwert der Impedanzmessung könnte eine Aussage über das Vorliegen einer Mukosaschädigung ermöglichen. Andererseits erschweren die niedrigen Impedanzwerte bei Entzündung und Barrettmukosa die Detektion von flüssigen Refluxereignissen [116] [117].

Statement 25

Bei der pH-Metrie-MII soll eine Korrelation zwischen Symptomen und Refluxereignissen hergestellt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Für die Auswertung der Daten aus der pH-Metrie und pH-Metrie-MII ist es wichtig, ob zwischen Refluxepisoden und Symptomen eine zeitliche Beziehung besteht („Symptom-Reflux-Korrelation“), da manche Patienten auf im physiologischen Bereich liegenden Reflux mit Beschwerden reagieren („hypersensitiver“ oder „säuresensitiver Ösophagus“). Ein Intervall von 2 Minuten zwischen einer Refluxepisode und dem Auftreten von Beschwerden ist als optimal zur Wertung von Symptomen als refluxbedingt anerkannt [118].

Zur Quantifizierung der Korrelation zwischen Refluxepisoden und Symptomen werden verschiedene Verfahren angegeben [108]:

Der Symptomindex (SI) gibt den Prozentsatz refluxkorrelierter Symptome bezogen auf die Gesamtzahl aufgetretener Symptome an. Ein hoher SI weist darauf hin, dass Symptome mit großer Wahrscheinlichkeit refluxbedingt sind. Eine Assoziation von 100 % ist dabei nicht zu erwarten, da bei säuresensitiven Personen Nahrungs- und Genussmittel auch ohne Auslösung eines gastroösophagealen Refluxes brennende retrosternale Schmerzen („Sodbrennen") auslösen können. Ein SI ≥ 50 % zeigt mit hoher Sensitivität und guter Spezifität die Refluxgenese von Symptomen auf [119]. Bei der Berechnung des SI wird die Gesamtzahl der Refluxereignisse nicht berücksichtigt. Daher besteht bei Vorliegen vieler Refluxereignisse oder vieler symptomatischer Episoden während eines Messintervalls die Möglichkeit eines zufälligen Zusammentreffens von Reflux und Symptom, sodass ein „falsch positiver" SI generiert werden kann.

Die Symptom-(Reflux)-Assoziationswahrscheinlichkeit (symptom association probability, SAP) stellt eine statistische Berechnung der Symptom-Reflux-Assoziation dar. Ist sie größer als 95 %, so ist die Wahrscheinlichkeit eines zufälligen zeitlichen Zusammentreffens von Refluxepisoden und Symptomen kleiner als 5 %.

Durch die verbesserte Detektion von Refluxepisoden in der kombinierten pH-Metrie-MII wird auch eine deutlich verbesserte Symptom-Assoziation (Symptomindex) und Symptom-Assoziationswahrscheinlichkeit (SAP) erreicht und damit die Sensitivität dieser Methode erhöht.


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2.1.6 Manometrie

Aussagekraft

Statement 26

Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung retrosternaler Beschwerden und präoperativ vor Antirefluxeingriffen kann die Ösophagusmanometrie zum Einsatz kommen.

Konsens

Kommentar

Obwohl die gastroösophageale Refluxerkrankung durch Motilitätsstörungen verursacht wird, konnte bisher in keiner Untersuchung gezeigt werden, dass eine nachgewiesene Dysmotilität die Diagnose/Klassifizierung der Refluxerkrankung bzw. den therapeutischen Einsatz von Medikamenten signifikant beeinflusst [120]. Die Ösophagusmanometrie wurde daher nicht für die bloße Diagnosestellung einer Refluxkrankheit empfohlen. Eine Bedeutung der Ösophagusmanometrie für die Indikationsstellung und Verfahrenswahl einer Antirefluxoperation wurde postuliert. Sie kann wegen widersprüchlicher Ergebnisse zum Vorhersagewert für Therapieeffizienz und Komplikationsvermeidung (postoperative Dysphagie) aber nicht allgemein empfohlen werden [121] [122]. Die Ösophagusmanometrie kann aber im Einzelfall zur differenzialdiagnostischen Abklärung von Dysphagie und Brustschmerz und in diesen Fällen auch zur präoperativen weiterführenden Diagnostik (Lokalisierung des unteren Ösophagussphinkters, Charakterisierung der tubulären Motilität, Ausschluss relevanter Differenzialdiagnosen wie Achalasie oder Hypomotilität bei Sklerodermie) hilfreich sein und sollte präoperativ trotz der genannten Vorbehalte obligat eingesetzt werden [123] [124].

Die kürzliche Einführung der High-Resolution-Manometrie ermöglicht mit multiplen zirkumferenten Druckaufnehmern in meist Ein-Zentimeter-Abständen eine präzise topografische Abbildung von Pharynx bis einschließlich gastroösophagealem Übergang bei stationärer Sondenlage. Die neue Technologie hat das Verständnis der Pathophysiologie der GERD verbessert und die Bedeutung einer räumlichen Dislokation von Zwerchfelldurchtritt und unterem Ösophagussphinkter auf den erhöhten Reflux während transienter Relaxationen des unteren Ösophagussphinkters (transient lower esophageal sphincter relaxations, TLESR) verdeutlicht [123]. Die verbesserte Detektion von TLESR durch die High-Resolution-Manometrie führt aktuell zu einem rapiden Wissenszuwachs um deren Bedeutung bei der Refluxkrankheit und zu medikamentösen Einflussmöglichkeiten (durch z. B. Baclofen und dessen Nachfolgesubstanzen) [125]. Zusammengenommen mit einer besseren Reproduzierbarkeit der Messergebnisse und vereinfachten Durchführung zeichnet sich die HRM-Technik als neuer Goldstandard ab. Mittelfristig könnte sich ein neuer Stellenwert im klinischen Umfeld entwickeln.

Die Ösophagusmanometrie gilt als Goldstandard, um die Höhe des unteren Ösophagussphinkters zur akkuraten Platzierung einer pH-Metriesonde zu vermessen.


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2.1.7 Duodenogastroösophagealer Reflux

Statement 27

Die Messung des duodenogastroösophagealen Reflux soll in der Abklärung von Refluxbeschwerden nicht eingesetzt werden.

Konsens

Kommentar

Duodenogastroösophagealer Reflux (DGER) ist durch Rückfluss von Dünndarminhalt durch den Magen bis in die Speiseröhre definiert. Dünndarminhalt enthält neben Bilirubin toxische Bestandteile wie Gallensäuren, Phospholipide und Trypsin.

Da das Refluat aus dem Dünndarm immer mit saurem Mageninhalt vermischt wird, kann es bei Erreichen des Ösophagus grundsätzlich alle pH-Werte erreichen und korreliert nicht zwingend mit alkalischen pH-Werten. Der Begriff „alkalischer Reflux“ soll daher vermieden werden. Auch besteht keine Korrelation zwischen DGER mit Volumenreflux [126], die begriffliche Gleichsetzung ist nicht gerechtfertigt. Schließlich ist Gallenflüssigkeit nur ein Bestandteil des Dünndarminhaltes unter vielen, weswegen auch der Begriff „biliärer Reflux“ ungeeignet ist [127].

Bilirubin und seine Konzentration können zuverlässig mit der Bilimetrie erfasst werden [126] [128]. Hierdurch kann aber nicht direkt auf einen Reflux schädigender Substanzen aus dem Dünndarm geschlossen werden. Manche Untersucher fanden zwar eine Korrelation zwischen Gallereflux (Bilitec-Messung) und Schweregrad der Refluxkrankheit [129] [130]. Auch fand sich bei PPI-Nonrespondern ein größerer Gallereflux als bei PPI-Respondern [131]. Diese Ergebnisse konnten aber in weiteren Studien nicht bestätigt werden [132]. Nur eine einzige unkontrollierte Studie kommt zu dem Schluss, dass Baclofen die Refluxbeschwerden von PPI-Versagern mildern und deren Gallereflux senken kann [133]. Daher sind aufgrund der bislang fehlenden therapeutischen Konsequenzen weder die pH-Metrie noch die Bilimetrie bei V. a. DGER indiziert [134] [135] [136] [137] [138].

Röntgen

Statement 28

Röntgenuntersuchungen, insbesondere der radiologische Nachweis eines Refluxes, sollten für die Diagnostik der GERD nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Gastroösophagealer Reflux kann bei einer Single- und Doppelkontrastuntersuchung der Speiseröhre bzw. von Speiseröhre und Magen nachgewiesen werden [139] [140]. Aufgrund von spontanem Reflux während der Untersuchung liegt die Sensitivität der radiologischen Verfahren aber nur bei etwa 35 % im Vergleich zur pH-Metrie [141]. Diese Sensitivität kann durch zusätzliche Provokation wie Husten, Valsalva-Manöver, Lagerung (z. B. Schrägrechtsdrehung in Rückenlage) sowie den sog. Wet-Siphon-Test auf bis zu 70 – 80 % gesteigert werden [142] [143] [144] [145]. Die Zunahme der Sensitivität durch die Provokationsmanöver wird jedoch erkauft durch eine Abnahme der Spezifität, die maximal noch 74 % erreicht.

Mittels Doppelkontrasttechnik ist radiologisch auch die Diagnose einer Refluxösophagitis möglich [146] [147]. Dabei ist die Sensitivität für die Refluxösophagitis Grad I unzureichend, für die höheren Grade zufriedenstellend, aber dennoch der Endoskopie weit unterlegen. Zu bedenken ist, dass auch endoskopisch bei weniger als 50 % aller Refluxpatienten eine Refluxösophagitis zu finden ist.

Eine radiologische Untersuchung lediglich mit dem Ziel der Diagnose eines gastroösophagealen Refluxes sollte aufgrund der Strahlenbelastung und der unzureichenden Sensitivität und Spezifität nicht durchgeführt werden.

Für die chirurgische prä- und postoperative morphologische Beurteilung bei Antirefluxchirurgie können radiologische Untersuchungen sinnvoll sein.


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Nuklearmedizin

Statement 29

Reflux kann szintigrafisch nachgewiesen werden, dies ist jedoch der pH-Metrie-MII unterlegen und sollte daher in der Diagnostik der GERD nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Eine Ösophagusszintigrafie mit den nicht resorbierbaren Radiopharmaka 99mTc-Zinnkolloid, 99mTc-Schwefelkolloid oder 99mTc-Diäthylen-Triamin-Pentaessigsäure (DTPA) ist zur Diagnose von Ösophagusmotilitätsstörungen etabliert [148], kann aber auch zur Diagnose von (postprandialem) Reflux verwendet werden [149] [150] [151] [152] [153]. Im Vergleich zu den Ergebnissen der 24-Stunden-pH-Metrie werden für die Ösophagusszintigrafie Sensitivitäten von 48 – 90 % und Spezifitäten von 76 – 100 % berichtet [154] [155] [156] [157]. Der Vorteil der Ösophagusszintigrafie liegt in der fehlenden Invasivität, wodurch die Methode bevorzugt in der Pädiatrie Verwendung gefunden hat. Gegenüber der radiologischen Refluxdiagnostik zeichnet sich die Ösophagusszintigrafie durch deutlich geringere Strahlenbelastung, Quantifizierbarkeit des Refluxes sowie durch bessere Sensitivität und Spezifität aus [154] [158]. Durch Spätaufnahmen kann szintigrafisch zudem nach pulmonaler Aspiration gefahndet werden [148].


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2.2 Medikamentöse Therapie

Definitionen

  • Akuttherapie: jede Behandlung bei Erstdiagnose/Erstvorstellung bzw. bei Exazerbation einer bekannten GERD

  • Langzeittherapie: jede Behandlung nach Abschluss der Akuttherapie

  • Kontinuierliche Langzeittherapie: regelmäßige Einnahme eines Medikaments (z. B. auch Einnahme jeden 2. Tag)

  • Intermittierende Therapie: Wiederholung einer Akuttherapie (s. d.) bei Bedarf

  • Bedarfstherapie („on demand“): Einnahme eines Medikamentes nur bei Auftreten von Symptomen oder bei/vor Situationen, die typischer Weise Symptome hervorrufen, mit Begrenzung der Höchstmenge des Medikamentes pro Tag (z. B. max. 1× pro Tag)


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2.2.1 Therapieziele

Statement 30

Bei der Akut- und Langzeittherapie der GERD soll unabhängig vom Ösophagusbefund eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erreicht werden.

Starker Konsens

Kommentar

Refluxsymptome, die als belästigend empfunden werden, sind bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Patienten Anlass für die ärztliche Konsultation. Dementsprechend ist eine zufriedenstellende Kontrolle der Symptome unabhängig von der Manifestation ein wichtiges Therapieziel bei Patienten mit GERD [159] [160]. Unzureichendes symptomatisches Ansprechen ist mit einer reduzierten Lebensqualität in physischer und psychischer Hinsicht assoziiert [161]. Eine vollständige Symptomfreiheit wird oftmals, insbesondere in der klinischen Praxis außerhalb von Studien, nicht erreicht [162]. Es gibt nur wenige Daten zur Frage, wann aus Patientensicht bei Restsymptomen eine zufriedenstellende Symptomkontrolle vorliegt. In einer post hoc Analyse von Therapiestudien waren Patienten mit NERD dann zufrieden, wenn leichte Refluxbeschwerden nicht häufiger als einmal pro Woche auftraten [163]. Es muss in dieser Frage berücksichtigt werden, dass Patienten in psychischer und physischer Hinsicht durchaus unterschiedlich auf eine Refluxkrankheit reagieren bzw. durch eine solche beeinträchtigt werden und hierdurch bedingt durchaus unterschiedliche Anforderungen an das Management bzw. die Therapieziele haben können [164].

Statement 31

Bei endoskopisch nachgewiesener Refluxösophagitis (Schweregrad Los Angeles A–D) sollte eine Abheilung der Läsionen angestrebt werden.

Konsens

Kommentar

Die Abheilung von endoskopisch sichtbaren Refluxläsionen (Erosionen, Ulzerationen, „mucosal breaks“ in der Los-Angeles-Klassifikation) ist im Regelfall primäres Ziel von Therapiestudien. Diese haben gezeigt, dass im Falle einer volldosierten PPI-Therapie über 4 Wochen (Los Angeles A und B) bzw. über 8 Wochen (Los Angeles C und D) Symptomfreiheit ein guter Prädiktor für eine Heilung der ösophagealen Läsionen ist [165] [166] [167]. Eine belastbare wissenschaftliche Rationale für die Forderung einer kompletten Abheilung einer Refluxösophagitis und den Erhalt einer endoskopischen Remission (= geheilte Refluxösophagitis) gibt es allerdings nicht. Es ist theoretisch denkbar, dass Patienten mit nicht geheilter Ösophagitis früher rezidivieren. In placebokontrollierten Studien zur Langzeittherapie der Refluxösophagitis wurden Patienten mit nicht geheilter Ösophagitis am Ende der Akuttherapie ausgeschlossen, sodass sich diese Frage auf der Basis kontrollierter Studien nicht beantworten lässt. Es ist auch denkbar, dass ein weiterbestehender (chronischer) Entzündungsprozess per se das Risiko für eine Karzinomentwicklung erhöht. In einer dänischen, populationsbasierten Kohortenstudie war das Karzinomrisiko für Patienten mit erosiver Ösophagitis größer als das für NERD-Patienten und für die nicht refluxkranke Allgemeinbevölkerung [168]. Das Karzinomrisiko ist absolut betrachtet allerdings sehr klein. In der dänischen Kohortenstudie entwickelten 37 von 26 194 Patienten mit Refluxösophagitis innerhalb eines mittleren Follow-up von 7,4 Jahren ein Karzinom entsprechend einem absoluten 10-Jahres-Risiko von 0,24 %. Einen karzinompräventiven Effekt wird man somit durch eine kontrollierte Studie bei realistischer Betrachtung nie zeigen können.

Statement 32

Komplikationen der GERD (z. B. Blutung, Stenose, Karzinom) sollten verhindert werden.

Starker Konsens

Kommentar

Der Erhalt einer endoskopischen Remission wäre nur dann zu fordern, wenn ein Rezidiv einer Refluxösophagitis mit einer ungünstigen Prognose für den Patienten assoziiert wäre. Durch eine symptomadaptierte Therapie lässt sich ein Ösophagitisrezidiv nicht zuverlässig verhindern wie eine randomisierte Studie zum Vergleich einer Bedarfstherapie mit einer kontinuierlichen PPI-Therapie bei Patienten mit Refluxösophagitis unterschiedlicher Schweregrade gezeigt hat [169]. Das Rezidivrisiko stieg in dieser Studie mit zunehmendem Schweregrad der Ösophagitis. Daten zum natürlichen (unbehandelten) Verlauf der GERD sind nur spärlich in der Literatur vorhanden und werden angesichts der zur Verfügung stehenden effektiven Therapie auch zukünftig nicht zu erwarten sein. Nach der Erstdiagnose einer GERD in hausärztlicher Praxis ist das Risiko für die Feststellung eines ösophagealen Adenokarzinoms und einer Ösophagusstriktur im weiteren Verlauf erhöht [170]. Bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Patienten mit Refluxösophagitis kommt es langfristig allerdings nicht zu einer Progression der Erkrankung, d. h. es ist nur selten eine Zunahme des Schweregrades zu verzeichnen, wie ein systematisches Review der verfügbaren Literatur gezeigt hat [171]. Dies schließt eine Progression in einzelnen Fällen natürlich nicht aus. In der ProGERD-Studie (Progression der GERD unter Alltagsbedingungen) zeigten nur wenige Patienten bei einer Verlaufsbeobachtung über 5 Jahre in hausärztlicher Betreuung eine Zunahme des initialen Schweregrades der Refluxösophagitis [172]. In einer schwedischen Populationsstudie mit Endoskopie und endoskopischem Follow-up zeigten 12 von 90 Patienten mit erosiver Ösophagitis eine Progression zu höheren Schweregraden und 8 die Entwicklung eines Barrett-Ösophagus. Das Progressionsrisiko war bei Patienten mit NERD deutlich geringer [173]. In einer großen unizentrischen Kohortenstudie wurden mehr als 2000 Patienten mit GERD symptomadaptiert behandelt und im Mittel 7,6 Jahre nachbeobachtet. Bei Patienten mit Refluxösophagitis war im Verlauf bei 11 % eine Verschlechterung des Ösophagusbefundes zu verzeichnen und 1,9 % entwickelten eine Striktur [174]. Akute Blutungen aus einer Refluxösophagitis werden überwiegend bei alten und bettlägerigen Patienten beobachtet, ansonsten sind sie eine Rarität. Im Regelfall stellen sie die Erstdiagnose dar. Das Barrett-Karzinom wird in über 90 % bei der Erstendoskopie festgestellt wie eine dänische Populationsstudie gezeigt hat [175]. Es ist gegenwärtig unklar, ob das Risiko für eine Karzinomentwicklung auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus durch eine medikamentöse oder operative Therapie gesenkt werden kann.

Basierend auf den vorhandenen Daten kann eine remissionserhaltende Therapie der Ösophagitis für alle Patienten nicht gefordert werden, vielmehr gilt es die Patienten zu identifizieren und zu behandeln, die ein hohes Risiko für Komplikationen im Verlauf haben (z. B. schwere Ösophagitis, stattgehabte Komplikation, alte Patienten mit fehlender oder atypischer Symptomatik).

Bei der Evaluation der Therapieziele müssen auch ökonomische Rahmenbedingungen Berücksichtigung finden. Die GERD ist aufgrund ihrer hohen Prävalenz in der Bevölkerung und ihres häufig chronischen Verlaufes von erheblicher sozialmedizinischer Relevanz. Der wesentliche Kostenfaktor ist dabei in Deutschland die medikamentöse Therapie mit 64 % der Gesamtkosten [176].


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2.2.2 Nicht medikamentöse Therapie

Statement 33
  • Möglichkeiten und Grenzen von Allgemeinmaßnahmen sollten Bestandteil des therapeutischen Gesprächs sein.

  • Bei übergewichtigen GERD-Patienten sollte eine Gewichtsreduktion mit dem Ziel der Gewichtsnormalisierung empfohlen werden.

Konsens

Statement 34

Individuell unverträgliche Nahrungsmittel und Getränke sollten gemieden werden.

Starker Konsens

Statement 35

Hochstellen des Kopfendes des Bettes und Verzicht auf Spätmahlzeiten können Patienten mit nächtlichen Refluxbeschwerden empfohlen werden.

Konsens

Kommentar

Übergewicht begünstigt die Entstehung einer GERD und ihrer Komplikationen, wobei vermutlich mechanische Faktoren wie die Erhöhung des intraabdominalen Druckes mit konsekutiver Zunahme des gastroösophagealen Druckgradienten und direkte Einflüsse auf den unteren Ösophagussphinkter durch Mediatoren (z. B. Adiponectin) eine Rolle spielen [177] [178] [179] [180]. Dies bedeutet natürlich nicht zwangsläufig, dass eine Gewichtsabnahme obligat zu einer Verbesserung der GERD führt. Randomisierte und kontrollierte Studien liegen zur Gewichtsabnahme als alleiniger Therapiemodalität nicht vor und dürften auch kaum durchführbar sein. In einer systematischen Analyse der verfügbaren Literatur kristallisierte sich heraus, dass die Gewichtsabnahme sowohl Symptome zu verbessern mag als auch pH-metrische Daten günstig beeinflusst [181]. Die beste verfügbare Evidenz stammt aus der skandinavischen prospektiven und populationsbasierten HUNT-Studie [182]. Gewichtsabnahme war mit einer Besserung von Refluxsymptomen assoziiert. Es bestand auch eine Korrelation zum Ausmaß der BMI-Reduktion. Ebenso wurde durch eine Gewichtsreduktion die Wirksamkeit einer Antirefluxmedikation verbessert.

Die Erhöhung des Kopfendes des Bettes kann für Patienten mit nächtlichen Refluxsymptomen auf der Basis von 3 randomisierten, kontrollierten Studien empfohlen werden. Auch für den Verzicht von Spätmahlzeiten gibt es unterstützende Evidenz aus 2 Fallkontrollstudien [183]. Dagegen ist die Wirkung bzw. Wirksamkeit anderer Maßnahmen (Rauchstopp, Reduktion des Alkoholkonsums, Verzicht auf Schokolade, Kaffee, scharfe Speisen, Zitrusfrüchte, fette Speisen, kohlensäurehaltige Getränke) nicht belegt [181] [183] [184]. Die Empfehlung zur Meidung individuell unverträglicher Speisen und Getränke ist dennoch sinnvoll, ebenso sollten Rauchstopp und Reduktion bzw. Verzicht auf Alkoholkonsum im Sinne einer allgemeinen Gesundheitsberatung angesprochen werden.

In einer randomisierten Studie mit 10 gesunden Kontrollen und 10 Patienten mit Refluxösophagitis konnte gezeigt werden, dass Schlafentzug (≤ 3 Stunden Nachtschlaf) die Sensitivität der Ösophagusschleimhaut für Säure deutlich erhöht [185] ([Tab. 4]).

Tab. 4

Wirksamkeit von Allgemeinmaßnahmen bei GERD (nach [183]).

Maßnahme

Effekt auf GERD Parameter

belegt durch

Empfehlung

Gewichtsabnahme

Verbesserung von Symptomen und ösophagealem pH

Fall-Kontroll-Studie

für Patienten mit Übergewicht bzw. Gewichtszunahme in der letzten Zeit

Erhöhung des Kopfendes des Bettes

Verbesserung von Symptomen und ösophagealem pH

RCT

für Patienten mit nächtlichen Refluxbeschwerden

Vermeidung von Spätmahlzeiten

verbesserte nächtliche Azidität

Fallkontrollstudie

für Patienten mit nächtlichen Refluxbeschwerden

Rauchstopp

Alkoholreduktion

kein Effekt auf Symptome und ösophagealen pH

Fallkontrollstudie

keine Therapie für GERD Symptome, allgemein gute Empfehlung

Verzicht auf Schokolade, Koffein, scharfe Speisen, Zitrusfrüchte, kohlensäurehaltige Getränke

keine spezifischen Studien durchgeführt

keine Evidenz

keine generelle Empfehlung; Rat zum Verzicht bei individueller Unverträglichkeit


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2.2.3 Der nicht endoskopierte Patient mit typischem Refluxsyndrom

Statement 36

Bei typischem Refluxsyndrom und unbekanntem Endoskopie-Befund soll die empirische Behandlung mit einem PPI in Standarddosis[2] über 4 Wochen erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Patienten mit behandlungsbedürftigem typischen Refluxsyndrom ohne Alarmzeichen oder Risikofaktoren (z. B. Gewichtsabnahme, Dysphagie, Blutungshinweise, Familienanamnese für Malignome des oberen Verdauungstraktes, langjährige schwere, insbesondere auch nächtliche Symptome) können ohne Endoskopie empirisch mit einem PPI in Standarddosis behandelt werden [183] [186]. Da zwischen Häufigkeit und Schweregrad der Symptome und dem endoskopischem Befund keine diskriminierende Korrelation besteht [187] [188], kann in einer solchen Situation nicht zuverlässig auf das Vorhandensein bzw. den Schweregrad von Läsionen oder auch schon vorhandenen Komplikationen (z. B. Barrett-Ösophagus) in der Speiseröhre geschlossen werden. Eine volldosierte PPI-Therapie über 4 Wochen ist sowohl für Patienten mit NERD als auch für die weit überwiegende Mehrzahl der Patienten mit erosiver Ösophagitis eine adäquate Therapie zur Symptomkontrolle und Heilung etwaiger Läsionen. Darüber hinaus entspricht eine möglichst effektive Therapie mit rasch einsetzendem Wirkungseintritt dem Patientenwunsch. In einer randomisierten Studie wurden 612 Patienten mit GERD Symptomen entweder empirisch mit 40 mg Esomeprazol über 4 Wochen behandelt oder endoskopiert mit nachfolgend 40 mg Esomeprazol für Ösophagitispatienten und 20 mg Esomeprazol für NERD-Patienten. Nach 4 Wochen war der Behandlungserfolg vergleichbar: 86,4 vs. 87,5 % [189]. In einer multizentrischen, offenen Studie wurden 2156 Patienten mit Sodbrennen an mindestens 3 von 7 Tagen der vorangegangenen Woche mit 40 mg Esomeprazol behandelt. Nach 4 Wochen waren 88 % der Patienten symptomfrei [190]. In einer großen, randomisierten und doppelblinden Studie wurden 593 ambulante Patienten mit Sodbrennen über 20 Wochen behandelt. Verglichen wurden 30 mg Lansoprazol, 2x150 mg Ranitidin mit einem Step-down-Regime bestehend aus 30 mg Lansoprazol für 8 Wochen und anschließend 2 × 150 mg Ranitidin und einem Step-up-Regime bestehend aus 2 × 150 mg Ranitidin für 8 Wochen gefolgt von 30 mg Lansoprazol. Die durchgehende Lansoprazolbehandlung war den anderen drei Behandlungsformen hinsichtlich Schwere des Sodbrennens und Anzahl von Tagen ohne Sodbrennen überlegen [181]. In einem Cochrane-Review wurden 15 randomisierte Studien zur empirischen Therapie von Refluxsymptomen identifiziert. In placebokontrollierten Studien und im direkten Vergleich waren PPI wirksamer als H2-Rezeptorantagonisten und Prokinetika [192].

Eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der symptombasierten Behandlung ist nicht ausreichend geklärt. Dies betrifft beispielsweise die notwendige Dauer der Akuttherapie. Bei einer rein symptombasierten Behandlung würde man die Therapie mit Eintritt der Symptomfreiheit beenden. Die Empfehlung einer vierwöchigen Therapie entspricht der aktuellen Studienlage. Darüber hinaus wird damit eine effektive Behandlung einer etwaig vorhandenen Ösophagitis bewirkt.

Statement 37

Bei typischem Refluxsyndrom mit unbekanntem Endoskopiebefund kann nach erfolgreicher Akuttherapie die Behandlung mit einem PPI in halber Standarddosis[3] nach Bedarf (on demand) erfolgen.

Konsens

Kommentar

Wird ein Patient mit typischem Refluxsyndrom unter einer vierwöchigen PPI-Therapie beschwerdefrei, gibt es mehrere Optionen: Beendigung der Therapie und Abwarten des Spontanverlaufs, Fortführen der Therapie unverändert oder mit Step-down auf eine niedrigere PPI-Dosis oder einen H2-Rezeptorantagonisten (H2-RA) oder eine Bedarfstherapie mit einem PPI, die die Extremvarianten „keine Therapie bei anhaltender Symptomfreiheit“ und „kontinuierliche Dauertherapie“ einschließt. In der großen Studie von Howden et al. hat sich gezeigt, dass eine kontinuierliche PPI-Therapie wirksam und einem Step-down auf einen H2-Rezeptorantagonisten überlegen ist [191]. In der Studie von Hansen et al. [190] wurden die initial erfolgreich behandelten Patienten für die nächsten 6 Monate in 3 Gruppen randomisiert: Esomeprazol 20 mg kontinuierlich, Esomeprazol 20 mg nach Bedarf und Ranitidin 2 × 150 mg kontinuierlich. Am Ende der 6 Monate waren 82,2, 75,4 und 33,5 % der Patienten komplett bzw. sehr zufrieden mit ihrer Behandlung. Der niedrige Prozentsatz in der Ranitidingruppe spiegelt die Ineffektivität der H2-RA in der Langzeitbehandlung wider, was durch eine Tachyphylaxie bedingt ist. Aufgrund der Größe der Studie war auch der Unterschied zwischen Esomeprazol kontinuierlich und nach Bedarf signifikant, klinisch aber eher von untergeordneter Relevanz. Die bedarfsadaptierte Therapie schnitt in der ökonomischen Analyse am besten ab [193].

Kristallisiert sich in der Erhaltungsphase ein hoher PPI-Bedarf heraus (z. B. jeden Tag 1 Tablette), empfiehlt sich eine Endoskopie. Begründung hierfür ist die Beobachtung in placebokontrollierten Langzeitstudien, dass Patienten mit schwerer Ösophagitis (Los Angeles C, D) durch rasche Rezidive nach Absetzen einer PPI-Akuttherapie gekennzeichnet sind [194] [195]. Darüber hinaus steigt mit dem Schweregrad der Ösophagitis auch die Wahrscheinlichkeit eines (zusätzlichen) Barrett-Ösophagus [196] ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Managementalgorithmus zur Abklärung und Therapie typischer Refluxbeschwerden (nach [186]).

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2.2.4 Der endoskopierte Patient mit typischem Refluxsyndrom und endoskopischem Normalbefund (NERD)

Statement 38

Patienten mit einer NERD sollten mit einem PPI in halber Standarddosis behandelt werden.

Konsens

Statement 39

Bei unzureichendem Ansprechen einer NERD auf eine 4-wöchige PPI-Therapie (2.4.1.) können die Therapiedauer verlängert, die Dosis des PPI erhöht (bis max. 2 × 1 Standarddosis) und/oder der PPI gewechselt werden.

Starker Konsens

Statement 40

Andere Medikamente (z. B. Antazida, H2-Rezeptorantagonisten) können im Einzelfall bei Patienten mit NERD eingesetzt werden, sind den PPI hinsichtlich der Wirksamkeit aber unterlegen.

Starker Konsens

Kommentar

Patienten mit NERD stellen pathophysiologisch eine heterogene Gruppe dar: Nur etwa die Hälfte der Patienten zeigt einen pH-metrisch fassbaren pathologischen Säurereflux, bei den anderen Patienten fällt die pH-Metrie normal aus. In der letztgenannten Patientengruppe haben etwa ein Drittel einen hypersensitiven Ösophagus, das heißt sie nehmen physiologische Refluxepisoden wahr, und zwei Drittel leiden an sogenanntem funktionellem Sodbrennen, das heißt die Beschwerden sind unabhängig von Refluxereignissen [197]. Dies erklärt, dass Patienten mit NERD hinsichtlich der Symptome schlechter auf eine PPI-Therapie ansprechen als Patienten mit Refluxösophagitis. In einem systematischen Review betrug der therapeutische Gewinn gegenüber Plazebo nach 4 Wochen Therapie mit einem PPI bei NERD-Patienten 27,2 % und bei Ösophagitispatienten 48,0 % (p < 0,0001) [198]. Fasst man die Definition einer NERD enger, d. h. betrachtet nur Patienten mit negativer Endoskopie und positivem Testergebnis der pH-Metrie, dann ist auf der Basis einer aktuellen Metaanalyse der symptomatische Effekt bei Patienten mit NERD und Ösophagitis vergleichbar [199].

In der medikamentösen Akuttherapie der NERD sind PPI anderen Therapieprinzipien (H2-Rezeptorantagonisten, Prokinetika) hinsichtlich des primären Therapieziels Symptombefreiung überlegen [192]. Bis zu einem gewissen Grad spielt das Ausmaß der Säurehemmung eine Rolle für die Symptombefreiung. So ist beispielsweise Omeprazol 20 mg wirksamer als 10 mg und auch als 150 mg Ranitidin [197]. Eine Steigerung über 20 mg Omeprazol-Äquivalent hinaus erscheint dagegen nicht generell sinnvoll, wie drei große, randomisierte und doppelblinde Studien mit 20 mg Omeprazol, 20 mg Esomeprazol und 40 mg Esomeprazol gezeigt haben [200]. Ausgenommen von dieser Feststellung sind möglicherweise Patienten mit hypersensitivem Ösophagus, die in einer randomisierten, kontrollierten Studie von einer hochdosierten Omeprazol-Therapie profitierten [201].

Die Initialtherapie wird für zumeist für 2 – 4 Wochen empfohlen [197]. Es ist aber unklar, ob Patienten, die z. B. nach 3 Tagen beschwerdefrei sind, tatsächlich von einer länger andauernden Therapie profitieren. Da es theoretisch denkbar ist, dass die pathophysiologischen Mechanismen auf Mukosaebene, die in die Symptomgenerierung involviert sind (z. B. Inflammation, Zunahme von Nervengeflechten und Rezeptoren, Dilatation der Interzellularspalten), länger zur Restitution benötigen als die Symptombefreiung selbst, erscheint eine von der Studienlage abweichende Empfehlung nicht angebracht [202]. Experimentell kann man auch zeigen, dass repetitive Säureinfusionen in der Speiseröhre zu anhaltender Hypersensitivität führen [203].

Bei unzureichender Symptomkontrolle nach 4 Wochen kann die Therapiedauer verlängert werden [204]. Weitere Optionen sind die Erhöhung der PPI-Dosis auf 2 × 1 Standarddosis oder die Umstellung auf einen anderen PPI [205]. Hierdurch wird dem individuell unterschiedlichen Ansprechen auf verschiedene PPI Rechnung getragen [206].

Daten zur Effektivität von Antazida bei Patienten mit NERD fehlen. Sie wurden und werden oftmals zur zusätzlichen symptomatischen Behandlung sowohl in den Verum- als auch in den placeboarmen kontrollierter Studien eingesetzt. Auch der Plazeboeffekt ist nicht zu unterschätzen: In einer Metaanalyse lag er bei NERD-Patienten bei 18,31 % [207]. Antazida sind aber, insbesondere wenn sie in größeren Mengen eingenommen werden, nicht nebenwirkungsfrei. Gegen eine gelegentliche Einnahme bei sporadischen Beschwerden bestehen keine Einwände [160] [183].

Statement 41

Die Auswahl der Langzeitstrategie bei Patienten mit NERD sollte sich nach dem Verlauf der Symptomatik richten.

Starker Konsens

Statement 42

NERD-Patienten, die initial auf eine PPI-Therapie angesprochen haben, sollten mit einer Bedarfstherapie eines PPI behandelt werden.

Starker Konsens

Statement 43

Bei schubweisem Verlauf der Symptomatik mit längeren beschwerdefreien Intervallen kann eine intermittierende Therapie (Wiederholung der initial erfolgreichen Therapie) erfolgen.

Starker Konsens

Statement 44

Eine Bedarfstherapie kann im Einzelfall bei klinischem Erfolg auch mit niederpotenten Medikamenten (Antazida, H2-Rezeptoranatagonisten) erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Patienten mit NERD haben nur ein geringes Risiko, im Laufe der Zeit gravierende Komplikationen zu entwickeln. Aus diesem Grund steht die langfristige zufriedenstellende Kontrolle der Symptome mit Normalisierung der Lebensqualität und Erhalt der Arbeitsfähigkeit im Vordergrund. Theoretisch könnte man hierzu alle Patienten, die auf PPI ansprechen, mit einer kontinuierlichen PPI-Dauertherapie behandeln. Dies würde für viele Patienten aber eine Übertherapie bedeuten, da ein signifikanter Anteil der Patienten kein oder nur selten ein Rezidiv der NERD erleidet [208] [209]. Als ökonomische Alternative zur kontinuierlichen Dauertherapie kommen intermittierende Therapiekurse oder eine rein bedarfsadaptierte Strategie, bei der der Patient im Falle von Symptomen oder Situationen, die typischer Weise Symptome auslösen, ein Medikament nimmt und die Therapie bei anhaltender Beschwerdefreiheit auch sofort wieder beendet ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Strategien zur Langzeittherapie der Refluxkrankheit (nach [210]).

Die Bedarfstherapie wurde in einer Reihe sorgfältig kontrollierter Studien untersucht und in der klinischen Routine etabliert [197] [211] [212]. Behandelt wurden jeweils Patienten, die unter einer Akuttherapie über 4 – 8 Wochen beschwerdefrei geworden waren. Primäres Ziel war die Therapiezufriedenheit mit dem Wunsch, diese Therapie fortzusetzen. In 5 placebokontrollierten Studien gelang dies in 83 – 94 % der Patienten mit 20 mg Omeprazol oder der halben Standarddosis eines anderen PPI. In den Plazeboarmen waren 48 – 72 % der Patienten mit der Therapie zufrieden (Antazida erlaubt). Hieraus errechnet sich eine NNT (number needed to treat) von 3 – 7. Eine kontrollierte Studie zur intermittierenden Therapie mit gesicherter NERD existiert bisher nicht. Bei Patienten mit symptomatischem Reflux (ohne endoskopische Abklärung) ist auch diese Strategie wirksam [213]. Die Bedarfstherapie ist kosteneffektiv sowohl im Vergleich zu einer intermittierenden als auch zu einer kontinuierlichen PPI-Therapie [214].

In Studien wird oftmals der Therapieerfolg nur im Hinblick auf das Leitsymptom „Sodbrennen“ evaluiert. Daten der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass eine Regurgitation schwieriger zu behandeln ist. In einem systematischen Review bestätigte sich die unzureichende Berücksichtigung dieses Symptoms in der Mehrzahl der Studien. In sieben placebokontrollierten Studien hatten PPI zwar einen signifikanten Effekt (17 % über Plazebo), die Wirkung war aber um mehr als 20 % schlechter als diejenige auf Sodbrennen. H2-RA und Prokinetika zeigten in Vergleichsstudien mit PPI einen Effekt im Plazeboniveau [215]. In einer großen, randomisierten und kontrollierten Studie mit 1460 NERD-Patienten, die über 4 Wochen mit einem PPI oder einem P-CAP (potassium competitive acid blocker) behandelt wurden, klagten 53 % der Patienten über eine schwere Regurgitation. Die Symptomatik sprach deutlich schlechter auf die Säureblockade an als das Sodbrennen [216]. In einer Observationsstudie, die 134 Zentren in 6 europäischen Ländern einschloss, litten 12 – 13 % der Refluxpatienten mit gut kontrolliertem Sodbrennen weiterhin an häufiger Regurgitation [217].

Statement 45

Eine operative Therapie soll bei Patienten mit NERD ohne zweifelsfrei nachgewiesene Refluxgenese der Symptomatik nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die Pathophysiologie der NERD – Refluxbeschwerden ohne endoskopisch nachweisbare Läsionen – ist komplex. Viele dieser Patienten haben Beschwerden, die nicht in Zusammenhang mit Refluxereignissen stehen (sog. funktionelles Sodbrennen). Dementsprechend kann eine Operation, die auf eine mechanische Beseitigung des pathologischen gastroösophagealen Refluxes abzielt, auch nur dann empfohlen werden, wenn die Refluxgenese der Symptome zweifelsfrei belegt wurde. Randomisierte und kontrollierte Studien zum Stellenwert der Antirefluxchirurgie im langfristigen Behandlungskonzept der NERD liegen nicht vor.

Statement 46

Therapieversagen sollte bei Patienten mit NERD dann festgestellt werden, wenn bei gesicherter Refluxgenese eine achtwöchige, von Arzt und Patient korrekt durchgeführte Therapie mit einem PPI nicht zu einer zufriedenstellenden Symptomkontrolle geführt hat.

Starker Konsens

Kommentar

Eine allgemein gültige Definition für ein Therapieversagen existiert nicht. Im Allgemeinen liegt ein Therapieversagen dann vor, wenn eine adäquat durchgeführte Therapie mit einem PPI in einfacher Standarddosis über 8 Wochen nicht zur adäquaten Symptomkontrolle führt [218] [219]. Davon abzugrenzen sind sog. PPI-refraktäre Refluxsymptome. Hierunter versteht man ein unzureichendes Ansprechen (< 50 %) des Leitsymptoms nach zumindest 12-wöchiger Therapie mit der doppelten Dosis eines PPI [220]. Gelegentlich wird zusätzlich auch noch der Begriff des „partiellen Ansprechens auf PPI“ benutzt. Hierunter versteht man eine Symptombesserung, ohne dass in Studien das Therapieziel maximal 1 Tag mit milder Symptomatik in der letzten Therapiewoche erreicht wurde [221].

Statement 47

Bei Therapieversagen sollte eine differenzierte Diagnostik unter Einschluss einer Endoskopie mit Biopsie (Duodenum, Magen, Ösophagus) und funktioneller Diagnostik (pH-Metrie-Impedanzmessung) unter laufender PPI-Therapie erfolgen.

Konsens

Statement 48

Die Behandlung der Therapieversager soll individualisiert unter Berücksichtigung der Untersuchungsbefunde erfolgen.

Starker Konsens

Statement 49

Trizyklische Antidepressiva (TAD) und Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) können bei vermutetem bzw. nachgewiesenem hypersensitivem Ösophagus oder funktionellem Sodbrennen allein oder in Kombination mit einem PPI verordnet werden.

Starker Konsens

Statement 50

Eine Operation soll bei Patienten mit NERD und Therapieversagen nur dann erfolgen, wenn zweifelsfrei die Refluxgenese der persistierenden Symptome durch vollständige Funktionsdiagnostik belegt wurde.

Starker Konsens

Kommentar

Unzureichendes Ansprechen auf eine PPI-Therapie (in einfacher Standarddosis) ist ein häufiges Phänomen. In einem systematischen Review wurden 19 Studien (hausärztliche Versorgung, Allgemeinbevölkerung) mit > 30 000 Patienten identifiziert, die Symptompersistenz unter PPI Therapie berichteten [222]. Die mittlere Quote lag in Abhängigkeit von der Art der Studie und dem untersuchten Leitsymptom zwischen 17 % (Sodbrennen in nicht randomisierten Studien in hausärztlicher Praxis) und 45 % (Refluxbeschwerden in Observationsstudien in der hausärztlichen Versorgung und Allgemeinbevölkerung), in randomisierten und kontrollierten Studien persistierten belästigendes Sodbrennen in 28 % und Regurgitation in 30 %.

Das Ursachenspektrum eines Therapieversagens ist vielfältig und reicht von der falschen Diagnose über unzureichenden Medikamenteneffekt und Komorbiditäten bis hin zu nicht saurem Reflux und funktionellem Sodbrennen [218] [219]. Dementsprechend sollte zunächst die Frage geklärt werden, ob eine Refluxkrankheit nachgewiesen wurde. Liegt keine zuverlässige Diagnostik vor, sollte diese durchgeführt werden. Bei dann zweifelsfrei gesicherter Refluxkrankheit empfiehlt sich ein stratifiziertes Vorgehen ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Algorithmus zur Abklärung und Therapie persistierender Refluxbeschwerden unter PPI-Therapie [219].

Ist eine GERD gesichert, sollte zunächst die Compliance mit der Medikation geprüft werden. In einer Populationsstudie nahmen nur noch 55 % der Patienten nach einem Monat und 30 % nach 6 Monaten den PPI wie verordnet ein [223]. Allerdings verbessert sich die Compliance bei persistierender Refluxsymptomatik [224]. Auch werden PPI häufig nicht korrekt, d. h. ca. 30 Minuten vor dem Frühstück, eingenommen [225]. Bis zu einem Drittel der Patienten haben unter einer Therapie mit der Standarddosis eines PPI einen persistierenden Säurereflux [226] [227]. Unzureichende Dosierung, reduzierte Bioverfügbarkeit, sehr schneller Metabolismus und Erkrankungen mit erhöhter Säureproduktion sind mögliche Ursachen. Toleranzentwicklung wie bei den H2-RA spielt dagegen keine Rolle. Die antisekretorische Effektivität eines PPI kann durch die 2 × tgl. Gabe gesteigert werden [228]. Eine (kostengünstige) Alternative ist der Wechsel auf einen anderen PPI [229]. Gelingt auch mit der optimierten PPI-Therapie keine zufriedenstellende Symptomkontrolle, empfiehlt sich eine funktionelle Diagnostik mit Impedanz-pH-Monitoring. Eine weitere empirische Therapie sollte nur dann erfolgen, wenn eine adäquate funktionelle Diagnostik nicht durchführbar ist oder seitens des Patienten abgelehnt wird.

Manche Patienten haben auch noch unter hoch dosierter PPI-Therapie einen nächtlichen Säuredurchbruch. Dieser kann durch die zusätzliche Gabe eines H2-RA zur Nacht beseitigt werden. Aus diesem Grund wird von manchen Autoren versuchsweise eine solche Therapieerweiterung empfohlen [218]. Auf der anderen Seite ist die Korrelation zwischen diesem pharmakologischen Befund und der klinischen Symptomatik schlecht [230]. Darüber hinaus klingt die Wirkung von H2-RA aufgrund einer Tachyphylaxie oft schon nach wenigen Tagen ab.

Die pharmakologischen Möglichkeiten bei Versagen einer adäquaten PPI-Therapie sind gering. Baclofen hemmt die transienten Relaxationen des unteren Ösophagussphincters, hat aber gravierende Nebenwirkungen. Zwischenzeitlich wurden eine Reihe sogenannter Refluxblocker entwickelt. Der klinische Stellenwert einer „Add-on“-Therapie bei unvollständigem Ansprechen einer PPI-Therapie scheint aber gering zu sein [231]. Trizyklische Antidepressiva und Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) können die Sensitivität der Ösophagusschleimhaut senken und werden deshalb bei hypersensitivem Ösophagus und funktionellem Sodbrennen empfohlen [218] [219] [220] [232]. In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurden 75 Patienten mit hypersensitivem Ösophagus über 6 Monate mit Citalopram 20 mg oder Plazebo behandelt. Nach 6 Monaten waren 61,5 % der Patienten unter Citalopram beschwerdefrei verglichen mit 33,3 % Response unter Plazebo (p = 0,021) [233]. Zukünftig könnten weitere Therapieprinzipien in die Behandlung der PPI-refraktären NERD Bedeutung gewinnen. So konnte bspw. in einer placebokontrollierten Doppelblindstudie mit 15 gesunden Probanden gezeigt werden, dass Pregabalin (150 mg 2 × tgl.) die Entwicklung einer ösophagealen Hypersensitivität nach Säureperfusion des distalen Ösophagus attenuiert [234]. Eine Antirefluxoperation sollte nur dann durchgeführt werden, wenn zweifelsfrei die persistierende Symptomatik refluxbedingt ist. Insbesondere Patienten mit NERD haben schlechtere Ergebnisse nach Operation [235]. Abgesehen davon zeigt die systematische Analyse der Literatur keine sicheren Prädiktoren für ein gutes oder schlechtes Resultat einer Antirefluxoperation [236].


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2.2.5 Refluxösophagitis

Statement 51

Eine leichte Refluxösophagitis (Los Angeles A/B) sollte über 4 Wochen, eine schwere Refluxösophagitis (Los Angeles C/D) über 8 Wochen mit einem PPI in Standarddosis behandelt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die endoskopisch sichtbare Refluxösophagitis ist – im Gegensatz zur NERD – im Regelfall mit einem pathologischen Säurereflux assoziiert. Dementsprechend sind Inhibitoren der Säureproduktion (PPI, H2-RA) in zahlreichen placebokontrollierten Studien hinsichtlich Symptombefreiung und Heilung der Ösophagitis effektiv [237]. PPI sind im direkten Vergleich wirksamer als H2-RA und sind daher die Therapie der Wahl [183] [237]. Die Symptombefreiung erfolgt mit PPI nach einer medianen Behandlungsdauer von 5 – 10 Tagen ohne gesicherte Abhängigkeit vom Schweregrad der Ösophagitis, wohl aber vom Ausmaß der Säurehemmung [165] [166] [167] [238]. In einer randomisierten, kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass adipöse Patienten mit leichter Refluxösophagitis (Los Angeles A und B) hinsichtlich des symptomatischen Ansprechens von einer Doppeldosis Pantoprazol (2 × 40 mg) im Vergleich zur Standarddosis von 40 mg profitieren [239]. Allerdings sind persistierende Refluxbeschwerden häufiger als eine persistierende Ösophagitis [165] [166] [167] [240]. Die Geschwindigkeit der Heilung einer Ösophagitis hängt vom Ausmaß der Säurehemmung, der Therapiedauer in Wochen und dem Schweregrad der Refluxösophagitis ab [165] [166] [167] [238] [240] [241]. Als pharmakologischer Surrogatmarker gilt die Zeitdauer mit pH-Werten über 4 pro 24 Stunden.

In der überwiegenden Mehrzahl der Studien wurden die zugelassenen Standarddosen der verschiedenen PPI untersucht und eine endoskopische Heilungskontrolle nach 4 Wochen und bei Nichtabheilung erneut nach 8 Wochen durchgeführt. Bei leichter Ösophagitis (Los Angeles A und B) wurden hohe Heilungsraten bereits nach 4 Wochen beobachtet, dagegen benötigen Patienten mit schwerer Ösophagitis (Los Angeles C und D) in relevantem Ausmaß eine achtwöchige Therapie. Da in der klinischen Routine eine Heilungskontrolle nicht zum Standard gehört, empfiehlt sich als pragmatisch eine aus den Studiendaten abgeleitete Therapiedauer orientiert am Schweregrad der Refluxösophagitis.

Die Frage, ob es zwischen einzelnen PPI klinisch relevante Unterschiede gibt, wird kontrovers diskutiert. In einer Metaanalyse randomisierter Studien (n = 10) fanden sich geringe Vorteile von Esomeprazol gegenüber anderen PPI hinsichtlich der Symptombefreiung nach 4 Wochen (8 % relative Zunahme) und der Ösophagitisheilung nach 8 Wochen (5 % relative Zunahme) [242].

In placebokontrollierten Studien waren H2-RA wirksamer als Plazebo und Antazida, allerdings ist die Wirkung deutlich schlechter als diejenige von PPI. In einem systematischen Review, das 9 randomisierte, kontrollierte Studien einschloss, persistierte die Ösophagitis bei 42 % der Patienten nach 12 Wochen Therapie mit einem H2-RA verglichen mit 63 % unter Plazebo [243]. Antazida und Prokinetika haben keine gesicherte Wirkung auf die Ösophagitis [243].

Statement 52

Bei leichter Refluxösophagitis (Los Angeles A/B) sollte nach Beendigung einer Akuttherapie mit zufriedenstellender Symptomkontrolle ein Auslassversuch erfolgen.

Starker Konsens

Statement 53

Die Langzeittherapie einer leichten Refluxösophagitis (Los Angeles A/B) mit einem PPI kann orientiert am klinischen Verlauf kontinuierlich, intermittierend oder nach Bedarf erfolgen.

Starker Konsens

Statement 54

Bei kontinuierlicher Langzeittherapie einer leichten Refluxösophagitis (Los Angeles A/B) mit einem PPI sollte durch schrittweise Dosisreduktion die symptomatisch minimal noch ausreichend wirksame PPI-Dosis ermittelt werden (step down).

Starker Konsens

Kommentar

Der Langzeitverlauf einer Refluxösophagitis ist im Einzelfall nicht vorherzusehen. In kontrollierten Studien lag die Rezidivrate innerhalb der ersten 6 Monate bei 60 – 70 % [194] [195]. Da eine leichte Refluxösophagitis nur in wenigen Fällen im Laufe der Zeit progredient ist, genügt eine symptomadaptierte Strategie [172] [174]. Hierbei nimmt man in Einzelfällen trotz zufriedenstellender Symptomkontrolle ein Ösophagitisrezidiv in Kauf [169]. Auch in der Langzeittherapie ist das Ausmaß der Säurehemmung für die Remissionserhaltung der Ösophagitis relevant. So ist die Standarddosis eines PPI wirksamer als die halbe Standarddosis eines PPI und diese wiederum effektiver als ein H2-RA [244].

Statement 55

Die Langzeittherapie einer schweren Refluxösophagitis (Los Angeles C/D) sollte unmittelbar im Anschluss an eine (erfolgreiche) Akuttherapie mit Versuch der PPI-Dosisreduktion im Verlauf beginnen.

Starker Konsens

Kommentar

Die schwere Refluxösophagitis kann Ausgangspunkt von Komplikationen wie Blutung und Stenose sein. Darüber hinaus beobachtete man in kontrollierten Studien ca. 90 % Rezidive innerhalb der ersten Wochen nach Absetzen einer initial erfolgreichen Heilungstherapie mit einem PPI [194] [195]. Auf diese Erfahrungen stützt sich das Prinzip, eine Langzeittherapie direkt im Anschluss an eine Akuttherapie zu empfehlen ([Abb. 4]). Auf der Basis einer randomisierten, kontrollierten Studie genügt eine symptomgesteuerte PPI-Therapie nicht, eine Remission der Ösophagitis aufrecht zu erhalten [169]. Auch im Langzeitverlauf sind das Ausmaß der Säuresekretionshemmung sowie der Schweregrad der Refluxösophagitis gemäß der Los-Angeles-Klassifikation Prädiktoren für den Therapieerfolg [245] [246] [247] [248]. In einem Review wurden die Daten aus 4 klinischen Vergleichsstudien korreliert mit den Daten pharmakologischer Studien, die die intragastrale Azidität unter verschiedenen PPIs untersuchten. Es ergab sich eine inverse, nicht lineare Korrelation zwischen der Zeit mit pH-Werten über 4 im Magen und dem Remissionserhalt der Ösophagitis [249].

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Abb. 4 Algorithmus zum Langzeitmanagement der GERD in Abhängigkeit vom endoskopischen Befund [186].
Statement 56

Bei langfristig stabiler Remission (z. B. 1 Jahr) unter einer kontinuierlichen PPI-Therapie kann ein Auslassversuch erfolgen.

Starker Konsens

Statement 57

Bei Absetzen eines PPI kann eine graduelle Dosisreduktion zur Vermeidung eines symptomatischen Säurerebounds erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Etwa 80 % der Patienten mit Refluxösophagitis erleiden innerhalb der ersten 6 – 12 Monate nach erfolgreicher Akuttherapie ein symptomatisches und/oder endoskopisches Rezidiv. Daten zur zeitlich unbefristeten Dauertherapie einer GERD mit Ösophagitis sind nur begrenzt vorhanden. Nahezu alle kontrollierten Therapiestudien sind auf 6 – 12 Monate begrenzt [208] [243] [244]. Die längste kontrollierte Studie mit 497 Refluxösophagitispatienten erstreckte sich über 5 Jahre [250]. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass eine PPI-Therapie nicht nebenwirkungsfrei ist (s. u.).

Es gibt – trotz der Häufigkeit dieser Erkrankung – nur wenige Daten zum langfristigen spontanen Verlauf. Die vorhandenen Daten sprechen dafür, dass es sich bei der Mehrzahl der Patienten um eine chronische Erkrankung handelt. Bei Patienten mit „komplizierter GERD“, definiert als Vorhandensein struktureller Ösophagusschäden wie Ösophagitis, Stenose und Barrett-Metaplasie, ist mit einer langfristigen Persistenz bei 65 % der Patienten zu rechnen [208]. Die globale Rezidivrate nach Absetzen einer Heilungstherapie lag in placebokontrollierten Studien bei 75 % (95 %-KI 69 – 82 %) mit einer Schwankungsbreite von 33 – 100 % [208]. In der längsten Studie, die in den USA mit systematischer Erfassung der Symptome und jährlichen Endoskopien durchgeführt wurde, betrug die Rezidivrate unter Placebo innerhalb von 5 Jahren 63 % oder anders ausgedrückt, 37 % der Patienten blieben in stabiler Remission und benötigten keine Therapie [250].

Eine große populationsbasierte Studie in Norwegen hat gezeigt, dass im langfristigen Verlauf Symptome einer GERD bei einem substanziellen Anteil der Patienten auch spontan verschwinden [182]. Eine H.-pylori-Screeningstudie mit zehnjährigem Follow-up bestätigt diese Daten. Von 549 Patienten mit Refluxsymptomen zu Beginn der Studie klagten 10 Jahre später nur noch 33 % über derartige Beschwerden [251]. Hierzu kann insbesondere auch eine Gewichtsabnahme beitragen [180].

Ein Auslassversuch scheint bei Patienten mit leichter Ösophagitis (Los Angeles A/B) risikoarm möglich zu sein, da eine große Observationsstudie über 5 Jahre gezeigt hat, dass unter einer hausärztlich gesteuerten GERD-Therapie nur wenige Patienten einen Progress zu höheren Stadien der GERD aufwiesen [172]. Auch in einer großen monozentrischen Langzeitstudie mit 2306 Patienten in den USA und einem mittleren Follow-up von 7,6 Jahren traten Komplikationen der GERD bei rein symptomgesteuertem Management nur sehr selten auf [174].

Bei Patienten mit schwerer Ösophagitis (Los Angeles C/D) ist dagegen mit einer höheren Rezidivrate zu rechnen, da im Regelfall eine stärkere Schädigung der Antirefluxbarriere vorliegt [194] [195]. Plazebokontrollierte Studien im Anschluss an eine erfolgreiche Akuttherapie mit einem PPI haben gezeigt, dass nahezu alle Patienten mit schwerer Ösophagitis innerhalb weniger Wochen ein Rezidiv erleiden [194] [195]. Bei komplizierter GERD (Blutung, Stenose) ist von einer Beendigung einer erfolgreichen Langzeittherapie abzuraten, da das Risiko einer erneuten Komplikation größer erscheint als das Risiko einer PPI-Therapie. Diese Einschätzung stützt sich auch auf die Beobachtung, dass die Inzidenz der peptischen Stenose nach Einführung der PPI deutlich abgenommen hat [252].

Placebokontrollierte Studien haben gezeigt, dass bei gesunden Probanden das abrupte Absetzen eines PPI zu einem Säurerebound mit Auslösung dyspeptischer Beschwerden führen kann [253] [254]. Die Symptomatik kann z. T. Wochen anhalten und ist offensichtlich auf Patienten beschränkt, die nicht mit Helicobacter pylori infiziert sind. Das Risiko steigt mit der Dauer der vorangegangenen PPI-Therapie [255]. Es ist bisher unklar, ob ein Säurerebound auch bei Patienten mit GERD klinisch relevant ist. In einer retrospektiven Auswertung einer kontrollierten Therapiestudie von HP-negativen Refluxösophagitispatienten ergaben sich keine Hinweise auf einen solchen Effekt, allerdings hat dieser Studienansatz auch nach Einschätzung der Autoren erhebliche Limitationen [256]. Es ist auf der Basis der aktuell verfügbaren Daten naheliegend, bei missglücktem Auslassversuch mit raschem Wiederkehren der Symptome die Therapie ausschleichend zu beenden. Hierzu gibt es Daten einer kontrollierten Studie, die allerdings nur einen nicht signifikanten Trend zu einer höheren Erfolgsrate zeigte [257]. Ein Step-down auf einen H2-RA mit der Absicht, einen Säurerebound zu umgehen, kann nicht empfohlen werden, da diese Substanzgruppe selbst mit einer erheblichen Säurehypersekretion nach Absetzen assoziiert ist [258].

Statement 58

Eine asymptomatische leichte Refluxösophagitis (Los Angeles Grad A oder B) kann medikamentös wie eine symptomatische Form behandelt werden.

Starker Konsens

Statement 59

Eine asymptomatische schwere Refluxösophagitis (Los Angeles Grad C oder D) soll wie eine symptomatische schwere Refluxösophagitis behandelt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Auf der Basis einer populationsbasierten Studie mit Endoskopie hat 6 % der erwachsenen Bevölkerung in Schweden eine asymptomatische Refluxösophagitis [259]. In einer koreanischen Studie mit retrospektiver Datenauswertung von Check-up-Untersuchungen zeigte die weit überwiegende Mehrzahl der Personen mit asymptomatischer Refluxösophagitis (Grad I oder II nach modifizierter Savary-Klassifikation) im Follow-up eine Besserung oder einen unveränderten Befund, 3,7 % zeigten eine Progression [260]. Abgesehen von dieser Studie liegen weder relevante wissenschaftliche Daten zum Spontanverlauf noch zur Therapie einer asymptomatischen Refluxösophagitis vor. Beschwerdefreiheit ist ein wesentlicher Grund für eine unzureichende Therapieadhärenz [261]. In Ermangelung wissenschaftlicher Daten erscheint es aktuell ratsam, die Empfehlungen bei symptomatischer Refluxösophagitis auch auf die asymptomatische Variante zu übertragen. Studien in diesem Feld sind dringend erforderlich.

Statement 60

Unter einem Therapieversagen versteht man bei Patienten mit Refluxösophagitis eine unzureichende Symptomkontrolle und/oder eine nicht heilende Ösophagitis nach 8 Wochen PPI in einfacher Standarddosis und weiteren 8 Wochen in doppelter Standarddosis (1 – 0–1).

Konsens

Kommentar

Hierzu gibt es keine allgemein gültige Definition. Unter einer Standarddosis eines PPI heilen leichte Refluxösophagitiden (Los Angeles A/B) in nahezu allen Fällen innerhalb von 8 Wochen ab, bei schwerer Refluxösophagitis ist aber je nach PPI und Schweregrad der Ösophagitis (C oder D) in 15 – 35 % der Fälle mit einer persistierenden Refluxösophagitis zu rechnen wie ein systematisches Review der Literatur ergab [262]. Nach klinischer Erfahrung ist sowohl eine Intensivierung einer PPI-Therapie als auch eine Verlängerung der Therapiedauer in vielen Fällen geeignet, noch eine Heilung der Ösophagitis zu bewirken.

Statement 61

Bei Versagen einer PPI-Therapie sollte eine Klärung der Therapieresistenz durch Endoskopie mit Biopsie und Funktionsdiagnostik erfolgen.

Starker Konsens

Statement 62

Bei zufriedenstellender Symptomkontrolle und Persistenz einer leichten Refluxösophagitis kann die Therapie unverändert fortgesetzt werden.

Starker Konsens

Statement 63

Bei unzureichender Symptomkontrolle und/oder Persistenz einer schweren Refluxösophagitis sollte die Therapie nach Überprüfung der Adhärenz anhand der Untersuchungsergebnisse optimiert werden.

Starker Konsens

Kommentar

Es gibt keine kontrollierten Studien, die das Vorgehen bei therapierefraktärer Refluxösophagitis nach der Definition evaluiert haben. In Analogie zu den Empfehlungen zum Langzeitmanagement der erosiven Refluxösophagitis kann das Fortbestehen einer leichten Ösophagitis (Los Angeles A und B) bei zufriedenstellender Kontrolle der Symptome toleriert werden, dagegen birgt eine persistierend schwere Ösophagitis (Los Angeles C und D) das Risiko gravierender Komplikationen in sich. Auch fortbestehende Symptome mit Beeinträchtigung der Lebensqualität sind nicht akzeptabel.

Bei persistierender Refluxösophagitis sollte, insbesondere wenn keine belästigenden Symptome vorliegen, die Compliance überprüft und die Einnahme optimiert werden. Darüber hinaus ist eine Gewichtsabnahme bei Übergewicht empfehlenswert ([Abb. 5]). Die explorative Analyse einer kontrollierten Therapiestudie von 113 Patienten mit schwerer Refluxösophagitis (Los Angeles C und D) in Taiwan ergab, dass Übergewicht ein unabhängiger Prädiktor für eine Heilung der Ösophagitis war und, dass eine Gewichtsabnahme von > 1,5 kg/m2 die Heilungsrate im weiteren Verlauf signifikant erhöhte [264]. Bei anhaltender Therapieresistenz kann im Einzelfall die zusätzliche Verordnung eines weiteren Therapieprinzips (H2-RA zur Nacht, Refluxblocker vom Typ des Baclofen, Prokinetikum) erwogen werden, ohne dass es für diese Empfehlung unterstützende Studiendaten gibt. Bei unzureichender Symptomkontrolle oder persistierend schwerer Ösophagitis ist im nächsten Schritt eine eingehende diagnostische Klärung der Therapieresistenz angezeigt. Das weitere Vorgehen – einschließlich Prüfung der Operationsindikation – erfolgt dann individuell unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde (z. B. Überprüfung der Compliance, korrekter Einnahmemodus, weitere Dosissteigerung des PPI, Kombinationstherapie aus PPI + zweites Therapieprinzip, Antirefluxoperation).

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Abb. 5 Algorithmus zum stratifizierten Vorgehen bei therapieresistenter Refluxösophagitis (nach [263]).

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2.2.6 Reflux-Thorax-Schmerzsyndrom

Statement 64

Ein Reflux-Thorax-Schmerzsyndrom sollte initial mit einem PPI in doppelter Standarddosis (1-0-1) für 2 – 4 Wochen behandelt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Thoraxschmerzen, die von einem ischämischen Herzschmerz klinisch nicht zu unterscheiden sind, können Symptom einer GERD sein, ohne dass typische Refluxsymptome wie Sodbrennen oder Regurgitation vorliegen [265]. Eine Probetherapie mit einem PPI bei vermutetem Reflux-Thorax-Schmerzsyndrom ist zur Diagnostik mit akzeptablen Gütekriterien geeignet wie zwei unabhängige Metaanalysen gezeigt haben [266] [267]. Diese sollte zumindest über 2 Wochen durchgeführt werden [268]. In einem systematischen Review zur Therapie des nicht kardialen Thoraxschmerzes fanden Hershcovici et al. neben 4 unkontrollierten Studien 8 randomisierte, kontrollierte Studien mit einer PPI-Therapie [269]. Die Studien waren überwiegend klein. Basierend auf dieser begrenzten Datenlage schlussfolgerten die Autoren, dass eine Therapie mit einer Doppeldosis eines PPI (1-0-1) für zumindest 8 Wochen erfolgen sollte. Die Empfehlung zur achtwöchigen Therapie basiert im Wesentlichen auf den Ergebnissen einer großen Studie mit 599 Patienten in hausärztlicher Praxis, die über 4 Wochen mit 2 × 40 mg Esomeprazol behandelt wurden. In dieser Studie war eine bekannte oder von der Symptomatik zu vermutende Refluxkrankheit ein Ausschlusskriterium [270]. Unter diesen Bedingungen war die PPI-Therapie zwar wirksamer als Plazebo, der Unterschied war mit 33,1 vs. 24,9 % Schmerzbefreiung (p = 0,035) gering. In einem systematischen Review fanden Kahrilas et al. 6 randomisierte und kontrollierte Studien, in denen eine GERD durch Endoskopie und/oder pH-Metrie gesichert bzw. ausgeschlossen wurde [271]. Die Dauer der Therapie betrug 1, 2, 4 oder 8 Wochen. PPIs waren wesentlich wirksamer als Plazebo bei gesicherter GERD, während der Response bei Patienten ohne GERD im Plazeboniveau lag. Eine weitere wesentliche Feststellung war, dass die Beschwerden sich zwar besserten, zumeist aber nicht vollständig beseitigt wurden.

Von besonderer klinischer Relevanz ist, dass auch Patienten mit gesicherter koronarer Herzkrankheit von einer PPI-Therapie hinsichtlich ihrer Thoraxschmerzen profitieren können [272]. Daraus folgt, dass bei unklaren Thoraxschmerzen ein Ansprechen auf eine PPI-Probetherapie eine koronare Herzkrankheit nicht ausschließt.

Statement 65

Die Notwendigkeit einer Langzeittherapie des Reflux-Thorax-Schmerzsyndroms sollte zwischen Arzt und Patient diskutiert werden. Zu berücksichtigen sind Schwere und Häufigkeit der Symptome sowie ihre subjektive (emotionale) Bewertung.

Starker Konsens

Statement 66

Die Langzeittherapie des Reflux-Thorax-Schmerzsyndroms sollte bei klinischer Notwendigkeit mit einem PPI erfolgen. Eine schrittweise Dosisreduktion kann nach erfolgreicher Initialtherapie mit einem PPI in doppelter Standarddosis versucht werden.

Starker Konsens

Kommentar

Langzeitstudien zur Therapie des Reflux-Thorax-Schmerzsyndroms liegen nicht vor, sodass keine evidenzbasierten Empfehlungen gegeben werden können. Liegt das Ergebnis einer Endoskopie vor Therapie vor, so kann der dort erhobene Befund (keine Läsion, leichte oder schwere Refluxösophagitis) für die Therapieempfehlungen berücksichtigt werden.


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2.2.7 Schlafstörungen

Gibt es Schlafstörungen ohne nächtliche Refluxbeschwerden?

Statement 67

Säurereflux ohne typische Refluxbeschwerden kann mit Schlafstörungen assoziiert sein.

Konsens

Kommentar

Epidemiologische Fallkontrollstudien zeigen eine überzufällige Assoziation zwischen Schlafstörungen und GERD. Reflux kann zu Schlafstörungen führen, Schlafstörungen können ihrerseits aber auch gastrointestinale Störungen einschließlich Reflux provozieren bzw. aggravieren [273]. Bislang wurde angenommen, dass Reflux während einer stabilen Schlafphase auftritt und dies dann zum Aufwachen führt. In einem systematischen Review analysierten Dent et al. alle Studien, die sich mit den Pathomechanismen der Schlafstörungen im Rahmen einer GERD beschäftigten [274]. Danach scheint es eher so zu sein, dass der Reflux in Phasen der Aktivierungen des ZNS mit oder ohne Aufwachen auftritt und dann über eine verzögerte Clearance des Refluats zu Schlafstörungen führt.

Statement 68

Schlafmittel (Zolpidem) können zu einer Verschlechterung des nächtlichen Refluxes führen.

Starker Konsens

Kommentar

In einer randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie mit 16 GERD-Patienten und 8 Kontrollen konnte gezeigt werden, dass Zolpidem den Effekt einer Säureexposition der Speiseröhre auf Aktivierungen des ZNS signifikant reduziert. Darüber hinaus wurde sowohl bei Refluxpatienten als auch bei Kontrollen eine deutliche Verlängerung der Säureexpositionszeit der Speiseröhre beobachtet [275].

Statement 69

Die Akutbehandlung von Schlafstörungen im Rahmen einer GERD sollte über 4 Wochen mit der Standarddosis eines PPI durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

In einem systematischen Review wurden 8 randomisierte, placebokontrollierte Studien zur Wirksamkeit einer PPI-Therapie bei refluxassoziierten Schlafstörungen identifiziert [276]. Sieben der 8 Studien mit Patientenzahlen von 15 – 642 zeigten eine signifikante Überlegenheit von PPI gegenüber Plazebo. Die kleinste Studie zeigte keinen Effekt [277]. Sie wurde mit 2 × 40 mg Esomeprazol durchgeführt und hatte als Besonderheit eine „Provokationsmahlzeit“ 1 Stunden vor dem Schlafengehen. In zwei Studien wurde eine Polysomnografie durchgeführt ohne Nachweis einer statistisch signifikanten Verbesserung unter PPI. In 4 der 8 Studien erfolgte die PPI-Einnahme in Standarddosis morgens, in 3 Studien in doppelter Dosis morgens und abends, und in einer Studie wurde der Einnahmezeitpunkt bei einmal täglicher Gabe nicht angegeben. Die 3 mit Abstand größten Studien setzten den PPI morgens (vor dem Frühstück) ein. Die Studien waren hinsichtlich ihres Designs so heterogen, dass eine Metaanalyse zur Abschätzung des Therapieeffekts nicht sinnvoll erschien. Die Therapiedauer schwankte zwischen 2 und 8 Wochen. In einer großen, randomisierten Studie in hausärztlichen Praxen hatten von 1388 Patienten mit GERD 825 Schlafstörungen. Sie wurden randomisiert entweder über 4 Wochen unverändert weiterbehandelt oder auf 20 mg oder 40 mg Esomeprazol umgestellt. Schlafstörungen persistierten bei 55 % der Patienten mit unverändertem Management und bei 22,5 % der Patienten unter PPI entsprechend einer NNT von 3 [278]. Die Abnahme der Schlafstörungen war mit einer signifikanten Besserung der Lebensqualität assoziiert.

Nicht gleichzusetzen mit Schlafstörungen im Rahmen der GERD ist die schlafassoziierte GERD als klinische Entität. Viele GERD-Patienten haben (auch) nächtliche Refluxbeschwerden bzw. nächtlichen Reflux. Patienten mit nächtlichem Sodbrennen haben häufiger eine kompliziertere Erkrankung mit Neigung zu Ösophagitis und respiratorischen Komplikationen als Patienten, die nur tagsüber Sodbrennen haben [279].

Statement 70

Die Langzeittherapie von Schlafstörungen im Rahmen einer GERD kann durch Fortsetzung der erfolgreichen Akuttherapie durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Kontrollierte Daten zur Langzeittherapie von Schlafstörungen liegen nicht vor. In der ProGERD-Studie wurden 4597 von initial 6215 Refluxpatienten über 5 Jahre in hausärztlicher Betreuung nachbeobachtet mit jährlicher Überprüfung des QOLRAD, der auch die Dimension Schlafstörungen enthält. Im Vergleich zur Eingangsuntersuchung gaben 61 % der Patienten eine Besserung ihrer Schlafstörungen an, 35 % keine Veränderung und 4 % eine Verschlechterung [280].


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2.2.8 Schwangerschaft

Statement 71

Die Indikation zur medikamentösen Therapie der GERD in der Schwangerschaft kann den gleichen Regeln folgen wie bei Patientinnen ohne Schwangerschaft.

Konsens

Statement 72
  • Vor einer medikamentösen Therapie in der Schwangerschaft soll eine eingehende Aufklärung über Nutzen und Risiko sowie therapeutische Alternativen erfolgen.

  • Die Initialtherapie in der Schwangerschaft kann bei leichter Symptomatik mit einem Antazidum erfolgen.

  • Bei schwerer Symptomatik oder unzureichendem Effekt einer Antazidatherapie in der Schwangerschaft können ein H2-Rezeptorantagonist oder ein PPI in Standarddosis verordnet werden.

Starker Konsens

Statement 73

Eine in der Akuttherapie wirksame Therapie in der Schwangerschaft mit einem H2-Rezeptorantagonist oder einem PPI sollte bei klinischem Bedarf fortgeführt werden.

Starker Konsens

Statement 74

Spezifische Risiken einer H2-Rezeptorantagonist- bzw. PPI-Behandlung in der Schwangerschaft sind bisher nicht gesichert, können aber auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Konsens

Kommentar

Gastrointestinale Komplikationen sind in der Schwangerschaft häufig. Dies betrifft insbesondere die GERD, an der zwischen 40 und 85 % der Schwangeren leiden [281]. Die Erkrankung kann zu jedem Zeitpunkt in der Schwangerschaft auftreten und reicht von gelegentlichen, tolerablen Refluxbeschwerden bis hin zu gravierenden Läsionen der Speiseröhre. In einer prospektiven Longitudinalstudie in Deutschland mit 510 Schwangeren klagten 26,1 % der Frauen im 1. Trimenon, 36,1 % im 2. Trimenon und 51,2 % im 3. Trimenon über GERD-Symptome. Eine medikamentöse Behandlung erfolgte bei 12,8 % im 1., 9,1 % im 2. und 15,7 % im 3. Trimenon [282].

Kontrollierte Studien werden in der Schwangerschaft nur sehr selten durchgeführt. Nur Ranitidin wurde in einer doppelblinden, placebokontrollierten, dreifach Cross-over-Studie bei Schwangeren (n = 20, mind. 20. Woche), die nicht auf Allgemeinmaßnahmen und Antazida ansprachen, untersucht. Ranitidin 2 × 150 mg war hinsichtlich Symptomen und Antazidaverbrauch wirksam [283]. Üblicherweise werden Step-up-Strategien in folgender Reihenfolge zum Management von Refluxsymptomen bzw. einer GERD in der Schwangerschaft empfohlen: Allgemeinmaßnahmen – Antazida/Alginate/Sucralfat – H2-RA – PPI [284] [285] [286] [287]. Diese basieren auf der Annahme, dass Antazida keine relevanten Effekte auf die ungeborenen Kinder haben und die umfangreichen Erfahrungen mit H2-RA sowohl im klinischen Alltag als auch in Fallkontrollstudien keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko ergeben haben. PPI werden generell mit großer Zurückhaltung in der Schwangerschaft verordnet. Es stehen mittlerweile aber eine Reihe von prospektiven und retrospektiven Kohortenstudien zur Frage der Sicherheit von PPI in der Schwangerschaft zur Verfügung [288]. Die Häufigkeit schwerer Anomalien war bei Einnahme eines PPI im 1. Trimenon nicht größer als bei unbehandelten Frauen. In einer Metaanalyse von 7 Studien (1530 PPI-Konsumenten und 133 410 Kontrollen ohne PPI-Einnahme) fanden sich keine Hinweise auf relevante Schädigungen des Kindes, eine erhöhte Rate an Frühgeborenen oder Aborten [289]. In einer großen Dänischen Kohortenstudie wurde bei 5082 von 840 968 Lebendgeborene eine PPI-Exposition während der Schwangerschaft bzw. in den 4 Wochen vor der Konzeption registriert. PPI-Einnahme während des 1. Trimenons war nicht mit relevanten Fehlbildungen assoziiert [290]. Eine weitere große Fallkontrollstudie aus Israel mit 1186 PPI-Expositionen während des 1. Trimenons der Schwangerschaft ergab ebenfalls keinen Hinweis auf eine erhöhte Fehlbildungsrate, ebenso wirkte sich eine PPI-Einnahme im 3. Trimenon nicht im Hinblick auf Frühgeburten, perinatale Morbidität und Mortalität sowie niedriges Geburtsgewicht aus [291]. Auffällig war aber in der großen dänischen Studie eine Risikoerhöhung bei PPI-Einnahme in den letzten 4 Wochen vor der Konzeption – dies traf allerdings nicht für Omeprazol zu. Aus diesem Grund sollte Frauen, die eine Konzeption planen und einen PPI benötigen, Omeprazol verordnet werden [292].

Die Empfehlungen der Hersteller einzelner PPI im Hinblick auf eine Anwendung in der Schwangerschaft lauten: Esomeprazol: nur mit Vorsicht; Lansoprazol: nicht empfohlen; Omeprazol: nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung; Pantoprazol: Kontraindikation; Rabeprazol: Kontraindikation [288].


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2.2.9 Helicobacter pylori und GERD

Statement 75

Bei Patienten mit GERD kann eine H. pylori-Diagnostik erfolgen.

Konsens

Sollte/muss bei Refluxkranken im Falle des Keimnachweises eine HP-Eradikation erfolgen?

Statement 76

Im Falle eines HP-Nachweises soll die Indikation zur HP-Eradikation unabhängig vom Vorhandensein der GERD gemäß den Leitlinien der DGVS gestellt werden.

Starkere Konsens

Kommentar

Eine GERD hat gemäß S3-Leitlinie der DGVS keinen Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine H.-pylori-Eradikation [294]. Gemäß dieser Leitlinie soll eine H.-pylori-Diagnostik nur dann erfolgen, wenn aus einem positiven Resultat (Keimnachweis) auch therapeutische Konsequenzen gezogen werden sollen. Die Europäische Helicobacterstudiengruppe empfiehlt in ihrem aktuellen Konsensusreport eine H.-pylori-Eradikation vor Durchführung einer Langzeittherapie mit einem PPI, um einer Zunahme der Korpusgastritis und einer beschleunigten Atrophieentwicklung vorzubeugen [295].


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2.2.10 PPI-Therapie

Statement 77

Das Risiko einer Therapie mit einem PPI ist gering. Basierend auf Beobachtungsstudien kann ein leicht erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen der Atemwege und des Verdauungstraktes (einschließlich Clostridium difficile), eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms, Wirbelkörper- und Schenkelhalsfrakturen, Resorptionsstörungen (Vitamin B12), eine Hypomagnesiämie, Interaktionen mit anderen Medikamenten und eine beschleunigte Atrophieentwicklung einer unbehandelten HP-Gastritis angenommen werden.

Konsens

Kommentar

Da potenzielle Risiken einer PPI-Langzeittherapie sehr selten sind, ist die Chance einer Erfassung in einer randomisierten, kontrollierten Studie damit sehr gering. Beobachtungsstudien sind mit dem Problem behaftet, dass sie nur eine Assoziation, nicht aber eine kausale Beziehung aufzeigen können.

Grundsätzlich muss zwischen vorhersehbaren Risiken, die sich aus der Pharmakokinetik und -dynamik der PPI erklären und unvorhersehbaren Risiken unterschieden werden.

Atemwege

Eine Reihe von Studien hat das Risiko für eine ambulant erworbene Pneumonie untersucht. In einer aktuellen Metaanalyse, die 9 Studien mit 120 863 Patienten einschloss, fand sich eine moderate Risikoerhöhung für PPI-Konsumenten. Während bei einer Therapiedauer von > 180 Tagen das Risiko nicht (mehr) erhöht war, wurden die stärksten Assoziationen bei einer Therapiedauer unter 30 Tagen (OR 1,65, 95 %-Konfidenzintervall 1,25 – 2,19) und bei hochdosierter PPI-Therapie gesehen [295]. Eine aktuelle Studie, die 4238 504 Patienten mit Beginn einer NSAR-Therapie einschloss und PPI-Konsumenten (2,3 %) mit Patienten ohne präventive Säurehemmung verglich kam zu dem Schluss, dass kein erhöhtes Risiko für eine ambulant erworbene Pneumonie unter PPI besteht [296].

Gastrointestinale Infekte

Eine reduzierte Magensäureproduktion kann durch unterschiedliche Mechanismen das Risiko für bakterielle Infekte des Gastrointestinaltraktes erhöhen. In einer Metaanalyse fand sich für PPI-Konsumenten ein erhöhtes Risiko für akute gastrointestinale Infekte (OR 3,33, 95 %-Konfidenzintervall 1,84 – 6,02) [297]. In einem weiteren systematischen Review wurde diese Assoziation bestätigt. Unter PPI waren die adjustierten relativen Risiken für Salmonellen, Campylobacter und Clostridium difficile erhöht [298].

In einem systematischen Review mit Metaanalyse fanden sich 47 Publikationen (37 Fallkontrollstudien und 14 Kohortenstudien), die für eine Betrachtung einer möglichen Assoziation zwischen PPI-Konsum und Clostridium-difficile-Infektion (CDI) in Betracht kamen. Das Risiko für eine CDI war unter PPI erhöht (Odds Ratio [OR] 1,65), allerdings ergaben sich Hinweise auf einen Publikationsbias. Nach Korrektur resultierte eine adjustierte Odds Ratio von 1,51 (95 %-Konfidenzintervall 1,26 – 1,83). Es errechnete sich für die Allgemeinbevölkerung eine NNH (number needed to harm) von 3925 in einem Jahr [299]. Im gleichen Jahr wurden drei weitere Metaanalysen publiziert, die übereinstimmend eine Risikoerhöhung für eine CDI unter PPI fanden. Das Risiko wird durch zusätzliche Gabe eines Antibiotikums verdoppelt [300] [301] [302]. Die Datenlage bleibt trotz allem uneinheitlich [303]. So fand bspw. eine populationsbasierte Studie keinen gesicherten Zusammenhang [304].

Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms (SIBO)

In einer Metaanalyse, die 11 Studien mit 3134 Patienten einschloss, betrug die OR für eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms 2,282 (95 %-Konfidenzintervall 1,238 – 4,205). Die Risikoerhöhung wurde insbesondere in Studien gesehen, die Dünndarmsekret kulturell untersuchten [305].

Frakturrisiko

In einem systematischen Review mit Metaanalyse fand sich eine moderate Erhöhung des Risikos für Hüft- und Wirbelkörperfrakturen, nicht aber für Unterarmbrüche [306]. Die Datenlage war inkonsistent mit signifikanter Heterogenität der Ergebnisse, auch ließ sich weder eine Dosis-Wirkungs-Beziehung noch eine Abhängigkeit des Risikos von der Expositionsdauer ableiten. Aktuelle Analysen der Nurses Health Study zeigten eine Steigerung des Frakturrisikos unter PPI. Unter Inkorporation dieser Daten in eine aktualisierte Metaanalyse errechnete sich eine Risikoerhöhung um ca. 30 % [307]. Es ist bisher unklar, wie PPI zu einem erhöhten Frakturrisiko führen können. Die Resorption von Kalziumkarbonat kann bei hohem pH reduziert sein, ansonsten ergaben sich pharmakologisch und klinisch keine Hinweise auf eine Kalziummalabsorption unter PPI [288] [308] [309]. Überzeugende Hinweise auf ein erhöhtes Osteoporoserisiko ergaben sich bisher nicht. In einer Populationsstudie in Kanada, die initial 8340 Patientinnen einschloss und über 5 – 10 Jahre einschließlich Messung der Knochendichte nachbeobachtete, fand sich kein Hinweis auf eine Osteoporoseentwicklung unter PPI [310], sodass über mögliche Mechanismen wie z. B. eine gestörte Reparatur von Mikrofrakturen spekuliert werden muss.

Vitamin B12

Vitamin B12 wird durch Säure aus der Proteinbindung gelöst. Die Datenlage zur Entwicklung eines B12-Mangels unter PPI ist kontrovers (Johnson 2013). Bei mehrjähriger Einnahme kann aber ein Mangel insbesondere bei langsamen Metabolisierern (Polymorphismus des CP2C19 mit entsprechend intensiver PPI-Wirkung) nicht ausgeschlossen werden [311].

Magnesium

In der Literatur finden sich eine Reihe (insgesamt < 50) von Fallberichten einer ausgeprägten Hypomagnesiämie mit Notwendigkeit einer Hospitalisierung unter PPI (Johnson 2013). Eine Metaanalyse zeigte, dass die Hypomagnesiämie zu jeder Zeit einer laufenden PPI-Therapie auftreten kann, ein Klasseneffekt ist, in den Tagen nach Absetzen des PPI verschwindet und bei Reexposition zurückkehrt [312].

Interaktionen

Clopidogrel ist ein Prodrug, das durch das Cytochrom 2C19 aktiviert werden muss. Über dieses Cytochrom werden auch PPI metabolisiert, sodass theoretisch eine Interaktion bei gleichzeitiger Einnahme im Sinne einer reduzierten Wirkung von Clopidogrel denkbar ist. Pharmakologische Untersuchungen bestätigten diesen Effekt [313]. Die Post-hoc-Analyse großer Studien ergab uneinheitliche Ergebnisse, wie Reviews und Metaanalysen aufzeigten [314] [315] [316]. In einer großen, randomisierten und kontrollierten Multicenterstudie, in der Omeprazol mit Clopidogrel in einer Tablette gegeben wurde, konnte der präventive Effekt des PPI auf gastrointestinale Ereignisse bestätigt werden, Hinweise auf eine Erhöhung der kardiovaskulären Endpunkte ergaben sich nicht [317]. In einer weiteren randomisierten, kontrollierten Studie erhielten Patienten mit Ulkusanamnese und ischämischer Herz- oder Hirnerkrankung randomisiert über 6 Monate zum Clopidogrel 20 mg Esomeprazol (zeitversetzt) oder keine Schutztherapie. Der PPI führte zu einer signifikanten Reduktion der Ulkusinzidenz, ein Effekt auf die Plättchenaggregation konnte nach 4 Wochen Therapie nicht gezeigt werden [318]. Insgesamt besteht zusammenfassend wohl eine pharmakologisch messbare Interaktion, diese ist aber klinisch vermutlich irrelevant. Zur Reduktion potenzieller Risiken empfehlen die Fachgesellschaften in einem Positionspapier einen PPI mit möglichst geringer Affinität zum Cytochrom 2C19 und die zeitlich versetzte Einnahme [319].

Beschleunigte Atrophieentwicklung bei H.-pylori-Gastritis

Unter den Bedingungen einer reduzierten Säuresekretion – unabhängig von der Ursache – kolonisiert H. pylori bevorzugt die Korpusschleimhaut des Magens mit der Konsequenz einer Zunahme der Corpusgastritis und gleichzeitiger Verbesserung der Antrumgastritis [320]. Die stärkere Inflammation im Korpus führt zu einer weiteren Reduktion der Säureproduktion, wobei Zytokine wie Interleukin-1ß offenbar eine wichtige Rolle spielen [321]. Dies erklärt die konsistente Beobachtung, dass PPI in Anwesenheit von HP stärker wirksam sind als bei HP-negativen Personen oder bei Status nach HP-Eradikation. Die langfristigen Konsequenzen aus der Zunahme der Korpusgastritis werden seit mehr als 15 Jahren intensiv diskutiert. Anlass hierfür war eine Publikation von Kuipers et al. [322], die zwei Kohorten von Refluxpatienten behandelt mit PPI-Dauertherapie oder Fundoplicatio verglichen und aus den Ergebnissen folgerten, dass eine PPI-Dauertherapie die Atrophieentwicklung bei bestehender HP-Infektion beschleunigt und damit evtl. das Magenkarzinomrisiko langfristig erhöht. Wesentliche Kritikpunkte dieser nicht randomisierten Studie waren der Vergleich von zwei Kohorten aus unterschiedlichen Populationen und auch ein unterschiedliches Durchschnittsalter der Patienten. Die Ergebnisse wurden in den Jahren danach nicht in überzeugender Weise bestätigt, aber auch nicht eindeutig widerlegt. In einer Post-hoc-Analyse der randomisierten LOTUS-Studie, die eine PPI-Langzeittherapie mit Esomeprazol mit einer Fundoplicatio über 5 Jahre verglich, kam es unter PPI zu einer Verbesserung der Antrumgastritis bei HP-Infizierten, während Entzündungsgrad und -aktivität im Korpus konstant blieben ohne Zunahme von Atrophie und intestinaler Metaplasie [323].

Leberzirrhose und spontane bakterielle Peritonitis

Patienten mit Leberzirrhose werden häufig mit einem PPI behandelt. In einer aktuellen Untersuchung, die 400 Patienten mit Leberzirrhose einschloss, erhielt ca. 40 % der Patienten einen PPI [324]. Säurehemmer (H2-Blocker, PPI) können als Risikofaktor für eine spontane bakterielle Peritonitis (SBP) angesehen werden. In einer aktuellen Metaanalyse wurden 8 Studien mit 3815 Patienten analysiert [325]. Das SBP-Risiko von Krankenhauspatienten wurde durch PPI erhöht (OR 3,15, 95 %-Konfidenzintervall 2,09 – 4,74). Für H2-Blocker bestand ein nicht signifikanter Trend zu einem erhöhten Risiko (OR 1,71, 95 %-KI 0,97 – 3,01). Es muss aber auch berücksichtigt werden, dass die vorliegenden Studien eine Reihe von methodischen Schwächen hatten, sodass ein abschließendes Urteil nicht gefällt werden kann [326]. Ein erhöhtes Infektionsrisiko ist möglicherweise nicht auf die SBP begrenzt. In einer großen retrospektiven Fallkontrollstudie, die 1268 Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose einschloss, waren PPI mit einer beschleunigten Entwicklung schwerwiegender Infektionen assoziiert (adjustierte Hazard Ratio: 1,66, 95 %-KI 1,31 – 2,12) [327]. Auf der Basis der vorliegenden Daten sollten PPI bei Patienten mit Leberzirrhose nur eingesetzt werden, wenn eine klare Indikation besteht [328]. Beachtet werden muss auch, dass die Pharmakokinetik der einzelnen PPI in unterschiedlicher Weise durch eine Leberzirrhose beeinflusst werden mit der Notwendigkeit von Anpassungen der Dosierung [288].


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2.3 Chirurgische Therapie

2.3.1 Indikation und präoperative Diagnostik

Statement 78

Eine Antirefluxoperation sollte nur dann durchgeführt werden, wenn ein langfristiger Therapiebedarf besteht.

Starker Konsens

Kommentar

Die anatomischen und funktionellen Elemente der Antirefluxbarriere (Sphinkterinkompetenz und erhöhte Anzahl transienter Sphinkterrelaxationen) sind bei Patienten mit schwerer Refluxkrankheit pathologisch verändert [329] [330] [331] [332]. Bei normalem Sphinkterdruck und Länge sowie anatomisch normaler Antirefluxbarriere kann ein Reflux nur durch eine spontane Sphinkterrelaxierung entstehen [329] [332]. Bei Sphinkterinkompetenz und/oder anatomischen Veränderungen am Hiatus kann freier Reflux entstehen, der ohne weitere auslösende Faktoren durch den anatomisch und funktionell inkompetenten gastrooesophagealen Übergang refluieren kann. Wenn viel freier Reflux durch eine anatomisch und funktionell inkompetente Antirefluxbarriere auftritt, sollte eine Antirefluxoperation erwogen werden, wenn weitere Indikationskriterien erfüllt sind.

Statement 79

Präoperativ soll eine pH-Metrie/Impedanz-pH-Metrie (zum Beleg eines pathologischen Refluxes) erfolgen.

Konsens

Kommentar

Der Sinn der präoperativen Diagnostik ist neben der Diagnosestellung die Erarbeitung von objektiven Grundlagen für die Entscheidungsfindung für die Operationsindikation. Das Ziel ist eine optimale Patientenselektion möglichst nur der Patienten, die von einer Antirefluxoperation besonders profitieren gegenüber der PPI-Therapie. Zur Patientenselektion gehört der Nachweis einer pathologischen Säureexposition der Speiseröhre, weil Symptome als Kriterien nicht ausreichend zuverlässig sind [333] [334] [335] [336] [337].

Statement 80

Präoperative sollte eine Ösophagusmanometrie (zum Ausschluss einer Motilitätsstörung) durchgeführt werden.

Konsens

Kommentar

Die Ösophagusmanometrie ist für die Diagnose der Refluxkrankheit nicht erforderlich, aber mit ihrer Hilfe werden Ösophagusmotilitätsstörungen wie die Achalasie oder der diffuse Ösophagusspasmus ausgeschlossen oder festgestellt [338] [339] [340]. Letzteres ist besonders für die präoperative Entscheidungsfindung sehr wichtig. Darüberhinaus hat der Nachweis einer Sphinkterinkompetenz eine gewisse prognostische Bedeutung bezüglich der Erkrankung [338] [341].

Statement 81

Folgende Kriterien sollen vor einer Antirefluxoperation beim Erwachsenen evaluiert werden:

  1. Präsenz einer Hiatushernie (Endoskopie, Radiografie)

  2. Typische Symptome (Anamnese)

  3. Jahrelange Refluxanamnese (Anamnese)

  4. Inkompetente Antirefluxbarriere (Manometrie, High-Resolution-Manometrie)

  5. Pathologische Säureexposition mit Symptomkorrelation (pH-Metrie, Impedanz-pH-Metrie, SAP Symptom-Association-Probability)

  6. Positiver PPI-Response

  7. Notwendige PPI-Dosissteigerung

  8. Reduzierte Lebensqualität

Konsens

Kommentar

Da die medikamentöse Therapie, insbesondere mit PPIs sehr effektiv ist, kommt der Selektion der Patienten für eine Antirefluxoperation große Bedeutung zu. Für diese Selektion sollen viele Indikationskriterien erfüllt sein.

In mehreren Studien wurden diese Kriterien entweder gezielt bezüglich ihrer Bedeutung überprüft, oder Studienergebnisse lassen Rückschlüsse bezüglich der Verwertbarkeit dieser Kriterien zu [329] [330] [336] [338] [341] [342] [343] [344] [345] [346] [347] [348] [349] [350] [351]

Bei Anwendung dieser Kriterien lässt sich nachgewiesenermaßen die Lebensqualität der Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit durch eine Antirefluxoperation erhöhen. Demzufolge ist bei Anwendung dieser Kriterien die Indikationsstellung gerechtfertigt [342] [345] [346].

Statement 82

Eine Operationsindikation kann gestellt werden, wenn zusätzlich zur langfristigen Behandlungsbedürftigkeit die Indikationskriterien erfüllt sind, intolerable refluxinduzierte Restbeschwerden oder eine Unverträglichkeit gegenüber der PPI-Therapie besteht.

Starker Konsens

Kommentar

Wenn Patienten die Indikationskriterien erfüllen und trotz adäquater PPI-Therapie (angepasste Dosierung und korrekte Einnahme) eine reduzierte Lebensqualität haben oder PPI-Nebenwirkungen die langfristige Einnahme unmöglich machen, ist eine Antirefluxoperation gerechtfertigt [342] [345] [346] [348] [349] [350] [352].

Statement 83

Bei der Indikationsstellung zur Antirefluxoperation sollen die Regeln der allgemeinen und chirurgischen Kontraindikationen für einen Elektiveingriff bei einem eingeschränkten Allgemeinzustand des Patienten beachtet werden.

Starker Konsens

Kommentar

Patienten mit Risikofaktoren und relevanten Nebenerkrankungen müssen bezüglich ihrer Indikation zur Antirefluxoperation kritisch überprüft werden, da die gastroösophageale Refluxkrankheit eine gutartige Erkrankung ist und in den meisten Fällen mit Protonenpumpeninhibitoren behandelt werden kann.

Besonders kritisch sollte die Operationsindikation geprüft werden bei Patienten, die psychisch oder psychiatrisch auffällig sind. Das bedeutet nicht, dass Patienten mit somatoformen Störungen oder depressiven Neigungen zwangsläufig keine Antirefluxoperation haben dürfen, sondern in diesen Fällen sollten die präoperativ wichtigen Diagnostik- und Indikationskriterien besonders kritisch evaluiert werden [353].


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2.3.2 Operative Verfahren

Statement 84

Der Therapieerfolg einer adäquaten und konsequent durchgeführten PPI-Therapie ist vergleichbar mit dem einer laparoskopischen Fundoplikatio.

Starker Konsens

Die Frage nach dem Vergleich zwischen medikamentöser und chirurgischer Therapie der gastrooesophaegalen Refluxkrankheit wird zwischen Gastroenterologen und Chirurgen kontrovers diskutiert. Zu diesem Thema gibt es 4 randomisierte Studien [348] [349] [350] [352]. In Europa wurden mit der LOTUS-Studie, einer großen randomisierten Studie, die Ergebnisse nach 5 Jahren publiziert [350]. Das Resümee dieser Studie ist, dass die Effektivität, sowohl von PPI-Therapie als auch laparoskopischer Nissen-Fundoplicatio sehr gut ist bis zu 5 Jahren. Der gute Erfolg der Operation wird durch die Entwicklung von Nebenwirkungen etwas eingeschränkt; deswegen liegt die Versagerrate nach 5 Jahren in der operativen Therapiegruppe etwas höher. Anzumerken ist, dass eine Bedingung für die Aufnahme in die Studie ein erfolgreiches Ansprechen der Esomeprazoltherapie war. In 3 weiteren randomisierten Studien (Nachsorgezeit 3 – 7 Jahre) waren die Patienten nach laparoskopischer Antirefluxoperation bezüglich der postoperativen Refluxsymptome und Lebensqualität, verglichen mit der PPI-Gruppe, im Vorteil [348] [349] [352].

Statement 85

Nach korrekter Indikation zur Antirefluxoperation soll die laparoskopische Fundoplikatio der offenen Variante vorgezogen werden. Die Ergebnisse der randomisierten Studien zeigen für die laparoskopische Nissen-Fundoplicatio und für die partielle posteriore Toupet-Hemifundoplikatio einen vergleichbaren Antirefluxerfolg bis 5 Jahre.

Konsens

Kommentar

In mehreren randomisierten Studien wurden die Vorteile der laparoskopischen Fundoplikatio gegenüber der offenen Variante nachgewiesen [354] [355].

Die optimale Form der Manschette, ob Vollmanschette oder Halbmanschette ist Gegenstand kontroverser Diskussionen unter Experten und Gegenstand von insgesamt 13 randomisierten kontrollierten Studien, zahlreichen großen Fallkontrollstudien aus erfahrenen Zentren und mehrere Metaanalysen der letzten Jahre mit insgesamt kontroversen Aussagen [342] [346] [356] [357] [358] [359] [360] [361] [362] [363] [364] [365] [366] [367] [368] [369] [370] [371] [372] [373] [374] [375] [376] [377] [378] [379] [380].

In Zentren mit begrenzter Erfahrung mit der Nissenvariante soll die nebenwirkungsärmere posteriore Teilmanschette nach Toupet vorgezogen werden, da die Nissen-Manschette mehr Nebenwirkungen hat und die Reoperationsrate größer sein kann [356] [357] [358] [359] [360] [361] [362] [363] [364] [365] [366] [367] [368] [369] [370] [374] [375]. In erfahrenen Zentren mit der Nissen-Vollmanschette sollte diese Version aufgrund der guten Langzeiteffektivität vorgezogen werden [342] [346] [371] [372] [373] [376] [377] [378] [379] [380].

Die Mobilisierung des Ösophagus und die Rekonstruktion der Anatomie durch Verbringen des distalen Ösophagus in das Abdomen sollten bei jeder Antirefluxoperation durchgeführt werden [381].

Eine adäquate Hiatuseinengung sollte bei jeder Antirefluxoperation mit Hiatushernie durchgeführt werden [382] [383] [384] [385]. Die Hiatoplastik kann sowohl anterior als auch posterior vorgenommen werden [386]. Die gegenwärtige Datenlage bez. der Mesh-Verstärkung des Hiatus muss noch kontrovers angesehen werden und erlaubt keine klare Empfehlung. Einerseits sind Vorteile der Netzverstärkung bez. der Hiatushernienrezidivrate nachgewiesen worden, andererseits ist das Risiko für eine schwere Komplikation mit nachfolgendem Zwang zur Resektion nicht vernachlässigbar [387] [388] [389] [390] [391] [392].

Statement 86

Bei Patienten mit großen und/oder paraösophagealen Hernien mit einer Refluxanamese sollte eine Fundoplicatio mit der Hiatushernienoperation kombiniert werden.

Konsens

Kommentar

Der Begriff paraösophageale Hernie wird in der Literatur sehr häufig für eine Sammlung von verschiedenen Entitäten verwendet wie große gemischte Hernie, Thoraxmagen, echte paraoesophageale Hernie und Upside-down-Magen. Der Unterschied zwischen einerseits echter paraösophagealer Hernie und Upside-down-Magen und andererseits großer gemischter Hernie oder Thoraxmagen ist die anatomische Schwachstelle an der phrenicoösophagealen Membran im Hiatus. Bei einer großen gemischten Hernie (oder Thoraxmagen) entwickelt sich primär eine zirkuläre Schwäche der Membran, sodass der Ösophagus und die Kardia schrittweise nach kranial in das Mediastinum dislozieren und ein „Short Esophagus“ (abdominaler Ösophagus kann nicht spannungsfrei in den Bauchraum mobilisiert werden) entstehen kann. Bei einer echten paraösophagealen Hernie oder dem Upside-down-Magen entwickelt sich lokal in der Zirkumferenz der phrenicoösophagealen Membran eine Schwachstelle, sodass die Hernierung des Magens nur lokal begrenzt stattfindet und die Kardia auf dem Hiatusniveau verbleibt. Das erklärt das Umdrehen (Upside-down) des Magens durch die primär nicht zirkumferenzielle Lücke. Da in beiden Fällen die Kardia und die Hiatusregion vollständig präpariert werden muss, um die anatomische Rekonstruktion zu ermöglichen, ist die Wahrscheinlichkeit eines nachfolgenden pathologischen Refluxes hoch und es sollte eine Antirefluxmaßnahme erwogen werden [381] [393] [394] [395] [396].

Bei Vorliegen eines „Short Esophagus“ sollte eine ausreichende Ösophagusverlängerung (Kollis-Plastik) bei der laparoskopischen Fundoplikatio vorgenommen werden, da sie zum Therapieerfolg und zur Reduzierung der Rezidivrate nach Operationen großer Hernien beiträgt [397] [398].


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2.3.3 Rezidive

Statement 87

Eine Qualitätssicherung der Ergebnisse der Antirefluxoperationen sollte angestrebt werden.

Mehrheitliche Zustimmung

Kommentar

Grundsätzlich kann man von Versagen sprechen, wenn die alten Symptome des Refluxes in gleichem Ausmaß persistieren oder wiederkehren und neue Symptome wie z. B. Dysphagie, Erbrechen und Schmerzen auftreten. Die Erfassung der Lebensqualität (allgemein und/oder spezifisch) vor und nach der Operation ist ein wichtiges Kriterium für die Dokumentation der Ergebnisqualität und das Versagen der Therapie [342] [346] [353].

Der Patient soll darüber aufgeklärt werden, dass bei der laparoskopischen Fundoplikatio die Morbidität in erfahrenen Zentren unter 10 %, die Komplikationsrate unter 5 % und die Letalität unter 0,2 % liegt.

Statement 88

Reine Refluxrezidive ohne weitere komplizierende Faktoren sollten zunächst wieder mit PPI behandelt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Reine Refluxrezidive sollten mit PPI behandelt werden. Es ist wichtig, allen ungewöhnlichen anderen Symptomen außer Sodbrennen und Säureregurgitation durch detaillierte Diagnostik und Befragung nachzugehen, um die genaue Ursache möglichst zu bestimmen und den Mechanismus der Probleme zu erfassen [342] [346] [353] [373].

Statement 89

Bei Dysphagie und Schmerzen, die die Lebensqualität und die Nahrungsaufnahme deutlich einschränken oder eine akute Symptomatik, die an eine Einklemmung denken lassen, sollte eine rasche klärende Diagnostik und darauf folgende Entscheidung zum Revisionseingriff erfolgen. Revisionseingriffe sollten in einem erfahrenen Zentrum erfolgen.

Konsens

Kommentar

Dysphagie und Schmerzen, manchmal sogar mit massiven Einschränkungen der Lebensqualität und Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme bedürfen der raschen Abklärung und ggf. der frühzeitigen Revisionsoperation in einem erfahrenen Zentrum [399] [400] [401] [402] [403] [404] [405] [406]. Laparoskopische und offene Revisionseingriffe nach Fundoplikatio sind machbar und sicher, haben aber eine längere Operationszeit, eine höhere Komplikationsrate und verursachen mehr Kosten [399] [400] [401] [402] [403] [404] [405] [406]. Da die Wahrscheinlichkeit eines komplexen, risikoreichen Eingriffs bis hin zu Majorresektionen des Ösophagus oder des Magens mit der Anzahl der Reeingriffe steigt, erscheint es sinnvoll, auch den ersten Revisionseingriff in einem erfahrenen Zentrum durchführen zu lassen.


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2.4 Etablierte extraösophageale Manifestationen (EÖM) der GERD

2.4.1 Definition

Eine einheitliche Definition der extraösophagealen Refluxkrankheit (synonym: „EÖM“, „atypische GERD“, „laryngopharyngealer Reflux“, „stiller Reflux“) existiert nicht. Ursache hierfür ist insbesondere das fehlende Verständnis der Pathophysiologie der auftetenden Symptome. Die am häufigsten diskutierten Theorien umfassen drei verschiedene Erklärungsansätze. Der Terminus EÖM legt nahe, dass Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt, den oberen Ösophagussphinkter passiert und in den Oropharynx gelangt. Hierdurch oder durch zusätzliche Mikroaspirationen werden dann Symptome im Bereich des Mundrachenraums, respektive der oberen und unteren Atemwege ausgelöst [407]. Ein weiterer pathophysiologischer Erklärungsansatz für die Entstehung von EÖM-Symptomen ist die durch einen fortwährenden Entzündungsreiz von Mageninhalt auf die Schleimhaut des distalen Ösophagus bedingte Aktivierung von Afferenzen des Nervus vagus im distalen Ösophagus, die zu einer Bronchokonstriktion oder zur Aktivierung des Hustenreflexes führt [408]. Zudem wird diskutiert, dass EÖM-Symptome durch Säureproduktion im Larynxepithel, also durch ortsständig vorhandene Protonenpumpen, ausgelöst werden können [409] [410]. Asthma bronchiale, chronischer Husten, Laryngitis und dentale Erosionen sind Erkrankungen, die als EÖM der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) auftreten können. Obwohl es sich um häufige Erkrankungen handelt, scheint nur ein kleiner Anteil der Patienten die Symptome auf dem Boden einer GERD zu entwickeln, insbesondere wenn keine parallel bestehenden typischen Refluxsymptome vorhanden sind [411]. Die Kausalität für ein refluxbedingtes Asthma wurde durch eine multizentrische Therapiestudie mit hochdosierten PPI bei Erwachsenen zwar angezweifelt [412], jedoch reicht die Datenlage nicht aus, um den Einfluss von GERD auf das Asthma bronchiale als EÖM auszuschließen.

In der Literatur findet sich zunehmend Evidenz dafür, dass die EÖM einen wesentlichen Faktor in dem Pathomechanismus der idiopathischen Lungenfibrose und diffusen Lungenparenchymerkrankungen im Rahmen von Kollagenosen spielt. Auch zeigte sich ein entsprechender Therapieeffekt durch PPI auf den Krankheitsverlauf [413] [414] [415].

Statement 90

Mögliche extraösophageale Manifestationen einer GERD sind chronischer Husten, Asthma, Laryngitis und dentale Erosionen.

Starker Konsens

Kommentar

Chronischer Husten, Asthma, Laryngitis und dentale Erosionen sind etablierte extraösophageale Manifestationen der gastroösophagealen Refluxkrankheit [411] [416]. Die Erkrankungen kommen zwar sehr häufig vor, jedoch scheint nur ein kleiner Anteil der betroffenen Patienten tatsächlich an einer GERD erkrankt zu sein. Erschwert wird die Beurteilung der Symptomursache dadurch, dass viele Patienten kaum typische Refluxsymptome aufweisen. Mehrheitlich scheinen die Symptome der meisten EÖM-Patienten multifaktoriell bedingt zu sein [417].


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2.4.2 Diagnostik bei Verdacht auf eine EÖM

Ein etablierter Diagnostikalgorithmus zur Abklärung einer EÖM der GERD existiert nicht. Aufgrund der vielfältig interpretierbaren oropharyngealen bzw. laryngealen Symptome der o. g. etablierten Manifestationsformen der EÖM ist deshalb eine isolierte, also eine auf ein spezialisiertes Fachgebiet begrenzte Betrachtung, häufig nicht ausreichend. Eine interdisziplinäre Betreuung dieser Patienten ist sinnvoll.

Statement 91

Bei Verdacht auf eine extraösophageale Manifestation ohne typische Refluxsymptome und ohne gesicherte GERD kann nach Ausschluss anderer Ursachen eine GERD-Diagnostik erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die Diagnostik sollte nach klinischer Wertigkeit der Symptome individuell auf den Patienten und die verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten bezogen werden. Die zur Verfügung stehenden diagnostischen Möglichkeiten umfassen insbesonde die Endoskopie des oberen Gastrointestinaltrakts, die funktionsdiagnostische Prüfung mittels Ösophagusmanometrie, pH-Metrie in Kombination mit der Impedanzmessung, zudem die Laryngoskopie, radiologische, phoniatrische und pulmonologische Funktionsprüfungen, sowie in Einzelfällen bildgebende Verfahren wie Sonografie, CT oder MRT. Weiterhin ist die probatorische Protonenpumpeninhibitorentherapie (8 Wochen doppelte Standarddosis) von diagnostischer Bedeutung, da im Fall eines Therapieansprechens die Diagnose einer EÖM wahrscheinlich ist. Die derzeit valideste Technik zum Nachweis eines pathologischen Refluxes als mögliche Ursache einer EÖM ist die Kombination aus pH-Metrie (Platzierung der Antimonsonde 5 cm oberhalb des gastroösophagealen Übergangs) und Impedanzmessung [418] [419] [420].


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2.4.3 Therapie bei verdächtigter EÖM einer GERD

Die Therapie der gesicherten EÖM der GERD beschränkt sich ebenso wie die Therapie der typischen GERD auf zwei Hauptansätze. Die medikamentöse Therapie mit einem PPI und die chirurgische Therapie mittels laparoskopischer Fundoplicatio.

Statement 92

Bei Verdacht auf eine extraösophageale Manifestation mit typischen Refluxsymptomen oder einer bereits gesicherten GERD sollte eine empirische PPI-Therapie erfolgen.

Konsens

Kommentar

Die Evidenz aus Therapiestudien ist widersprüchlich, es gibt für die verschiedenen extraösophagealen Manifestationen sowohl (meist nur schwach) positive [421] [422] als auch negative Studien [423] [424] [425]. Die widersprüchlichen Resultate können durch mehrere Faktoren erklärt werden. Die zur Verfügung stehenden Therapieansätze berücksichtigen nur unzureichend die potenzielle Multikausalität der EÖM. Die probatorische PPI-Therapie (wie oben erwähnt) sollte aufgrund der guten Verträglichkeit primär angewendet werden. Aufgrund des schlechteren Therapieansprechens bei Symptomen der EÖM im Vergleich zu typischen GERD-Symptomen ist ein objektivierter Nachweis der Refluxkrankheit vor Beginn der medikamentösen Therapie prinzipiell wünschenswert. Auch die chirurgische Therapie hat das Potenzial in sehr selektionierten Fällen – insbesondere nach objektiviertem, symptomassoziierten Nachweis eines pathologischen Refluxes, sowie dem Ausschluss von Motilitätsstörungen – sowohl dem sauren, dem nicht sauren, als auch dem Volumenreflux – entgegenzuwirken und EÖM-Symptome zu lindern [426] [427]. Für eine generelle Empfehlung reichen die Daten derzeit aber nicht aus.


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2.5 Barrett-Ösophagus

2.5.1 Endoskopische und histologische Diagnosesicherung

Statement 93

Die Diagnose Barrett-Ösophagus wird bei endoskopisch-makroskopischem Verdacht histologisch durch Nachweis von spezialisiertem intestinalen metaplastischen Zylinderepithel gestellt.

Starker Konsens

Kommentar

Das spezialisierte intestinale metaplastische Zylinderepithel ist durch Becherzellen gekennzeichnet („intestinale Metaplasie“). Diese fehlen in einem Zylinderepithel vom Korpus- oder Fundustyp, das ebenfalls in einem mit Zylinderepithel ausgekleideten Ösophagus vorkommen kann. In wieweit die Diagnose eines Barrett-Ösophagus den Nachweis von metaplastischem Zylinderepithel mit Becherzellen im Sinne einer intestinalen Metaplasie erforderlich macht oder auch ein Zylinderepithel ohne Becherzellen ausreicht, ist seit einigen Jahren in Diskussion.

In retrospektiven Studien aus England ergab sich ein gleiches Karzinomrisiko für einen mit Zylinderepithel ausgekleideten distalen Ösophagus mit und ohne Becherzellen [428] [429]. Dies hat dazu geführt, dass die British Society of Gastroenterology bereits im Jahr 2005 auch metaplastisches Zylinderepithel ohne Becherzellen als Barrett-Ösophagus bezeichnet [430].

Allerdings fehlen prospektive randomisierte Studien, sodass der Nutzen einer regelmäßigen Überwachung von Patienten mit Zylinderepithel ohne Becherzellen nicht sicher belegt ist. Wesentliche Daten, die eine regelmäßige Überwachung ausschließlich von Patienten mit histologisch nachgewiesener intestinaler Metaplasie unterstützen, hat eine Metaanalyse aus dem Jahr 2008 zur Karzinominzidenz im Barrett-Ösophagus beigetragen [431]. In dieser Publikation ergab sich bei einer alleinigen Betrachtung der Patienten mit intestinaler Metaplasie eine Karzinominzidenz von 4,7/1000 Personenjahre. Nach wie vor muss der Nachweis einer intestinalen Metaplasie als Standard für die Diagnose Barrett-Ösophagus angesehen werden, solange das Karzinomrisiko für Patienten mit einem Zylinderepithel ohne Becherzellen nicht sicher belegt ist.

Statement 94

Bei Nachweis von gastralem Epithel (nach Montreal-Klassifikation auch als Barrett mit Zusatz GM) sollte innerhalb eines Jahres eine Kontroll-ÖGD erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die Wahrscheinlichkeit, eine intestinale Metaplasie in einem mit Zylinderepithel ausgekleideten Ösophagus nachweisen zu können, hängt von der Länge des endoskopisch verdächtigen Segmentes sowie von der Anzahl der gewonnenen Biopsien ab [429]. Wenn klinisch-endoskopisch bei einem Patienten der Verdacht auf einen Barrett-Öspophagus besteht, eine intestinale Metaplasie aber histologisch nicht nachweisbar ist, kann eine Kontrollbiopsie den Becherzellnachweis erbringen und einen evtl. Sampling error der ersten Biopsie ausgleichen. Darüber hinaus können Karzinome prinzipiell auch in umgebender Zylinderepithelmetaplasie vom Kardia- bzw. Fundustyp entstehen, wie an einer Untersuchung von kleineren Tumoren in Mukosektomiepräparaten gezeigt wurde [432].

Statement 95

Die endoskopische Beschreibung soll nach der Prag-Klassifikation erfolgen, die die zirkuläre Ausdehnung der Zylindermetaplasie nach proximal in den Ösophagus (C) und die maximale Ausdehnung der Zylinderepithelmetaplasie (M) umfasst.

Starker Konsens

Kommentar

Der Nachweis einer spezialisierten Zylinderepithelmetaplasie im distalen Ösophagus ist für den Patienten mit einem erhöhten Karzinomrisiko verbunden. Bisher wurde bei einer willkürlich gewählten Länge von 3 cm ein Short- (< 3 cm) von einem Long- (≥ 3 cm) Barrett-Ösophagus unterschieden. Die Angabe der Ausdehnung des intestinalen metaplastischen Zylinderepithels ist von Bedeutung, da Studien gezeigt haben, dass Patienten mit Long-Barrett-Ösophagus ein höheres Karzinomrisiko haben, als solche mit Short-Barrett-Ösophagus [433] [434] [435]. Die neuere Prag-Klassifikation beinhaltet sowohl die Angabe der zirkumferenziellen (C) als auch der maximalen Ausdehnung (M) der Zylinderepithelmetaplasie [436]. Da bei einer Ausdehnung von mindestens 1 cm eine ausgezeichnete Interobserverübereinstimmung besteht, soll in Zukunft diese Klassifikation verwendet werden.

Statement 96

Die Bestimmung des gastroösophagealen Übergangs soll endoskopisch erfolgen und entspricht dem proximalen Ende der Magenfalten ohne Luftinsufflation und ohne Peristaltik.

Starker Konsens

Kommentar

Analog der Leitlinie von 2005 erfolgt die Bestimmung des gastroösophagealen Übergangs endoskopisch. Aufgrund von fehlenden alternativen Landmarken bestimmen die proximalen Magenfalten den gastroösophagealen Übergang. Schwierigkeiten ergeben sich bei starker Peristaltik, schlecht sedierten Patienten oder bei großen axialen Hiatushernien [437].

Statement 97

Eine Empfehlung zur Prävention der Entwicklung von Neoplasien im Barrett-Ösophagus kann nach heutigem Kenntnisstand nicht abgegeben werden.

Starker Konsens

Kommentar

Anhand der verfügbaren Literatur ist eine generelle Empfehlung zum Einsatz von Protonenpumpeninhibitoren und NSAID für die Prävention von Neoplasien bei Patienten mit Barrett-Ösophagus derzeit nicht möglich.

Verschiedene Ex-vivo- und In-vitro-Studien konnten zeigen, dass Magensäure DNA-Schäden verursacht und proliferative sowie antiapoptotische Effekte haben kann und somit wurde indirekt auf einen karzinompräventiven Effekt einer säuresuppressiven Therapie geschlossen [438] [439]. Darüber hinaus ermittelten Beobachtungsstudien und auch eine multizentrische Kohortenstudie einen umgekehrten Zusammenhang zwischen einer PPI-Therapie und der Entstehung von Dysplasien bzw. intraepithelialen Neoplasien [440] [441].

Es bleibt festzuhalten, dass die in-vitro-Daten durchaus widersprüchlich sind [442] und auch in-vivo-Daten am Rattenmodel vermuten lassen, dass eine Säuresuppression bei Vorliegen eines duodenalen Refluxes sowohl inflammatorische Veränderungen als auch molekulare Proliferationsmarker steigert [443]. PPI führten lediglich zur Reduktion akuter entzündlicher Veränderungen, während chronische-entzündliche Veränderungen persistierten.

Letztlich ist entscheidend, dass kontrollierte, randomisierte klinische Langzeitstudien fehlen. Die Ergebnisse einer multizentrischen, kontrollierten, randomisierten Langzeitstudie zum chemopräventiven Effekt von Esomeprazol mit und ohne Aspirin bei Patienten mit Barrett-Ösophagus, werden seit 2011 erwartet [444].

Zahlreiche Beobachtungsstudien zeigten bisher auch für ASS und NSAID einen positiven chemopräventiven Effekt hinsichtlich der Entstehung eines ösophagealen Adenokarzinoms [445] [446] [447]. Bei nicht unerheblichem gastrointestinalen und kardiovaskulären Nebenwirkungsprofil von NSAID, wie z. B. Blutungen und Herzinsuffizienz [448] sowie bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der optimalen Dosierung und Dauer der Behandlung kann insbesondere aufgrund des Fehlens von placebokontrollierten, randomisierten Studien das Nutzen-Risiko-Verhältnis derzeit nicht abgeschätzt werden.

Statement 98

Als Standard für die endoskopische Diagnostik bei Patienten mit Barrett-Ösophagus soll die hochauflösende Videoendoskopie gelten.

Starker Konsens

Kommentar

Die hochauflösende Videoendoskopie muss zwischenzeitlich als Standard in der gastrointestinalen Endoskopie erachtet werden. Dies gilt v. a. für die Detektion der Barrett-Neoplasie, da gerade hier diskrete Veränderungen verlässlich erkannt werden sollen und das weitere Prozedere doch erheblich vom Nachweis oder Ausschluss einer Neoplasie abhängt. Neoplasiesuspekte Areale sind gekennzeichnet durch leicht polypoide Erhabenheiten mit Unterbrechung der villösen Struktur, diskreten Einkerbungen, Ulzerationen aber auch Rötungen mit auffälligem Gefäßmuster. Nach diesen Veränderungen sollte gezielt gesucht werden. Auch lassen retrospektive Daten [449] vermuten, dass Neoplasien v. a. im rechten oberen Quadranten zu finden sind.

Glasfaserendoskope sind obsolet zur Diagnostik. Daten zur Videoendoskopie mittels HDTV stehen aktuell noch aus, eine allgemeine Empfehlung diesbezüglich kann daher nicht getroffen werden. Grundsätzlich kann jedoch auch bei unzulänglicher Evidenz gefolgert werden, dass ein besseres Bild wohl auch zu einer besseren Detektion führt. Unabhängig hiervon soll jedoch auch zur besseren Inspektion auf die Notwendigkeit von ruhigen Untersuchungsverhältnisse (adäquate Sedierung bei würgenden Patienten) sowie auf die sorgfältige Entfernung von Schaum, Speichel- oder Nahrungsresten hingewiesen werden.

Statement 99

Bei endoskopischen Verdacht oder bereits gesichtertem Barrett-Ösophagus soll eine gezielte Biopsie aller suspekten Areale und anschließenden 4-Quadranten-Biopsie alle 1 – 2 cm erfolgen. Suspekte Areale sollen getrennt asserviert und histopathologisch untersucht werden. Ansonsten bedarf es nicht einer getrennten Asservierung der Biopsien.

Starker Konsens

Kommentar

Trotz aller verfügbaren modernen bildgebenden Verfahren erscheint die 4-Quadranten-Biopsie nach sorgfältiger endoskopischer Evaluation immer noch notwendig. Endoskopisch suspekte Areale sollten zunächst biopsiert werden und auch getrennt asserviert werden. Dies erscheint sinnvoll, um vor etwaiger Mukosektomie eine bessere Lokalisation des neoplastischen Areals zu ermöglichen. Zur Bestimmung der Lage sollte die Höhe ab Zahnreihe und die Lage entsprechend eines Ziffernblatts (z. B. 34 cm 2.00 Uhr) angegeben werden.

Die getrennte Asservierung einzelner 4-Quadranten-Biopsien erscheint nicht notwendig, da hier zum einen die Lokalisation sehr schwer reproduzierbar ist und zum anderen bei endoskopisch nicht sichtbarer Neoplasie auch die Ablation des gesamten Barrettsegments erfolgen sollte (s. endoskopische Therapie) [450] [451] [452].

Statement 100

Die Chromoendoskopie (Indigocarmin, Essigsäure) sowie die computergestütze Chromoendoskopie (NBI, FICE und I-scan) können zusätzlich im Rahmen einer Überwachungsendoskopie angewandt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die Chromoendoskopie nach Applikation von Methylenblau [453] oder Kristallviolett [454] ist inzwischen aufgrund potenziell toxischer und mutagener Nebenwirkungen nicht mehr gebräuchlich. Benutzt werden kann die lokale Applikation von Essigsäure 1,5 % [455] oder Indigokarmin [456]. Hierunter färbt sich die Mukosa zwar nicht an, es tritt jedoch eine Kontrastverstärkung auf, um die für Barrett typische Gyrierung der Mukosa oder Irregularitäten bei Neoplasien besser darzustellen. Zu diesen Verfahren muss jedoch erwähnt werden, dass die Treffsicherheit mit diesen Verfahren mit der Expertise des jeweiligen Untersuchers zusammenhängt, und weiterhin die bisher publizierten Studien zum Teil auch widersprüchliche Ergebnisse liefern. Zudem muss beachtet werden, dass die Aussagekräftigkeit der Chromoendoskopie bei Patienten mit kurzem Barrettsegmenten und entzündlichen Veränderungen limitiert ist [457] [458].

Als Alternative zur Chromoendoskopie gibt es optische Verfahren beruhend auf einer Veränderung des Lichtspektrums, um somit mehr oder weniger eine digitale Chromoendoskopie auf „Knopfdruck“ zu ermöglichen (NBI, FICE, I-scan). Diese Methoden ermöglichen ebenfalls eine Kontrastverstärkung und insbesondere eine bessere Darstellung vaskulärer Strukturen. Die bisher noch eher spärlich verfügbaren Daten berichten über eine einfachere Detektion von Zylinderepithel und möglicherweise auch von neoplastischen Arealen im Barrettsegment [459] [460]. Größere Serien fehlen jedoch hier. Auch sind die Ergebnisse z. T. widersprüchlich [461]; eine eindeutige Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden.

Andererseits besteht kein Grund diese Verfahren – soweit verfügbar – zusätzlich zur Weisslichtvideoendoskopie nicht einzusetzen, da in jedem Fall ein zusätzlicher Informationsgewinn durch das jeweilige optische Verfahren besteht und das Standardverfahren dadurch nicht ersetzt wird.


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2.5.2 Therapie und Verlaufskontrolle

Statement 101

Eine endoskopische Therapie/Ablation von nicht neoplastischer Barrettschleimhaut soll nicht erfolgen.

Konsens

Kommentar

Das Risiko der Progression eines nicht neoplastischen Barrett-Ösophagus hin zur hochgradigen intraepithelialen Neopalsie oder Adenokarzinom ist äußerst niedrig und wird in neueren Studien mit 0,12 bis 0,33 % pro Jahr angegeben [462] [463]. Diesem niedrigen Risiko steht das Komplikationsrisiko einer ablativen Therapie entgegen. Selbst im Rahmen einer Therapie mittels Radiofrequenzablation, die Methode mit der niedrigsten Komplikationsrate, kommt es in 6,5 – 9 % zu relevanten Komplikationen wie Stenosen [464] [465]. Zudem wäre die Voraussetzung für eine Ablationstherapie von nicht neoplastischer Barrettschleimhaut eine sehr hohe Rate kompletter Ablationen in Verbindung mit einem äußerst niedrigen Rezidivrisiko. Gerade neuere Daten zur Radiofrequenzablation legen nahe, dass der Langzeiterfolg der Radiofrequenzablation unbefriedigend ist, sodass eine komplette Ablation in der Mehrheit der Fälle nicht gewährleistet werden kann.

Ein weiteres wichtiges Argument gegen eine prophylaktische Ablation nicht neoplastischer Barrettschleimhaut sind die hohen Kosten und trotz Therapie die Notwendigkeit einer lebenslangen Überwachung. Langzeitdaten, welche die Ablation unterstützen würden, liegen nicht vor.

Statement 102

Bei Nachweis entzündlicher Veränderungen sollte vor Biopsieentnahme eine vierwöchige PPI-Therapie mit anschließender 4-QPE erfolgen.

Mehrheitliche Zustimmung

Kommentar

Wie bereits erwähnt (siehe endoskopische Diagnostik), sind Neoplasien im Barrett-Ösophagus häufig durch diskrete Rötungen, Ulzerationen, Einkerbungen oder leicht polypoide Erhabenheiten gekennzeichnet. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass entzündliche Veränderungen ein ähnliches Muster aufweisen können. Es besteht daher das Risiko von falsch positiven Befunden. Zudem kann nicht nur die endoskopische, sondern auch die histologische Diagnostik durch das gleichzeitige Vorhandensein einer Entzündung falsch ausfallen. Obgleich hierfür keine Evidenz existiert, mag es daher als sinnvoll erachtet werden, vor Durchführung einer Screening- oder Überwachungsendoskopie eine mindestens vierwöchige säuresuppressive Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren durchzuführen, um die Heilung akut entzündlicher Veränderungen zu bewirken, „echte“ Neoplasien zu demaskieren und somit die endoskopisch-bioptische Treffsicherheit zu erhöhen.

Statement 103

Bei Nachweis einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie (LGIN) im Barrett-Ösophagus, die durch einen Referenzpathologen[4] zu bestätigen ist, und Vorliegen sichtbarer Veränderungen soll die endoskopische Resektion erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die gesicherte niedriggradige intraepitheliale Neoplasie ist eine relevante Erkrankung mit hoher Progressionsrate. Die Diagnose einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie (LGIN) muss immer durch einen erfahrenen Referenzpathologen überprüft werden, da es sich in den meisten Fällen um eine Fehldiagnose handelt [466] [467] [468] [469]. Eine kürzlich publizierte Studie der Amsterdamer Arbeitsgruppe konnte eindrucksvoll zeigen, dass bei einer Kohorte von 147 Patienten mit der Diagnose niedriggradige intraepitheliale Neoplasie, die von Nicht-Expertenpathologen gestellt wurde, die Diagnose nur bei 22 Patienten (15 %) bestätigt werden konnte [468]. In der Mehrzahl der Fälle handelte es sich um die Fehlinterpretation entzündlicher und regeneratorischer Veränderungen. Interessanterweise kam es nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 51,1 Monaten bei 42 % der Patienten mit echter niedriggradiger intraepithelialer Neoplasie zur Progression. Im Vergleich lag die Rate der Progression in der Gruppe der Patienten ohne LGIN bei 2,2 %. Somit liegt die jährliche Inzidenz der HGIN und des Adenokarzinoms in der Gruppe der LGIN bei 13,4 % und in der Gruppe der nicht bestätigten LGIN bei 0,49 %. Diese Zahlen verdeutlichen die Relevanz der Diagnose LGIN. Da es sich bei einer LGIN in Verbindung mit einer sichtbaren Läsion schon bereits um eine HGIN oder ein Adenokarzinom handeln kann, welches bioptisch nicht erfasst wurde, soll immer eine endoskopische Resektion mit diagnostischer und therapeutischer Intention erfolgen. Eine Kontrollendoskopie im empfohlenen Intervall von 6 Monaten würde in diesem Fall eine Therapie unnötig verzögern, sodass es zu einer Progression hin zu einer nicht mehr endoskopisch kurativ angehbaren Läsion kommen kann.

Statement 104

Bei Nachweis einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie im Barrett-Ösophagus, die durch einen Referenzpathologen bestätigt wird, ohne makroskopisch sichtbare Veränderungen in der Barrettschleimhaut sollen Verlaufskontrollen nach 6 Monaten und dann jährlich erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Wie bereits beschrieben handelt es sich bei der LGIN um eine Diagnose mit hoher Progressionsrate [459] [463] [470]. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass eine sorgfältige Kontrollendoskopie nach 6 Monaten mit Biopsie aller sichtbaren Läsionen und anschließender 4-Quadranten-Biopsie alle 1 – 2 cm erfolgt. Sollte erneut eine LGIN diagnostiziert werden, muss erneut eine Kontrollendoskopie nach 6 Monaten erfolgen. Alternativ kann analog zur LGIN mit sichtbaren Veränderungen eine Ablation der Barrettschleimhaut mit LGIN erfolgen, wenn keine sichtbare Läsion vorliegt.

Statement 105

Eine Radiofrequenzablation des gesamten Barrettsegments zur Verhinderung einer Progression der endoskopisch nicht sichtbaren niedriggradigen EIN kann erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die Radiofrequenzablation (RFA) von Barrettepithel mit LGIN ist sicher und effektiv. In einer prospektiv-randomisierten scheinkontrollierten Studie von Shaheen et al. konnten mittels RFA 95 % der LGIN eliminiert werden [471]. Interessanterweise kam es auch in der Scheintherapiegruppe zu einer Elimination in 26 %. Eine Progression zur HGIN wurde in der RFA-Gruppe in 5 % beobachtet. In der Kontrollgruppe lag diese bei 14 %. Schwere Komplikationen traten in 3,6 % und Stenosen in 6 % in der Therapiegruppe auf.

Eine prospektiv-randomisierte Studie konnte nun die Frage beantworten, ob eine RFA bei Vorliegen von LGIN die Progression zur HGIN oder zum Adenokarzinom verhindern kann. In der sog. SURF-Studie wurden 136 Patienten mit LGIN 1:1 in den RFA- bzw. Beobachtungsarm randomisiert [472]. Eine komplette Remission der LGIN konnte in 98 % der Patienten im Therapiearm erreicht werden. Bei 37 % der Patienten in der Beobachtungsgruppe konnte im Verlauf keine LGIN mehr gefunden werden. Bezüglich der Progression zeigte sich bereits nach einem medianen Nachbeobachtungszeitraum von 21 Monaten ein hochsignifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen: In der Therapiegruppe kam es bei 1,5 % der Patienten zu einer Progression und in der Beobachtungsgruppe bei 25 %. Dieser Unterschied legt nahe, dass die RFA eine gute Alternative zur Verlaufskontrolle nach 6 Monaten zu sein scheint. Allerdings können anhand der Studie keine Aussagen zum Langzeitverlauf getroffen werden.

Statement 106

Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms im Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische Resektion erfolgen, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt.

Starker Konsens

Kommentar

Das Vorliegen einer HGIN oder eines mukosalen Adenokarzinoms im Barrett-Ösophagus ist eine klare Indikation zur Therapie. Die Therapie der Wahl stellt die endoskopische Resektion (ER) dar [473] [474]. In zahlreichen Kohortenstudien konnte gezeigt werden, dass es sich bei der ER um eine effektive und sichere Therapie handelt, die bei niedrigerer Komplikationsrate eine ähnliche Kurationsrate wie die Ösophagusresektion aufweist [475] [476] [477] [478] [479] [480] [481] [482]. Mit der ER kann sowohl eine komplette Entfernung der neoplastischen Läsion als auch ein exaktes histologisches Staging erreicht werden. Der Pathologe kann durch sorgfältige Aufarbeitung des Resektats eine genaue Aussage über die Tiefeninfiltration, den Differenzierungsgrad und das mögliche Vorliegen einer Lymph- und Blutgefäßinfiltration treffen. Somit kann eine Risikostratifizierung erfolgen, sodass nach Durchführung der ER die Weichen entweder hin zu einer chirurgischen Therapie oder zu einer Fortsetzung der endoskopischen Therapie gestellt werden kann. Indikationen für eine Ösophagusresektion sind:

  1. Lymphgefäßinvasion (L1) oder Veneninvasion (V1)

  2. Infiltration des oberen Drittels der Submukosa (T1sm1) und Vorliegen eines der folgenden Risikofaktoren: Größe > 20 mm, schlechter Differenzierungsgrad (G3)

  3. tiefe Infiltration in die Submukosa (≥ 500 μm)

  4. Tumorrest am basalen Resektionsrand (R1 basal) [483] [484] [485].

Sollte ein schlechter Differenzierungsgrad bei mukosalem Barrettkarzinom vorliegen, ist das Risiko eines Rezidivs erhöht, jedoch handelt es sich nach vorliegenden Daten nicht um einen Risikofaktor für Lymphknotenmetastasen. Im Falle einer nicht sicher kompletten ER oder „Piece-meal“-ER einer neoplastischen Läsion mit Nachweis von Tumor am lateralen Resektionsrand (R1 lateral) ist zunächst keine operative Therapie indiziert. Im Rahmen der nächsten Verlaufskontrolle ist eine sorgfältige Evaluation der Resektionsstelle und ggf. Nachresektion bei Vorliegen von Neoplasieresten indiziert [477].

Die ER wird meistens in Saug-und-Schneide-Technik entweder mithilfe eines Ligatursets (ER-L) oder einer Kappe (ER-C) durchgeführt. Mit diesen Techniken können neoplastische Läsionen bis zu einer Größe von 15 mm in der Regel komplett reseziert werden. Bei größeren neoplastischen Läsionen erfolgt die Resektion in „Piece-meal“-Technik. Ein Nachteil der „Piece-meal“-ER ist die höhere Rezidivrate als bei der Resektion kleinerer Läsionen en bloc [477]. Weitere Risikofaktoren für ein Rezidiv sind:

  1. multifokale Neoplasien

  2. lange Therapiedauer

  3. Long-Segment-Barrett-Ösophagus

  4. nicht durchgeführte Ablation der Rest-Barrettschleimhaut

  5. schlechter Differenzierungsgrad (G3)

Zur En-bloc-Resektion größerer Läsionen kann die endoskopische Submukosadissektion eingesetzt werden. Mit dieser Technik kann eine vom onkologischen Standpunkt her wünschenswerte R0-Resektion unabhängig von der Läsionsgröße erfolgen. Allerdings existieren für das Barrettkarzinom kaum Daten. In einer prospektiven unizentrischen Studie bei 30 Patienten mit HGIN oder fokalem Barrettkarzinom gelang eine komplette Resektion mit tumorfreien Resektionsrändern trotz ESD in nur 38,5 % der Patienten [486]. Daten aus Japan zeigen, dass durchaus auch beim Barrett-Ösophagus in 90 % der Fälle eine R0-Resektion möglich ist. Offensichtlich hängen die besseren Daten aus Japan damit zusammen, dass die Resektate größer sind und ein höherer Sicherheitsabstand zur Seite gewählt wird. Probst et al. zeigten, dass eine ESD beim Ösophaguskarzinom auch hierzulande mit einer En-bloc-Resektionsrate von 95,4 % und einer R0-Resektionsrate von 83,9 % möglich ist [487].

Statement 107

Eine Endosonografie kann vor endoskopischer Resektion zur Therapieplanung durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Der endoskopische Ultraschall (EUS) ist im Staging (sowohl T- als auch N-Kategorie) der Computertomografie überlegen [488]. Insbesondere bei Frage nach pathologisch vergrößerten Lymphknoten bleibt die EUS (7,5 MHz) die Methode der Wahl [489]. Wenn man bestimmte Ultraschallkriterien (Größe, Echomuster, Anzahl, Lage zum Tumor) für die Differenzierung maligner und benigner Lymphknoten zugrunde legt, erreicht man mit dem EUS eine Genauigkeit von 80 % [490] [491]. Kombiniert man den EUS mit der Feinnadelaspiration (FNA) erreicht man eine Genauigkeit von 92 – 98 % [492] [493] [494].

Dennoch eignet sich der EUS mit 7,5 MHz nicht, IEN von Frühkarzinomen zu unterscheiden, da eine sichere Differenzierung von hochgradigen IEN und Karzinomen nicht möglich ist [495].

Statement 108

Im Falle einer primär nicht sichtbaren HGIN sollte ein Lokalisationsversuch in einem endoskopischen Zentrum mit Erfahrung in der Diagnostik und Therapie von Frühkarzinomen des oberen GI-Traktes erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Sollte im Rahmen einer 4-Quadranten-Biopsie eines makroskopisch nicht suspekten Barrett-Ösophagus eine HGIN diagnostiziert werden, soll eine erneute sorgfältige endoskopische Untersuchung mit einem hochauflösenden Endoskop in einem Zentrum mit Erfahrung in der Diagnostik und Therapie von Frühkarzinomen des oberen Gastrointestinaltrakts erfolgen [460]. In der Regel wird in mehr als 80 % der Patienten mit nicht sichtbarer HGIN die neoplastische Läsion in einem Zentrum lokalisierbar [496] [497]. Ein erfahrenes Zentrum wird in der Regel als Klinik mit mindestens 20 endoskopisch behandelten Patienten mit Frühkarzinom des oberen GI-Traktes definiert [498]. Im Falle von makroskopisch suspekten Läsionen ist eine diagnostische ER indiziert.

Eine unkritische Ablation des Barrett-Ösophagus mittels RFA birgt die Gefahr der Untertherapie einer übersehenen und weiter fortgeschrittenen neoplastischen Läsion. Diese würde zur Verzögerung der kurativen Therapie führen und möglicherweise mit einer Verschlechterung der Langzeitprognose einhergehen.

Statement 109

Ablative Therapieverfahren (PDT, APC, RFA) sind als Primärtherapie von HGIN und mukosalen Karzinomen nicht geeignet, da keine histologische Sicherung der Diagnose erfolgt. Als Ausnahme gilt hier die endoskopisch nicht eindeutig lokalisierte, aber histologisch gesicherte HGIN. In diesen Fällen sollte nach endoskopisch-histologischer Bestätigung der Diagnose im Rahmen einer Zweituntersuchung dann primär eine Radiofrequenzablation des gesamten Barrettsegments erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Alle ablativen Therapieverfahren haben unabhängig von der Methode den Nachteil, dass es zu einer Destruktion der Neoplasie kommt und ein histologisches Staging somit nicht möglich ist. Da kein Verfahren existiert, mit dem prätherapeutisch sämtliche o. g. Risikofaktoren erfasst werden können, welche möglicherweise die Empfehlung einer Ösophagusresektion nach sich ziehen würden, sollten ablative Verfahren bei HGIN und Adenokarzinomen nicht als erstes Verfahren durchgeführt werden [498] [499]. Eine Ausnahme ist das Vorliegen einer histologisch vom Referenzpathologen bestätigten HGIN und dem wiederholt negativen Versuch der Lokalisation durch ein erfahrenes Zentrum mit hoher Expertise in der endoskopischen Diagnostik und Therapie von frühen Neoplasien im oberen GI-Trakt [471] [499]. In einem derartigen Fall ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass eine weiter fortgeschrittene Neoplasie vorliegt, sodass das Risiko der Untertherapie kaum gegeben ist. Hier ist die RFA die Therapie der Wahl [471] [500]. Alternativ kann bei zungenförmigem Barrett-Ösophagus eine komplette ER der Barrettzunge erfolgen [480] [501]. Hiermit wäre eine sowohl suffiziente Therapie als auch die histologische Korrelation mit Staging gewährleistet.

Statement 110

Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll der nicht neoplastische Barrett-Ösophagus abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu senken.

Starker Konsens

Kommentar

Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll der nicht neoplastische Barrett-Ösophagus abladiert werden.

Ein Problem der fokalen ER von neoplastischen Läsionen im Barrett-Ösophagus liegt in der hohen Rate von Rezidiven und metachronen Neoplasien. In den unterschiedlichen Studien lag die Rate bei bis zu über 30 % [502]. Ein Grund sind übersehene multifokale Läsionen in der verbliebenen Barrettschleimhaut, welche sich im Verlauf zu sichtbaren Neoplasien entwickeln. Ein weiteres Problem sind die bestehenden genetischen Alterationen in der Barrettschleimhaut, die durch eine fokale Therapie einer HGIN oder eines Adenokarzinoms nicht eliminiert werden können und im Verlauf zu metachronen Neoplasien führen. In einer retrospektiven Analyse der Wiesbadener Arbeitsgruppe an 349 Patienten konnte gezeigt werden, dass eine Ablation der restlichen nicht neoplastischen Barrettschleimhaut nach erfolgreicher Therapie der HGIN oder des mukosalen Karzinoms die Rate an metachronen Neoplasien signifikant zu senken vermag [477]. Aus diesem Grunde hat sich international ein 2-stufiges Konzept etabliert: Zunächst erfolgt die ER aller sichtbarer neoplastischer Läsionen und im Anschluss die Ablation der nicht neoplastischen Barrettschleimhaut [440] [477] [481].

Für die Ablation stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, allerdings haben sich im klinischen Alltag lediglich die Radiofrequenzablation und die Argon-Plasma-Coagulation (APC) durchgesetzt. Viele Jahre galt die Photodynamische Therapie (PDT) als gut untersuchtes Standardverfahren [503] [504] [505]. Aufgrund der Komplexität der Therapie, der hohen Komplikationsrate (Stenosen und Phototoxizität) und des inhomogenen Ablationseffektes wurde die PDT in der westlichen Welt nahezu vollständig von der RFA abgelöst [471] [500] [506]. RFA hat die Vorteile der Einfachheit der Anwendung, einer niedrigen Komplikationsrate und eines homogenen Ablationseffektes. In zahlreichen Studien konnte die Sicherheit und Effektivität der RFA belegt werden. Allerdings zeigen kürzlich publizierte Langzeitergebnisse, dass es in einer relevanten Anzahl von Patienten zu einem Rezidiv der Barrettschleimhaut und einer Neoplasie kommt [507] [508].

Ein weiteres Ablationsverfahren, das sich etabliert hat, ist die APC-Therapie. Aufgrund der Einfachheit, der hohen Verfügbarkeit und der niedrigen Kosten im Vergleich zur RFA wird die APC-Therapie vor allem zur Ablation des Short-Segment-Barrett-Ösophagus eingesetzt [509] [510] [511]. Aufgrund des punktuellen Ablationseffekts ist eine Anwendung beim Long-Segment-Barrett-Ösophagus komplexer und aufwendiger als die RFA. Allerdings existieren bis heute keine prospektiven randomisierten Studien, die beide Methoden miteinander vergleichen.

Die Kryotherapie wird in den USA als alternatives Ablationsverfahren erfolgreich eingesetzt, ist aber in Europa bislang noch nicht verfügbar und zugelassen [512] [513].

Die komplette radikale ER des gesamten Barrett-Ösophagus ist ebenfalls eine Möglichkeit der kompletten Entfernung der Neoplasie und der Barrettschleimhaut. Dieses Verfahren geht allerdings mit einer nicht zu tolerierenden hohen Stenoserate von bis zu 88 % einher [443] [481]. Eine prospektive randomisierte Studie konnte eindeutig die Überlegenheit der Kombination der ER mit der RFA im Vergleich zur radikalen ER belegen [482]. Aus diesem Grunde ist die radikale zirkumferenzielle ER der gesamten Barrettschleimhaut nur in ausgewählten Fällen einzusetzen.

Statement 111

Die endoskopische Therapie von frühen Barrett-Neoplasien sollte nur in erfahrenen Zentren mit Verfügbarkeit aller diagnostischen und therapeutischen Verfahren und Zugang zu einer erfahrenen Ösophaguschirurgie erfolgen.

Konsens

Kommentar

Mittlerweile gibt es sehr gute Daten, dass eine Ösophagusresektion nur in Zentren mit hoher Operationsfrequenz durchgeführt werden sollte. Die Ergebnisse des individuellen Chirurgen verbessern sich mit wachsender Erfahrung und die Ergebnisse für den Patienten und die Mortalitäts- und Morbiditätsrate sind in sogenannten „High-volume“-Zentren deutlich besser [514] [515] [516].

Die ER von frühen Barrett-Neoplasien hat in Expertenzentren eine sehr niedrige Rate an relevanten Komplikationen (< 3 %), allerdings ist die Komplikationsrate in der Hand unerfahrener Endoskopiker während der ersten 20 ER deutlich höher [517]. Aus diesem Grunde ist es naheliegend, dass in Analogie zu den Empfehlungen für Chirurgen auch die endoskopische Therapie nur von erfahrenen Endoskopikern in Zentren mit hoher Expertise, Verfügbarkeit aller Therapieverfahren (ER, APC, RFA), Sicherheit im Komplikationsmanagement und einer jährlichen Mindestanzahl von Patienten durchgeführt werden sollte [498]. Auch nach endoskopischer Therapie und vor allem RFA kann es zu einer Progression zu fortgeschrittenen Karzinomen kommen, sodass auch für die RFA ein hoher Grad an Expertise und Erfahrung zu fordern ist [518]. Mangels publizierter Evidenz wurde die geforderte jährliche Mindestanzahl von ER am gastroösophagelaen Übergang in den verschiedenen aktuellen Leitlinien zwischen 15 und 25 angegeben [498] [519].

Da eine seltene aber kritische Komplikation der endoskopischen Therapie die Ösophagusperforation darstellt (bis zu 5 %) ist es entscheidend, dass diese nur in Zentren mit raschem und unmittelbarem Zugang zu einer erfahrenen Ösophaguschirurgie durchgeführt wird.

Statement 112

Nach erfolgreicher endoskopischer Resektion und Rest-Barrett-Ablation sollten Kontrollendoskopien nach 3 Monaten, dann für 2 Jahre halbjährlich und danach jährlich erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Das Problem der endoskopischen Therapie von Barrett-Neoplasien ist das Auftreten von Rezidiven oder metachronen Läsionen, die bis zu 30 % betragen [475]. Da Rezidive oftmals einer erneuten endoskopischen Therapie zugänglich sind, sollten in den ersten 2 Jahren nach Therapie die Kontrollen engmaschig erfolgen. Die Evidenz für dieses Vorgehen ist gering und richtet sich im Wesentlichen nach der in Studien durchgeführten Praxis.

Statement 113

Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration und ohne Risikokriterien (pT1 und sm1; < 500 μm, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulzeration) kann die endoskopische Resektion eine Alternative zur Ösophagusresektion sein.

Starker Konsens

Kommentar

Die Infiltrationstiefe des Barrett-Karzinoms ist entscheidend für den Befall von Lymphknoten [520]. Eine Analyse von 472 Patienten zeigte, dass bei einem undifferenzierten Karzinom ein Befall von oberflächlicher Mukosa (m1) in 0,8 % ein Lymphknotenbefall vorliegt, bei einem Befall bis in die tiefe Submukosa (sm3) 41,4 % positive Lymphknoten nachzuweisen sind [521]. Buskens et al. konnten mittels EUS in 93 % das Lymphknotenstadium korrekt voraussagen. Bei m1-m3 sowie sm1 Tumoren fanden sich im EUS keine positiven Lymphknoten, während bei sm2 in 23 % und bei sm3 in 69 % positive Lymphknoten nachweisbar waren [522]. Die Daten konnten von Westerterp et al. an 120 Patienten, die operiert wurden, bestätigt werden. Von 79 Patienten mit m1-sm1 Tumoren hatte nur 1 Patient (1 %) positive Lymphknoten, während 18 von 44 Patienten (44 %) mit einem T1(sm2/3) Tumor einen metastatischen Befall der Lymphknoten [523]. Ancona et al. fanden ebenfalls keine positiven Lymphknoten im Stadium m1-sm1 [524]. Manner et al. behandelten 66 Patienten mit Low-risk-Läsionen (Infiltration sm1, L0, V0, G1/2, keine Ulzeration). Eine komplette Remission konnte bei 53 Patienten erzielt werden. Nach einem mittleren Follow-up von 47 ± 29,1 Monaten lag die geschätzte 5-Jahres-Überlebensrate bei 84 % [484]. Die Überwachungsintervalle richten sich nach dem Vorhandensein und dem Schweregrade der intraepithelialen Neoplasien.

In Abhängigkeit vom Vorhandensein von intraepithelialen Neoplasien werden folgende Überwachungsintervalle empfohlen:

  1. Keine intraepitheliale Neoplasie: Kontrolle nach 1 Jahr, bei Bestätigung kann alle 3 – 4 Jahre eine Kontroll-ÖGD erfolgen

  2. Leichtgradige intraepitheliale Neopasie: falls sichtbar endoskopische Therapie, sonst im 1. Jahr halbjährlich, dann jährlich; alternativ kann eine Ablation mit RFA erfolgen

  3. Hochgradige intraepitheliale Neoplasie: endoskopische Therapie empfohlen

Konsens

Kommentar

Die Überwachung scheint für alle Patienten sinnvoll, bei denen eine operative oder endoskopische Therapie im Falle der Entdeckung eines Tumors möglich ist.

Die Überwachungsintervalle orientieren sich ausschließlich am Vorhandensein von intraepithelialen Neoplasien. Die Länge des Barrett-Ösophagus stellt unverändert einen Risikofaktor dar. Anaparthy et al. zeigten, dass das jährliche Risiko für Patienten mit einem Barrett-Ösophagus < 3 cm ein Karzinom oder schwergradige IEN zu entwickeln bei 0,31 % liegt, bei einer Länge des Barrett-Ösophagus über 13 cm lag das Risko bei 2,41 % [435].

Bei dieser Leitlinie wird jedoch die Länge des Barrett-Ösophagus nicht mehr bei den Überwachungsintervallen berücksichtigt, da die willkürliche Einteilung in Long (> 3 cm) und Short-Segment (< 3 cm) Barrett-Ösophagus durch die Prag-Klassifikation abgelöst wurde. Für letztere gibt es aber keine Daten hinsichtlich des Risikos für eine Karzinomentwicklung.

Bislang existieren nur retrospektive Studien, die einen Vorteil der regelmäßigen endoskopischen Überwachung beim Barrett-Ösophagus belegen [525] [526] [527] [528] [529] [530], dennoch wird von zahlreichen Fachgesellschaften, so auch in der aktuellen Leitlinie der AGA eine Überwachung empfohlen [531].

Obwohl das Barrett-Adenokarzinom in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, bleibt dennoch festzustellen, dass neue Studien die Inzidenz für Barrett-Adenokarzinome deutlich geringer ansetzen als noch vor 20 Jahren. Während Hameeteman et al. [532] noch von einer Inzidenz von 1,9 % ausgingen, haben Hvid-Jensen et al. [463] die Inzidenz mit 0,12 % und Desai et al. [462] mit 0,33 bzw. 0,19 % für den Short-Segment-Barrett veranschlagt.

Dass die Überwachungsintervalle in größeren Abständen, z. B. alle 4 Jahre, ausreichend sein können, zeigt die Studie von Provenzale et al. [533]. Basierend auf einem computergestützten Modell untersuchten die Autoren die Wertigkeit unterschiedlicher endoskopischer Überwachungsstrategien für Patienten mit Barrett-Ösophagus in Abhängigkeit von der Karzinominzidenz. Für eine jährliche Karzinominzidenzrate von 0,2 % lautet nach diesen Daten die Empfehlung, keine endoskopische Überwachung durchzuführen. Bei einer Inzidenzrate von 1 bzw. 0,5 % sollte unter Berücksichtigung der Kosten-Nutzen-Analyse eine endoskopische Überwachung im Abstand von zwei bzw. vier Jahren erfolgen. Die neuen Empfehlungen von 2011 des „American College of Gastroenterology“ zur Überwachung bzw. Therapie von Patienten mit Barrett-Ösophagus werden modifiziert übernommen [531].

Bei fehlenden IEN in der Indexuntersuchung sollte eine Kontrolle innerhalb eines Jahres erfolgen, dann sind Kontrollen alle 3 – 4 Jahre ausreichend. Beim Nachweis von leichtgradigen IEN sind diese durch einen Zweitpathologen zu bestätigen; endoskopische Kontrollen werden jährlich empfohlen. Eine aktuelle randomisierte Studie zeigte, dass eine Radiofrequenzablation von leichtgradigen IEN das spätere Karzinomrisiko signifikant senken konnte [536].

Das Vorhandensein einer hochgradigen IEN ist in etwa 40 % mit dem Vorhandensein von nicht sichtbaren Karzinomen assoziiert [534]. Außerdem zeigte Weston an 15 Patienten mit unifokalen hochgradigen IEN, dass es im Verlauf von 3 Jahren in 53,3 % zu einem Progress (multifokale hochgradige IEN/Karzinom) kommt [535]. Demgegenüber steht zwar die Arbeit von Schnell et al., die zeigt, dass nach 6 Jahren nur in 15 % Karzinome auftraten und das Vorhandensein eines Karzinoms das Überleben nicht beeinflusste [443]. Zu dieser Arbeit muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass bei 738 von 1099 untersuchten Patienten (67 %) mit Barrett-Ösophagus eine geringgradige IEN diagnostiziert wurde. Dieser hohe Anteil an geringgradigen IEN in einem Kollektiv von Patienten mit Barrett-Ösophagus ist bisher einmalig in der Literatur und lässt Zweifel an der richtigen histopathologischen Diagnose aufkommen. Treten hochgradige IEN multifokal auf, so ist das Karzinomrisiko zusätzlich erhöht [536]. Ob eine sichere Differenzierung von hochgradigen IEN und Karzinom mittels Biopsietechnik („Seattle-Biopsy-Protocol“) möglich ist, wird kontrovers diskutiert [537]. Aufgrund dieser Unsicherheit und des erhöhten Karzinomrisikos wird die Therapie der hochgradigen IEN in Analogie zum Frühkarzinom empfohlen.


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2.6. Reflux bei Kindern

Bei der Diagnostik und Therapie des gastroösophagealen Refluxes (GÖR) im Kindes- und Jugendalter gilt es insbesondere bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern einige Besonderheiten zu beachten. Diese Abweichungen werden im Folgenden zusammenfassend dargestellt [538].

Statement 114

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann die Verdachtsdiagnose einer Refluxkrankheit nicht verlässlich anhand der Symptome gestellt werden; bei älteren Kindern und Jugendlichen (> 12 Jahre) ist dies mit ähnlicher Zuverlässigkeit wie bei Erwachsenen möglich.

Starker Konsens

Kommentar

Bei Säuglingen und Kleinkindern ist kein Symptom oder Symptomkomplex eindeutig genug für die Diagnose einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) oder gar für die Vorhersage des Effektes einer Therapie.

Statement 115

In der Pädiatrie sollte eine Funktionsdiagnostik mittels kombinierter pH-Metrie-Impedanzmessung durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Die kombinierte pH-Impedanzmessung ist der alleinigen pH-Metrie bei der Evaluation von einer GÖR-Symptomassoziation überlegen. Der kombinierte Test erkennt saure, schwach saure und nicht saure GÖR und erfasst deren Steighöhe. Wichtig ist die sorgfältige Dokumentation der Symptome während der Untersuchung.

Statement 116

Bei Kindern sollten im Rahmen der Endoskopie stets Biopsien aus dem Ösophagus zum Ausschluss anderer Formen einer Ösophagitis durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Schleimhautbiopsien erlauben die Bewertung der mikroskopischen Anatomie. Eine makroskopisch normale ösophageale Mukosa kann eine nicht erosive GERD oder Ösophagitiden anderer Ätiologie, z. B. eine eosinophile Ösophagitis, nicht ausschließen.

Statement 117

Bei Verdacht auf anatomische Anomalien kann eine Röntgenuntersuchung des Ösophagus und Magens indiziert sein.

Starker Konsens

Kommentar

Diese Untersuchung hilft, andere Ursachen für die bestehenden Symptome auszuschließen, die Diagnose einer GERD ist mit ihr nicht möglich.

Statement 118

Der Pepsinnachweis in der bronchialen Lavageflüssigkeit zur Diagnose einer ösophagotrachealen Aspiration soll nicht erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Bisher existieren keine kontrollierten Studien zur Evaluation dieser Methode zur Diagnostik bei V. a. GERD.

Statement 119

Eine empirische Therapie mit PPI bei Verdacht auf eine Refluxkrankheit soll bei Säuglingen und Kleinkindern nicht erfolgen.

Starker Konsens

Kommentar

Die Symptome einer GERD bei Säuglingen und Kleinkindern sind zu unspezifisch, um eine empirische Therapie mit PPI ohne Diagnostik zu rechtfertigen.

Statement 120

Eine empirische Therapie sollte bei älteren Kindern und Jugendlichen (> 12 Jahre) analog zu dem Vorgehen bei Erwachsenen durchgeführt werden.

Starker Konsens

Statement 121

Bei Formula-ernährten Säuglingen mit Reflux soll bei V. a. eine Kuhmilchproteinallergie ein Therapieversuch mit extensiv hydrolysierter Formulanahrung für 2 – 4 Wochen durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Eine nicht IgE-vermittelte Kuhmilchproteinallergie kann eine Ursache für eine GERD bei Säuglingen sein. Bei Ansprechen auf eine Eliminationsdiät soll nach 4 Wochen eine Provokation mit kuhmilchproteinhaltiger Nahrung zum Beweis der Kausalität durchgeführt werden.

Statement 122

Andicken der Formula-Nahrung bei Säuglingen kann zur Reduktion von sichtbaren Regurgitationen erfolgen. Dies führt jedoch nicht zur Verminderung der Anzahl der Refluxepisoden.

Starker Konsens

Kommentar

In kontrollierten Studien mit angedickter Säuglingsnahrung konnte mithilfe der kombinierten pH-Impedanzmessung gezeigt werden, dass diese Nahrung die Zahl der sichtbaren Regurgitationen durch Reduktion der GERD-Steighöhe und nicht durch Reduktion der GERD-Anzahl vermindert.

Statement 123

Bei Säuglingen unter einem Jahr soll die Bauchlage und Rechtseitenlage nach Fütterung (obwohl positiver Effekt auf Reflux) aufgrund des erhöhten Risikos für einen plötzlichen Kindstod in diesen Schlafpositionen nicht erfolgen. Kinder > 1 Jahre können von der Bauchlagerung profitieren.

Starker Konsens

Kommentar

Bei Kindern von Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahr wird aufgrund des erhöhten SIDS-Risikos einheitlich die Rückenlage während des Schlafes empfohlen.

Statement 124

Bei refluxkranken Kindern jenseits des Säuglingsalters sollte keine spezielle Diät in der Therapie empfohlen werden.

Starker Konsens

Kommentar

Bei älteren Kindern und Jugendlichen existiert keine Evidenz für die Elimination eines spezifischen Nahrungsbestandteiles aus der Ernährung zur Therapie einer GERD.

Statement 125

Die medikamentöse Therapie sollte bei Kindern mit pathologischem sauren GÖR mit einem PPI durchgeführt werden.

Starker Konsens

Kommentar

Zur Behandlung einer erosiven Ösophagitis oder von GERD-Symptomen sind PPI den H2RA überlegen.

Statement 126

Bei Kindern können höhere PPI-Dosen/kg Körpergewicht als bei Erwachsenen erforderlich sein.

Starker Konsens

Statement 127

H2-Blocker, Prokinetika, Antazida und mukosaprotektive Substanzen sollten bei Kindern in der medikamentösen Therapie der Refluxkrankheit nicht primär eingesetzt werden.

Starker Konsens

Statement 128

Bei Versagen der konservativen Therapie sollte der Patient vor möglicher Durchführung einer Antirefluxoperation einem pädiatrischen Gastroenterologen vorgestellt und interdisziplinär weiter betreut werden.

Starker Konsens

Kommentar

Antireflux-Therapie kann in ausgewählten Situationen für die Kinder ein Vorteil sein. Zu den möglichen Indikationen gehören ein Versagen einer optimalen konservativen Therapie, eine Abhängigkeit von einer medikamentösen Dauertherapie, anhaltende Non-Compliance gegenüber der konservativen Therapie oder rezidivierende pulmonale Aspirationen des Refluates. Die Indikationsstellung im Kindes- und Jugendalter erfordert einen pädiatrischen Gastroenterologen.


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* Version 14. Juni 2014. Aktualisierung der Vorgängerversion von 2005. Weiterführende Dokumente: Leitlinienreport unter www.dgvs.de und www.awmf.de


2 Esomeprazol 40 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Rabeprazol 20 mg.


3 Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 15 mg, Omeprazol 10 mg, Pantoprazol 20 mg, Rabeprazol 10 mg.


4 Eine Referenzpathologie sollte durch einen externen Pathologen eingeholt werden. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Leitlinienempfehlungen im Hinblick auf ihre medizinische Notwendigkeit und unabhängig von ihrer Finanzierbarkeit gegeben werden.


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Korrespondenzadresse

Dr. Petra Lynen Jansen
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen
Olivaer Platz 7
10707 Berlin
Germany   
Phone: ++49/030/31 98 31 50 08   
Fax: ++49/030/31 98 31 50 00   
Prof. Dr. med. Herbert Koop
Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie, HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Schwanebecker Chaussee 50
13125 Berlin
Phone: ++ 49/30/9 40 15 26 00   
Fax: ++ 49/30/9 40 15 26 09   

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Abb. 1 Managementalgorithmus zur Abklärung und Therapie typischer Refluxbeschwerden (nach [186]).
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Abb. 2 Strategien zur Langzeittherapie der Refluxkrankheit (nach [210]).
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Abb. 3 Algorithmus zur Abklärung und Therapie persistierender Refluxbeschwerden unter PPI-Therapie [219].
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Abb. 4 Algorithmus zum Langzeitmanagement der GERD in Abhängigkeit vom endoskopischen Befund [186].
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Abb. 5 Algorithmus zum stratifizierten Vorgehen bei therapieresistenter Refluxösophagitis (nach [263]).